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ARZNEIMITTELFÄLSCHUNGEN
Berlin - Großhandelswanne komplett in den Scanner schieben und Artikel, Charge und Verfalldatum in einem Durchgang auslesen - RFID (Radio Frequency Identification) könnte die Arbeit in der Apotheke erheblich erleichtern. Die gelieferten Medikamentenpackungen müssten nicht mehr einzeln eingescannt, sondern könnten gleich kistenweise per Funk erfasst werden. Technik und Software werden von Industrie und Wissenschaft weiterentwickelt und in Apotheken getestet. Doch das Verfahren stößt auch auf Kritik - vor allem wegen der Kosten.
Mit Chip und Antenne: Der Hersteller Sun Pharmaceuticals sichert seine Produkte mit RFID-Technik. Foto: Max Pharma
In erster Linie sollen mit RFID gekennzeichnete Arzneimittel besser vor
Fälschungen geschützt werden, indem ihr Weg von der Herstellung bis zur
Abgabe transparent gemacht wird. Zwar fürchten Kritiker, dass die Daten
missbraucht werden könnten. Doch vereinzelt werden bereits heute
Arzneimittel mit RFID gekennzeichnet: So setzt beispielsweise der
indische Hersteller Sun Pharmaceuticals die Technik in Deutschland bei
seinem Zytostatikum mit dem Wirkstoff Gemcitabin ein. Künftig will der
Hersteller alle neuen Zulassungen mit RFID sichern.
Sun Pharmaceuticals arbeitet mit dem Spezialgroßhändler Max Pharma und
dem IT-Spezialisten XQS-Service zusammen. „Das Aufbringen der
RFID-Transponder ist für uns längst Routine", sagte Michael Kretzer,
Geschäftsführer von Max Pharma und XQS-Service gegenüber APOTHEKE
ADHOC. Die Datenerfassung und -verarbeitung dagegen werde zur Zeit in
einem Pilotprojekt getestet, an dem auch mehrere Apotheken teilnehmen.
RFID-Transponder bestehen aus einem kleinen Chip und einer
Mini-Antenne. Dieser Chip kann sowohl ausgelesen als auch beschrieben
werden. Großhandel und Apotheken können so Informationen auf den
Arzneimittelpackungen ergänzen. RFID bietet laut Kretzer einen höheren
Kopierschutz als 2D-Codes, deren optische Informationen lediglich
ausgelesen werden können. „Ein Strich mit dem Kugelschreiber reicht, um
den 2D-Code unlesbar zu machen", sagte Kretzer.
RFID-Daten können auf verschiedenen Funkfrequenzen übertragen werden.
XQS-Service hat sich für eine Frequenz entschieden, die Flüssigkeiten
durchdringen kann und zudem die Auslesung mehrerer Transponder
gleichzeitig erlaubt.
In vielen Branchen ist RFID längst etabliert: Die Transponder werden
unter anderem in der Bekleidungsindustrie sowie in vielen Büchereien
und Bibliotheken genutzt. Außerdem finden sie sich in deutschen
Reisepässen. Arzneimittelhersteller dagegen schrecken vor den Kosten
zurück.
Forscher und Ingenieure aus Hannover haben deshalb in einem Projekt die
RFID-Antennen während der Packungsherstellung auf die Faltschachteln
gedruckt und die Chips hinzugefügt. Bislang wurden die Transponder
nachträglich auf die Packungen aufgeklebt. Das Druckverfahren
verringere die Kosten von Folie und Antenne um 42 Prozent, sagte Björn
Eilert, Projektingenieur des gemeinnützigen Instituts für Integrierte
Produktion Hannover (IPH).
Trotzdem werden pro Packung immer noch etwa 4,5 Cent für den
RFID-Transponder fällig. Hinzu kommen 7,4 Cent für die Infrastruktur.
Die Investitionen für Datenbanken und Scanner fielen allerdings auch
beim 2D-Code an, so Eilert. Wie Kretzer glaubt auch er an die Zukunft
des RFID: Die Technik werde sich zwar nicht schlagartig in den nächsten
zwei Jahren, aber nach und nach durchsetzen. Besonders für hochpreisige
Medikamente und für Betäubungsmittel biete sie sich an.
Janina Rauers, Dienstag, 27. Juli 2010, 13:21 Uhr
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