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Steuer & Recht
Die Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht speziell bei automatischen Türen ist nur anzunehmen, wenn unerwartete atypische Funktionen vorliegen. Der Einsatz automatischer Türen ist Ausdruck des technischen Fortschritts und angesichts der Häufigkeit des Einsatzes im Alltag (e.G. Fahrstühle, Supermarkttüren) auch der Allgemeinheit geläufig. Der Benutzer muss daher auch selbst auf Gefahren aufpassen.
Ein Münchner Ehepaar war mit ihrer vierjährigen Tochter in einem Sozialbürgerhaus, um einen neuen Leistungsbescheid zu erhalten, da der vorangegangene abgelaufen war. Im Sozialbürgerhaus klemmte sich das Mädchen ihren Daumen in der automatischen Zugangstür zur Eingangshalle innerhalb des Gebäudes - an der Scharnierseite der Tür - ein. Sie erlitt dadurch eine Fraktur am Daumen und musste drei Wochen einen Gips tragen. Die Eltern verlangten daraufhin von der Landeshauptstadt München ein Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 1.500 Euro. Schließlich habe diese ihre Verkehrssicherungspflicht verletzt. Außerdem habe die Sensorik der Tür ihre kleine Tochter nicht erfasst. Die Mutter sei zweimal darauf hingewiesen worden, dass sie auf ihre spielende Tochter aufpassen müsse. Eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht liege daher nicht vor. Die Türe funktioniere im Übrigen einwandfrei, entgegnete die Landeshauptstadt.
Die zuständige Richterin am Amtsgericht München, zu dem die Eltern Klage erhoben, wies diese ab: Ein Schmerzensgeldanspruch bestehe nicht. Die Beklagte habe keine Verkehrssicherungspflicht verletzt.
Der Begriff der Verkehrssicherungspflicht bezeichne die Pflicht dessen, der eine Gefahrenquelle schaffe oder unterhalte, die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, um Schäden anderer zu verhindern. Eine jeglichen Schadensfall ausschließende Verkehrssicherung sei jedoch nicht erreichbar, denn auch die berechtigten Erwartungen seien nicht auf einen Schutz vor allen nur denkbaren Gefahren ausgerichtet. Daher beschränke sich die Verkehrssicherungspflicht auf das Ergreifen solcher Maßnahmen, die nach den Gesamtumständen zumutbar sind und die ein verständiger, umsichtiger und in vernünftigen Grenzen denkender Mensch für notwendig und ausreichend halte, um andere vor Schaden zu bewahren. Es sei nicht jeder abstrakten Gefahr vorzubeugen. Eine Verkehrssicherung, die jede Schädigung ausschließt, sei nicht möglich und nicht geschuldet.
Die Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht speziell bei automatischen Türen sei nur anzunehmen, wenn unerwartete atypische Funktionen vorliegen. Dies sei vorliegend nicht der Fall. Der Einsatz automatischer Türen sei zudem Ausdruck des technischen Fortschritts und angesichts der Häufigkeit des Einsatzes im Alltag (e.G. Fahrstühle, Supermarkttüren) entspräche er der allgemeinen Erfahrung der Öffentlichkeit und sei daher prägend für die allgemeine Sicherheitserwartung im Verkehr. Die Beklagte habe zudem alles Erforderliche und ihr Zumutbare getan, um Besucher des Sozialbürgerhauses vor einem Schaden zu bewahren.
Die Beweisaufnahme habe ergeben, dass sich die Tür auch beim Herannahen von Personen geringer Körpergröße öffne. Die Türe würde auch regelmäßig gewartet. Die Funktionsfähigkeit sei einwandfrei. Die Beklagte habe zudem - über die technische Wartung der Tür hinaus - Weiteres getan, um Besucher des Sozialbürgerhauses vor einem Schaden zu bewahren, indem ihre Mitarbeiter Besucher auf die Gefahren, die von den automatischen Türen für Besucherkinder ausgehen, hinwiesen. Auch dies habe die Beweisaufnahme ergeben. Die Mutter des Kleinkindes sei zweimal aufgefordert worden, auf die an der automatischen Tür spielende Tochter aufzupassen. Durch diese Warnung seitens ihres Mitarbeiters sei die Beklagte auch ihrer Pflicht, gegenüber Kindern intensivere Sicherungsmaßnahmen zu ergreifen, gerecht geworden.
AG München, Urteil 224 C 27993/12 vom 21.05.2013
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