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Steuer & Recht
Das italienische Gesetz legt den Umfang des Entschädigungsanspruchs des Geschädigten fest, ohne jedoch die Versicherungsdeckung der Haftpflicht zu begrenzen.
Am 21. September 2009 fügte Herr Mauro Recchioni Herrn Enrico Petillo bei einem Straßenverkehrsunfall leichte Körperverletzungen zu. Herr Petillo verklagte Unipol, die Versicherung von Herrn Recchioni, auf Ersatz des erlittenen Vermögens- und Nichtvermögensschadens.
In Italien bestimmt sich der Entschädigungsbetrag, der für Nichtvermögensschäden zu zahlen ist, die Opfern von Unfällen im Straßenverkehr oder im Wasserstraßenverkehr entstanden sind, nach einer Sonderregelung. Diese Regelung sieht Einschränkungen gegenüber den Bemessungskriterien vor, die auf durch andere Unfallarten verursachte Schäden angewandt werden, und begrenzt die Möglichkeit des Richters, den Entschädigungsbetrag im Einzelfall zu erhöhen, auf ein Fünftel des vorgesehenen Betrags. Außerdem darf nach italienischem Recht die Haftpflicht des Versicherten die durch die Pflichtversicherung gedeckten Beträge nicht übersteigen.
Das Tribunale di Tivoli (Rom, Italien) hat dem Gerichtshof die Frage gestellt, ob mit den Richtlinien über die Harmonisierung der Haftpflichtversicherung nationale Rechtsvorschriften im Einklang stehen, die im Rahmen einer Sonderregelung die Entschädigung für immaterielle Schäden, die auf leichte Körperverletzungen aufgrund von Straßenverkehrsunfällen zurückzuführen sind, im Verhältnis zu der Entschädigung für gleiche Schäden aufgrund anderer Ursachen als solcher Unfälle begrenzen.
In seinem Urteil vom heutigen Tag weist der Gerichtshof zunächst darauf hin, dass die Mitgliedstaaten nach dem Unionsrecht verpflichtet sind, sicherzustellen, dass die Haftpflicht bei Fahrzeugen durch eine Versicherung gedeckt ist. Diese Deckungspflicht ist vom Umfang der Entschädigung zu unterscheiden, der im Wesentlichen durch nationales Recht festgelegt und garantiert wird. Die betreffenden Richtlinien bezwecken keine Harmonisierung der Haftpflichtregelungen der Mitgliedstaaten, und diesen steht es nach wie vor grundsätzlich frei, zu regeln, welche Schäden zu ersetzen sind, welchen Umfang dieser Schadensersatz hat und welche Personen Anspruch darauf haben.
Die Mitgliedstaaten müssen jedoch bei der Ausübung ihrer Befugnisse das Unionsrecht beachten und dürfen die Richtlinien nicht ihrer praktischen Wirksamkeit berauben. Die Richtlinien schränken die Freiheit der Mitgliedstaaten aber dadurch ein, dass sie die Deckung bestimmter Schäden - u. a. der Personenschäden - in bestimmter Mindesthöhe vorschreiben.
Der Gerichtshof stellt des Weiteren fest, dass im italienischen Recht der Ersatz der immateriellen Schäden aufgrund von Straßenverkehrsunfällen seine Rechtsgrundlage im Zivilgesetzbuch hat, während die Modalitäten für die Bestimmung des Umfangs des Schadensersatzanspruchs im Versicherungsgesetzbuch geregelt sind. So legt das Versicherungsgesetzbuch den Umfang des Schadensersatzanspruchs im Rahmen der Haftpflicht fest und begrenzt dessen Versicherungsdeckung nicht. Nach den Ausführungen des Gerichtshofs deutet in den Akten nichts darauf hin, dass die italienische Regelung Beträge vorsieht, die dem unionsrechtlich festgelegten Mindestdeckungsbetrag nicht entsprechen.
Der Gerichtshof prüft schließlich, ob das italienische Gesetz bewirkt, dass der Anspruch des Geschädigten auf eine Entschädigung von Amts wegen ausgeschlossen oder unverhältnismäßig begrenzt wird.
Der Gerichtshof stellt fest, dass die Richtlinien die Mitgliedstaaten nicht zu einer bestimmten Regelung verpflichten, um den Umfang des Entschädigungsanspruchs zu bestimmen. Sofern außerdem eine nationale Regelung nicht bewirkt, dass der Schadensersatzanspruch des Geschädigten von Amts wegen ausgeschlossen oder unverhältnismäßig begrenzt wird, stehen diese Richtlinien grundsätzlich weder einer Regelung entgegen, die nationalen Gerichten zwingende Kriterien für die Bestimmung des immateriellen Schadens vorschreibt, noch stehen sie Sonderregelungen entgegen, die den Besonderheiten von Verkehrsunfällen Rechnung tragen, auch wenn diese Regelungen bei gewissen immateriellen Schäden aufgrund von Straßenverkehrsunfällen eine weniger günstige Art und Weise der Bestimmung des Umfangs des Entschädigungsanspruchs vorsehen als bei anderen Unfällen.
Der Gerichtshof kommt zum Ergebnis, dass im vorliegenden Fall die Garantie, dass die im nationalen Recht vorgesehene Kraftfahrzeug-Haftpflicht durch eine mit dem Unionsrecht vereinbare Versicherung gedeckt sein muss, nicht berührt wird.
Daher steht das Unionsrecht nationalen Rechtsvorschriften nicht entgegen, die im Rahmen einer Sonderregelung über die Entschädigung für immaterielle Schäden, die auf leichte Verletzungen aufgrund von Straßenverkehrsunfällen zurückzuführen sind, die Entschädigung für diese Schäden im Verhältnis zu derjenigen begrenzen, die für gleiche Schäden aufgrund anderer Ursachen zuerkannt wird.
EuGH, Urteil C-371/12 vom 23.01.2014
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