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Sehr geehrte Apothekerin, sehr geehrter Apotheker,
hier ist der vollständige Text für Sie:
Steuern & Recht
Fehlt einer Wortfolge jegliche Unterscheidungskraft i.S.d. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG, wenn sich der beschreibende Gehalt erst durch mehrere gedankliche Schritte ermitteln lässt? Der Bundesgerichtshof (BGH) beantwortet dieses Frage mit einem „NEIN " (BGH, Beschluss vom 21. Dezember 2011, Az. I ZR 56/09).
Der Fall:
Die Anmelderin hat beim Deutschen Patent- und Markenamt die Eintragung der Wortmarke "Link economy" für verschiedene Waren und Dienstleistungen der Klasse 16, 35 und 41 begehrt. Die Markenstelle des Deutschen Patent- und Markenamtes hat die Anmeldung größtenteils abgelehnt, da die Marke für die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen nicht die erforderliche Unterscheidungskraft i.S.d. § 8 Abs. 2 MarkenG besitze. Die hiergegen gerichtete Beschwerde ist ohne Erfolg geblieben. Das Bundespatentgericht ging bei seiner Beurteilung so vor, dass es zunächst den englischen Begriff "link" mit Verbindung oder verbinden übersetzte, den Begriff "economy" mit Wirtschaft, Ökonomie oder Wirtschaftlichkeit. Daraus ergebe sich, dass der Begriff "link economy" als Wert einer Internetseite verstanden werden könne. Aus diesem Grund besitze der Begriff nicht die nötige Unterscheidbarkeit.
Die Entscheidung:
Der BGH hielt die eingelegte Rechtsbeschwerde für begründet. Nach Auffassung des Gerichts besitze der Begriff "link economy" die nötige Unterscheidungskraft.
"Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnenden (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und die Waren oder Dienstleistungen damit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet." (BGH, a.a.O; vgl. EuGH, Urteil vom 21. Januar 2010 Az. C 398/08)."
"Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden." (BGH, a.a.O.).
Für die Frage der Unterscheidungskraft ist dabei auf die Verkehrsanschauung der Zielgruppe abzustellen. Konkret ist dabei
"auf die mutmaßliche Wahrnehmung eines normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen." (BGH, a.a.O.).
"Kann einem Wortzeichen für die fraglichen Waren oder Dienstleistungen kein im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugerechnet werden und handelt es sich auch sonst nicht um ein gebräuchliches Wort der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache, [...], so gibt es keinen tatsächlichen Anhalt dafür, dass ihm die vorerwähnte Unterscheidungseignung und damit jegliche Unterscheidungskraft fehlt." (BGH, a.a.O.).
Dieser Beurteilungsspielraum gilt nach richtiger Auffassung des Gerichts auch bei Wortfolgen. Als Indizien für die Eignung der Unterscheidung von Waren und Dienstleistungen eines bestimmten Anbieters können
"Kürze, eine gewisse Originalität sowie die Prägnanz einer Wortfolge sein. Auch die Mehrdeutigkeit und Interpretationsbedürftigkeit einer Wortfolge kann einen Anhaltspunkt für eine hinreichende Unterscheidungskraft bieten." (BGH, a.a.O.).
Bei der Ermittlung, ob im konkreten Fall nun die Wortfolge hinreichende Unterscheidungskraft besaß, bediente sich das Bundespatentgericht einem Zweischritt. Zunächst übersetzte es die Worte einzeln in die deutsche Sprache und wies diesen entsprechend der Wortbedeutung einen Sinngehalt zu. Danach entwickelte es aus beiden Worten den Wortsinn der Wortfolge und kam zu dem Ergebnis, dass "link economy" als Wert einer Internetseite zu verstehen sei, mit der Folge, dass es die nötige Unterscheidungskraft ablehnte. Dem ist der BGH zu Recht entgegengetreten und hat klargestellt, dass
"eine derartige analysierende Betrachtungsweise im Rahmen der Beurteilung der Unterscheidungskraft eines Zeichens unzulässig ist, weil sich daraus keine in den Vordergrund drängende, für den Durchschnittsverbraucher ohne weiteres ersichtliche Beschreibung des Inhalts von Waren oder Dienstleistungen ergibt." (BGH, a.a.O.).
Zwar haben die Worte eine jeweils für sich betrachtete,
"nicht aber in ihrer Kombination sich aufdrängende ohne weiteres ersichtliche beschreibende Bedeutung." (BGH, a.a.O.).
Bewertung:
Der BGH hat mit seiner Entscheidung Patentanmelder gestärkt und nicht zuletzt eine gewisse Richtschnur für die Beurteilung der Eignung bestimmter Worte bzw. Wortfolgen zur Unterscheidung bestimmter Waren oder Dienstleistungen eines bestimmten Anbieters gegeben. Zu Recht hat das Gericht darauf hingewiesen, dass hierbei ein großzügiger Maßstab angelegt werden muss. Ein mehraktiger Interpretationsvorgang wie im vorliegenden Falle überspannt diesen Maßstab sicher. Es kommt eben gerade auf die Betrachtungsweise eines Durchschnittsverbraucher nicht auf die analytische Betrachtung eines Bundesgerichts an. Für Patentanmelder bedeutet dieses Urteil sicher eine gewisse Rechtsklarheit, in welchem Rahmen sich ihr Markenname bewegen kann.
Dr. Robert Kazemi
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