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Sehr geehrte Apothekerin, sehr geehrter Apotheker,
hier ist der vollständige Text für Sie:
Steuer & Recht
Der
unter anderem für das Wettbewerbsrecht zuständige I. Zivilsenat des
Bundesgerichtshofs hat am 30.04.2014 über die wettbewerbsrechtliche
Zulässigkeit des automatisierten Abrufs von Daten von einer
Internetseite, um sie auf einer anderen Internetseite anzuzeigen (sog.
"Screen Scraping"), entschieden.
Die Klägerin ist eine
Fluggesellschaft, die preisgünstige Linienflüge anbietet. Sie vertreibt
ihre Flüge ausschließlich über ihre Internetseite sowie ihr Callcenter
und bietet dort auch die Möglichkeit zur Buchung von Zusatzleistungen
Dritter an, wie beispielsweise Hotelaufenthalte oder
Mietwagenreservierungen. Bei der Buchung eines Fluges über die
Internetseite der Klägerin muss ein Kästchen angekreuzt werden. Damit
akzeptiert der Buchende die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der
Klägerin. In diesen Bedingungen untersagt die Klägerin den Einsatz eines
automatisierten Systems oder einer Software zum Herausziehen von Daten
von ihrer Internetseite, um diese auf einer anderen Internetseite
anzuzeigen. Die Beklagte betreibt im Internet ein Portal, über das
Kunden Flüge verschiedener Fluggesellschaften online buchen können. Dort
wählt der Kunde in einer Suchmaske eine Flugstrecke und ein Flugdatum
aus. Ihm werden sodann entsprechende Flüge verschiedener
Fluggesellschaften aufgezeigt, unter anderem solche der Klägerin. Wählt
der Kunde einen Flug aus, werden ihm die genauen Flugdaten und der von
der Fluggesellschaft verlangte Flugpreis angezeigt. Die für die konkrete
Anfrage des Kunden erforderlichen Daten werden von der Beklagten
automatisch von den Internetseiten der Fluggesellschaften abgerufen. Die
Beklagte erhebt für ihre Vermittlung Gebühren, die während der Buchung
auf ihrem Portal dem von der Klägerin verlangten Flugpreis
hinzugerechnet werden. Die Klägerin sieht in dem Verhalten der Beklagten
eine missbräuchliche Nutzung ihres Buchungssystems und ein unzulässiges
Einschleichen in ihr Direktvertriebssystem. Sie hat die Beklagte auf
Unterlassung der Vermittlung von Flugbuchungen in Anspruch genommen.
Das
Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat
das Oberlandesgericht die Beklagte antragsgemäß zur Unterlassung
verurteilt. Es hat angenommen, der geltend gemachte
Unterlassungsanspruch sei wegen unlauteren Schleichbezugs gemäß § 4 Nr.
10 UWG* begründet. Auf die Revision der Beklagten hat der
Bundesgerichtshof das Berufungsurteil aufgehoben und Sache zur neuen
Verhandlung und Entscheidung an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Der
Bundesgerichtshof hat eine wettbewerbswidrige Behinderung der Klägerin
gemäß § 4 Nr. 10 UWG verneint. Im Streitfall führt eine Gesamtabwägung
der Interessen der Mitbewerber, der Verbraucher sowie der Allgemeinheit
nicht zu der Annahme, dass die Klägerin durch die beanstandete
Vermittlung von Flügen durch die Beklagte ihre Leistungen am Markt durch
eigene Anstrengungen nicht mehr in angemessener Weise zur Geltung
bringen kann. Erforderlich ist insoweit eine Beeinträchtigung der
wettbewerblichen Entfaltungsmöglichkeit, die über die mit jedem
Wettbewerb verbundene Beeinträchtigung hinausgeht und bestimmte
Unlauterkeitsmomente aufweist. Allein der Umstand, dass sich die
Beklagte über den von der Klägerin in ihren Geschäftsbedingungen
geäußerten Willen hinwegsetzt, keine Vermittlung von Flügen im Wege des
sog. "Screen-Scraping" zuzulassen, führt nicht zu einer
wettbewerbswidrigen Behinderung der Klägerin. Ein Unlauterkeitsmoment
kann allerdings darin liegen, dass eine technische Schutzvorrichtung
überwunden wird, mit der ein Unternehmen verhindert, dass sein
Internetangebot durch übliche Suchdienste genutzt werden kann. Einer
solchen technischen Schutzmaßnahme steht es aber - anders als es das
Berufungsgericht angenommen hat - nicht gleich, dass die Klägerin die
Buchung von Reisen über ihre Internetseite von der Akzeptanz ihrer
Geschäfts- und Nutzungsbedingungen durch Ankreuzen eines Kästchens
abhängig macht und die Beklagte sich über diese Bedingungen hinwegsetzt.
Der Bundesgerichtshof hat auch nicht angenommen, dass die Interessen
der Klägerin die der Beklagten überwiegen. Das Geschäftsmodell der
Beklagten fördert die Preistransparenz auf dem Markt der Flugreisen und
erleichtert dem Kunden das Auffinden der günstigsten Flugverbindung.
Dagegen wiegen die Interessen der Klägerin daran, dass die Verbraucher
ihre Internetseite direkt aufsuchen und die dort eingestellte Werbung
und die Möglichkeiten zur Buchung von Zusatzleistungen zur Kenntnis
nehmen, nicht schwerer. Das Oberlandesgericht wird nunmehr zu prüfen
haben, ob der Klägerin Ansprüche wegen Irreführung und nach den
Grundsätzen des wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes zustehen.
*§ 4 UWG (Beispiele unlauterer geschäftlicher Handlungen) lautet auszugsweise: |
BGH, Urteil I ZR 224/12 vom 30.04.2014
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