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Sehr geehrte Apothekerin, sehr geehrter Apotheker,
hier ist der vollständige Text für Sie:
Steuer & Recht
Der
Bundesgerichtshof hat sich am 09.07.2014 in einer Entscheidung mit der
Frage befasst, welchen Vorschriften ein Mietverhältnis unterliegt, das
sowohl eine Wohnnutzung als auch eine freiberufliche Nutzung umfasst
(sog. Mischmietverhältnis).
Die Beklagten sind Mieter, die Kläger
Vermieter eines mehrstöckigen Hauses in Berlin. In dem schriftlichen
Mietvertrag vom 20. November 2006 wurde den Mietern gestattet, die Räume
im Erdgeschoss als Hypnosepraxis zu nutzen. Mit Schreiben vom 20.
Februar 2012 kündigten die Kläger das Mietverhältnis ohne Angaben von
Kündigungsgründen zum 30. September 2012. Nachdem die Beklagten der
Kündigung widersprochen hatten, erhoben die Kläger Räumungsklage beim
Landgericht Berlin. Das Landgericht hat das Mietverhältnis als
Wohnraummiete eingeordnet und die Klage mangels sachlicher Zuständigkeit
als unzulässig abgewiesen.
Auf die Berufung der Kläger hat das
Kammergericht die Beklagten zur Räumung und Herausgabe des Hauses
verurteilt. Es hat das Mietverhältnis als Gewerberaummietverhältnis
eingestuft und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, ein
Mischmietverhältnis, wie es hier gegeben sei, unterliege insgesamt
entweder dem Wohnraum- oder dem Gewerberaummietrecht, je nachdem,
welcher Vertragszweck nach dem Parteiwillen bei Vertragsschluss
überwiege. Ausschlaggebend sei, dass die Beklagten in einem Teil der
Mieträume mit dem Betrieb der Hypnosepraxis ihren Lebensunterhalt
bestritten. Dies mache die freiberufliche Nutzung zum vorherrschenden
Vertragszweck. Dem stehe auch nicht die Verteilung der Flächen auf die
verschiedenen Nutzungszwecke entgegen. Denn die für die gewerbliche
Nutzung und die für die Wohnnutzung vorgesehenen Flächen seien gleich
groß. Da die gewerbliche Nutzung den Schwerpunkt des Mietverhältnisses
bilde, sei - anders als bei der Wohnraummiete - für eine Kündigung des
Mietverhältnisses kein berechtigtes Interesse erforderlich.
Die
vom Bundesgerichtshof zugelassene Revision hatte Erfolg. Der unter
anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat hat
entschieden, dass das Berufungsgericht zwar zutreffend von einem
Mischmietverhältnis, also einem einheitlichen Mietverhältnis über Wohn-
und Geschäftsräume, ausgegangen ist, dessen Beurteilung sich wegen der
von den Parteien gewollten Einheitlichkeit entweder nach den
Bestimmungen der Wohnraummiete oder nach den Vorschriften der
Geschäftsraummiete richtet. Ebenfalls zutreffend hat das
Berufungsgericht für die rechtliche Einordnung des Mietverhältnisses auf
den überwiegenden Vertragszweck bei Vertragsabschluss abgestellt.
Dagegen
hat der Bundesgerichtshof beanstandet, dass das Berufungsgericht den
vorherrschenden Vertragszweck allein deswegen in der Nutzung zu
freiberuflichen Zwecken gesehen hat, weil die Mieter in den angemieteten
Räumen eine Hypnosepraxis betreiben und damit ihren Lebensunterhalt
verdienen. Das Bestreiten des Lebensunterhalts durch eine freiberufliche
oder gewerbliche Nutzung stellt kein sachgerechtes Kriterium für die
Bestimmung des überwiegenden Nutzungszwecks dar. Es besteht kein
allgemeiner Erfahrungssatz dahin, dass bei einem Mischmietverhältnis die
Schaffung einer Erwerbsgrundlage Vorrang vor der Wohnnutzung hat. Dass
das Wohnen als wesentlicher Aspekt des täglichen Lebens generell hinter
der Erwerbstätigkeit des Mieters zurücktreten soll, lässt sich weder mit
der Bedeutung der Wohnung als - grundrechtlich geschütztem - Ort der
Verwirklichung privater Lebensvorstellungen, noch mit dem Stellenwert,
dem das Wohnen in der heutigen Gesellschaft zukommt, in Einklang
bringen.
Bei der gebotenen Einzelfallprüfung sind vielmehr alle
auslegungsrelevanten Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, wobei
etwa der Verwendung eines auf eine der beiden Nutzungsarten
zugeschnittenen Vertragsformulars, dem Verhältnis der für die jeweilige
Nutzungsart vorgesehen Flächen und der Verteilung der Gesamtmiete auf
die einzelnen Nutzungsanteile Indizwirkung zukommen kann. Lässt sich ein
Überwiegen der gewerblichen Nutzung nicht feststellen, sind vorrangig
die für die Wohnraummiete geltenden Vorschriften anzuwenden. Andernfalls
würden die zum Schutz des Wohnraummieters bestehenden zwingenden
Sonderregelungen unterlaufen.
Da die Auslegung des
Berufungsgerichts rechtsfehlerhaft war und weitere Feststellungen nicht
zu erwarten waren, hat der Senat die gebotene Vertragsauslegung selbst
vorgenommen und entschieden, dass vorliegend unter anderem wegen des auf
die Wohnraummiete zugeschnittenen Mietvertragsformulars, der für
Gewerberaummietverhältnisse untypischen unbestimmten Vertragslaufzeit
sowie wegen der Vereinbarung einer einheitlichen Miete ohne
Umsatzsteuerausweis von einem Wohnraummietverhältnis auszugehen ist.
BGH, Urteil VIII ZR 376/13 vom 09.07.2014
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