Für Sie gelesen
Sehr geehrte Apothekerin, sehr geehrter Apotheker,
hier ist der vollständige Text für Sie:
LADENDIEBSTAHL
Berlin - Das
Erscheinungsbild der Offizin verändert sich: Immer mehr
Freiwahl-Artikel werden offen im Verkaufsraum angeboten. Hochwertige
Kosmetika, Nahrungsergänzungsmittel und Mundpflegeprodukte gehören zum
festen Bestandteil der Freiwahl. Apotheken rücken damit immer häufiger
ins Visier von Ladendieben.
Teure Angelegenheit: Kosmetika zählen zu den am häufigsten gestohlenen Artikeln im Einzelhandel. Foto: Elke Hinkelbein
„Gerade für Kosmetika gibt es einen Schwarzmarkt. Da die Pflegemittel
klein und teuer sind, lassen sie sich leicht entwenden und auf
Flohmärkten sehr gut zu günstigeren Preisen wieder verkaufen", erklärt
Frank Horst, Autor einer Studie des Einzelhandelsinstitutes EHI zum
Thema Inventurdifferenzen. Zwar gebe es für Apotheken keine
detaillierten Zahlen. Horst zufolge sind aber 80 Prozent der
Drogeriemarktbetreiber der Meinung, dass dekorative und pflegende
Kosmetika die am häufigsten gestohlenen Artikel sind.
„Im spezialisierten Einzelhandel handelt es sich immer häufiger um
Diebstahl auf Bestellung", sagt ein Sprecher des
Ergo-Versicherungskonzerns, der Apothekern eine
Einbruchdiebstahl-Versicherung anbietet. Die Diebe selbst seien nur
Handlanger für Banden, die gestohlene Kosmetika ins Ausland schafften,
um sie dort zu verkaufen. Ladendiebstähle und Einbrüche in Apotheken
befänden sich „auf einem konstant hohem Niveau".
Eine Apothekerin aus dem Berliner Stadtteil Neukölln schildert das
organisierte Vorgehen der Diebe: „Oft wird man abgelenkt, so dass man
die Freiwahl kurz aus den Augen verliert. Und auf einmal fehlen mehrere
Kosmetik-Packungen. Manchmal merken wir erst abends, dass unsere
Kosmetikregale komplett leer geräumt wurden." Als Schutz füllt die
Apothekerin mittlerweile alle Kosmetika-Packungen mit einem Wert über
15 Euro mit Steinen auf.
Eine technologische Alternative zu den Steinen sind
Videoüberwachungssysteme. Die Firma „1000eyes" etwa bietet einen
Service an, bei dem die Aufnahmen der Kameras direkt ins Internet
übertragen und auf einem zentralen Server gespeichert werden. Der
Apotheker kann so von einem beliebigen Computer aus verfolgen, ob sich
jemand an der Freiwahl zu schaffen macht.
Zusätzlich bietet das System Schutz vor Einbrüchen: Mit Hilfe eines
Bewegungssensors wird der Apotheker automatisch per SMS unterrichtet,
wenn sich nachts etwas in der Apotheke bewegt. Vorteil dieses Systems
ist der Preis: Der Zugriff auf den Server kostet zwischen 90 und 150
Euro im Jahr, geeignete Netzwerkkameras mit integriertem
Bewegungsmeldern sind zwischen 160 und 400 Euro zu haben.
Bitte lächeln: Mittels Videokamera überwachen manche Apotheker ihre Offizin. Foto: Elke Hinkelbein
Christian Kraus, Eigentümer der Arlinger-Apotheke in Pforzheim,
weiß Videosysteme seit kurzem zu schätzen. Als der Apotheker Anfang
August in seinem Büro telefonierte, fiel ihm bei einem Blick auf die
Überwachungsbildschirme auf, dass in der Offizin ein Mann eine
Kosmetik-Packung nach der anderen in eine Sporttasche steckte. „Das
wirkte alles sehr organisiert. Vor der Apotheke warteten die Komplizen
im Auto, die dann mit dem Dieb flüchteten."
Kraus notierte sich das Kennzeichen des Wagens - aber auch das
Fluchtauto war gestohlen, wie sich im Nachhinein rausstellte. Die
Videoaufnahmen erleichtern der Polizei nun aber die Suche nach dem
Täter. Der finanzielle Verlust von rund 400 Euro bleibt - die
Vichy-Packungen sind nach wie vor verschwunden.
Mittels elektronischer Artikelsicherung (EAS) kann jeder einzelne
Artikel vor Diebstahl geschützt werden. Die Verpackungen werden mit
einem elektromagnetischen Klebestreifen versehen. Wenn das Etikett an
der Kasse nicht deaktiviert wird, löst eine magnetische Antenne bei
Passieren der Tür einen Alarm aus.
„Der Vorteil an EAS-Systemen ist die Abschreckung. Bei offensichtlich
gesicherten Artikeln ist die Hemmschwelle höher", sagt ein Sprecher von
ADT Sensomatic, einem der führenden EAS-Unternehmen. Die Systeme haben
ihren Preis: 5000 Sicherungsetiketten kosten 345 Euro, der günstigste
Deaktivator ist für 300 Euro zu haben, und die Antennen an der Tür gibt
es je nach Breite des Eingangs ab 1840 Euro aufwärts. Die Installation
ist in den Preisen noch nicht inbegriffen.
Die Berliner Apothekerin setzt daher weiterhin auf die unkonventionelle
Artikelsicherung: „Mir gehen langsam die Steine aus. Stammkunden und
Mitarbeiter bringen mir aber aus dem Urlaub Nachschub mit."
Benjamin Rohrer, Mittwoch, 01. September 2010, 14:52 Uhr
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