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Sehr geehrte Apothekerin, sehr geehrter Apotheker,
hier ist der vollständige Text für Sie:
GENERIKA-AUSTAUSCH
Berlin - In wenigen Tagen haben Kassenpatienten zum ersten Mal die Möglichkeit, sich von den Rabattverträgen zu befreien und gegen Vorkasse in der Apotheke ein Wunschpräparat zu erhalten. Vieles ist noch unklar, doch die AOK Baden-Württemberg warnt schon jetzt: Die freie Auswahl könnte teuer werden. Auf jeden Fall sollten sich die Versicherten in der Apotheke die Mehrkosten genau ausrechnen lassen. Wie das gehen soll, weiß niemand.
Austausch oder nicht: Ab Januar können Kassenpatienten wählen,
welches Arzneimittel sie in der Apotheke bekommen wollen. Verbindliche
Informationen über die Mehrkosten gibt es derzeit nicht. Foto: Marcus
Witte
Wünscht der Patient ein bestimmtes Präparat, muss er zunächst den vollen
Preis bezahlen und das abgestempelte Rezept zur Kostenerstattung bei
seiner Kasse einreichen. Diese erstattet einen Betrag, von dem aber
Pauschalen für den entgangenen Rabatt und den Bearbeitungsaufwand
abgezogen werden. Wie hoch die Erstattung am Ende ausfällt, kann in der
Apotheke daher niemand sagen.
Die AOK Baden-Württemberg rät ihren Versicherten trotzdem, sich in der
Apotheke die Mehrkosten für das „Vorkasse-Medikament" vorab genau
ausrechnen zu lassen, um hinterher keine böse Überraschung zu erleben.
Beim Apothekerverband ist man überrascht: Die Berechnungen der Kassen
seien nach wie vor eine „Black box", sagte eine Sprecherin auf
Nachfrage.
Erst gestern hat der Verband Handzettel an die Apotheken verschickt:
Wegen unbekannter Rabatte und Bearbeitungsgebühren könnten keine
Berechnungen angestellt werden, heißt es in der Information für die
Kunden. Zusätzlich hat der Verband seinen Mitgliedern
Beratungsquittungen zur Verfügung gestellt - dies hatte der
Sozialverband VdK Deutschland bei der Anhörung zum
Arzneimittelmarkt-Neuordnungsgesetz (AMNOG) vorgeschlagen, um die
Unabhängigkeit der Apotheker sicher zu stellen.
Eine bundesweit einheitliche Regelung gibt es nicht. Kompliziert wird
es für die Apotheken aber auch bei der Umsetzung der Neuregelung: Sind
noch andere Medikamente verordnet, bekommt der Patient nur eine Kopie;
die Apotheke muss die entsprechende Rezeptzeile streichen und gibt das
Rezept dann wie gewohnt in die Abrechnung. Auf Nachfrage konnte bislang
auch niemand die Frage beantworten, ob die Kassen eine Möglichkeit
haben, Hersteller- und Kassenabschlag nachträglich einzufordern.
Die AOK Baden-Württemberg, ihrerseits Verhandlungsführerin für die
Rabattverträge, hält prinzipiell nicht allzu viel von den neuen
Möglichkeiten und warnt die Versicherten vor unangenehmen Konsequenzen:
Wer sein Wunschpräparat verlange, müsse nicht nur in Vorkasse treten,
sondern auch „mit erheblichen Zusatzkosten" rechnen. Die Krankenkassen
dürften nach Gesetz nur die Kosten des Medikaments erstatten, das die
Apotheke eigentlich abgegeben hätte.
Von diesem Erstattungsbetrag seien weitere gesetzliche Abschläge
vorzunehmen. Den Aufpreis müssten Versicherte, die auf ein anderes
Medikament bestehen, selbst bezahlen. „Wir können von diesem Verfahren
nur abraten", sagt AOK-Chef Dr. Rolf Hoberg. „Durch die Neuregelung
könnte leicht der Eindruck entstehen, dass Vorkasse-Medikamente auch die
besseren Medikamente seien. Es gibt aber nach Feststellung der
Zulassungsbehörde keinen medizinischen Zusatznutzen, da diese
Medikamente den selben Wirkstoff in identischer Stärke enthalten und es
sich um qualitativ völlig gleichwertige Produkte handelt."
Patrick Hollstein, Mittwoch, 29. Dezember 2010, 12:31 Uhr
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