Sehr geehrte Apothekerin, sehr geehrter Apotheker,
hier ist der vollständige Text für Sie:
Berlin - Arzneimittelzuzahlungen
dürfen nicht von Apotheken übernommen werden. Weil ausländische
Versandapotheken sich davon aber nicht berührt fühlen, sucht die
deutsche Konkurrenz immer mal wieder nach Schlupflöchern. Wer
beispielsweise bei der EU-Versandapotheke die Zuzahlung sparen will,
muss Mitglied in einem Verein werden. Die Beteiligten berufen sich auf
Unabhängigkeit und sprechen von einer Kooperation - trotzdem läuft
gegen die Betreiber der Versandapotheke ein Verfahren.
Offiziell erstatten die Deutsche Patientenintiative (dpi) oder der
Verein Vivavita die Zuzahlung. Beide haben nach eigenen Angaben
vierstellige Mitgliedszahlen. Bei dpi erhält man für 2,90 Euro im Monat
einen „Medikamentensparbrief". Wenn die Arzneimittel per Post bei der
EU-Versandapotheke bestellt werden, übernimmt dpi die komplette
Zuzahlung, für zuzahlungsbefreite Arzneimittel gibt es pauschal 3 Euro
Bonus. „So sparen Sie als dpi-Mitglied 100 Prozent Ihrer
Rezeptzuzahlung, so viel Sie und so oft Sie wollen, wenn Sie unsere
Partner-Versandapotheke nutzen", wirbt das Unternehmen aus Hamburg.
Zusätzliche Angebote gibt es zur Erstattung der Praxisgebür oder beim
Zahnersatz.
Vivavita beschränkt sich dagegen auf den Zuzahlungsservice, dafür
nehmen auch einige niedergelassene Apotheken teil. Das Konzept ist
ähnlich: Der Mitgliedsbeitrag liegt ebenfalls bei 35 Euro pro Jahr,
zehn Monate kann man das Angebot kostenlos und ohne Verpflichtung
testen. Zu den Leistungen zählen neben der Erstattung der
Rezeptzuzahlung „Hilfestellung bei der Arzt-, Krankenhaus- und
Krankenkassenwahl" sowie „eine Unterstützung bei der
Pflegekostenbeantragung und der Aufnahme in Pflegeheimen". Wie bei dpi
erhalten auch Privatpatienten Boni von Vivavita - wenn sie über die
Versandapotheke bestellen.
Dass dpi und Vivavita nur Konstruktionen sind, damit die
Versandapotheke die Zuzahlung erlassen kann, weisen alle Beteiligten
strikt von sich. „Das sind eigenständige Unternehmen, und wie die sich
finanzieren, weiß ich nicht", sagte die verantwortliche Mitarbeiterin
der Versandapotheke gegenüber APOTHEKE ADHOC. Lediglich eine „kleine
Beteiligung" liege bei der Apotheke, es müsse also auch externe Töpfe
geben, so die Mitarbeiterin. Ob die Versandapotheke ihren Beitrag pro
Mitglied oder pro Rezept leiste, konnte sie nicht sagen. Allerdings
sind auf den Rechnungen der Versandapotheke die jeweiligen Boni
ausgewiesen und werden auf Wunsch des Kunden auch direkt verrechnet.
Umstrittenes Konzept: Die EU-Versandapotheke muss ihr Zuzahlungsmodell vor Gericht verteidigen.
Vivavita erhält von der EU-Versandapotheke laut Präsident Dr. Karl
Blüher eine Pauschale, die im Abstand von zwei Jahren neu verhandelt
wird. Über die Höhe wollte er gegenüber APOTHEKE ADHOC keine Angaben
machen. Der Verein wurde 2002 gegründet, hat sechs ehrenamtliche
Mitarbeiter und sieht sich eher im gemeinnützigen Bereich. Man
finanziere sich deshalb auch über Spenden, sei aber unabhängig von der
Industrie, versicherte Blüher.
dpi-Geschäftsführer Patrick Hofmann wollte auf Nachfrage ebenfalls
keine genauen Angaben über die Finanzierung machen - aus Angst vor
Nachahmern. Es sei ein „ausgeklügeltes Modell" mit mehreren Partnern
und Werbeerlöserträgen. Auch Hofmann betonte aber, vollkommen
unabhängig von der EU-Versandapotheke zu sein.
Deren Inhaberin ist Kerstin Thierfelder, die in Cottbus drei Apotheken
besitzt und online zweigleisig fährt: So steht hinter der
EU-Versandapotheke.com ihre Apotheke an der Priormühle. Die gehört wie
die Carl-Thiem-Apotheke der Gesund-Leben-Kooperation des Stuttgarter
Großhändlers Gehe an. Über die Versandapotheke können Kunden daher bei
dem Bonusmodell Deutschland Card Punkte sammeln.
Kunden mit Payback-Karte bestellen dagegen besser über die
EU-Versandapotheke.net, denn die ist der Apotheke im Lausitzpark
zugeordent. Thierfelders dritte Apotheke ist Markenpartner der
MVDA-Kooperation Linda. Die Versandapotheke ist sogar über
„Linda-Versandapotheke" oder als „Linda-Payback-Shop" erreichbar.
Über die Kooperation mit dpi und Vivavita wird noch vor Gericht
verhandelt. Die EU-Versandapotheke, nach eigenen Angaben unter den Top
Ten in Deutschland, sieht sich im Recht: „Ausländische Versandapotheken
dürfen solche Vorteile auf dem deutschen Markt anbieten, das passt doch
irgendwie nicht. Deshalb begrüßen wir, dass es solche Möglichkeiten zur
Kooperation gibt", sagte die Mitarbeiterin.
Alexander Müller, Freitag, 05. März 2010, 10:36 Uhr
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