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ARZNEIMITTELPREISE
Bad Homburg - Die Apothekerkammern wollen gegen jede Form der Rabattgewährung bei der Abgabe verschreibungspflichtiger Arzneimittel vorgehen. Sie berufen sich auf die Entscheidungen des Bundesgerichtshofs (BGH) zu Bonustalern. Danach greift die Bagatellgrenze bei Rx-Boni nur im Wettbewerbsrecht, nicht aber berufsrechtlich. Rx-Boni verstoßen also in jedem Fall gegen die Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV). Trotzdem äußern Experten Bedenken gegen ein hartes Durchgreifen der Kammern und Aufsichtsbehörden.
Umstrittene Härte: Die Apothekerkammern wollen jeden Fall von Rx-Boni verfolgen. Foto: Elke Hinkelbein
Bei dem Gesundheitsrechtstag der Wettbewerbszentrale diskutierten
Juristen darüber, wie eng das Berufsrecht in dieser Frage ausgelegt
werden kann. Denn obwohl die Kammern das Recht haben, jeden Verstoß
gegen die AMPreisV zu verfolgen, gibt es verfassungsrechtliche Einwände:
Rechtfertigen Rabatte, die im Wettbewerbs nicht spürbar sind, einen
Eingriff in die vom Grundgesetz geschützte Berufsfreiheit?
Der Arzneimittelrechtsexperte Professor Dr. Elmar Mand hat diese Frage
der Verhältnismäßigkeit geprüft: „Für eine Einschränkung der
Berufsfreiheit muss es vernünftige Einwände des Gemeinwohls geben. Die
haben wir hier: Es geht um die Sicherstellung einer flächendeckenden
Arzneimittelversorgung", sagte Mand gegenüber APOTHEKE ADHOC. Aus seiner
Sicht kann man ein rigides Vorgehen der Kammern daher als angemessen
ansehen. Ob das Bundesverfassungsgericht diese Ansicht teilt, sei
allerdings offen, so Mand.
Dagegen hat der auf Apothekenrecht spezialisierte Rechtsanwalt Dr.
Morton Douglas Vorbehalte gegen die angekündigte Null-Toleranz-Politik
der Apothekerkammern. Aus seiner Sicht könnte ein generelles Verbot von
Bonus-Talern gegen den EU-Gemeinschaftskodex für Humanarzneimittel
verstoßen. Danach sind geringwertige Zugaben auch bei der Abgabe
verschreibungspflichter Arzneimittel erlaubt.
An gleicher Stelle ist im Kodex aber auch das Recht der Mitgliedstaaten
verankert, die nationalen Preisvorschriften selbst zu regeln. Deshalb
bleibt es aus Douglas Sicht eine Frage der Auslegung des Kodex: Entweder
zu Lasten einer einheitlichen Rechtsanwendung oder restriktiv zu Lasten
der Mitgliedstaaten. Douglas geht davon aus, dass es bald neue
Verfahren um Bonustaler geben wird - in Karlsruhe oder in Luxemburg.
Aus Sicht der ABDA sind die Kammern dagegen sogar verpflichtet, Verstöße
gegen die Preisvorschriften zu verfolgen: Im Gesetz stehe nichts von
einer ungefähren Einhaltung der Arzneimittelpreise, der Gesetzgeber habe
bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln vielmehr feste Preise
vorgesehen, sagte Lutz Tisch, ABDA-Geschäftsführer für Apotheken- und
Arzneimittelrecht sowie Berufsrecht. Aus Sicht der anderen Experten
haben die Kammern dagegen nach dem Opportunitätsprinzip durchaus die
Möglichkeit, kleinere Verstöße nicht zu ahnden.
Wenn die Aufsicht hingegen hart durchgreift, droht eine Diskriminierung
deutscher Apotheken gegenüber ausländischen Versandapotheken. Denn
Letztere können von den hiesigen Behörden nicht zur Ordnung gerufen
werden. Nur oberhalb der vom BGH gezogenen Bagatellgrenze von rund einem
Euro können auch ausländische Versender wettbewerbsrechtlich belangt
werden. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass der Gemeinsame Senat
der Auffassung des BGH folgt. Anderenfalls wären Versender hinter der
Grenze überhaupt nicht an deutsche Preisvorschriften gebunden.
Alexander Müller, Montag, 06. Dezember 2010, 11:18 Uhr
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