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  • 16.09.2024 – Gewerbesteuer für Vertretungsapotheker
    16.09.2024 – Gewerbesteuer für Vertretungsapotheker
    APOTHEKE | Medienspiegel & Presse | Der Bundesfinanzhof hat entschieden, dass Vertretungsapotheker gewerbesteuerpflichtig sind. Diese Entscheidung sorgt für Unsicherheit und...

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ApoRisk® Nachrichten - APOTHEKE:


APOTHEKE | Medienspiegel & Presse |

Gewerbesteuer für Vertretungsapotheker

 

BFH-Urteil sorgt für Unsicherheit und Risiken

Der Bundesfinanzhof hat entschieden, dass Vertretungsapotheker gewerbesteuerpflichtig sind. Diese Entscheidung sorgt für Unsicherheit und könnte zu erheblichen finanziellen Nachforderungen führen, die die Attraktivität der freiberuflichen Tätigkeit beeinträchtigen.


Vertretungsapotheker in Deutschland sehen sich mit erheblichen Herausforderungen konfrontiert, nachdem der Bundesfinanzhof (BFH) kürzlich entschieden hat, dass sie gewerbesteuerpflichtig sind. Dieses Urteil stellt insbesondere freiberuflich tätige Apotheker, die im Rahmen von Urlaubs- oder Krankheitsvertretungen tätig sind, vor neue finanzielle und rechtliche Unsicherheiten. Die Entscheidung könnte zu rückwirkenden Steuerforderungen führen, die viele Betroffene in eine schwierige wirtschaftliche Lage bringen.

Der zugrunde liegende Fall betraf einen Apotheker aus Rheinland-Pfalz, der bereits im Ruhestand war, jedoch weiterhin als Vertretung für erkrankte oder abwesende Apotheker arbeitete. Seine Einsätze erfolgten über eine Vermittlungsagentur, wobei in den Verträgen explizit festgehalten wurde, dass es sich um eine selbstständige Tätigkeit handelte. In seiner Einkommensteuererklärung gab der Apotheker seine Einnahmen als freiberufliche Einkünfte gemäß § 18 Einkommensteuergesetz (EStG) an. Das Finanzamt bewertete die Einkünfte jedoch als gewerbliche Einnahmen gemäß § 15 EStG und forderte die Zahlung von Gewerbesteuer. Der Apotheker legte Einspruch ein, dieser wurde jedoch abgelehnt, und der Fall ging vor Gericht.

Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz (FG) entschied zunächst, dass die Vertretung in einer Apotheke sowohl im Angestelltenverhältnis als auch auf selbstständiger Basis erfolgen könne. Das apothekenrechtliche Regelwerk schließe eine selbstständige Tätigkeit des Vertretungsapothekers nicht aus. Wesentlich sei dabei, dass keine Weisungsgebundenheit bestand und auch keine Entgeltfortzahlung durch die Vermittlungsagentur vorgesehen war. Das Gericht stellte fest, dass der Apotheker selbstständig tätig war, folgte aber der Auffassung des Finanzamts, dass es sich bei der Vertretungstätigkeit nicht um eine freiberufliche, sondern um eine gewerbliche Tätigkeit handelte.

Die Richter betonten, dass der Beruf des Apothekers nicht den Kriterien eines freien Berufes im Sinne des Einkommenssteuergesetzes entspricht. Apotheker seien im Wesentlichen am Verkauf von Waren beteiligt, was ihre Tätigkeit mit der eines Einzelhändlers vergleichbar mache. Im Gegensatz dazu erbringen Ärzte hauptsächlich persönliche Dienstleistungen höherer Art und werden daher als Freiberufler eingestuft. Apotheker hingegen generieren ihre Einnahmen überwiegend durch den Verkauf von Medikamenten, die sie vom Großhandel beziehen. Diese Handelskomponente sei ausschlaggebend für die gewerbliche Einstufung, auch wenn der Apotheker als Vertretung und nicht als Inhaber tätig ist.

Das Urteil des BFH könnte für viele Vertretungsapotheker weitreichende Konsequenzen haben. Besonders kritisch wird es für diejenigen, die bislang von einer freiberuflichen Tätigkeit ausgingen und keine Gewerbesteuer entrichtet haben. In der Praxis könnte dies zu erheblichen Nachforderungen führen, da das Finanzamt rückwirkend Gewerbesteuern festsetzen könnte. Dies stellt eine erhebliche finanzielle Belastung dar, insbesondere in Zeiten, in denen die Apothekenbranche ohnehin unter starkem Druck steht. Die zusätzliche Steuerlast könnte dazu führen, dass Vertretungsapotheker weniger bereit sind, diese Art von Tätigkeit auszuüben, was den ohnehin bestehenden Mangel an qualifizierten Fachkräften in Apotheken weiter verschärfen könnte.

Hinzu kommt die Unsicherheit in Bezug auf die sozialversicherungsrechtliche Einstufung der Vertretungsapotheker. Während die steuerliche Einstufung als Gewerbetreibende erfolgt, wird im Sozialrecht häufig ein Angestelltenverhältnis angenommen, was zu einer Sozialversicherungspflicht führt. Diese widersprüchlichen Regelungen sorgen für Unsicherheiten und könnten langfristig dazu führen, dass die freiberufliche Tätigkeit in der Apothekenvertretung unattraktiv wird.


Kommentar:

Das Urteil des Bundesfinanzhofs zur Gewerbesteuerpflicht von Vertretungsapothekern ist ein herber Rückschlag für viele Apotheker, die auf flexible Arbeitsmodelle angewiesen sind. Angesichts des Personalmangels in der Apothekenlandschaft war die freiberufliche Vertretungstätigkeit für viele Pharmazeuten eine attraktive Möglichkeit, flexibel zu arbeiten und gleichzeitig Apotheken bei personellen Engpässen zu unterstützen. Die zusätzliche Belastung durch die Gewerbesteuerpflicht könnte jedoch viele Apotheker abschrecken, diese Tätigkeit weiterhin auszuüben.

Für die Apothekenbetreiber selbst bedeutet dies, dass sie sich auf eine noch stärkere Verknappung an qualifizierten Vertretungskräften einstellen müssen. Besonders in ländlichen Regionen, wo der Mangel an Apothekerpersonal bereits stark spürbar ist, könnte dies zu ernsthaften Versorgungsproblemen führen.

Das Urteil wirft auch die Frage auf, ob die gegenwärtige rechtliche Unterscheidung zwischen freiberuflicher und gewerblicher Tätigkeit noch zeitgemäß ist. Der Beruf des Apothekers ist zweifellos ein qualifizierter Heilberuf, der eine umfangreiche fachliche Expertise erfordert. Dennoch wird die Tätigkeit aufgrund der Handelskomponente anders als die Arbeit von Ärzten und Zahnärzten steuerlich als gewerblich eingestuft. Diese Differenzierung erscheint vor dem Hintergrund des komplexen Aufgabenspektrums eines Apothekers fragwürdig.

Letztlich könnte das Urteil auch zu einer weiteren Fragmentierung der Selbstständigenlandschaft in Deutschland führen. Die widersprüchliche Bewertung der Tätigkeit durch Steuer- und Sozialrecht schafft Unsicherheiten, die vor allem kleinere Unternehmer und Selbstständige betreffen. Für die Apothekenbranche bedeutet das Urteil des BFH eine zusätzliche Herausforderung in einer ohnehin schon schwierigen Phase.

Es bleibt abzuwarten, ob der Gesetzgeber auf diese Entwicklungen reagieren wird, um die rechtlichen Rahmenbedingungen für Vertretungsapotheker klarer und fairer zu gestalten. Andernfalls könnte das Urteil langfristig dazu führen, dass immer weniger Apotheker bereit sind, die dringend benötigten Vertretungstätigkeiten zu übernehmen. Dies wäre nicht nur ein Rückschlag für die Apotheker selbst, sondern auch für die Versorgungssicherheit in Deutschland.

Von Engin Günder, Fachjournalist

 

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