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APOTHEKE | Medienspiegel & Presse |
Viele Apotheken kämpfen mit steigenden Kosten und niedrigen Honoraren für pharmazeutische Dienstleistungen. Könnten Selbstzahlerleistungen ein Ausweg sein? Während Ärzte bereits erfolgreich auf individuelle Gesundheitsangebote setzen, zögern viele Apotheken noch. Dabei könnten personalisierte Beratungen und Präventionsprogramme neue Einnahmequellen eröffnen – wenn rechtliche und wirtschaftliche Rahmenbedingungen beachtet werden.
Die wirtschaftliche Lage vieler Apotheken in Deutschland steht seit Jahren unter Druck. Steigende Betriebskosten und ein festgelegtes Honorarsystem, das kaum Spielraum für individuelle Anpassungen lässt, stellen viele Apothekenbetreiber vor existenzielle Herausforderungen. In dieser angespannten Situation suchen immer mehr Apotheken nach neuen Wegen, um wirtschaftlich stabil zu bleiben, ohne dabei auf politische Reformen oder staatliche Hilfspakete angewiesen zu sein. Eine mögliche Lösung könnte der Ausbau von Selbstzahlerleistungen sein, ähnlich wie es bereits bei Ärzten erfolgreich umgesetzt wurde.
Im ärztlichen Bereich sind Individuelle Gesundheitsleistungen (IGeL) längst etabliert. Diese Leistungen, die nicht von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen werden, bieten Ärzten die Möglichkeit, zusätzliche Einnahmen zu generieren und Patienten gezielt personalisierte Gesundheitsangebote zu unterbreiten. Die Idee, dieses Modell auch auf Apotheken zu übertragen, gewinnt zunehmend an Relevanz. Doch Apotheken arbeiten nach wie vor in einem strikten Rahmen, der durch das Arzneimittelpreisrecht und die gesetzlichen Vorgaben für pharmazeutische Dienstleistungen eingeschränkt ist.
Pharmazeutische Dienstleistungen, wie sie seit 2020 im Sozialgesetzbuch V verankert sind, bieten zwar einen ersten Ansatz, doch deren Honorare sind oft so gering, dass sie für Apothekenbetreiber kaum Anreiz bieten, diese flächendeckend anzubieten. Vor allem bei aufwendigen Dienstleistungen wie Medikationsanalysen, Impfungen oder Präventionsberatungen fallen die Vergütungen meist weit unter den tatsächlichen Aufwand. Apotheken könnten dieses Problem umgehen, indem sie gezielt Leistungen entwickeln, die nicht über das Kassensystem abgerechnet, sondern direkt von den Patienten bezahlt werden. Die Schaffung von Beratungsangeboten, die sich auf individuelle Gesundheitsaspekte wie Ernährungsberatung, Sport und Prävention fokussieren, könnte eine profitable Nische werden.
Doch bevor Apotheken diesen Weg einschlagen, gilt es, zahlreiche Faktoren zu berücksichtigen. Zunächst müssen die rechtlichen Rahmenbedingungen geprüft werden, um sicherzustellen, dass solche Selbstzahlerleistungen in Einklang mit den bestehenden Gesetzen stehen. Apotheken müssen darauf achten, dass ihre Angebote keine heilpraktischen oder ärztlichen Tätigkeiten tangieren, da dies rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen könnte. Weiterhin erfordert die Einführung neuer Leistungen Investitionen in Aus- und Weiterbildungen des Personals, um die Qualität der Beratung zu gewährleisten. Denn nur durch qualifizierte Beratung, die über den Verkauf von Medikamenten hinausgeht, können Apotheken langfristig das Vertrauen ihrer Kunden gewinnen.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Kommunikation solcher Angebote. Patienten müssen den Mehrwert der Selbstzahlerleistungen klar erkennen, um bereit zu sein, für diese zu bezahlen. Eine transparente Preisgestaltung und eine nachvollziehbare Erklärung der Vorteile dieser Zusatzleistungen sind essenziell. Zudem müssen Apothekenbetreiber sicherstellen, dass ihre regulären Leistungen nicht durch das Angebot von Selbstzahlerleistungen in den Hintergrund geraten.
Abschließend bleibt die Frage, ob die Bevölkerung bereit ist, für Zusatzleistungen in Apotheken zu zahlen. Erste Umfragen zeigen, dass das Interesse an personalisierten Gesundheitsberatungen durchaus vorhanden ist, insbesondere in Zeiten, in denen Prävention und Eigenverantwortung für die Gesundheit zunehmend an Bedeutung gewinnen. Apotheken könnten daher von diesem Trend profitieren, indem sie sich als kompetente Gesundheitsdienstleister positionieren und ihr Angebot entsprechend erweitern.
Es ist Zeit für Apotheken, mutig zu sein und sich von starren Strukturen zu lösen, die sie wirtschaftlich einschränken. Die Einführung von Selbstzahlerleistungen könnte eine dringend notwendige Maßnahme sein, um die finanzielle Situation vieler Apotheken zu stabilisieren und gleichzeitig den Patienten einen echten Mehrwert zu bieten. Während die Honorare für pharmazeutische Dienstleistungen häufig unzureichend sind, bietet das Modell der Selbstzahlerleistungen die Möglichkeit, diese Lücke zu schließen.
Apotheken müssen jetzt innovativ denken und ihre Rolle im Gesundheitssystem neu definieren. Sie haben das Potenzial, mehr als nur Medikamentenabgabestellen zu sein – sie können zu echten Gesundheitsberatern werden. Doch dieser Wandel erfordert nicht nur Mut, sondern auch Weitsicht und eine sorgfältige Planung. Der Markt für Gesundheitsleistungen wächst, und Apotheken sollten die Gelegenheit nutzen, sich frühzeitig in diesem Bereich zu positionieren. Der Weg aus der Honorarfalle führt über neue Angebote, die den Bedürfnissen der Patienten gerecht werden und gleichzeitig die wirtschaftliche Basis der Apotheken stärken.
Von Engin Günder, Fachjournalist
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