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Steuer & Recht |
Stehen einem Fluggast Schadensersatzansprüche gegen die Bundesrepublik zu, wenn der Flug verpasst wird, weil die Sicherheitskontrolle am Flughafen zu lang gedauert haben soll?
Das Landgericht Köln entschied nun in einem Fall, dass Ansprüche jedenfalls dann ausscheiden, wenn der Fluggast entgegen den Empfehlungen des Flughafenbetreibers nicht rechtzeitig am Check-In bzw. zur Sicherheitskontrolle erscheint.
Der Kläger war für den 8. September 2021 mit seiner Lebensgefährtin auf den Flug vom Flughafen Köln/Bonn nach Faro gebucht. Der Abflug war für 11:40 Uhr geplant. Auf der Internetseite des Flughafens wurde darauf hingewiesen, dass in verkehrsreichen Spitzenzeiten die Sicherheitskontrolle bei höherem Passagieraufkommen länger dauern könne. Fluggäste seien daher angewiesen, rechtzeitig zu erscheinen.
Wörtlich hieß es: „In der Regel öffnet der Check-In am Flughafen 2,5 – 3 Stunden vor dem Abflug. Es empfiehlt sich, diese Zeit für Check-In und Sicherheitskontrolle am Flughafen mindestens einzuplanen und nach dem Check-In zügig zur Sicherheitskontrolle zu gehen.“ Der Kläger und seine Lebensgefährtin fanden sich erst um 9:20 Uhr am Flughafen Köln/Bonn ein. Um 9:30 Uhr öffnete die Gepäckabgabe für den gebuchten Flug. Gegen 9:50 Uhr konnten der Kläger und seine Lebensgefährtin ihr Gepäck abgeben. Sie gaben im Anschluss noch ein Sperrgepäckstück in dem hierfür vorgesehenen Bereich ab und begaben sich im Anschluss zu dem Bereich, in welchem die Sicherheitskontrollen durchgeführt wurden. Da sich der Kläger und seine Lebensgefährtin nach Passieren der Sicherheitskontrolle zu spät am Gate einfanden, startete das Flugzeug ohne sie. Die weiteren Einzelheiten sind zwischen den Parteien streitig.
Der Kläger begehrte von der beklagten Bundesrepublik für sich und seine Lebensgefährtin Erstattung entstandener Mehrkosten in Höhe von insgesamt 968,44 Euro u. a. für Taxi und Umbuchung und stützte dies auf seiner Ansicht nach mangelhaft organisierte Sicherheitskontrollen durch die Beamten der Beklagten. Das Landgericht Köln hat diesen Antrag nun als unbegründet zurückgewiesen.
Das Gericht führt aus, dass dem Kläger bzw. dessen Lebensgefährtin unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt die geltend gemachte Forderung zustehe.
Ein Anspruch auf Zahlung von Schadenersatz ergebe sich zunächst nicht aus Amtshaftungsgrundsätzen (§ 839 Abs. 1 Satz 1 BGB i. V. m. Art. 34 GG). Beamte der Beklagten hätten keine den Kläger bzw. seine Lebensgefährtin schützende Amtspflicht verletzt. Für die öffentlichen Behörden bestehe allgemein die Verpflichtung, Eingriffe in die Rechtssphäre von Privatpersonen in den Grenzen des unumgänglich Notwendigen zu halten. Diese Pflicht gebiete es den Behörden nicht nur, den Eingriff selbst von vornherein in seinem Umfang und gegebenenfalls in seiner Dauer auf das unbedingt notwendige Maß zu beschränken, sondern es obliege den Behörden darüber hinaus, im Rahmen des Zumutbaren das ihrige zu tun, um dem einzelnen Betroffenen die Wahrung seiner Rechte zu ermöglichen oder zu erleichtern und dazu beizutragen, die nachteiligen Folgen des Eingriffs für den Betroffenen herabzumindern. Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 und 2 LuftSiG sei die Luftsicherheitsbehörde – hier die Beklagte – befugt, bei Passagieren, die den Abfertigungsbereich eines Flughafens betreten wollen, das von diesen mitgeführte Handgepäck zu durchsuchen. Dabei müssten die Maßnahmen nach § 5 LuftSiG dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechen (§ 4 LuftSiG), und die Sicherheitsbehörden hätten die Kontrollen zweckmäßig zu organisieren und Personal in ausreichender Zahl einzusetzen. Passagiere müssten mit einer Dauer vom Check-In bis zum Ende der Kontrolle nur in angemessener Zeit rechnen. Wie lange diese Zeitspanne sei, hänge von den Umständen des Einzelfalles ab. Eine wichtige Orientierungshilfe für die Passagiere würden aber die von den Flughäfen veröffentlichten Empfehlungen, wie lange man sich vor dem Abflug einfinden solle, bieten.
Bereits aufgrund des eigenen Vorbringens des Klägers könne das Gericht im vorliegenden Fall eine schuldhafte Organisationspflichtverletzung, die ursächlich dafür geworden sei, dass der Kläger den gebuchten Flug nicht erreichen konnte, nicht feststellen.
Auch wenn mit dem Kläger davon ausgegangen werde, dass er sich gegen 10:00 Uhr am Eingang zum Sicherheitsbereich eingefunden und diesen gegen 10:30 Uhr betreten habe, so sei es nicht zu beanstanden, dass die Kontrolle um 11:15 Uhr noch nicht durchgeführt gewesen sei, sondern der Kläger den Sicherheitsbereich erst um 11:35 Uhr verlassen habe können. Diese Verweildauer belege noch keine unzureichende Besetzung im Sinne eines Organisationsverschuldens. Jedenfalls sei vorliegend nicht ersichtlich, dass der Kläger den Flug nicht rechtzeitig hätte erreichen können, wenn er sich – der Empfehlung des Flughafens folgend – noch früher am Check-In eingefunden hätte. Dieser habe – seinen Vortrag erneut unterstellt – zwar um 9:30 Uhr geöffnet. Warum der Kläger erst um 9:50 Uhr sein Gepäck aufgeben habe können, lege er aber nicht dar. Wäre er nicht erst um 9:20 Uhr, sondern zwischen 8:40 Uhr und 9:10 Uhr (2,5 bis 3 Stunden vor Abflug) dort gewesen, hätte er womöglich auch schon früher einchecken können. Warum dies nicht möglich gewesen sein soll, lege er nicht dar. Erst recht hätte hierzu Veranlassung bestanden, da der Kläger neben seinem normalen Gepäck noch Sportgeräte als Sperrgepäck aufzugeben beabsichtigte. Dass hierfür zusätzliche Zeit erforderlich sein würde, musste der Kläger wissen. Hätte der Kläger mithin den Check-In bereits um 9:30 Uhr oder kurz danach beendet, hätte ihm jedenfalls noch ein ausreichender Zeitraum für die Sicherheitskontrolle zur Verfügung gestanden, um so seinen Flug noch rechtzeitig zu erreichen.
Selbst aber wenn zugunsten des Klägers unterstellt werde, dass ein Check-In vor 9:50 Uhr nicht möglich gewesen wäre, so läge dies nicht im Verantwortungsbereich der Beklagten, sondern der Fluggesellschaft, die den Schalter nicht – wie vom Flughafen angegeben – mindestens 2,5 Stunden vor Abflug geöffnet hätte. Warum dem Kläger in diesem Fall kein durchsetzbarer Schadensersatzanspruch gegen die Fluggesellschaft zugestanden haben solle, habe der Kläger ebenso nicht dargetan, was dem gegen die Beklagte geltend gemachten Anspruch entgegenstehe.
Auch polizeirechtliche Ansprüche schieden genauso wie Ansprüche aus sog. enteignendem Eingriff aus. Das für den letzteren Anspruch notwendige Sonderopfer könne nicht angenommen werden, wenn der Fluggast seinen Flug lediglich deshalb versäume, weil er entgegen den Empfehlungen des Flughafenbetreibers nicht rechtzeitig am Check-In bzw. zur Sicherheitskontrolle erscheint.
Die am 25.04.2023 verkündete Entscheidung zum Az. 5 O 250/22 ist nicht rechtskräftig.
Urteil 5 O 250/22 vom 25.04.2023 (nrkr)
Quelle: Landgericht Köln
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