Für Sie gelesen
Sehr geehrte Apothekerin, sehr geehrter Apotheker,
hier ist der vollständige Text für Sie:
Steuer & Recht
Die
Klage einer Nachbarin auf Unterlassung und Widerruf wegen einer Anzeige
im Gemeindeblatt wurde abgewiesen. Die Voraussetzungen für einen
Unterlassungsanspruch waren nicht gegeben.
Sachverhalt:
Die
Grundstücksnachbarn streiten sich seit einiger Zeit über den Inhalt
eines Geh- und Fahrtrechts. Dabei kam es zu Vorkommnissen mit Besuchern,
die das hinterliegende und vom Fahrtrecht begünstigte Grundstück
besuchen wollten. Daraufhin veröffentlichten die Eigentümerinnen des
Hinterliegergrundstücks im Gemeindeblatt eine Anzeige. Diese lautete:
Dringender
Hinweis: Wer die Zufahrt zu unserem Anwesen xxx nutzt, wird unter
Umständen an der Ein- oder Ausfahrt gehindert. Diese Behinderung, die
möglicherweise den Tatbestand der Nötigung erfüllt, geht von Personen
eines Nachbargrundstücks aus. Lassen Sie sich in diesem Falle nicht
provozieren, sondern rufen Sie unverzüglich die Polizei!
Die
Eigentümerin des Vorderliegergrundstücks behauptet, sie habe niemanden
an der Ein- und Ausfahrt des Grundstücks gehindert. Sie ist der Ansicht,
der Hinweis im Gemeindeblatt setze sie in der öffentlichen Meinung
herab. Deswegen beantragte sie Unterlassung hinsichtlich des
veröffentlichten Hinweises und dessen Widerruf.
Die Beklagten
verteidigten sich damit, dass die Klägerin die ordnungsgemäße
Nutzungsmöglichkeit ihrer Zufahrt nicht anerkennen würde. Die Klägerin
werde im Hinweis nicht namentlich genannt. Außerdem sei der Eintrag
nicht geeignet, die Klägerin in der öffentlichen Meinung herabzusetzen.
Gerichtsentscheidung:
Das Landgericht Coburg wies die Klage ab.
Es
führte aus, dass einen Unterlassungsanspruch nur derjenige hat, dessen
Ehre oder geschäftlicher Ruf durch eine unwahre Behauptung verletzt ist.
Dazu muss die Unrichtigkeit der Behauptung feststehen. Mit einem
Widerruf können nur Tatsachen zurückgenommen werden, nicht aber
subjektive Meinungen, Schlussfolgerungen oder Werturteile. Ob eine
Tatsache oder eine Meinungsäußerung vorliegt, bestimmt sich nach dem
Verständnis des Durchschnittslesers.
Das Landgericht meinte, dass
mit dem letzten Satz des Hinweises nur eine Empfehlung an mögliche
Betroffene gegeben werde. Eine Tatsachenbehauptung sei damit nicht
verbunden. Auch in den einleitenden beiden Sätzen konnte das Gericht
keine Tatsachenbehauptung sehen. Der nicht vorinformierte Leser wüsste
anhand der Anzeige nicht einmal, ob es überhaupt in der Vergangenheit zu
genannten Behinderungen gekommen war. Der Begriff der Behinderung komme
hier ohne weitere Mitteilung von Umständen einem Werturteil nahe.
Daher
vertrat das Gericht bereits aus Rechtsgründen die Auffassung, dass
weder ein Anspruch auf Unterlassung noch auf Widerruf besteht. Es musste
sich mit der Frage, ob die Vorkommnisse mit Besuchern des
Hinterliegergrundstücks als Behinderungen anzusehen sind, nicht
befassen.
Fazit:
Die gerichtliche
Geltendmachung von Ansprüchen auf Unterlassung und Widerruf findet -
solange keine Beleidigungen vorliegen - häufig im Grenzbereich zwischen
Tatsachenbehauptungen und Meinungsäußerungen statt. Im Bereich der
Meinungsäußerung schützt die grundgesetzlich abgesicherte
Meinungsfreiheit die freie Rede.
LG Coburg, Urteil 22 O 275/13 vom 07.01.2014 (rkr)
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