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Steuer & Recht |
Das Landgericht München I, 34. Zivilkammer, hat am 11.108.2023 der Klage gegen die Filmbetreiber-GmbH eines Münchner Kinos auf Räumung und Herausgabe stattgegeben, Az. 34 O 7322/20.
Mit ursprünglichem Pachtvertrag aus dem Jahr 1956 verpachteten die damaligen Miteigentümer mehrere Räume nebst Inventar zum Betrieb eines Lichtspieltheaters. Im Jahr 2006 wurde vereinbart, dass der Pachtvertrag mit allen schriftlichen Nachträgen auf die Beklagte übertragen wird.
Das u. a. mit dem streitgegenständlichen Kino im Zentrum Münchens bebaute Grundstück steht im Eigentum einer Bruchteilsgemeinschaft. Der dem Kläger zustehende Miteigentumsanteil entspricht 80 %. Die weiteren Miteigentumsanteile verteilen sich auf weitere Personen, wobei zu Gunsten von wiederum drei weiteren Personen jeweils ein Nießbrauchsrecht besteht. Die drei Nießbrauchsberechtigten sowie der Kläger bilden eine Verpächtergemeinschaft, die jetzt Vertragspartner der Beklagten waren.
Nachdem die Verwalterin die Kündigung des Pachtvertrages erklärte und über die Wirksamkeit der Kündigung Streit entstand, luden im April 2019 die Verwalterin und der Kläger die Verpächtergemeinschaft nebst allen Eigentümern zu einer Versammlung am 10.05.2019 ein. Nach dem Protokoll der Versammlung stimmten über 90 % der Miteigentumsanteile für die Genehmigung der Kündigung des Pachtverhältnisses sowie für den Ausspruch einer weiteren Kündigung. In der Folge wurde nochmals der Pachtvertrag durch die Verwalterin sowie durch den Kläger zum 30.06.2020 gekündigt.
Die Beklagte wies die Kündigung zurück. Die Gesellschafter der Beklagten, zu denen auch drei Miteigentümer der Bruchteilsgemeinschaft (Mitverpächter) gehörten, beschlossen im Juli 2020 sodann einstimmig, zur Verteidigung einer Räumungsklage anwaltliche Unterstützung zu nehmen.
Im März 2021 erklärten zwei Mitverpächter sodann schriftlich, sie ziehen ihre Zustimmung zur Beendigung des Pachtverhältnisses in der Versammlung vom 10.05.2019 zurück, da ihnen zu diesem Zeitpunkt nicht alle Tatsachen offengelegt worden seien. Das Pachtverhältnis solle fortgesetzt werden.
Das Gericht ist der Auffassung des Klägers gefolgt, dass die Pacht marktunüblich niedrig sei und hat einen Herausgabeanspruch der Verpächtergemeinschaft bejaht. Eine Verlängerung des Pachtvertrages bis zum 30.06.2025 ist damit nicht erfolgt.
Jedenfalls die der Beklagten zugestellte ordentliche Kündigung durch den Kläger im Juni 2019 hat den Pachtvertrag wirksam zum 30.06.2020 beendet, weil der Beschluss vom 10.05.2019 wirksam war und dem Kläger im Verhältnis zur Beklagten die notwendige Verfügungs- und Vertretungsmacht verlieh. Die Kündigung habe durch Stimmenmehrheit (§ 745 BGB) beschlossen werden können, da auch die streitgegenständliche Kündigung des Pachtvertrages vorliegend nach Auffassung des Spruchkörpers als eine ordnungsmäßige Verwaltung und Benutzung des Grundstücks anzusehen ist. Das Gericht verwies dabei darauf, dass die Ordnungsmäßigkeit einer Maßnahme aus objektiver Sicht zu beurteilen ist. Dabei ist der Standpunkt eines vernünftig und wirtschaftlich denkenden Beurteilers entscheidend.
Nach sachverständiger Beratung durch einen von der IHK für München und Oberbayern öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für die Bewertung von Mieten und Pachten kam das Gericht zu der Überzeugung, dass zum Zeitpunkt des Beschlusses vom 10.05.2019 und der nachfolgenden Kündigungserklärung bei einer Neuverpachtung der Räume als Kino deutlich höhere Pachterträge hätten erzielt werden können. Nach dem erholten Sachverständigengutachten betrug die marktgerechte Jahresnettopacht für die angenommene Weiternutzung als Kino im Jahr 2019 32,2 % mehr als die im Vergleichsjahr 2019 geschuldete Pacht. Auch in einer Gesamtschau unter Berücksichtigung aller Aspekte des Einzelfalls erschienen der Beschluss vom 10.05.2019 und die Kündigungserklärung vom 28.06.2019 als wirtschaftlich vernünftig. Dies selbst unter Berücksichtigung eines Leerstandes nach einem Betreiberwechsel, weil es sich bei dem streitgegenständlichen Kino um ein Unikat handelt. Die Gefahr eines längerfristigen Leerstands konnte das Gericht angesichts des Sachverständigengutachtens jedoch nicht erkennen.
Das Gericht betonte zudem, dass es vorliegend den Bruchteilseigentümern bzw. der Verpächtergemeinschaft unbenommen bleibe, lediglich den Betreiber des Kinos zu wechseln. Hierdurch würde das Grundstück nicht wesentlich verändert. Über die zwischen den Parteien umstrittene (denkmalschutzrechtliche) Zulässigkeit einer anderen, möglicherweise finanziell lukrativeren Grundstücksnutzung hat das Gericht nicht entschieden.
Die ca. 2 Jahre spätere Zurückziehung der Zustimmung für den Beschluss im Jahr 2019 durch zwei Mitverpächter hielt das Gericht für unbeachtlich. Welche Tatsachen nicht bekannt gewesen seien, sei für das Gericht im Dunkeln geblieben. Ein Informationsdefizit konnte durch den entscheidenden Richter nicht erkannt werden. Zudem sei der Widerruf der Zustimmung nicht innerhalb angemessener Frist erfolgt.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
LG München I, Urteil 34 O 7322/20 vom 11.08.2023
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