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Sehr geehrte Apothekerin, sehr geehrter Apotheker,
hier ist der vollständige Text für Sie:
APOTHEKEN-PICK-UP
Berlin - Die Apothekenkooperation Linda ist mit „Vorteil24" auf Roadshow. Auf den 20 regionalen Mitgliederversammlungen des Muttervereins MVDA können sich Apotheker derzeit aus erster Hand über das Modellprojekt informieren, unter anderem bei den Erfindern Dr. Andreas und Dr. Thomas Winterfeld. Viele Fragen dürften sich um die Rentabilität des Konzepts drehen. Dank Mehrwertsteuergefälle können Partnerapotheken mit der Vermittlung sogar mehr verdienen als über eine normale Belieferung. Formal holen die Apothekenkunden ihre Medikamente nämlich selbst in Holland ab.
Abholung statt Versand: Bei "Vorteil24" werden die Arzneimittel formal im niederländischen Dinxperlo abgegeben. Foto: Briga
In den Niederlanden gilt für Arzneimittel der ermäßigte
Mehrwertsteuersatz von 6 Prozent, in Deutschland der volle Satz von 19
Prozent. Normalerweise schiebt das Steuerrecht Geschäften mit dieser
Differenz einen Riegel vor: Macht ein Unternehmen mit Endverbrauchern
jährlich mehr als 100.000 Euro Umsatz über EU-Grenzen hinweg, gilt der
Steuersatz im Empfängerland. Daran halten sich den zuständigen
Finanzbehörden zufolge alle großen niederländischen Versandapotheken,
die hierzulande Geschäfte machen.
Bei Montanus greift diese Umsatzschwelle nicht, denn Montanus liefert
nicht nach Deutschland. In den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB)
von „Vorteil24" heißt es wörtlich: „Gegenstand des Vertrages ist
ausdrücklich nicht auch die Lieferung der vom Käufer bestellten
Medikamente. Der Verkäufer stellt diese Medikamente vielmehr in seinen
Geschäftsräumen zur Abholung für den Käufer bereit." Und: „Erfüllungsort
ist der Geschäftssitz des Verkäufers (Holschuld)." Das heißt: 6 Prozent
für das niederländische Königshaus statt 19 Prozent für den deutschen
Fiskus.
Damit der Steuervorteil aber nicht automatisch bei Kassen und Kunden
ankommt, sondern als „Vorteil24" unter den Protagonisten verteilt werden
kann, haben die Winterfelds einige Vorkehrungen getroffen. Dreh- und
Angelpunkt im Konstrukt ist ein ebenfalls niederländisches Unternehmen
namens Sequalog, das sich sowohl um die Organisation und den Transport
der Ware, als auch um die Abwicklung des Verkaufs kümmert.
Protest oder Geschäft? Die Brüder Thomas (links) und Andreas Winterfeld haben ein Konzept für Pick-up-Stellen in Apotheken entwickelt. Foto: Montanus
Um direkt mit den Krankenkassen abrechnen zu dürfen und so den Kunden
die Vorkasse zu ersparen, ist Montanus dem Rahmenvertrag über die
Arzneimittelversorgung beigetreten. Der sieht vor, dass sich die
ausländische Apotheke an die deutschen Preisvorschriften hält. Die
Preisvorteile und Gutscheine gewährt bei „Vorteil24" daher nicht
Montanus, sondern ausschließlich Sequalog.
Damit die Kunden nicht erst über die Grenze nach Dinxperlo fahren
müssen, können sie Sequalog eine Vollmacht erteilen, für 50 Cent einen
Kurierdienst einzuschalten. „In dem Fall erfolgt die Lieferung nicht
unmittelbar an den Kunden, sondern an die den Kaufvertrag vermittelnde
deutsche Apotheke", heißt es dazu. Lieferant ist die Phoenix-Tochter
Transmed.
Die Rezepte der Montanus Apotheke werden von den deutschen
Partnerapotheken direkt an das Rechenzentrum geschickt, Privatrezepte
sofort quittiert. Für Vermittlung und Abwicklung zahlt Sequalog eine
Arzneimittelpreis-gestaffelte Provision - die ab einem bestimmten Wert
über dem gesetzlichen Fixhonorar liegt. Auch bei dieser Vergütung ist
Wolfgang Schäuble außen vor, denn die Steuerschuld geht auf den
niederländischen Vertragspartner über. Die deutschen Partnerapotheken
stellen ihre Rechnung ohne Umsatzsteuer.
Partner in Holland: Die Montanus Apotheke beliefert ihre Kunden in Partnerapotheken. Foto: APOTHEKE ADHOC
Nun können sich die Kassen gemäß Rahmenvertrag über das Zustandekommen
des Preises informieren. Damit also trotz Steuervorteil der deutsche
Bruttopreis auf die Rezepte, Privatrezepte und Zuzahlungsquittungen
gedruckt werden kann, müsste Montanus theoretisch einen höheren
Einkaufspreis zugrunde legen. Über Sequalog?
Die Winterfelds wollten sich nicht zu den Details im Innenverhältnis von
„Vorteil24" äußern, sondern verweisen an Linda. Unklar ist daher auch,
ob sich die Apotheker auf Ausnahmeregelungen des niederländischen
Arzneimittel- und Arzneimittelpreisrechts beziehen. Immerhin werden in
der Apotheke in Dinxperlo deutsche Arzneimittel abgegeben.
Das System sei geprüft und legal, so Winterfeld. Bislang hat die
Apothekerfamilie aus dem Bergischen Land ihre Verfahren um „Vorteil24"
gewonnen, zuletzt vor dem Oberlandesgericht Köln. Allerdings ging es
dabei vor allem um die Rx-Boni. Der Fall liegt jetzt beim
Bundesgerichtshof (BGH).
Alexander Müller und Patrick Hollstein, Freitag, 19. November 2010, 17:15 Uhr
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