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hier ist der vollständige Text für Sie:
SCHERING
Berlin - Seit mehr als 150
Jahren ist der Name „Schering" eine feste Größe in der deutschen
Industrie. Die Traditionsmarke, die jetzt eingestampft werden soll, geht
zurück auf Ernst Christian Schering, einen 1824 geborenen Apotheker,
der seine Apotheke zu einem lokalen Chemikalienhersteller und später zu
einem forschenden Pharmaunternehmen ausbaute. Wenn es nach Schering
gegangen wäre, hätte alles ganz anders kommen sollen.
Bayer statt Schering: Eine der prominentesten Berliner Traditionsmarken soll verschwinden. Foto: Elke Hinkelbein
Eigentlich wollte Schering lieber Förster werden, kam aber den Wünschen
seiner Eltern nach und ging von Prenzlau nach Berlin, um erst
Apothekengehilfe zu lernen und dann Pharmazie zu studieren. Nach dem
Abschluss kaufte Schering 1851 eine Apotheke am Oranienburger Tor, wo er
in einem Hinterraum begann, die ersten photochemischen Produkte
herzustellen. Die Nachfrage nach seinen Stoffen stieg, als sie 1855 bei
der Weltausstellung in Paris prämiert wurden. 1864 gründete Schering die
„Chemische Fabrik Ernst Schering". Der Standort: Die Müllerstraße in
Berlin-Wedding - der Ort, an dem die Bayer-Tochter bis heute produziert.
Da Schering die deutsche Armee im deutsch-französischen Krieg (1870/71)
mit Arzneimitteln versorgte, erhielt er vom König die Ehrenauszeichnung
„Königlicher Kommerzienrat" und damit die Konzession, die
Aktiengesellschaft „Chemische Fabrik auf Actien" zu gründen - der
Ursprung der späteren Schering AG. Neben den photochemischen Produkten
sorgten vor allem Gichtmittel und Salicylsäure für Umsatz. 1913, 14
Jahre nach Scherings Tod, zählte das Unternehmen mehr als 1000
Mitarbeiter und hatte bereits Niederlassungen in Russland und
Großbritannien.
Übergabe an den Retter: Der Vorstandschef von Schering, Hubertus Erlen (rechts), unterstützte 2006 die Übernahmeabsichten des Bayer-Chefs Werner Wenning. Foto: Elke Hinkelbein
Im Zweiten Weltkrieg wurde die Weddinger Zentrale bei einem Bombenangriff komplett zerstört. Zwischen 1939 und 1949 halbierte sich der Umsatz. Schering verlor die Rechte am Namen und Umsatz des US-Geschäftes; 1952 wurde das verstaatlichte Unternehmen unter dem Namen Schering Corporations wieder privatisiert. Auch die Werke in Ost- und Mitteldeutschland wurden von der späteren DDR-Regierung verstaatlicht.
In den wieder aufgebauten Laboren in West-Berlin wurde in den
1950er-Jahren insbesondere an Hormonpräparaten geforscht. 1961 zahlte
sich die Arbeit aus - Schering präsentierte die erste in Deutschland
produzierte Anti-Baby-Pille „Anovlar". Bis heute ist die Herstellung der
Kontrazeptiva das Kerngeschäft am Berliner Standort.
Im März 2006 stand die Übernahme durch den Darmstädter Merck-Konzern
bevor. Belegschaft und Vorstand von Schering protestierten heftig, da
Merck wohl eine Verlegung der Berliner Produktion nach Darmstadt plante.
Nach ersten Sondierungsgesprächen bot Bayer den Schering-Aktionären
einen höheren Kaufpreis pro Aktie an; der Konzern wurde schließlich als
„Weißer Ritter" gefeiert.
Die einstigen „Retter" könnten nun aber dafür sorgen, dass der Name
Schering für immer von der Bildfläche verschwindet. Für das Teilgeschäft
in Berlin soll künftig der Name „BayerHealthCare" gelten; erst Ende
2008 waren die bis dahin noch rechtlich getrennten Pharmageschäfte von
Bayer HealthCare und Bayer Schering Pharma zusammengeführt worden.
Doch es gibt sie noch immer, die Marke Schering: In der Hansestadt
Lübeck vertreiben Nachkommen von Ernst Schering Spezialitäten des aus
Scherings Apotheke hervor gegangenen Drogerieartikelherstellers
„Blücher-Schering".
Benjamin Rohrer, Montag, 15. November 2010, 13:00 Uhr
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