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APOTHEKE | Medienspiegel & Presse |
In einem überraschenden Schachzug präsentierte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach am Mittwoch seine lang erwarteten Eckpunkte für eine Apothekenreform. Die Reformvorschläge, nur vier Tage vor Heiligabend öffentlich gemacht, haben in der Apothekenbranche für erheblichen Unmut gesorgt. Als "Weihnachtsgeschenk", das die Branche lieber abgelehnt hätte, wird Lauterbachs Plan von vielen Apothekern kritisiert.
Die zentralen Punkte der Reform sehen eine schrittweise Anhebung des Rx-Fixums bis 2026 vor, während gleichzeitig der prozentuale Aufschlag von 3 % auf 2 % reduziert werden soll. Kritiker monieren, dass dies nicht nur zu einer unattraktiveren Gestaltung des Geschäfts mit teuren Medikamenten führt, sondern auch das Honorar weiter von der Umsatzentwicklung entkoppelt. Insbesondere die vorgeschlagene Erhöhung des Festbetrags stößt auf Unverständnis, da sie als unzureichend betrachtet wird.
Dieser Reformvorschlag stellt einen klaren Kontrapunkt zu den langjährigen Forderungen der ABDA dar. Die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände hatte vehement eine Erhöhung des Rx-Festhonorars um beachtliche 44 % auf 12 Euro gefordert, was die Beitragszahler mit zusätzlichen 3 Milliarden Euro pro Jahr belasten würde. Diese utopische Forderung stieß bei Lauterbach auf klare Ablehnung, der betonte, dass die finanzielle Lage der Krankenkassen keine substantielle Erhöhung zulasse.
Das Scheitern der ABDA in diesem politischen Kräftemessen kommt für aufmerksame Beobachter nicht überraschend. Karl Lauterbach hatte bereits im Vorfeld eine substanzielle Honorarerhöhung kategorisch ausgeschlossen und betont, dass die Budgetlage der Krankenkassen dies nicht hergebe. Die ABDA hingegen ignorierte diese klare Positionierung und baute eine Gegenposition auf, die von Anfang an zum Scheitern verurteilt war.
Die mangelnde Glaubwürdigkeit der Apothekenstandesvertretung außerhalb ihrer eigenen Blase wird als grundlegendes Problem identifiziert. Ein Bild von arbeitsintensiven, aber dennoch notleidenden Apothekeninhabern wird gezeichnet, wobei die wirtschaftliche Situation selektiv dargestellt wird. Kritiker bemängeln, dass die ABDA versucht, alle Apotheken als wirtschaftlich benachteiligt darzustellen, was nicht der Realität entspricht. In den letzten fünf Jahren hat sich die Spreizung im Apothekenmarkt erheblich vergrößert, mit sowohl finanziell schwächeren als auch erfolgreichen Betrieben.
Karl Lauterbach und das Bundesgesundheitsministerium haben die Zahlen der ABDA stets kritisch betrachtet und ihre eigene Informationsquelle bevorzugt. Der Bundesgesundheitsminister hat klar gemacht, dass angesichts eines durchschnittlichen Apothekengewinns von 165.000 Euro im Jahr 2022 keine substantielle Honorarerhöhung notwendig sei. Diese Ablehnung wird von der Mehrheit der Deutschen unterstützt. Im Gegensatz zu anderen Berufsgruppen fehlt den Apothekern jedoch das entscheidende Druckmittel, um ihre Forderungen durchzusetzen.
Das eigentliche Dilemma der ABDA wird in der Unwirksamkeit eines möglichen Apothekenstreiks verdeutlicht. Im Gegensatz zu anderen Berufsgruppen, die durch Streiks erheblichen Druck ausüben können, hätten Apotheker vergleichsweise geringe Auswirkungen auf das öffentliche Leben. Dies verdeutlicht, dass die ABDA ihre Position überschätzt und die Realitäten des Verhandlungsspiels nicht berücksichtigt hat.
Die Präsidentin der ABDA, Overwiening, wird zwar für ihre Fähigkeit gelobt, ein starkes Gemeinschaftsgefühl in der Apothekerschaft geschaffen zu haben. Dennoch wird betont, dass dies nicht die primäre Aufgabe einer Standesvertretung ist. Eine professionelle Interessenvertretung muss realistische Forderungen politisch durchsetzen, und hier hat die ABDA versagt. Eine kritische Überprüfung zeigt einen Totalausfall in Selbst- und Fremdeinschätzung, Taktik und Verhandlungsgeschick. Ein umfassender Neustart, sowohl personell als auch strukturell, ist daher unerlässlich, um künftig effektiver agieren zu können und die Interessen der Apotheker erfolgreich zu vertreten.
Die vorgestellten Eckpunkte für die Apothekenreform werfen ein Schlaglicht auf das komplexe Geflecht zwischen den realen finanziellen Herausforderungen des Gesundheitswesens und den ambitionierten Forderungen der Apothekenvertretung. Gesundheitsminister Lauterbach hat klare Grenzen aufgezeigt, die von der ABDA bisher ignoriert wurden.
Die schrittweise Anhebung des Rx-Fixums bei gleichzeitiger Reduzierung des prozentualen Aufschlags mag auf den ersten Blick wie eine moderate Lösung erscheinen, jedoch bleibt die Frage nach der nachhaltigen Attraktivität des Apothekerberufs im Angesicht zunehmender wirtschaftlicher Belastungen.
Die ABDA hat mit ihrer Forderung nach einer drastischen Erhöhung des Rx-Festhonorars auf 12 Euro einen unrealistischen Weg eingeschlagen. Die Ablehnung durch Lauterbach, gestützt durch realistische Zahlen, lässt Zweifel an der Taktik der Apothekenvertretung aufkommen. Das Ignorieren der klaren finanziellen Lage der Krankenkassen und die Fehleinschätzung ihrer eigenen Verhandlungsposition haben die ABDA in eine Sackgasse geführt.
Das Scheitern der ABDA offenbart auch die Herausforderungen in der öffentlichen Wahrnehmung. Das Bild des kämpfenden, aber notleidenden Apothekers wird von vielen als wenig differenziert wahrgenommen. In einer Zeit, in der die Spreizung zwischen finanziell stabilen und schwachen Apotheken zunimmt, ist eine realistische Darstellung der Branche unerlässlich.
Präsidentin Overwiening mag ein starkes "Wir"-Gefühl geschaffen haben, doch die Kernaufgabe einer Standesvertretung geht über psychologische Verbundenheit hinaus. Eine professionelle Interessenvertretung muss realistische Forderungen formulieren und geschickt verhandeln. Hier hat die ABDA versagt und steht vor einem dringend benötigten Neuanfang – sowohl personell als auch strukturell – um zukünftig effektiver die Interessen der Apotheker vertreten zu können.
Von Engin Günder, Fachjournalist
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