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Steuer & Recht
Ein Facharzt für Chirurgie schuldet einem Patienten 220.000 Euro Schmerzensgeld, weil er den Patienten über die Risiken einer Darmspiegelung unzureichend aufgeklärt hat. Der Patient erlitt als Folge der Darmspiegelung eine Darmperforation mit schwerwiegenden Komplikationen. Das Oberlandesgerichts Hamm hat dem Patienten Schadensersatz zugesprochen und damit die erstinstanzliche Entscheidung des Landgerichts Bielefeld abgeändert.
Im konkreten Fall hat sich ein 48 Jahre alter Mann wegen Blutungen bei einem Facharzt für Chirurgie vorgestellt. Dieser führte eine Darmspiegelungmit Polypenabtragung durch. In Folge dieses Eingriffs kam es zu einer Darmperforation, die wenige Tage später notfallmäßig operiert werden musste. Der Patient erlitt eine Bauchfellentzündung, musste sich weiteren Operationen unterziehen und über Monate intensiv-medizinisch behandelt werden. Er ist nunmehr frühberentet, zu 100% behindert und ihm musste ein künstlicher Darmausgang gelegt werden. Mit der Begründung, er sei über das Risiko einer Koloskopie und über Behandlungsalternativen nicht ordnungsgemäß aufgeklärt worden, hat er vom dem Facharzt Schadensersatz verlangt.
Behandlung ohne ausreichende Aufklärung
Die Richter haben dem Kläger Schadensersatz zugesprochen, unter anderem 220.000 Euro Schmerzensgeld. Die Höhe begründete das Gericht durch den komplikationsträchtigen Krankheitsverlauf mit einer langen Behandlungszeit und den bleibenden Beeinträchtigungen, die schließlich zu einer Frühberentung geführt hätten. Der Arzt hafte, so das Gericht weiter, weil davon auszugehen sei, dass er den Mann ohne ausreichende Aufklärung behandelt habe. Nach der Einschätzung des im Verfahren gehörten medizinischen Sachverständigen sei eine im Rahmen einer Koloskopie auftretende Darmperforation zwar eine seltene Komplikation. Trete sie jedoch ein, hätte sie überwiegend eine Bauchhöhlenentzündung zur Folge, die lebensbedrohlich sein könne und operativ behandelt werden müsse. Deswegen sei über das Risiko einer Perforation aufzuklären.
Merkblätter ersetzten nicht das Aufklärungsgespräch
Dass der Arzt den Patienten ordnungsgemäß aufgeklärt habe, könne das Gericht nicht feststellen. Der Inhalt der vom Patienten unterzeichneten Einverständniserklärung lasse nicht auf eine ausreichende Risikoaufklärung schließen. Nach dem vorgedruckten Teil der Erklärung sei u.a. auf „die mit dem Eingriff verbundenen unvermeidbaren nachteiligen Folgen, mögliche Risiken und Komplikationsgefahren“ hingewiesen worden. Diese allgemein gehaltene Erklärung sei weithin inhaltslos und wirke mit dem Hinweis auf „unvermeidbare nachteilige Folgen“ verharmlosend. Ihr sei nicht zu entnehmen, dass die Erklärung vom Patienten gelesen, von ihm verstanden oder mit ihm erörtert worden sei. Ausgehändigte und vom Patienten unterzeichnete Formulare und Merkblätter ersetzten nicht das erforderliche Aufklärungsgespräch. Zudem ließen sie nicht erkennen, dass ein Patient über ein in der Erklärung nicht ausdrücklich erwähntes Risiko informiert worden sei. Eine hinreichende Aufklärung des Klägers sei auch mit der Aussage der Arzthelferin des Beklagten nicht bewiesen worden. Von einer mutmaßlichen Einwilligung des Klägers sei ebenfalls nicht auszugehen. Der Kläger habe plausible Gründe dafür vorgetragen, dass er sich die Sache im Falle einer ordnungsgemäßen Aufklärung noch einmal überlegt, mit einem anderen Arzt oder Verwandten besprochen oder auch eine andere Klinik aufgesucht hätte. (ac)
Oberlandesgerichts Hamm, Urteil vom 03.09.2013, Az. 26 U 85/12
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