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APOTHEKE | Systemblick - Kommentar von heute
Stand: Montag, 29. Dezember 2025, um 15:20 Uhr
Apotheken-News: Kommentar von heute
Kommentar von Seyfettin Günder zu den aktuellen Apotheken-Nachrichten über Plattformökonomie, OTC-Verlagerung und Bedeutungsverlust der Fläche
Eine halbe Milliarde Euro OTC-Umschlag auf einem Marktplatz ist nicht zuerst eine Zahl, sondern ein Ordnungswechsel. Der Markt wächst nicht, er sortiert sich neu. Und er sortiert sich dort neu, wo der erste Kontakt nicht mehr im Alltag vor Ort entsteht, sondern in einer Suchzeile, die sofort Antworten verspricht, bevor überhaupt eine Frage zu Ende gedacht ist. Genau diese Vorverlagerung ist die eigentliche Nachricht.
Wer heute OTC kauft, kauft nicht nur ein Produkt, sondern ein Gefühl von Kontrolle. Sterne, Bilder, schnelle Lieferung, einfache Rückgabe: Das alles wirkt wie Prüfung, ist aber oft nur Beruhigung. Der Kauf wird damit weniger eine Entscheidung, die aus einem Bedarf heraus reift, sondern ein Abschluss, der aus Signalen heraus entsteht. Man merkt es daran, wie schnell Alternativen verschwinden, wenn sie nicht sofort greifbar sind. Es ist nicht die Qualität, die zuerst verliert, sondern die Sichtbarkeit.
In dieser Welt ist ein Marktplatz keine zusätzliche Verkaufsfläche, sondern der Rahmen, in dem Wahrnehmung verteilt wird. Wer oben steht, gilt als naheliegend. Wer naheliegend ist, gilt als vertrauenswürdig. Und wer vertrauenswürdig wirkt, braucht weniger Erklärung. Das ist die stille Kette. Sie ist brutal effizient, weil sie den Zweifel nicht bekämpft, sondern umgeht.
Damit wird Sichtbarkeit zu einem Kostenblock, der wie eine zweite Marge wirkt. Marken investieren nicht nur in Produkte, sondern in Positionen. Der Klick ist die neue Regalfläche, aber das Regal gehört nicht dem, der es bestückt, sondern dem, der es vermietet. Sobald diese Logik greift, verschiebt sich Wettbewerb: weg von Leistung und Verfügbarkeit, hin zu Kampagnenfähigkeit, Bildsprache, Keyword-Besetzung und der Disziplin, die eigene Präsenz permanent nachzujustieren. Wer das nicht kann, wird nicht widerlegt, sondern übersehen.
Für Versender ist das ein Spielfeld, das ihnen liegt, weil Prozesse skalierbar sind und Routine den Wiederkauf trägt. Doch auch sie zahlen den Preis der Abhängigkeit, sobald Reichweite und Aufmerksamkeit nicht mehr aus eigener Kraft entstehen, sondern aus fremden Regeln und bezahlten Fenstern. Dann gewinnt nicht, wer das bessere Sortiment hat, sondern wer den Kaufmoment besser einfängt. Das ist ein Unterschied, der sich im Alltag wie ein kleiner Schritt anfühlt, aber strategisch alles verändert.
Für Apotheken vor Ort trifft der Effekt zuerst die Frequenz. OTC trägt nicht nur Umsatz, es trägt Anlasskontakte. Weniger Anlasskontakte heißt weniger spontane Rückfragen, weniger frühe Korrekturen, weniger Gelegenheiten, Unsicherheit in Klärung zu verwandeln. Das ist nicht romantisch, sondern betriebswirtschaftlich und versorgungslogisch entscheidend, weil genau diese kleinen Kontakte Orientierung schaffen, bevor Fehler entstehen. Wenn sie ausdünnen, sinkt nicht die Kompetenz, sondern die Wirksamkeit der Kompetenz.
Der zweite Druck kommt aus der Normalisierung: Drogerien rahmen Gesundheit als Konsum, nicht als Ausnahme. Das wirkt freundlich, bequem, beiläufig. Und genau darin liegt die Verschiebung, denn das Beiläufige verändert Erwartungen, ohne dass jemand es diskutiert. Wenn der Kauf zwischen Pflege und Haushalt stattfindet, wird Klärung zur Zusatzoption, die man sich spart, weil alles schon vertraut aussieht und schnell geht. Das ist die kulturelle Seite derselben Mechanik.
Die Konsequenz ist kein plötzlicher Bruch, sondern ein Sog. Er zieht Umsatz, aber er zieht vor allem Bedeutung: weg von der Idee, dass Versorgung im Alltag eine Ordnung braucht, hin zu der Annahme, dass Verfügbarkeit genügt. Wer nur auf einzelne Umsätze schaut, sieht das nicht. Wer auf die Summe aus Frequenz, Sichtbarkeit und Erwartung blickt, erkennt, wie schnell aus einer Selbstverständlichkeit ein Sonderfall wird.
An dieser Stelle fügt sich das Bild.
Was wie Wettbewerb aussieht, ist in Wahrheit eine Neuverteilung von Aufmerksamkeit. Plattformen bauen das Schaufenster, Marken mieten die besten Plätze, Drogerien verschieben die Normalität. In dieser Mischung verliert die Fläche nicht an Können, sondern an Erstkontakt. Und ohne Erstkontakt wird Verantwortung nachgelagert, dort, wo sie Zeit kostet und kaum noch Wertschöpfung erzeugt.
Dies ist kein Schluss, der gelesen werden will – sondern eine Wirkung, die bleibt. Die neue OTC-Ordnung entsteht nicht durch einen Gegner, sondern durch Gewöhnung: Suchen, klicken, liefern lassen, wiederholen. Je häufiger das gelingt, desto mehr wird Klärung zur Ausnahme und Versorgung zur nachträglichen Reparatur. Das ist der Punkt, an dem ein Markt effizient wirkt und zugleich seine Folgekosten verschiebt. Wer Ordnung will, muss wieder dort sichtbar werden, wo die Entscheidung beginnt, nicht dort, wo sie schon abgeschlossen ist.
SG
Prokurist | Publizist | Verantwortungsträger im Versorgungsdiskurs
Kontakt: sg@aporisk.de
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Wer das für Formalie hält, unterschätzt die Verantwortung, die Sprache heute tragen muss.
Ein Kommentar ist keine Meinung. Er ist Verpflichtung zur Deutung – dort, wo Systeme entgleiten und Strukturen entkoppeln.
Ich schreibe nicht, um zu erklären, was gesagt wurde. Ich schreibe, weil gesagt werden muss, was sonst nur wirkt, wenn es zu spät ist.
Denn wenn das Recht nur noch erlaubt, aber nicht mehr schützt, darf der Text nicht schweigen.
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