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Beitragsstabilität und
medizinischer Fortschritt



Aus den Schwierigkeiten, im höheren Alter das Versicherungsunternehmen zu wechseln, folgt, dass Wettbewerb um Versicherungsnehmer meist bei jungen und gesunden Neukunden stattfindet. Diese werden von vielen privaten Krankenversicherungsunternehmen mit im Verhältnis zur gesetzlichen Krankenversicherung sehr günstigen Tarifen angeworben. Grundsätzlich ist der private Versicherungsschutz umfangreicher als die Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung. Die Günstigkeit solcher Tarife erklärt sich dadurch:

  1. Der Tarif wird „frisch aufgelegt", d. h. mit einem Versichertenbestand von 0.

  2. Der Tarif wird stark in bestimmten Zielgruppen umworben, sodass besonders gesunde Versicherte den Versichertenbestand ausmachen.

  3. Die Beiträge, die die Versicherten zu leisten haben, errechnen sich nach einer Risikoäquivalenz, es wird auf Alter, Geschlecht und Gesundheitszustand geachtet.

  4. Wegen der daraus resultierenden niedrigen Beiträge lässt sich gut für den Tarif werben.

  5. Nach einigen Jahren steigen die Kosten, weil der meist junge Versichertenbestand älter wird. Die Beiträge steigen. Der Tarif wird damit unattraktiv für Neuzugänge.

  6. Das Versicherungsunternehmen legt einen anderen neuen Tarif „frisch auf". Zukünftig wird nach bekanntem Muster der neue Tarif beworben, der alte jedoch nicht mehr und erhält so gut wie keine Neuzugänge mehr („Vergreisung" des Tarifs).

  7. Die älter und kränker werdenden Versicherten bleiben immer mehr unter sich.


Es ist bereits bei Antragstellung die Wahl des Versicherungsunternehmens sehr wichtig. Sehr "günstige Tarife" sind tendenziell unterkalkuliert, und man muss mit stärkeren zukünftigen Preissteigerungen rechnen. Versicherungsunternehmen der Rechtsform Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit sind weniger anfällig für ein solches „Tariffeuerwerk" als Versicherungsunternehmen der Rechtsform Aktiengesellschaft, da erstere ihre Gewinne nur an die Versicherten selbst auszahlen, mithin für das Unternehmen kein Vorteil daraus entsteht. Bei Antragstellung sollte darauf geachtet werden, wie oft das Versicherungsunternehmen in der Vergangenheit neue Tarife aufgelegt hat und wie viele Tarife es überhaupt im Versicherungsunternehmen gibt.

Entsprechend dem versicherungsmathematischen Grundsatz des individuell risikogerechten Beitrages muss im Gegensatz zur GKV in der PKV jede Person mit eigenem Beitrag versichert werden. Es gibt keine beitragsfreie Familienversicherung. Man muss beachten, dass in der privaten Krankenversicherung eine nicht einseitig vom Versicherer änderbare zivilrechtliche Vertragsbindung besteht. In der gesetzlichen Krankenkasse dagegen kann der Gesetzgeber die Leistungen beliebig reduzieren. Beitragserhöhungen finden dann insbesondere durch Leistungsausschlüsse (aktuell: Brille, Praxisgebühr, Ausschluss rezeptfreier Medikamente) statt.

Grundsätzlich steigen die Kosten im Gesundheitssystem bedingt durch den medizinischen Fortschritt. Das wichtigste Kriterium bei der Wahl einer PKV ist die Beitragsstabilität, denn sobald eine ernste Erkrankung auftritt, ist ein Wechsel in der Regel nicht mehr möglich, da entweder ein hoher Risikozuschlag entrichtet werden muss oder der neue Versicherer die Aufnahme völlig ablehnt.

Laut § 204 VVG kann der Versicherungsnehmer die Vereinbarung eines Risikozuschlages und einer Wartezeit dadurch abwenden, dass er hinsichtlich der Mehrleistung einen Leistungsausschluss vereinbart. Die Alternative einer höheren Selbstbeteiligung oder die Wahl eines Tarifs mit geringeren Leistungen würde hingegen zu einer abwärts gerichteten Spirale führen, und eine spätere Reduktion des Selbstbehaltes oder einen Wechsel in einen leistungsstärkeren Tarif erst nach einer Gesundheitsprüfung erlauben.


Lesen Sie auch

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» Beitragsstabilität und medizinischer Fortschritt
» Versicherungsvertragsgesetz § 204 Tarifwechsel



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