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Steuer & Recht |
OLG Frankfurt, Urteil 2 U 165/21 vom 26.05.2023
Gerät der Mieter eines Fahrzeugs in Zahlungsrückstand, stellt die Selbstabholung des Fahrzeugs durch den Vermieter verbotene Eigenmacht dar. Veräußert der Vermieter das Fahrzeug anschließend, ist er zum Wertersatz verpflichtet. Er schuldet darüber hinaus Nutzungsentschädigung für einen angemessenen Zeitraum bis zur Ersatzbeschaffung, entschied das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) mit am 02.06.2023 veröffentlichten Urteil.
Die Beklagte betreibt bundesweit ein staatlich zugelassenes Pfandleihhaus. Neben dem klassischen Pfandleihgeschäft verfolgt sie alternativ das „cash & drive“-Modell. Dies bewirbt sie für einen kurzfristigen Liquiditätsengpass mit dem Erhalt von Bargeld bei fehlender Kreditwürdigkeit. Sie kauft dann Eigentümern ihr Kraftfahrzeug ab und vermietet es ihnen nachfolgend für einen Folgezeitraum gegen ein monatliches Entgelt. Die Klägerin verkaufte der Beklagten auf diese Weise ihren damals etwa 9 Jahre alten Kleinwagen Hyundai. Die Beklagte zahlte ihr 1.500,00 Euro. Die Klägerin mietete es für 148,50 Euro monatlich zurück. Nach dem Ende der Mietzeit sollte das Fahrzeug binnen 24 Stunden an die Beklagte zurückgegeben werden. Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen sahen vor, dass die Beklagte das Fahrzeug selbst in Besitz nehmen, es ohne Ankündigung sicherstellen und hierfür auch das befriedete Besitztum des Mieters auch zur Nachtzeit betreten dürfe. Als die Klägerin die Mieten nicht weiterzahlte, kündigte die Beklagte das Mietverhältnis, forderte die Klägerin ultimativ auf, das Fahrzeug zurückzugeben, ließ es sodann ohne Willen der Klägerin abholen und versteigerte oder verkaufte es. Die Klägerin erwirkte zunächst einen Titel auf Herausgabe des Autos. Die Zwangsvollstreckung aus diesem Titel war erfolglos. Der Verbleib des Autos ist ungeklärt. Mit der hiesigen Klage begehrt die Klägerin Wertersatz für das verschwundene Fahrzeug in Höhe von 3.750,00 Euro sowie Nutzungsentschädigung für einen Zeitraum von fast zwei Jahren in Höhe von rund 17.000,00 Euro. Das Landgericht hatte die Beklagte zur Zahlung von Wertersatz und Nutzungsersatz in Höhe von rund 8.700 Euro unter Berücksichtigung eines Mitverschuldens von 50% verurteilt.
Die hiergegen eingelegte Berufung der Beklagten hatte im Wesentlichen keinen Erfolg. Der Klägerin stehe ein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagten wegen der Wegnahme des Fahrzeugs zu. Die Beklagte habe „verbotene Eigenmacht“ ausgeübt. Ob der Mietvertrag oder der Kaufvertrag überhaupt wirksam waren, könne damit offenbleiben. Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen im Mietvertrag, die der Beklagten das hier auch umgesetzte Verfahren gestatteten, seien wegen einer unangemessenen Benachteiligung des Kunden unwirksam. § 858 ff. BGB sollen im Mietverhältnis oder auch im Verhältnis zwischen Eigentümer und Besitzer die Selbstexekution oder Selbstjustiz verhindern.
Die Beklagte habe fahrlässig gehandelt, auch wenn sie selbst davon ausgegangen sei, die von ihr veranlasste Sicherstellung und die hierdurch ausgeübte verbotene Eigenmacht sei im Hinblick auf ihr Geschäftsmodell rechtmäßig. Sie hätte zumindest wegen der von verschiedenen Gerichten geäußerten rechtlichen Bedenken gegen ihr Geschäftsmodell damit rechnen müssen, dass dieses „bemakelt“ sein könnte und die Art der Sicherstellung gegen Treu und Glauben verstoßen würde.
Die Klägerin könne damit Wertverlust für das Fahrzeug verlangen. Die Beklagte schulde auch grundsätzlich für die gesamte Dauer der Vorenthaltung Nutzungsentschädigung. Die Klägerin habe aber gegen ihre Schadensminderungspflicht verstoßen, soweit sie nahezu zwei Jahre mit einer Ersatzbeschaffung zugewartet habe. Grundsätzlich sei der Ersatzanspruch auf Nutzungsausfall – wie der Anspruch auf Mietwagenkosten – auf die erforderliche Ausfallzeit beschränkt. Die Klägerin habe hier nicht darauf vertrauen können, ihr Fahrzeug wiederzuerlangen. Trotzdem habe sie erst neun Monate nach Wegnahme des Fahrzeugs, Erhalt einer Abrechnung und der Mitteilung, dass das Fahrzeug verwertet worden sei ihren Anspruch auf Herausgabe des Fahrzeuges geltend gemacht.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Mit der Nichtzulassungsbeschwerde, über die der BGH zu entscheiden hätte, kann die Zulassung der Revision begehrt werden.
Quelle: OLG Frankfurt
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