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  • 16.09.2024 – Apotheken-News: Retaxationen, Lieferengpässe und Digitalisierung
    16.09.2024 – Apotheken-News: Retaxationen, Lieferengpässe und Digitalisierung
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APOTHEKE | Medienspiegel & Presse |

Apotheken-News: Retaxationen, Lieferengpässe und Digitalisierung

 

Die wirtschaftlichen und organisatorischen Herausforderungen, die durch strikte Abrechnungsrichtlinien, neue Technologien und fehlende Medikamentenverfügbarkeiten auf Apotheken zukommen

Die Abrechnung von Cannabisrezepturen und die damit verbundenen Nullretaxationen entwickeln sich zunehmend zu einem ernsthaften Problem für Apotheken. Selbst formal fehlerfreie Rezepte führen oft zu finanziellen Verlusten, da bürokratische Hürden und unklare Preisfestlegungen Abrechnungen blockieren. Gleichzeitig stehen Apotheken unter wachsendem Druck, gesetzlichen Anforderungen gerecht zu werden, während Lieferengpässe und die fortschreitende Digitalisierung ihre wirtschaftliche Lage weiter verschärfen. In diesem komplexen Umfeld wird ein umfassender Versicherungsschutz und ein solides Risikomanagement für Apothekenbetreiber immer unverzichtbarer.


Die Abrechnung von Cannabisrezepturen stellt für Apotheken nach wie vor eine große Herausforderung dar. Im September 2023 wurde eine Apotheke mit einer Nullretaxation für ein Betäubungsmittel-Rezept konfrontiert, das den Cannabisextrakt „Drapalin 25/1 Bafokeng Choice“ mit einem THC-Gehalt von 25 mg/ml in einer Menge von 60 ml enthielt. Obwohl das Rezept alle formalen Anforderungen erfüllte, einschließlich der korrekten Dosierung und der Preisberechnung gemäß der Hilfstaxe, wurde die Abrechnung zunächst abgelehnt. Der Grund dafür war, dass der Einkaufspreis des verwendeten Cannabisextrakts zum Zeitpunkt der Abrechnung noch nicht in der Lauer-Taxe hinterlegt war. Diese Lücke nutzte die Krankenkasse, um die Abrechnung zu verweigern, was zu erheblichen wirtschaftlichen Einbußen für die Apotheke führte.

Dieser Fall zeigt beispielhaft, wie Apotheken durch bürokratische Hürden in finanzielle Schwierigkeiten geraten können, selbst wenn alle formalen Anforderungen erfüllt sind. Die Komplexität der Regelungen und die strengen Dokumentationspflichten setzen Apotheker zunehmend unter Druck. Besonders bei der Abrechnung von Betäubungsmitteln und speziellen Rezepturen wie Cannabisextrakten kommt es immer wieder zu Nullretaxationen, wenn kleinste Fehler oder Unstimmigkeiten festgestellt werden. Die wirtschaftlichen Folgen sind für viele Apotheken schwer zu verkraften, da Rückzahlungen oder die Nichtanerkennung von Leistungen zu erheblichen finanziellen Belastungen führen können.

Neben den finanziellen Risiken durch Nullretaxationen sehen sich Apothekenbetreiber auch mit der Notwendigkeit konfrontiert, sich gegen unvorhersehbare Ereignisse abzusichern. Viele Apothekenbetreiber unterschätzen dabei jedoch die Bedeutung eines umfassenden Versicherungsschutzes. Aussagen wie „Cyberangriffe betreffen mich nicht“ oder „Eine Elementarversicherung brauche ich nicht, da mein Standort nicht in einer Risikozone liegt“ gehören für Versicherungsmakler, die Apotheken betreuen, zum Alltag. Diese Fehleinschätzungen können jedoch gravierende Folgen haben, insbesondere dann, wenn genau die vermeintlich unwahrscheinlichen Risiken eintreten.

Auch die rechtlichen Rahmenbedingungen für Apotheken haben sich in den letzten Jahren erheblich verändert. So traten im August 2022 Änderungen des Nachweisgesetzes in Kraft, die Arbeitgeber, also auch Apothekenbetreiber, verpflichten, ihre Mitarbeiter schriftlich über wesentliche Vertragsinhalte zu informieren. Dazu zählen unter anderem Angaben zu Arbeitszeiten, Entgeltbestandteilen und Kündigungsfristen. Vertretungsapotheker müssen zudem seit einem wegweisenden Urteil des Bundesfinanzhofs mit der Gewerbesteuerpflicht rechnen, was freiberufliche Apotheker, die als Vertretung tätig sind, vor neue finanzielle Herausforderungen stellt.

Parallel zu diesen juristischen und versicherungsbezogenen Fragen steht die Apothekerschaft auch vor wirtschaftlichen Schwierigkeiten. Die steigenden Zusatzbeiträge der Krankenkassen und die stagnierenden Honorare für verschreibungspflichtige Arzneimittel belasten Apotheken zunehmend. Besonders stark ist der Unmut über das seit Jahren unveränderte Fixhonorar von 6,36 Euro, das Apotheken für die Abgabe verschreibungspflichtiger Arzneimittel erhalten. Trotz der enormen Verantwortung, die Apotheken bei der Versorgung der Bevölkerung tragen, sind die finanziellen Rahmenbedingungen weiterhin unzureichend, was viele Apotheken an den Rand der Existenz bringt.

Die anhaltenden Lieferengpässe bei wichtigen Arzneimitteln wie Amiodaron und Gentamicin verschärfen die Lage zusätzlich. Apotheken stehen vor der Herausforderung, trotz fehlender Verfügbarkeit von Medikamenten ihre Patienten adäquat zu versorgen. Während der Staat den Import von ausländischen Medikamenten ermöglicht, bleibt die Situation auf dem deutschen Markt prekär. Die ständige Unsicherheit über die Verfügbarkeit von Arzneimitteln und die damit verbundenen finanziellen Belastungen durch Lagerhaltung und Logistik machen es Apotheken immer schwerer, wirtschaftlich stabil zu bleiben.

Auch das Thema Digitalisierung spielt für Apotheken eine immer größere Rolle. Versandapotheken wie DocMorris sehen im E-Rezept eine große Chance, den Markt für verschreibungspflichtige Arzneimittel zu erobern. Während stationäre Apotheken durch die steigenden Anforderungen und die notwendigen Investitionen in IT-Systeme unter Druck stehen, können Versandapotheken von der neuen digitalen Infrastruktur profitieren. Diese Entwicklung verstärkt die wirtschaftlichen Herausforderungen für viele Apotheken und zeigt, dass die Branche vor einem tiefgreifenden Wandel steht.

Die finanzielle und organisatorische Lage der Apotheken in Deutschland ist somit äußerst angespannt. Die komplexen Abrechnungsprozesse, die strengen gesetzlichen Anforderungen und die zunehmende Digitalisierung stellen Apotheken vor große Herausforderungen. Ohne umfassende rechtliche, finanzielle und versicherungstechnische Absicherungen wird es für viele Apotheken schwierig sein, in diesem herausfordernden Marktumfeld zu bestehen.


Kommentar:

Die beschriebenen Herausforderungen, vor denen Apotheken heute stehen, verdeutlichen die Notwendigkeit eines strukturellen Umdenkens in der Gesundheitspolitik. Apotheken spielen eine zentrale Rolle in der medizinischen Versorgung der Bevölkerung, insbesondere in ländlichen Gebieten, wo sie oft die letzte Anlaufstelle für Patienten sind. Die starren Regulierungen, bürokratischen Hürden und die unzureichende finanzielle Unterstützung bringen jedoch viele Apotheken an den Rand ihrer Belastbarkeit. Wenn diese Situation nicht zeitnah verbessert wird, droht ein massiver Verlust an Apotheken, der die medizinische Versorgung erheblich gefährden könnte.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Absicherung gegen Risiken, die viele Apothekenbetreiber nach wie vor unterschätzen. Der Fall der Nullretaxation zeigt, wie schnell ein formell korrektes Rezept zu erheblichen finanziellen Verlusten führen kann. Es ist dringend erforderlich, dass Apothekenbetreiber sich umfassend absichern, um gegen solche unvorhersehbaren Risiken gewappnet zu sein. Auch der technologische Fortschritt und die damit verbundenen Risiken, wie Cyberangriffe, sollten nicht auf die leichte Schulter genommen werden.

Der Staat ist hier gefordert, die gesetzlichen Rahmenbedingungen zu modernisieren und Apotheken die Unterstützung zu bieten, die sie benötigen, um in einem sich schnell verändernden Umfeld bestehen zu können. Die Digitalisierung bietet viele Chancen, aber ohne ausreichende Unterstützung werden viele stationäre Apotheken den Anschluss verlieren und in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten. Es ist Zeit, Apotheken nicht nur als wirtschaftliche Unternehmen zu betrachten, sondern als unverzichtbaren Teil der medizinischen Grundversorgung, der es wert ist, geschützt und gefördert zu werden.

Von Engin Günder, Fachjournalist

 

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