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APOTHEKE | Medienspiegel & Presse |
Kleine formale Fehler können Apotheken teuer zu stehen kommen: Krankenkassen nutzen bestehende Vertragsregelungen konsequent und retaxieren bei geringsten Mängeln auf null. Diese Praxis, fest verankert im Wirtschaftlichkeitsgebot, wirft Fragen nach der Verhandlungsstärke des Deutschen Apothekerverbands (DAV) auf. Während der DAV in den kommenden Jahren die Apothekenvergütung direkt mit dem GKV-Spitzenverband aushandeln soll, wächst der Druck auf den Verband, professionelle Verhandler hinzuzuziehen. Andernfalls könnten Apotheken erneut unter den strikten Rückforderungen der Kassen leiden – mit erheblichen Folgen für ihre wirtschaftliche Stabilität.
Die Retaxationen von Krankenkassen belasten die Apotheken zunehmend und führen regelmäßig zu Streitigkeiten zwischen dem Deutschen Apothekerverband (DAV) und dem GKV-Spitzenverband. Im Zentrum der Diskussion steht das Vorgehen der Krankenkassen, bei geringfügigen formalen Fehlern auf Null zu retaxieren und somit Apothekenleistungen vollständig zurückzufordern. Die aktuelle rechtliche Grundlage hierfür ist der Vertrag, den der DAV einst mit dem GKV-Spitzenverband verhandelt und unterschrieben hat. Darin wurde den Kassen die Möglichkeit eingeräumt, Rezepte bei minimalen Verstößen gegen formale Vorgaben, wie etwa einer fehlenden Dosierangabe, vollständig abzulehnen.
Diese Regelung steht im Einklang mit dem Wirtschaftlichkeitsgebot des SGB V § 12, das die Krankenkassen verpflichtet, sparsam mit Beitragsgeldern umzugehen. Die Apothekenbranche sieht sich jedoch erheblichen finanziellen Einbußen ausgesetzt, da auch korrekt belieferten Patienten die Kosten nicht erstattet werden, falls ein Versehen in der Abrechnung auftritt. Diese Belastungen führen zu einem wachsenden Unmut unter Apothekern, die sich fragen, warum der DAV einst einer solch strikten Regelung zustimmte, die das wirtschaftliche Risiko allein auf die Apotheken abwälzt.
Mit dem geplanten Apothekenreformgesetz, das für 2027 neue Rahmenbedingungen für die Vergütungsverhandlungen vorsieht, soll die Vergütung der Apotheken direkt zwischen DAV und GKV-Spitzenverband ausgehandelt werden. Diese Regelung wurde vom Gesundheitsminister Karl Lauterbach auf dem Deutschen Apothekertag als notwendige Modernisierung begrüßt. Lauterbach wies darauf hin, dass die Apotheken so aus dem bisherigen starren Vergütungssystem ausbrechen könnten. Doch diese Veränderung birgt Risiken: Die DAV-Vertreter sind überwiegend ehrenamtlich tätig und sehen sich den erfahrenen Verhandlungsprofis der Krankenkassen gegenüber.
In der Branche wird zunehmend die Frage gestellt, ob es angemessen ist, dass ehrenamtliche Vertreter ohne professionelle Verhandlungserfahrung in diesen entscheidenden Gesprächen agieren. Angesichts der großen finanziellen Dimension und der Interessen vieler Apotheken fordern Kritiker professionelle Verhandlungsführung, um den Apotheken eine faire und zukunftssichere Vergütung zu sichern. Die Besorgnis wächst, dass Apotheken bei den kommenden Verhandlungen in Nachteil geraten könnten, wenn keine professionelle Unterstützung im Verhandlungsteam hinzugezogen wird.
Der DAV steht somit vor einer strategischen Entscheidung: Die bisherigen Verhandlungen haben gezeigt, dass ohne professionelle Unterstützung erhebliche Risiken für die Apotheken bestehen. Um das wirtschaftliche Überleben der Apotheken langfristig zu sichern, könnten professionelle Verhandler in künftigen Vertragsgesprächen unabdingbar sein.
Die Retaxationen haben eine strukturelle Schwachstelle offengelegt, die das wirtschaftliche Risiko für Apotheken durch vertragliche Nachlässigkeiten der Vergangenheit erhöht. Formale Fehler führen in der Regel zu Rückforderungen in voller Höhe, und so geraten Apotheken unter Druck, selbst wenn die Versorgung der Patienten sachgerecht erfolgt ist. Das eigentliche Problem ist jedoch die Rolle der Verhandlungsführung.
Dass Krankenkassen Rückforderungen bis auf null geltend machen, ist eine logische Folge der bestehenden Vertragsbedingungen. Es ist kein Vorwurf an die Kassen, dass sie die vertraglichen Möglichkeiten ausschöpfen – schließlich unterliegen sie dem gesetzlichen Wirtschaftlichkeitsgebot und sind zur sparsamen Mittelverwendung verpflichtet. Die Verantwortung für diese Situation liegt in den Verhandlungsfehlern, die der DAV in der Vergangenheit beging, als er Vereinbarungen zuließ, die den Kassen nahezu uneingeschränkte Rückforderungsrechte einräumen.
Diese Fehlentwicklungen machen klar, dass die Verhandlungen für Apothekenvergütungen in professionelle Hände gehören. Die geplante Reform, bei der die Apothekenvergütung künftig zwischen DAV und GKV direkt ausgehandelt wird, verdeutlicht, dass hier eine verhandlungssichere Strategie erforderlich ist. Wenn die Apothekenbranche weiterhin auf ehrenamtliche Verhandler setzt, könnten die Interessen der Apotheken im Milliardenspiel der Gesundheitskosten gnadenlos untergehen.
Der DAV steht nun vor der Wahl, das Verhandlungsmodell grundlegend zu überdenken und den Einsatz professioneller Verhandler für die Apothekeninteressen zu prüfen. Es wird entscheidend sein, ob der Verband die Erkenntnisse aus den bisherigen Retaxkonflikten ernst nimmt und die Weichen für eine nachhaltige und wirtschaftlich sichere Zukunft der Apotheken stellt.
Von Engin Günder, Fachjournalist
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