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SICHERHEIT | Steuer & Recht |
Der vom Präsidium des Bundesgerichtshofs vorübergehend als Hilfsspruchkörper eingerichtete VIa. Zivilsenat (vgl. Pressemitteilung Nr. 141/2021 vom 22. Juli 2021) hat sich heute im Anschluss an die Entscheidung des VI. Zivilsenats vom 6. Juli 2021 – VI ZR 40/20 (vgl. Pressemitteilung Nr. 154/2021 vom 12. August 2021) mit der Gewährung von kleinem Schadensersatz in den sogenannten "Dieselfällen" befasst.
Sachverhalt:
Der Kläger kaufte im September 2013 für 12.999 € von einem Dritten einen Gebrauchtwagen Seat Leon, der mit einem von der beklagten Volkswagen AG hergestellten Dieselmotor der Baureihe EA 189 versehen war. Bei Erwerb wies das Kraftfahrzeug eine Laufleistung von 60.400 km auf. Es war mit einer Software ausgestattet, die erkannte, ob es sich auf einem Prüfstand befand, und in diesem Fall vom regulären Abgasrückführungsmodus in einen Stickoxid-optimierten Modus wechselte. Nach Bekanntwerden des sogenannten Abgasskandals ließ der Kläger ein von der Beklagten entwickeltes Software-Update aufspielen. Zum 31. Dezember 2019 betrug die Laufleistung des Kraftfahrzeugs nach Angaben des Klägers rund 275.000 km.
Bisheriger Prozessverlauf:
Das Amtsgericht hat die auf Leistung des vorgerichtlich verlangten "kleinen" Schadensersatzes nebst Zinsen und auf Erstattung vorgerichtlich verauslagter Anwaltskosten gerichtete Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Berufung gegen das amtsgerichtliche Urteil zurückgewiesen.
Entscheidung des Bundesgerichtshofs:
Die vom Berufungsgericht zugelassene Revision des Klägers hatte überwiegend Erfolg.
Der VIa. Zivilsenat hat im Anschluss an die Entscheidung des VI. Zivilsenats vom 6. Juli 2021 bekräftigt, dass der Käufer eines vom "Dieselskandal" betroffenen Fahrzeugs ein Wahlrecht hat. Er kann gegen Rückgabe des Fahrzeugs und Anrechnung von Nutzungsvorteilen den gesamten Kaufpreis zurückverlangen ("großer" Schadensersatz). Er kann aber auch das Fahrzeug behalten und lediglich als "kleinen" Schadensersatz die Differenz zwischen einem höheren Kaufpreis und einem gegebenenfalls niedrigeren Wert des Fahrzeugs bei Abschluss des Kaufvertrags beanspruchen. Für diese zweite Möglichkeit hat sich der Kläger entschieden, dessen Klage deshalb nicht ohne weitere Prüfung der Höhe seines Anspruchs hätte abgewiesen werden dürfen.
Im konkreten Fall besteht allerdings die Besonderheit, dass der Kläger das mit einem Kilometerstand von 60.400 km gebraucht gekaufte Fahrzeug bei Klageerhebung schon über weitere 200.000 km bis zu einem Kilometerstand von rund 275.000 km gefahren hatte. Damit steht im Raum, dass der Käufer sich im Wege der Vorteilsausgleichung den Wert von Nutzungen auf den "kleinen" Schadensersatz in dem Umfang anrechnen lassen muss, in dem der Wert der Nutzungen den Wert des Fahrzeugs bei Vertragsschluss übersteigt.
Da das Berufungsgericht – aus seiner Sicht konsequent – weder Feststellungen zum Wert des Fahrzeugs bei Vertragsschluss noch zum Wert der vom Kläger gezogenen Nutzungen getroffen hat, hat der VIa. Zivilsenat das Berufungsurteil im Ausspruch zum "kleinen" Schadensersatz aufgehoben und die Sache zur weiteren Sachaufklärung an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Das Berufungsurteil hatte im Ergebnis nur insoweit Bestand, als das Berufungsgericht den Anspruch auf Erstattung vorgerichtlich entstandener Anwaltskosten verneint hat.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 24. Januar 2022 – VIa ZR 100/21
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