Sehr geehrte Apothekerin, sehr geehrter Apotheker,
hier ist der vollständige Text für Sie:
Berlin - Die
Vor-Ort-Apotheken sind mit mittelmäßigen Ergebnissen durch den neuen
Test von Stiftung Warentest geschlittert, die Versandapotheken sind
untergegangen. Verbesserungsbedarf sehen die Verbraucherschützer vor
allem bei der Beratung. APOTHEKE ADHOC sprach mit Hubertus Primus,
Chefredakteur von Stiftung Warentest, über die Schwachstellen von
Apotheken, den Nutzen von Dachmarken und rosinenpickende
Versandapotheken.
ADHOC: Was macht eine gute Apotheke aus?
PRIMUS: Bei unserem Test ist eine Apotheke gut, wenn sie
Wechselwirkungen von Medikamenten erkennt. Dazu hatten wir drei Fälle:
Ein dreijähriges Kind mit Fieber; welches Mittel sollte man geben? Ein
älterer Herr fragt nach einem Nahrungsergänzungsmittel, das zu seinem
gesundheitlichen Zustand aber nicht passt. Und eine ältere Dame mit
Inkontinenzproblemen. Wenn diese Fragen sachkundig beantwortet werden,
ein vernünftiger Tipp gegeben wird, hat eine Apotheke gut beraten. Und
wenn als Krönung, eigentlich als Selbstverständlichkeit, eine Rezeptur -
das ureigene Handwerk des Apothekers - angefordert und dann auch
ordnungsgemäß gefertigt wird, ist es eine gute Apotheke.
ADHOC: Wo liegen die größten Defizite?
PRIMUS: Die Apotheken haben die größten Schwierigkeiten bei der
Medikamentenberatung, also Wechselwirkungen zu erkennen. Auch bei den
Beratungsfällen gibt es Defizite, insbesondere auch mit der Diskretion.
Da fehlt einfach in der Vor-Ort-Apotheken die Möglichkeiten, sich
vernünftig, diskret beraten zu lassen. Mit der Rezeptur hat es
eigentlich ganz gut geklappt. Im Gegensatz zum letzten Test.
ADHOC: Können Apotheken-Dachmarken Qualität garantieren?
PRIMUS: Die Kooperationen treten teilweise als Marken auf. Sie können
noch keine Qualität garantieren. Die Ergebnisse streuen dermaßen breit,
dass wir über keine Kooperation sagen konnten, dass sie zu einer
verbesserten Qualität führt. Wir konnten aber erkennen, dass die Preise
in Bewegung gekommen sind. Es gibt Apotheken, die vor Ort deutlich
günstigere Preise haben und sogar Versender in Einzelfällen unterbieten.
ADHOC: Welche Probleme haben Versandapotheken?
PRIMUS: Bei den Versandapotheken ist eine ausgesprochen schlechte
Beratungsleistung zu beklagen. Das lag noch deutlich unter dem, was die
Vor-Ort-Apotheken gemacht haben: Vier Versender konnten überhaupt keinen
Fall der Wechselwirkungen lösen, genauso verhält es sich mit den
Beratungen in unseren Einzelfällen. Auch die Rezeptur, die auch
Versandapotheken anbieten müssen, wurde in acht Fällen überhaupt nicht
hergestellt. Das war ein ganz schwaches Ergebnis. Ganz gut geklappt hat
bei den Versandapotheken der Service, also der Medikamentenversand. Das
war angemessen, das war gut.
ADHOC: Sind Versandapotheken Rosinenpicker?
PRIMUS: Versandapotheken sollten sich nicht nur teure Medikamente
aussuchen, sondern zum Beispiel auch Rezepturen herstellen, auch wenn
das aufwendig ist und die Gewinnmargen gering sind. Das Motto darf nicht
lauten: „Massenware oder Ware, wo wir gut verdienen können, per
Versand, die Beratung macht der Kollege vor Ort." Das kann natürlich
nicht die Aufgabe sein, sondern sie müssen sich auch dem
Beratungsauftrag stellen. Wir haben ein bisschen den Eindruck, dass die
Versandapotheken sehr schlanke Strukturen haben und sich um diese
Beratungsleistung herumdrücken, denn da sind sie schlechter geworden
gegenüber dem letzten Test.
ADHOC: Fehlen Kontrollen für ausländische Versender?
PRIMUS: Wir hatten drei niederländische Versender im Test, der Rest der
23 Versandapotheken kam aus Deutschland. Also wenn die Apothekerkammern
20 von 23 etwas besser auf die Finger schauen und da die Qualität
verbessern, wäre das schon den Schweiß der Edlen wert.
ADHOC: Sind sie mit dem Ergebnis zufrieden?
PRIMUS: Natürlich ist es so, dass die Welt nicht perfekt ist und dass es
nicht nur gute Apotheken geben kann. Trotzdem sind uns sieben von 27
vor Ort-Apotheken mit der Note „gut" etwas zu wenig, zumal die
gestellten Fälle nicht unlösbar waren, sondern einen mittleren bis
leichten Schwierigkeitsgrad hatten. Also da gibt es noch eine Menge zu
tun. Das Ergebnis bietet jedenfalls keinen Anlass, sich darauf
auszuruhen.
APOTHEKE ADHOC, Donnerstag, 22. April 2010, 15:21 Uhr
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