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HAITI
Berlin - Einen Monat nach dem
Ausbruch der Cholera wird die Lage in Haiti immer angespannter: Die
gewalttätigen Proteste gegen die Vereinten Nationen griffen auf die
Hauptstadt Port-au-Prince über. Hunderte Demonstranten errichteten am
Freitag den zweiten Tag in Folge Barrikaden und zündeten Reifen an. Der
Chef der UN-Mission Minustah, Edmond Mulet, forderte ein Ende der Unruhen. Sie
gefährdeten das Leben Tausender, die wegen der Blockaden nicht
rechtzeitig behandelt werden könnten, erklärte er am Freitag.
Auch Hilfsorganisationen beklagen sich über zunehmende Behinderung ihrer
Rettungsarbeiten. Das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen Unicef
zeigte sich besorgt darüber, dass Gewalt und Unsicherheit in Haiti
lebensrettende Hilfe für die Choleraopfer verzögerten. „Die
Sterblichkeit bei Cholera liegt bei rechtzeitiger Behandlung
normalerweise unter 1 Prozent", hieß es in einer Mitteilung am Freitag.
„In Haiti liegt sie derzeit bei über 4 Prozent."
Die Seuche war am 19. Oktober in dem krisengeplagten Staat ausgebrochen.
Bisher starben über 1100 Menschen an der gefährlichen Krankheit.
In den vergangenen Tagen mussten Transportflüge mit Seife, Medikamenten
und technischem Gerät nach Cap-Haïtien und Port-de-Paix aus
Sicherheitsgründen gestoppt werden.
Den UN-Blauhelmsoldaten wird vorgeworfen, die Cholera aus Nepal
eingeschleppt zu haben. Das weist die UN-Mission Minustah, die seit 2004
in Haiti stationiert ist, jedoch zurück. Bei Untersuchungen rund um den
Stützpunkt bei Hinche am Artibonite-Fluss sei kein Erreger gefunden
worden.
„Jede Sekunde die vergeht, kann Tausende von Menschenleben retten oder
zerstören", schrieb Mulet in einem dramatischen Appell, den die Minustah
am Freitagmorgen in Port-au-Prince veröffentlichte. Wenn die Situation
andauere, werde die Lage für mehr und mehr Patienten aussichtslos. „Ihr
Leben gerät in Gefahr", warnte der höchste UN-Repräsentant in Haiti. Er
forderte die haitianischen Demonstranten vor allem in der Stadt
Cap-Haïtien im Norden auf, die Blockaden zu beseitigen und den Transport
der Helfer nicht zu behindern.
Nach Cap-Haïtien und Hinche ist Port-au-Prince die dritte Stadt, in der
gewaltbereite Demonstranten die UN-Blauhelme angriffen. Sie plünderten
auch ein Versorgungslager. Vor dem Präsidentenpalast warfen
Demonstranten nach Augenzeugenberichten mit Steinen auf UN-Soldaten. Sie
riefen Slogans wie „Cholera: Die Minustah hat sie uns gebracht." Die
haitianische Polizei ging mit Tränengas gegen die Menge vorwiegend
junger Männer vor.
Wie schon an den Tagen zuvor forderten die Demonstranten den Abzug der
Blauhelme. Die UN und internationale Hilfsorganisationen glauben, dass
die Proteste von politischen Kräften provoziert werden, um Ablauf und
Glaubwürdigkeit der bevorstehenden Wahlen zu beeinflussen. Insgesamt
kamen bei den Zusammenstößen seit Montag drei Menschen ums Leben.
Viele Haitianer sind nach dem verheerenden Erdbeben vom Januar noch
immer in einer verzweifelten Lage: So leben in der Hauptstadtregion
immer noch über eine Million Obdachlose in Zeltlagern, die nach dem
Erdbeben aufgebaut wurden. Doch unter noch schwierigeren Bedingungen
leben mehrere Millionen Menschen in den Armensiedlungen und Slums im
ganzen Land.
Auf der Suche nach den Ursprung der Erreger hat die US-
Gesundheitsbehörde CDC inzwischen 14 Cholera-Erreger aus dem Department
Artibonite analysiert. Ergebnis: Sie sind nicht zu unterscheiden und
stammen daher vermutlich alle aus einer Quelle. Diese Erreger gebe es in
Südasien aber auch in anderen Regionen der Erde. Weitere Erkenntnisse
sollen nun Analysen von Cholera-Bakterien aus anderen Regionen Haitis
und die Erbgutsequenzierung von drei Proben bringen.
dpa, Samstag, 20. November 2010, 11:38 Uhr
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