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Steuer & Recht |
Mit Urteil vom 12. Januar 2023 (Az. 8 K 169/21 F) hat der 8. Senat des Finanzgerichts Münster entschieden, dass die für Zwecke der Steuerbefreiung nach § 6a GrEStG erforderliche Vorbesitzzeit bei Aufspaltung einer KG der Gesellschafterin im Wege der Gesamtrechtsnachfolge zugerechnet wird.
Eine KG war seit 1993 alleinige Gesellschafterin einer GmbH, die Grundstücke hielt. Die beiden Kommanditisten gründeten im Jahr 2010 jeweils als Alleingesellschafter die Klägerin und eine weitere GmbH und brachten zunächst ihre jeweils hälftigen Kommanditanteile in die beiden Gesellschaften ein. Dieser Vorgang löste unstreitig gemäß § 1 Abs. 2a GrEStG Grunderwerbsteuer aus. Ebenfalls im Jahr 2010 wurde ein Spaltungs- und Übernahmevertrag geschlossen, nach dem das Vermögen der KG dahingehend aufgeteilt wurde, dass ein Teilbetrieb, der die Beteiligung an der Grundstücks-GmbH umfasste, an die Klägerin und ein weiterer Teilbetrieb an die andere Kommanditistin übertragen wurden. Im Jahr 2013 wurde die Grundstücks-GmbH auf die Klägerin verschmolzen.
Das Finanzamt lehnte die von der Klägerin für den Verschmelzungsvorgang beantragte Steuerbefreiung nach § 6a GrEStG unter Hinweis auf die nicht eingehaltene Vorbehaltensfrist von fünf Jahren ab. Demgegenüber vertrat die Klägerin die Auffassung, dass ihr die Vorbesitzzeit der KG im Wege der Gesamtrechtsnachfolge zuzurechnen sei.
Der 8. Senat des Finanzgerichts Münster hat der Klage stattgegeben. Durch die Verschmelzung werde ein Erwerbstatbestand ausgelöst, der aber nach § 6a GrEStG steuerfrei sei. An der Verschmelzung, die auf Grundlage der Vorschriften des Umwandlungsgesetzes erfolgt sei, seien die Klägerin als herrschendes Unternehmen und die Grundstücks-GmbH als abhängige Gesellschaft beteiligt gewesen.
Die weitere Voraussetzung, dass die Klägerin innerhalb des Zeitraums von fünf Jahren vor der Verschmelzung mittelbar oder unmittelbar zu mindestens 95 % an der Grundstücks-GmbH beteiligt gewesen sein muss (Vorbehaltensfrist), sei ebenfalls erfüllt. Sie selbst sei seit 2010 zu 100 % beteiligt gewesen. Darüber hinaus sei ihr als Gesamtrechtsnachfolgerin der KG deren 100%ige Beteiligung gemäß § 45 AO zuzurechnen.
Die Gesamtrechtsnachfolge umfasse nicht nur Forderungen und Schulden, sondern erstrecke sich auf alle steuerlich relevanten Umstände. Zivilrechtlich sei die Klägerin im Zuge der Aufspaltung Gesamtrechtsnachfolgerin der KG geworden, denn bei der Aufspaltung komme es zu einer geteilten Gesamtrechtsnachfolge hinsichtlich des jeweils übertragenen Vermögens.
Der Zurechnung stünden auch keine Normen oder Prinzipien des Grunderwerbsteuerrechts entgegen. Zwar sei die Gesamtrechtsnachfolge im Hinblick auf die in §§ 5 und 6 GrEStG enthaltenen Vor- und Nachbehaltensfristen schädlich. Diese Sichtweise sei aber nicht auf § 6a GrEStG übertragbar, da diese Fristen in den jeweiligen Normen unterschiedliche Zielsetzungen verfolgten. Bei §§ 5 und 6 GrEStG, die Rechtsträgerwechsel zwischen Gesamthand und Gesamthändern von der Steuer ausnehmen, dienten die Vor- und Nachbehaltensfristen der Missbrauchsvermeidung. Demgegenüber solle § 6a GrEStG aus wirtschaftspolitischen Gründen die Umstrukturierung von Unternehmen erleichtern, wobei die Vor- und Nachbehaltensfristen vornehmlich dazu dienten, die als verschonungswürdig qualifizierten Sachverhalte zu umschreiben und zu begrenzen. Vor diesem Hintergrund erscheine es systemgerecht, die Vorbesitzzeit der KG der Klägerin zuzurechnen, denn es würde Umstrukturierungen erschweren, wenn der Rechtsnachfolger mit Blick auf die Vorbesitzzeit wieder „bei Null“ anfangen müsste.
Der Senat hat die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen.
Urteil 8 K 169/21 vom 12.01.2023
Quelle: Finanzgericht Münster, Newsletter Februar 2023
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