Das Kraftfahrzeug-Schadensrecht weicht in einigen Punkten vom allgemeinen Schadenersatzrecht ab, da nicht der Fahrer, sondern das Fahrzeug versichert ist.
Schadensersatzpflichtig ist im Regelfall der Fahrer, der einen Unfall schuldhaft verursacht hat. Per Gesetz haftet (in Deutschland gemäß § 7 Straßenverkehrsgesetz) nicht nur der Fahrer, sondern auch der Halter (siehe Fahrzeugschein und Fahrzeugbrief). Da von einem Fahrzeug eine Betriebsgefahr ausgeht, kann auch ohne Verschulden des Fahrers (z. B. geplatzte Ölwanne und Unfälle fremder Fahrzeuge aufgrund der Ölspur) eine Schadenersatzpflicht vorhanden sein (Gefährdungshaftung).
Der Fahrzeughalter ist nach dem § 1 Pflichtversicherungsgesetz (PflVG) verpflichtet, für entsprechenden Versicherungsschutz im Umfang der Mindestdeckungssummen nach § 4 PflVG zu sorgen. Ausnahmen von dieser Bestimmung sind in § 2 PflVG geregelt. Bei der Kfz-Haftpflichtversicherung gilt (in Deutschland nach § 5 PflVG) ein Kontrahierungszwang, d. h. das Versicherungsunternehmen muss grundsätzlich, aber nur einmalig, einen Antrag auf Kfz-Haftpflichtversicherung annehmen. Ausnahmen von dieser Bestimmung sind in § 5 Abs. 4 PflVG geregelt.
Folgende Schadenarten werden über die Kfz-Haftpflichtversicherung abgedeckt:
Die Kfz-Haftpflichtversicherung ersetzt auch diejenigen Ansprüche, die sich aus der Betriebsgefahr (verschuldensunabhängige Gefährdungshaftung) ergeben.
Eine weitere Besonderheit ist die Regulierungsvollmacht der Kfz-Haftpflichtversicherung: Sie darf Schäden auch gegen den Willen des Versicherungsnehmers regulieren.
Für den Geschädigten ist von Bedeutung, dass er die Kfz-Haftpflichtversicherung direkt auf Schadensersatz in Geld in Anspruch nehmen kann (§ 115 Abs. 1 Nr. 1 VVG). Er vermeidet hierdurch, seine Ansprüche gegen den Fahrer oder Halter geltend machen zu müssen und trotz juristischem Erfolg bei deren Zahlungsunfähigkeit leer auszugehen. Dennoch werden in der Regel in gerichtlichen Auseinandersetzungen die Versicherung, der Halter und der Fahrer gleichzeitig in Anspruch genommen. Dies hat prozesstaktische Gründe: Beispielsweise kann der als Anspruchsgegner beklagte Fahrer hierdurch nicht mehr als Zeuge auftreten.
Das Versicherungsunternehmen ist in seiner Beitragsgestaltung weitestgehend frei. Es gibt im Vergleich der Versicherungsunternehmen untereinander deutliche Preisunterschiede.
Auf den Beitrag der Kfz-Haftpflichtversicherung wird ein sogenannter Schadenfreiheitsrabatt angerechnet. So reduziert sich durch das SFR-System (Österreich: Bonus-Malus-Regelung) durch schadenfreien Verlauf die Versicherungsprämie um bis zu 70 % (in Österreich um bis 50 %). Bei besonderer Schadenhäufigkeit wird in Österreich ein Zuschlag bis zu 200 % auf die Normalprämie berechnet. In Deutschland kann ein Schaden oder auch mehrere Schäden in eine sogenannte Schadenklasse führen (siehe Schadenfreiheitsklasse und die Schadenklasse). Schadenfreie Jahre werden in Kfz-Versicherungsverträgen mit „SF“ abgekürzt. Wird auf denselben Versicherungsnehmer ein weiteres Fahrzeug versichert, kommt eine Zweitwagenversicherung mit einem günstigeren SFR zur Verwendung. Allerdings machen die meisten Versicherer die bessere Einstufung von einer ausschließlichen Nutzung durch den Versicherungsnehmer und/oder Partner abhängig. Weiterhin kommen auch Einschränkungen bezüglich der jährlichen Kilometerleistung oder bezüglich des Alters des Nutzers zur Anwendung.
Die Tarifmerkmale werden aus statistischen Daten ermittelt:
Die Deregulierung des deutschen Versicherungsmarktes hat ab 1994 darüber hinaus zur Verwendung von zahlreichen weiteren Merkmalen geführt. Die Versicherer differenzieren teilweise über die vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) gelieferten Daten und/oder aufgrund eigener Daten oder Ergebnissen aus sogenannten Datenpools (Untersuchung von statistischen Daten, die mehrere Versicherer zur Auswertung zur Verfügung stellen), hinaus.
Beispiele für sogenannte weiche Tarifmerkmale können sein:
Zwar ist der Versicherer bei Falschangaben des Versicherungsnehmers zu den vereinbarten „weichen Tarifmerkmalen“ nicht von der Leistungspflicht befreit, jedoch sind in der Regel Vertragsstrafen bis zur Höhe der korrekten Jahresprämie vorgesehen.
Bei gewerblichen Risiken spielt häufig der objektive Schadenverlauf eine größere Rolle. So werden hier häufiger keine „weichen Tarifmerkmale“ herangezogen. Bei großen Fahrzeugflotten erfolgt die Beitragsfestsetzung im Regelfall nur nach dem Schadenaufwand der vergangenen Jahre.
Die Deckungssumme bezeichnet die maximale Entschädigungsleistung aus der KFZ-Haftpflichtversicherung.
Aktuelle Deckungssummen in Deutschland sind:
Überschreitet die Schadenhöhe die Deckungssumme so haftet der Schädiger, dem Grunde nach, selbst in der Höhe der Differenz.
Die Kfz-Haftpflichtversicherung ist rechtlich gegenüber dem Geschädigten im Rahmen der Deckungssumme immer zur Kostenübernahme verpflichtet. Der Versicherer kann sich auch nicht bei grober Fahrlässigkeit auf Leistungsfreiheit berufen, jedoch bei Trunkenheitsfahrten, unbefugter Benutzung oder Fahrerflucht bis zu 5.000 Euro je Fall vom Fahrer regressieren. Bei Vorsatz ist der Versicherer leistungsfrei, das heißt er muss keine Kosten übernehmen.
Bei Sachschäden werden die Reparaturkosten und eine je nach Höhe des Schadens und nach Fahrzeugalter unterschiedliche Wertminderung erstattet. Bei technischen oder wirtschaftlichen Totalschäden wird der Wiederbeschaffungswert abzüglich des Restwertes ersetzt. Zusätzlich wird bei Nichtinanspruchnahme eines Mietfahrzeugs der Nutzungsausfall bezahlt. Des Weiteren können mögliche Ummelde- und Abschleppgebühren sowie eine Telefonpauschale geltend gemacht werden. Nicht erstattet wird der zeitliche Aufwand, mit dem sich der Geschädigte mit der Abwicklung des Schadensfalls befasst.
Bei Personenschäden werden Rettungskosten, Heilkosten und Hilfsmittel sowie Rehabilitationsaufwendungen übernommen. Unter bestimmten Voraussetzungen wird auch ein Schmerzensgeld gezahlt.
Vermögensschäden, hierzu gehört beispielsweise ein Verdienstausfall, zählen ebenfalls zu den Entschädigungsleistungen der KFZ-Haftpflichtversicherung.
Als höchster Schadensfall in der Geschichte der Kfz-Haftpflichtversicherung gilt ein Unfall eines Zuges mit einem auf den Bahngleisen liegengebliebenen Pkw 2001 im englischen Selby; der Zug rammte dadurch einen entgegenkommenden Zug, es wurde ein Schaden von umgerechnet 70 Mio € verursacht. Als teuerster Fall in Deutschland gilt ein Verkehrsunfall 2004, bei dem ein Pkw auf der Bundesautobahn 4 gegen einen Tanklaster prallte, der daraufhin von der Wiehltalbrücke stürzte und diese durch Feuer stark beschädigte; der Schaden betrug 32 Mio €.[2] Die über die gesetzliche Mindestdeckungssumme hinausgehende Deckungssumme in der Kfz-Haftpflichtversicherung beträgt bei den deutschen Versicherern im Regelfall (und maximal) 100 Mio. €, bei Niedrigpreisprodukten gelegentlich 50 Mio. €. Die meisten Versicherer bieten die gesetzliche Mindestdeckungssumme nicht mehr an.
Kfz-Haftpflichtversicherungsverträge sind üblicherweise Jahresverträge und verlängern sich, sofern keiner der Vertragsparteien kündigt, stillschweigend von Jahr zur Jahr.
Der Versicherungsnehmer hat mehrere Möglichkeiten die Versicherung zu kündigen. So kann der Versicherungsvertrag zum Beispiel innerhalb von 14 Tagen nach Zugang der Unterlagen ohne Angabe von Gründen widerrufen werden[3][4]. Ansonsten wird zwischen ordentlicher Kündigung am Ende des Vertragsjahres, Kündigung im Schadensfall und Kündigung wegen Beitragserhöhung unterschieden.
Gründe zur Vertragsbeendigung:
Kein Kündigungsrecht besteht, wenn der Versicherer aufgrund einer Änderung der gesetzlichen Bestimmungen den Beitrag erhöht (z. B. Erhöhung der Versicherungssteuer) oder bei Beitragserhöhungen durch eine Rückstufung im Schadenfall.
Die Nachhaftung tritt nach Beendigung des eigentlichen Kfz-Haftpflichtversicherungsvertrages ein. So sind – zumindest in Deutschland – alle Haftpflichtversicherer verpflichtet, im Falle einer Vertragsbeendigung bis zu einem Monat darüber hinaus im Umfang der gesetzlichen Mindestdeckungssumme zu haften, sofern der Geschädigte keine Leistung von einem anderen Schadensversicherer oder Sozialversicherungsträger erlangen kann. (§ 3 PflVG in Verbindung mit § 117 VVG).
Nach der Nachhaftungsfrist können Entschädigungsleistungen nur noch über die Verkehrsopferhilfe geltend gemacht werden. Diese reguliert nach §§ 12 ff. Pflichtversicherungsgesetz u.a. Schäden, die durch den Gebrauch eines nicht zu ermittelnden bzw. pflichtwidrig nicht versicherten Kraftfahrzeuges entstanden sind oder mit diesem vorsätzlich und rechtswidrig herbeigefügt werden. Sachschäden werden allerdings nur erstattet, wenn gleichzeitig ein erheblicher Personenschaden mit eingetreten ist.
Eine Ausfalldeckung, wie aus der Privat-Haftpflichtversicherung bekannt, gibt es für im Inland verursachte Schäden nicht.
(Grüne Versicherungskarte) In der EU und den meisten anderen Ländern ist eine Kfz-Haftpflichtversicherung Voraussetzung für die Zulassung eines Kraftfahrzeugs im öffentlichen Straßenverkehr. Schwierig können sich Unfälle mit Fahrzeugen aus anderen Ländern gestalten. So gelten im Ausland häufig sehr niedrige Deckungssummen. Eine eventuell entstehende Differenz zu der in Deutschland üblichen Schadenersatzleistung kann durch eine Zusatzdeckung Auslandsschadenschutz, versichert werden.
„Grüne Karte“ ausgegeben von einer österreichischen Versicherung
Waren früher die Dienste eines (ausländischen) Rechtsanwaltes zur Feststellung der Schadenersatzansprüche mit ausländischen Versicherungen notwendig, so werden diese Verhandlungen in der EU seit 2003 durch inländische Regulierungsstellen stark vereinfacht. Bei Unfällen mit ausländischen Fahrzeugen in Deutschland vermittelt das Deutsche Büro Grüne Karte e.V. einen deutschen Haftpflichtversicherer, der die Schadenregulierung stellvertretend für den ausländischen Versicherer übernimmt.
Bei Fahrten im Ausland benötigt man meist zum Nachweis einer gültigen Kfz-Haftpflichtversicherung die grüne Versicherungskarte. Sie ist zwar in den EU-Staaten und in vielen anderen Staaten nicht mehr zwingend vorgeschrieben (innerhalb der EU gilt das sogenannte Kennzeichenabkommen). Das Mitführen der Internationalen Versicherungskarte für Kraftverkehr (auch: Grüne Karte genannt) kann bei einem Unfall die Schadenabwicklung jedoch wesentlich erleichtern. Diese sollte der Fahrer eines Fahrzeuges bei grenzüberschreitendem Verkehr zum Nachweis mitführen.
Ursprung ist die UNO-Empfehlung Nr. 5. Daraus resultieren die weiteren Abkommen. Zuständige Organisation ist das Council of Bureaux mit Sitz in London. Das ursprüngliche Grüne-Karte-System hatte 13 Staaten. Das Grüne Karte-System ist ein auf Europa und die Mittelmeeranrainer-Staaten begrenztes System. Gegenwärtig gehören dem System 46 Länder[6] an, einschließlich vier außereuropäischer Länder.[7]
Manche Versicherer kombinieren Haftpflichtversicherungen mit sog. Schutzbriefen, die Zusatzleistungen mitbringen, wie man sie von Automobilclubs kennt. Dazu zählen Pannenhilfe, Abschleppdienste, Übernachtung und Rücktransport. Ein Schutzbrief kann ebenso spezielle Auslandsangebote wie Ersatzteillieferungen beinhalten.
Grundsätzlich ist zu beachten, dass man im Ausland auch den geltenden Vorschriften bzgl. der Kfz-Versicherung unterliegt. Selbst innerhalb der EU gibt es noch Unterschiede hinsichtlich der Gesetzeslage. So unterscheiden sich beispielsweise die vorgeschriebenen Mindestdeckungssummen der Kfz-Versicherungen. Gerade im Falle der Benutzung eines Leihwagens im Ausland ist es daher empfehlenswert, eine spezielle Versicherung abzuschließen, die sogenannte Mallorca-Police. Ist nämlich die für das Mietfahrzeug vereinbarte Deckungssumme geringer als die zur Begleichung eines Schadensfalls benötigte Summe, so haftet man dafür persönlich. Bei vielen in Deutschland abgeschlossenen Kfz-Versicherungen ist diese Police bereits enthalten.
In einigen Ländern, darunter Portugal, Italien und Thailand, ist eine gekürzte Versicherungsbestätigung für einen Kfz-Haftpflichtversicherungsvertrag an der Frontscheibe von PKWs anzubringen.
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