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APOTHEKE | Systemblick - Kommentar von heute
Stand: Mittwoch, 24. Dezember 2025, um 07:05 Uhr
Apotheken-News: Kommentar von heute
Kommentar von Seyfettin Günder zu den aktuellen Apotheken-Nachrichten über dm als Arzneimittelkanal, neue Routinen der Vergleichbarkeit und den wachsenden Druck, Verantwortung sichtbar zu machen
Der Satz „Apotheken müssen jetzt handeln“ klingt wie ein Reflex, der die falsche Bühne aufbaut. Denn der entscheidende Vorgang ist nicht das Handeln als Pose, sondern die Verschiebung der Normalität: Wenn eine Drogeriekette Arzneimittel in die Logik des Einkaufsalltags zieht, entsteht ein neuer Standard der Vergleichbarkeit, und der greift tief, ohne dass er sich wie ein Angriff anfühlt. Preisanker, Regalnähe, Routinen, die schnell sein müssen, und eine Umgebung, die mit Gesundheit bisher keine Verantwortung verbinden musste, formen Erwartungen, die sich nicht mit Empörung korrigieren lassen. Das Problem ist nicht, dass Konkurrenz existiert. Das Problem ist, dass sich die Vergleichsfrage ändert, bevor überhaupt jemand merkt, dass er die Frage gewechselt hat.
In dieser Lage ist die wichtigste Unterscheidung unerquicklich, aber unvermeidlich: Ware lässt sich über Verfügbarkeit erzählen, Versorgung über Verantwortung. Wer beides in denselben Satz presst, verliert den Unterschied. Eine Drogerie kann Verfügbarkeit inszenieren, ohne dabei den inneren Preis der Verantwortung zu tragen, der im Vollzug entsteht, wenn Entscheidungen begründet, Risiken abgefangen und Fehlerfolgen vermieden werden müssen. Genau hier entsteht der Haftungsabstand, der im Alltag oft unsichtbar bleibt, solange nichts passiert. Nur: Ein System, das Verantwortung nur dann sichtbar macht, wenn es schiefgeht, wirkt nach außen wie ein System, das sich nachträglich rechtfertigt. Das ist die gefährliche Stelle, weil sie nicht durch bessere Argumente, sondern durch bessere Verständlichkeit im Normalfall entschieden wird.
Deshalb ist der Ruf nach „jetzt handeln“ als Formulierung zu grob, um hilfreich zu sein. Er verführt dazu, Aktivität mit Lösung zu verwechseln. Die nüchterne Realität lautet: Sichtbarkeit ist kein Marketingthema, sondern ein Ordnungsproblem. Wer im Versorgungsalltag bestehen will, muss die eigene Rolle so sprechen können, dass sie als Normalität verstanden wird, nicht als Verteidigung. Beratung ist dann kein Zusatz, sondern die Art, wie Verantwortung in Sprache übersetzt wird. Und Verantwortung ist in dieser Situation das Einzige, was langfristig nicht kopiert werden kann, weil sie nicht im Regal, sondern im Verfahren wohnt: in Kriterien, in Nachvollziehbarkeit, in der Fähigkeit, auch unbequeme Abgrenzungen ruhig zu erklären, ohne dadurch hart oder überheblich zu wirken.
Der zweite Punkt ist unbequem, weil er die eigene Praxis schärfer ansieht als den neuen Wettbewerber. Wo Vergleichslogik zunimmt, steigen die Kosten jedes kleinen Fehlers. Nicht moralisch, sondern technisch. Falsche Erwartungen führen zu falschen Entscheidungen, und falsche Entscheidungen führen zu Streit, Rückfragen, Rückläufen, unnötigen Wegen, und am Ende zu Misstrauen, das sich nicht an einem Ereignis festmachen lässt. Es ist ein schleichender Abrieb. In so einer Phase gewinnt nicht, wer am lautesten „Mehrwert“ sagt, sondern wer die eigenen Prüfwege so stabil hält, dass der Alltag nicht hektisch wird. Ruhe ist in dieser Lage kein Stil, sondern eine operative Leistung.
Das heißt auch: Die Kritik am dm-Vorstoß sollte nicht als Abwehrreflex formuliert werden, sonst wird sie als Interessenbehauptung gelesen. Sinnvoll ist die Kritik dort, wo sie Ordnung verteidigt, nicht Position. Wenn Gesundheit zur Regalroutine wird, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass Menschen die Bedeutung von Grenzen unterschätzen: Grenzen der Selbstselektion, Grenzen der Vergleichbarkeit, Grenzen der schnellen Entscheidung. Das ist keine Unterstellung gegenüber Konsumentinnen und Konsumenten, sondern eine Beschreibung von Routinen. Routinen sind bequem, bis sie teuer werden. Die Folgekosten tauchen später auf, selten im Moment der ersten Verschiebung. Das ist der Grund, warum die eigentliche Auseinandersetzung nicht im ersten Monat entschieden wird, sondern in der langfristigen Verfestigung von Erwartungen.
Wer daraus eine klare Linie ziehen will, braucht zwei Dinge gleichzeitig, die sich oft widersprechen: eine strenge Ordnungslogik im Inneren und eine menschliche Sprache nach außen. Streng im Sinne von nachvollziehbar, konsistent, verlässlich. Menschlich im Sinne von verständlich, nicht belehrend, nicht aufgeladen, nicht theaterhaft. Genau diese Mischung wirkt glaubwürdig, weil sie nicht nach Kampf aussieht. Sie sieht nach Alltag aus, und Alltag ist die Arena, in der sich solche Verschiebungen durchsetzen. Wer den Alltag gewinnt, gewinnt nicht durch Siege, sondern durch das Ausbleiben von Reibung.
Am Ende ist dm nicht nur ein Wettbewerber, sondern ein Test, wie schnell sich ein System selbst erklären kann, ohne in Appelle zu kippen. Wenn die Versorgungsordnung leise bleibt, wird sie überhört. Wenn sie laut wird, wirkt sie nervös. Die richtige Tonlage liegt dazwischen: klar, ruhig, konsequent. Wer diese Tonlage hält, muss nicht „handeln“ wie in einer Schlagzeile, sondern arbeitet an dem, was die Schlagzeile übersehen hat: an der Verständlichkeit von Verantwortung in einer Welt, die immer schneller vergleicht. Das ist keine Heldengeschichte. Es ist schlicht die einzige Form von Stabilität, die nicht von der nächsten Marktbewegung abhängig ist.
An dieser Stelle fügt sich das Bild.
Wenn Gesundheit in Routineumgebung wandert, wandert zuerst die Erwartung und erst später die Debatte. Das Entscheidende ist nicht die erste Aufregung, sondern die neue Normalität der Vergleichbarkeit. Ordnung wirkt nur, wenn sie im Alltag gesprochen werden kann. Und Verantwortung bleibt nur sichtbar, wenn sie nicht erst im Streit auftaucht.
Dies ist kein Schluss, der gelesen werden will – sondern eine Wirkung, die bleibt. Wenn eine Drogeriekette Gesundheit in Einkaufslinien einbettet, entsteht eine neue Erwartung, die Beratung und Haftung still unter Druck setzt. Wer Verantwortung nur als „Mehrwert“ formuliert, verliert gegen Routine, weil Routine keine Begründung braucht. Die Folgekosten kommen nicht als Knall, sondern als Abrieb: Misstrauen, Fehlanwendung, spätere Eskalation. Am Ende entscheidet nicht der neue Kanal, sondern die Ordnung, die Verantwortung im Alltag verständlich hält.
SG
Prokurist | Publizist | Verantwortungsträger im Versorgungsdiskurs
Kontakt: sg@aporisk.de
Wer das für Formalie hält, unterschätzt die Verantwortung, die Sprache heute tragen muss.
Ein Kommentar ist keine Meinung. Er ist Verpflichtung zur Deutung – dort, wo Systeme entgleiten und Strukturen entkoppeln.
Ich schreibe nicht, um zu erklären, was gesagt wurde. Ich schreibe, weil gesagt werden muss, was sonst nur wirkt, wenn es zu spät ist.
Denn wenn das Recht nur noch erlaubt, aber nicht mehr schützt, darf der Text nicht schweigen.
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