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EU-GENERALANWALT
Berlin - Beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) scheint man sich nicht länger mit Fremdbesitzverboten im Gesundheitswesen beschäftigen zu wollen. In seinen Schlussanträgen zum Vertragsverletzungsverfahren der EU-Kommission gegen Frankreich befand Generalanwalt Paolo Mengozzi, dass Besitzbeschränkungen für biomedizinische Labore nicht gegen Gemeinschaftsrecht verstoßen - auch dann nicht, wenn sie durch grenzüberschreitende Firmenkonstruktionen ausgehebelt werden können.
Firmenrecht statt Fremdbesitz: Der EuGH beschäftigt sich mit Besitzbeschränkungen für klinische Labore. Foto: Elke Hinkelbein
In Frankreich dürfen medizinische Untersuchungslabore nur durch
„klinische Biologen" betrieben werden - das sind entweder Pharmazeuten
oder Mediziner. Alleine rund 8000 Apotheker tragen diese
Berufsbezeichung. Kein „Biologe" darf Anteile an mehr als zwei Laboren
halten; Kapitalgesellschaften dürfen maximal 25 Prozent an den
Gesellschaften besitzen.
Allerdings können Biologen auch juristische Personen sein, also Firmen,
die von Berufsangehörigen gegründet und dann als solche behandelt
werden. Bemerkenswerterweise sehen die Bestimmungen vor, dass auch
ausländische Biologen in Form einer juristischen Person in Frankreich
Labore betreiben können. Gibt es in einem Land kein Fremdbesitzverbot,
können also berufsfremde Kapitalgesellschaften in Frankreich als
Biologen und damit als Mehrheitsbesitzer anerkannt werden.
Auf diese vermeintliche Inkohärenz hatte die EU-Kommission hingewiesen
und entsprechende Beispiele präsentiert: Biomnis-Labore befinden sich
demnach zur Hälfte in Besitz eines „Biologen in Form einer irischen
juristischen Person", die wiederum mehrheitlich einem Investmentfonds
gehört. Unilabs sei eine schweizerische Gesellschaft im Besitz von
Nichtbiologen, die einige Gesellschaften mit Laboren in Spanien
verwalte, die wiederum Labore in Frankreich verwalteten.
Die französische Regierung hatte zugegeben, dass auf diese Weise das
Gesetz umgangen werden könne. Da man jedoch aufgrund von
Gemeinschaftsrecht ausländischen Firmen den Zugang zum Markt nicht
verwehren könne, sei die „umgekehrte Diskriminierung" unvermeidbar und
Frankreich nicht vorzuwerfen.
Dieser Argumentation folgte der Generalanwalt: Es handele sich um
„Situationen, bei denen ein anderes Verhalten des beklagten
Mitgliedstaats zu einer Diskriminierung und auf jeden Fall zu einer
Verletzung der Grundfreiheiten des Vertrags, insbesondere der
Niederlassungsfreiheit und des freien Dienstleistungsverkehrs, hätte
führen können", so Mengozzi. Es könne daher nicht als Inkohärenz
betrachtet werden, wenn die französischen Behörden Gesellschaften, die
die erforderliche Qualifikation als Biologe aufweisen, unabhängig von
den Besitzverhältnissen den Betrieb von Laboren für biomedizinische
Analysen gestatte.
Abgesehen von derartigen unternehmensrechtlichen Finessen erklärte der
Generalanwalt das französische Fremdbesitzverbot für vereinbar mit
Gemeinschaftsrecht, da es dem Gesundheitsschutz der Bevölkerung diene.
Mengozzi sah mehr Parallelen zum Fremdbesitzverbot für Apotheken als zu
dem von der Kommission herangezogenen Optikerurteil. Dagegen könnte das
Mehrbesitzverbot aufgrund von offensichtlichen Versäumnissen der
französischen Regierung innerhalb des Verfahrens fallen.
Patrick Hollstein, Donnerstag, 17. Juni 2010, 19:32 Uhr
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