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  • 19.12.2025 – dm-Versand als Drogerieprojekt, Sortimentslogik gegen Versorgungstiefe, Qualitätsverantwortung vor Ort als Prüfstein der Arzneimittelordnung
    19.12.2025 – dm-Versand als Drogerieprojekt, Sortimentslogik gegen Versorgungstiefe, Qualitätsverantwortung vor Ort als Prüfstein der Arzneimittelordnung
    APOTHEKE | Systemblick |  Kommentar zur Einordnung des dm-Versandstarts: Sortimentsverengung als Strukturmechanismus, rechtliche Klarheit als Vertrauensfaktor und Versorgu...

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ApoRisk® Nachrichten - APOTHEKE:


APOTHEKE | Systemblick | 

dm-Versand als Drogerieprojekt, Sortimentslogik gegen Versorgungstiefe, Qualitätsverantwortung vor Ort als Prüfstein der Arzneimittelordnung

 

Ausgabe Nr. 104 | Wenn Versand das Maß setzt, wird Versorgung zur unsichtbaren Prüfung

Stand: Freitag, 19. Dezember 2025, um 16:09 Uhr

Apotheken-News: Kommentar von heute

Kommentar von Seyfettin Günder zu den aktuellen Apotheken-Nachrichten über dm-Versandstart, Sortimentsverengung, Rechtskonstruktionen im grenznahen OTC-Geschäft und die Frage, was Versorgungsqualität praktisch bedeutet

Der Einstieg einer Drogeriekette in den Arzneimittelversand wirkt auf den ersten Blick wie ein weiteres Kapitel im bekannten Spiel: Reichweite wird skaliert, Preise werden sichtbar, Bequemlichkeit wird zum Argument, und am Ende soll das Publikum glauben, Versorgung lasse sich wie jedes andere Konsumgut organisieren. Doch genau an dieser Stelle beginnt der Denkfehler, den die Kritik aus der Praxis trifft, auch wenn sie ihn manchmal zu grob formuliert. Nicht die Herkunft eines Anbieters entscheidet über Qualität, sondern die Architektur der Verantwortung. Wer Arzneimittel in die Logik eines Warenkorbs presst, reduziert zwangsläufig die Komplexität dessen, was im Alltag als Versorgung geleistet wird: das schnelle Erkennen von Risiken, das Abfangen von Fehlern, das Aushalten von Unklarheit, das Erklären von Grenzen, das Mitdenken von Wechselwirkungen, das Mittragen von Notfällen, die nicht angekündigt sind. Versand kann einzelne Bedürfnisse erfüllen, aber er definiert nicht, was Versorgung in der Breite tatsächlich heißt.

Die zugespitzte Formulierung „Sortimentsverengung“ ist deshalb mehr als Standesreflex. Sie beschreibt den Kern einer betriebswirtschaftlichen Logik: Wenn der Erfolg über Klicks, Lieferfenster und Wiederkaufraten organisiert wird, gewinnt das planbare, schnelle, margenstabile Produkt. Das ist nicht moralisch falsch, aber es verschiebt den Maßstab. Arzneimittelversorgung ist gerade dort anspruchsvoll, wo sie unplanbar wird: wenn Beschwerden unscharf sind, wenn die Medikation lang ist, wenn Adhärenz brüchig ist, wenn Risiken verdeckt bleiben, wenn Sprache, Alter oder Sorge die Verständigung schwer machen. In dieser Welt ist Breite kein Luxus, sondern eine Sicherheitsreserve. Wer diese Reserve systematisch ausdünnt, liefert nicht schlechter, aber anders, und dieses „anders“ hat Folgen, weil es die Erwartungshaltung am Markt verändert: Das Schnelle wird zum Normalen, das Umständliche wird zum Makel, und das Sorgfältige wirkt plötzlich wie ein Umweg.

Der zweite Punkt der Kritik, die rechtliche Tragfähigkeit eines grenzüberschreitenden Modells, ist kein Nebenkriegsschauplatz, sondern ein Vertrauenssignal. Sobald Kundinnen und Kunden spüren, dass Zuständigkeiten wandern, Ansprechpartner verschwimmen und Haftungslogiken komplizierter werden, entsteht nicht nur ein juristisches, sondern ein kulturelles Problem: Vertrauen lebt von Klarheit. Das gilt umso mehr in einem Feld, in dem Fehler nicht nur Geld kosten, sondern Gesundheit. Wenn ein Modell in der öffentlichen Wahrnehmung nach „kurz vor knapp“ aussieht, wirkt es nicht wie Innovation, sondern wie Kalkül, und Kalkül ist kein Ersatz für Verlässlichkeit. Wer den Markt prägt, prägt auch die Gewohnheiten. Gewohnheiten wiederum entscheiden darüber, ob Menschen bei Problemen nach Beratung suchen oder nach dem nächsten Button.

Gleichzeitig wäre es zu billig, aus der Drogerieherkunft automatisch mangelnde Kompetenz abzuleiten. Es gibt im Versand hochprofessionelle Prozesse, und es gibt vor Ort Schwächen, die niemand romantisieren sollte. Entscheidend ist etwas anderes: Der Versorgungsauftrag ist kein Image, sondern eine Struktur aus Pflicht, Kontrolle und Bereitschaft. Vor Ort zeigt sich diese Struktur nicht in Sonntagsworten, sondern in Konflikten: wenn ein Rabattvertrag ein Präparat kippt, wenn ein Lieferengpass Entscheidungen erzwingt, wenn eine Verordnung unplausibel wirkt, wenn ein Patient überfordert ist, wenn ein Angehöriger drängt, wenn die Kasse später streitet. In solchen Momenten ist die pharmazeutische Rolle nicht dekorativ, sondern riskobewusst, und sie hat ein eigenes Gewicht, weil sie Verantwortung tatsächlich trägt und nicht nur organisiert.

Der Markteintritt eines großen Handelsnamens ist daher kein Anlass, sich gekränkt zu fühlen, sondern ein Anlass, das eigene Profil präziser zu fassen. Behauptung reicht nicht, Überlegenheit erst recht nicht. Der Unterschied entsteht dort, wo Versorgung als Qualitätsarbeit sichtbar gemacht wird, ohne in Abwehrsprache zu kippen: als Schutz vor Fehlmedikation, als frühes Erkennen von Risiken, als Brücke zwischen Verordnung und Lebensrealität, als Reserve in der Nacht, als verlässlicher Umgang mit Unsicherheit. Wer diesen Unterschied nicht erklärt, überlässt dem Markt die Deutung, und der Markt deutet dann zwangsläufig in Kategorien von Preis, Lieferzeit und Bequemlichkeit. Das ist nicht böswillig, sondern logisch. Das Problem ist nur, dass Logik an dieser Stelle nicht genügt.

Und genau hier liegt der Punkt, an dem Zustimmung zur Kritik möglich ist, ohne sich in die falsche Richtung treiben zu lassen: Sortimentsverengung ist kein Schimpfwort, sondern die Beschreibung eines Mechanismus, der Versorgung auf das Messbare reduziert. Die Frage lautet nicht, ob Versand erlaubt ist, sondern welches Bild von Arzneimitteln gesellschaftlich normalisiert wird: Produkt oder Prozess, Ware oder Verantwortung, Auswahl oder Einordnung. Wer Apotheke auf Versand verkürzt, gewinnt Tempo, verliert aber einen Teil des Sicherheitsversprechens, das die Arzneimittelordnung still voraussetzt. Wer vor Ort nur auf Tradition setzt, verliert ebenfalls, weil Tradition keine Erklärung ist. Gewinnen kann nur, wer Qualität in die Sprache der Gegenwart übersetzt: nachvollziehbar, überprüfbar, und im Zweifel auch unbequem, weil Sicherheit selten die schnellste Option ist.

An dieser Stelle fügt sich das Bild.

Ein neuer Versandname ist schnell erzählt, doch die eigentliche Bewegung läuft darunter: Der Maßstab verschiebt sich vom Können zum Klicken, vom Risiko zur Routine, von Verantwortung zur Abwicklung. Wo Sortimente enger werden, wird das Unplanbare nicht kleiner, sondern unsichtbarer. Und was unsichtbar wird, wird später teuer, weil es erst auffällt, wenn es schiefgeht.

Dies ist kein Schluss, der gelesen werden will – sondern eine Wirkung, die bleibt. Wenn Bequemlichkeit zur Leitwährung wird, zahlt Versorgung den Preis oft erst in der zweiten Reihe, leise und zeitversetzt. Der Streit um Versandmodelle ist deshalb weniger ein Kampf um Marktanteile als ein Test, ob eine Ordnung noch erkennt, was sie schützen soll. Vertrauen entsteht nicht aus Markenstärke, sondern aus klarer Zuständigkeit und gelebter Sorgfalt. Am Ende bleibt eine einfache Frage im Raum: Welche Form von Verantwortung soll als normal gelten, wenn Arzneimittel zum Alltagskauf werden.

 

SG
Prokurist | Publizist | Verantwortungsträger im Versorgungsdiskurs
Kontakt: sg@aporisk.de

Wer das für Formalie hält, unterschätzt die Verantwortung, die Sprache heute tragen muss.

Ein Kommentar ist keine Meinung. Er ist Verpflichtung zur Deutung – dort, wo Systeme entgleiten und Strukturen entkoppeln.

Ich schreibe nicht, um zu erklären, was gesagt wurde. Ich schreibe, weil gesagt werden muss, was sonst nur wirkt, wenn es zu spät ist.

Denn wenn das Recht nur noch erlaubt, aber nicht mehr schützt, darf der Text nicht schweigen.

 

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