Einem Mieter, der am Rande seiner innerpartnerschaftlichen Auseinandersetzungen auch Nachbarn massiv beleidigt und bedroht, darf ohne Abmahnung fristlos gekündigt werden.
Der Beklagte ist seit 1993 Mieter einer Wohnung im Münchner Norden - Am Hart. Die Klägerin begründet die Kündigung des Mietverhältnisses damit, dass der Beklagte im August 2016 in seiner Wohnung seine Freundin geschlagen und lauthals beschimpft habe und Zertrümmerungen innerhalb der Wohnung hörbar gewesen seien. Nachdem die Freundin des Beklagten aus der Wohnung geflüchtet sei, habe sie bei den Nachbarn Sturm geklingelt und sei weiter vom Beklagten attackiert worden. Deshalb habe der Nachbar die Wohnungstür geöffnet und den Beklagten aufgefordert, sofort aufzuhören. Daraufhin sei der Beklagte auf diesen losgegangen. Der Nachbar habe sich in seine Wohnung zurückgezogen, wobei der Beklagte begonnen habe, ihn und seine Familie zu bedrohen und bis zum Eintreffen der Polizei mit übelsten Worten zu beschimpfen wie „Ich ficke Deine Mutter, Deine Frau, Dein Kind, komm raus Du Feigling, Du wirst rauskommen müssen, ich mache Dich und Deine Familie fertig, ich bringe Euch alle um". Die Nachbarfamilie sei im September 2016 mit den Worten „Lass mich in Ruhe, sonst stirbst Du" nochmals bedroht worden und dadurch traumatisiert und massiv eingeschüchtert. Anlässlich des nachfolgenden Polizeieinsatzes beschlagnahmte die Polizei in der Wohnung des Beklagten eine Axt, Kampfmesser und andere gefährliche Gegenstände, die der Beklagte zuvor den Nachbarn gezeigt haben soll.
Der Beklagte bestreitet diese Vorwürfe. Vielmehr habe der Nachbar zusammen mit seiner Frau aus reiner Neugierde während der Unterhaltung des Beklagten mit seiner Partnerin die Tür geöffnet, sich in die Debatte eingemischt und den Beklagten zu beschimpfen begonnen. Umgekehrt sei der Beklagte jeweils bedroht und beleidigt worden.
Die zuständige Richterin am Amtsgericht München gab der Klägerin Recht und verurteilte am 10.02.2017 den Beklagten, die Mietwohnung sofort zu räumen. In der unmittelbar zuvor durchgeführten Beweisaufnahme hatte sich die Lebensgefährtin auf ihr Aussageverweigerungsrecht als Verlobte berufen. Die Nachbarn schilderten bei ihrer gerichtlichen Vernehmung die Vorfälle, wie von der Klägerin vorgetragen, so, dass das Gericht von der Richtigkeit ihrer Aussagen überzeugt war. „Insbesondere vermittelten die Zeugen den Eindruck, „...dass sie sich durch die geschilderten Vorfälle in nachvollziehbarer Weise von dem Beklagten massiv und nachhaltig beeinträchtigt, belästigt, beleidigt und bedroht fühlen und darüber hinaus große Angst vor dem Beklagten haben."
„Der insoweit vom Beklagtenvertreter (...) vertretenen Auffassung, wonach „bei einer generellen Betrachtung der gerade im sozialen Wohnungsbau regelmäßig vorkommenden Störungen des Hausfriedens" der beschriebene Vorfall nicht derart schwerwiegend erscheint, dass er eine Beendigung des Mietverhältnisses nicht erlauben würde, kann nicht gefolgt werden. Die Würde des Menschen ist unantastbar, Art. 1 Absatz 1 Satz 1 GG, unabhängig vom konkreten Wohnumfeld oder sonstigen Umständen. (...) Vielmehr muss dem Vermieter auch zum Schutz der bedrohten Mieter in diesem Fall die Möglichkeit eröffnet werden, das Mietverhältnis mit dem störenden Mieter durch eine sofortige Kündigung zu beenden."
Das Urteil ist nach Zurückweisung der Berufung rechtskräftig.
AG München, Urteil 474 C 18956/16 vom 10.02.2017