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Steuern & Recht
Eine Bankkauffrau, die ein privates Wertpapierdepot bei einer Direktbank unterhält, kann von der Direktbank keinen Schadensersatz für inzwischen wertlose so genannte Cobold-Anleihen verlangen, weil die Direktbank sie bei der Anlageentscheidung nicht beraten hat und auch keine Beratung schuldete. Dies hat der 5. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts (Bankensenat) entschieden und die Schadensersatzklage zurückgewiesen.
Zum Sachverhalt: Die gelernte Bankkauffrau eröffnete im Jahr 2003 ein Wertpapierdepot bei der beklagten Direktbank mit Sitz in Schleswig-Holstein. In dem Depoteröffnungsantrag heißt es, dass die Bank Wertpapieraufträge ihrer Kunden lediglich ausführt ("execution only") und keine Anlageberatung anbietet. Sofern die Bank dem Kunden Informationen zur Verfügung stelle, solle dies dem Kunden lediglich die selbstständige Anlageentscheidung erleichtern. Im Jahr 2006 erteilte die Klägerin der beklagten Bank über das Internet den Auftrag zum Erwerb einer sogenannten Cobold 62-Anleihe (im Wege des Online-Brokering) herausgegeben von der DZ Bank AG im Nennwert von 11.000 Euro mit einer Verzinsung von 3,2 % pro Jahr. Nach der Konzeption der Anleihe erhält der Anleger die Verzinsung und am Ende der Laufzeit den Nominalwert der Anleihe zurückerstattet, sofern bei keinem der zugrundeliegenden Unternehmen ein so genanntes "Kreditereignis" eintritt, beispielsweise die Insolvenz oder Zahlungsunfähigkeit des Unternehmens. Die Cobold 62-Anleihe war an die Wertigkeit von Unternehmensanleihen fünf weiterer Großbanken geknüpft, unter anderem die Lehman Brothers. Wenn eine der Großbanken ihre Anleiheschulden nicht bezahlte, hatte die DZ Bank das Recht, die Cobold-Anleihe gegen die Anleihe des zahlungsunfähigen Unternehmens auszutauschen.
Nach der Insolvenz der Lehmann Brothers im Herbst 2008 erhielt die Klägerin von der DZ Bank AG anstelle der Rückzahlung des eingezahlten Betrags Anleihen der Lehmann Brothers Inc. in einem Wert von nur 831 Euro. Die Klägerin verlangte daraufhin Schadensersatz von der Direktbank unter anderem mit der Begründung, es sei für sie nicht erkennbar gewesen, dass die Rückzahlung der Anleihe nicht nur von der Bonität der DZ Bank abhänge, sondern zusätzlich von der Bonität der fünf Großbanken.
Aus den Gründen: Die Klägerin hat keinen Schadensersatzanspruch. Zwischen ihr und der Direktbank ist kein Anlageberatungsvertrag zustande gekommen. Tritt ein Kunde mit gezielten Aufträgen zum Erwerb bestimmter Wertpapiere an die Bank heran, so darf die Bank im Allgemeinen davon ausgehen, dass eine besondere Beratung weder gewünscht noch erforderlich ist. Durch ihren online im Internet erteilten Kaufauftrag hat die Klägerin zum Ausdruck gebracht, dass sie keine Informationen über das Produkt mehr benötige. Bei Eröffnung des Wertpapierdepots ist die Klägerin ausdrücklich darüber informiert worden, dass es neben den klassischen Anleihen auch Varianten "synthetischer" Anleihen gäbe, die im Ergebnis zu einem Totalverlust des eingesetzten Kapitals führen könnten und dass man deshalb vorher z. B. den Verkaufsprospekt genau studieren sollte. Die Einholung solcher Informationen hat die Klägerin jedoch unterlassen. Die Anlage passte auch in das Anleger- und Risikoprofil der Klägerin. Bei Depoteröffnung hatte sie sich als gelernte Bankkauffrau in die Kenntnisstufe "C" von insgesamt 6 Kenntnisstufen ("A" bis "F") eingeordnet. Zum Zeitpunkt der Anlageentscheidung bestand nur ein theoretisches Ausfallrisiko, weil ausnahmslos international renommierte Bankhäuser als Referenzunternehmen aufgeführt waren.
OLG Schleswig-Holstein, Urteil 5 U 10/12 vom 05.11.2012
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