Kinder haften nicht für Beschädigungen an geparkten Fahrzeugen, wenn der Schaden bei altersgemäß falscher Einschätzung der im Verkehr bestehenden Gefahren zugefügt wurde.
Das Amtsgericht München wies am 11.12.2017 die Klage eines Brunnthalers auf Schadensersatz in Höhe von 1.468,34 Euro wegen eines Kratzers ab, den ein siebenjähriger Brunnthaler Schüler am 16.04.2016 mit dem blanken Ende eines Kickboardlenkers seinem geparkten Pkw beigebracht hatte.
Der Kläger trägt vor, dass sich bald nach dem Schadensereignis der Stiefvater des Jungen bei ihm gemeldet und für den gerade verursachten Schaden entschuldigt habe.
Der als Zeuge einvernommene 43-jährige Stiefvater gab an, dass der Junge die ihm und seiner älteren Schwester gehörenden Kickboards, die sie beide woanders abgestellt hatten, nun wieder holen wollte. In der Wohnstraße mit Tempo 30 habe ein Pkw ausgeparkt und sei nicht allzu schnell am Jungen vorbeigefahren, als dieser im Begriff war mit den Kickboards an beiden Händen die Straße zu überqueren, um zur restlichen Familie zu kommen. Der Junge sei dann bei Vorbeifahren des Pkw mit dem rechten Kickboardlenker an dem geparkten klägerischen Auto hängen geblieben. Der Junge habe sich schmal gemacht, um dem Pkw auszuweichen. Der Lenker habe leider keine Gummigriffe gehabt. Man habe dann den Schaden angesehen. Es habe sich um einen frischen langen Kratzer an der Fahrertür und am Kotflügel des noch sehr gut erhaltenen Autos gehandelt.
Der zuständige Richter wies die Klage ab.
„Die Klagepartei hat gegen den Beklagten keine Ansprüche auf Schadensersatz.
(...) Gemäß § 828 BGB haftet der Beklagte vorliegend nach dem Wortlaut nur für Vorsatz: „Wer das siebente aber nicht das zehnte Lebensjahr vollendet hat, ist für den Schaden den er bei einem Unfall mit einem Kraftfahrzeug, einer Schienenbahn oder einer Schwebebahn einem anderen zufügt, nicht verantwortlich. Dies gilt nicht, wenn er die Verletzung vorsätzlich herbeigeführt hat" (...). Diesen Wortlaut hat der Bundesgerichtshof bei einem Unfall mit einem geparkten Fahrzeug eingeschränkt. Grund dafür ist, dass im ruhenden Verkehr normalerweise gerade nicht die besonderen Gefahren von Kraftfahrzeugen wirken, welche ein Kind überfordern können."
Der Gesetzgeber habe Kinder diesen Alters von Haftung freistellen wollen, „...wenn sich bei der gegebenen Fallkonstellation eine typische Überforderungssituation des Kindes durch die spezifischen Gefahren des motorisierten Verkehrs realisiert hat.(...) Der vorliegende Fall unterscheidet sich aber dadurch, dass auch nach dem Vortrag der Klagepartei das Kind einem anderen fahrenden Kraftfahrzeug ausgewichen ist und dabei den Schaden verursacht hat.(...) Dementsprechend handelt es sich nicht allein um die Beschädigung eines abgestellten Pkws, sondern Unfallursache war ebenfalls ein bewegtes Kraftfahrzeug. (...) Die Fähigkeit Entfernungen und Geschwindigkeiten richtig einzuschätzen und sich entsprechend dieser Gefahren zu verhalten war vorliegend relevant, anders als bei einem Unfall allein im ruhenden Verkehr."
Es sei unerheblich, ob die Überforderung des Kindes vom beschädigten oder einem anderen Pkw ausgegangen ist.
Das Urteil ist nach Zurückweisung der Berufung am 15.03.2018 rechtskräftig.