Sehr geehrte Apothekerin, sehr geehrter Apotheker,
hier ist der vollständige Text für Sie:
GERICHTSURTEIL
Muss man sich nach einem Wildunfall vergewissern, dass ein angefahrenes Tier keine Gefährdung für den nachfolgenden Verkehr darstellt, um für einen Folgeunfall nicht haften zu müssen?
Wer nach einem Wildunfall einfach in dem Glauben weiterfährt, dass das Wild neben der Straße verendet ist, ist mitverantwortlich für die Folgen eines Unfalls eines später die Unfallstelle passierenden Fahrzeugs, das ebenfalls mit diesem Tier kollidiert. Das hat das Landgericht Saarbrücken kürzlich entschieden (Az.: 13 S 219/09).
Eine Autofahrerin war mit ihrem Pkw bei Dunkelheit in einer langgezogenen Linkskurve mit einem auf der Fahrbahn stehenden Reh kollidiert.
Weil ihr Fahrzeug keine Schäden erlitten hatte und
das Reh nicht mehr zu sehen war, nahm die Frau an, dass das Tier neben
der Fahrbahn verendet war. Sie setzte daher ihre Fahrt fort.
Kurz darauf passierte eine zweite Autofahrerin die Unfallstelle. Dabei kollidierte sie mit dem auf der Straße liegenden Reh, das zuvor von der ersten Frau angefahren worden war. Die zweite Fahrerin hatte allerdings weniger Glück als die Verursacherin des Wildunfalls. Denn an ihrem Fahrzeug entstand ein Schaden von mehr als 2.500 Euro.
Daraufhin verklagte sie die andere Frau auf Zahlung von Schadenersatz. Argument: Diese hätte sich vergewissern müssen, dass das Reh tatsächlich verendet war, bevor sie die Unfallstelle verließ.
Die Klage hatte zumindest teilweise Erfolg. Nach
dem Ergebnis der Beweisaufnahme war nicht mehr aufzuklären, ob das Reh
tatsächlich neben der Fahrbahn lag, als die Beklagte die Fahrbahn
verließ. Sollte sich das Tier noch auf der Fahrbahn befunden haben,
hätte die Beklagte nach Ansicht des Gerichts gegen Paragraf 32 StVO
(Straßenverkehrsordnung) verstoßen.
Denn danach ist es verboten, Gegenstände auf der Straße liegen zu lassen, wenn dadurch der Verkehr erschwert oder gefährdet wird. Zu solchen „Gegenständen" zählt nach Meinung des Gerichts auch angefahrenes Wild.
Selbst wenn sich aber das Reh auf die Straße geschleppt haben und dort verendet sein sollte, nachdem die Beklagte die Unfallstelle verlassen hatte, trifft die Beklagte nach Ansicht der Richter ein erhebliches Mitverschulden an dem Unfall der Klägerin.
Die Beklage hat nämlich gegen Paragraf 1 Absatz 2
StVO verstoßen, wonach sich jeder Verkehrsteilnehmer so zu verhalten
hat, dass kein Anderer geschädigt oder gefährdet wird.
Nach Überzeugung des Gerichts ist es nämlich naheliegend, dass sich angefahrenes Wild, solange es nicht verendet ist, auf die Straße schleppt und hier ein gefährliches Hindernis für den nachfolgenden Verkehr darstellt.
Die Beklagte hätte sich folglich vergewissern müssen, ob das nach ihrer Darstellung am Straßenrand liegende Reh tatsächlich verendet war und so keine Gefahr mehr für andere Verkehrsteilnehmer darstellte. Wenn sie sich nicht sicher war, hätte sie auf jeden Fall ein Warndreieck aufstellen müssen, um eine Gefährdung des nachfolgenden Verkehrs auszuschließen.
Die Klägerin trifft allerdings ebenfalls ein
erhebliches Mitverschulden an ihrem Unfall. Sie hat nämlich nach
Überzeugung der Richter gegen das Sichtfahrgebot des Paragrafen Paragraf 3 Absatz 1
Satz 3 StVO verstoßen. Danach darf ein Verkehrsteilnehmer nur so
schnell fahren, dass er innerhalb der übersehbaren Strecke jederzeit
anhalten kann. Das gilt umso mehr bei Dunkelheit und in Kurven.
Das Mitverschulden der Klägerin bewertete das Gericht mit 50 Prozent, sodass der Versicherer der Beklagten lediglich die Hälfte ihres Schadens zu übernehmen hat. Für die Zulassung einer Revision sahen die Richter keine Veranlassung.
(verpd) (ApoRisk)
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