Sehr geehrte Apothekerin, sehr geehrter Apotheker,
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Berlin - Das Nebeneinander von nationaler und zentraler Arzneimittelaufsicht hat im Fall der Clopidogrel-Generika paradoxe Konsequenzen: Während Präparate mit zentraler Zulassung laut Beschluss der EU-Kommission vom Markt genommen werden müssen, dürfen die unter deutscher Zulassung vertriebenen Alternativen vorerst weiter abgegeben werden. Der Fall ist kompliziert, zumal der Zulassungsinhaber Acino die Produkte nicht selbst vertreibt. Das schweizerische Unternehmen und seine deutschen Mitvertriebspartner 1A/Hexal/Sandoz sowie Ratiopharm sind daher vom Rückruf unterschiedlich betroffen, obwohl der Hintergrund derselbe ist.
Unterschiedliche Auffassung: Während die EU-Kommission
Clopidogrel-Generika derzeit nicht für sicher hält, verzichten die
deutschen Behörden auf einen Rückruf. Foto: APOTHEKE ADHOC
Am 25. März hatte die Europäische Arzneimittelagentur EMA zunächst den
Rückruf aller Clopidogrel-Generika empfohlen. Zuvor hatten Inspektoren
der Regierung Oberbayern sowie einer französischen Überwachungsbehörde
bei einer Routineinspektion des Herstellers Glochem in Indien, der für
Acino den Wirkstoff produziert, Verstöße gegen die Good Manufacturing
Practice (GMP) festgestellt. Laut Acino handelte es sich um Mängel bei
der Dokumentation, ein Rückruf war daher nach Ansicht des
Zulassungsinhabers nicht notwendig.
Das sah die EU-Kommission anders: Am 29. März setzte die Brüsseler
Behörde das Inverkehrbringen aus und ordnete den Rückruf bereits auf dem
Markt befindlicher Produkte an. Betroffen waren die
Clopidogrel-Varianten von Sandoz, Ratiopharm, Hexal, Acino, 1A Pharma.
Bislang hat aber nur Hexal einen Rückruf bestimmter Chargen angeordnet -
die also offensichtlich auf Grundlage einer zentralen Zulassung in
Verkehr waren.
Weil dagegen die deutschen Behörden in den einzelnen Bundesländern der
EMA-Empfehlung nicht folgten, müssen nicht alle Clopidogrel-Generika vom
Markt verschwinden: Bei Ratiopharm erklärte man auf Nachfrage gegenüber
APOTHEKE ADHOC, dass keine Produkte betroffen und damit nach
derzeitigem Stand keine Rückrufe zu erwarten seien. Offenbar arbeitet
man in Ulm also mit nationaler Zulassung. Andererseits muss der seit
kurzem zum Weltmarktführer Teva gehörende Konzern seine Präparate in
Belgien, Ungarn, Frankreich, Schweden, Spanien und Großbritannien aus
dem Verkehr nehmen.
Die Marktanteile regelt nun also vorerst der Zufall: Zentral zugelassene
Clopidogrel-Varianten müssen verschwinden, alle anderen Produkte dürfen
- je nach Entscheidung der nationalen Behörden - in Verkehr bleiben.
Wie schnell die betroffenen Firmen alternativ nationale Zulassungen
nutzen können, bleibt abzuwarten.
Die Aufsichtsbehörden sind übrigens nicht nur hinsichtlich des Risikos
unterschiedlicher Auffassung, sondern auch was die Rechtmäßigkeit der
Generika an sich angeht: Im vergangenen Juni hatte die EU-Kommission ein
Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eingeleitet, weil sie
der Meinung war, dass das Bundesinstitut für Arzneimittel und
Medizinprodukte (BfArM) mit der Zulassung gegen Gemeinschaftsrecht
verstoßen hat.
Patrick Hollstein, Dienstag, 06. April 2010, 18:50 Uhr
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