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APOTHEKE | Systemblick |
Stand: Mittwoch, 17. Dezember 2025, um 17:05 Uhr
Apotheken-News: Kommentar von heute
Kommentar von Seyfettin Günder zu den aktuellen Apotheken-Nachrichten über dm-med, Plattformlogik im OTC-Markt und die strukturelle Verschiebung von Beratung und Verantwortung
Der Einstieg eines Drogeriekonzerns in den Versand von OTC-Arzneimitteln ist kein Tabubruch, sondern ein systemlogischer Schritt. Wer Handelsplattformen baut, erweitert Sortimente. Genau darin liegt jedoch der Kern des Problems, denn Gesundheit folgt anderen Regeln als Konsum. Die Frage ist nicht, ob dm Medikamente verkaufen darf, sondern nach welchem Ordnungsprinzip dies geschieht. Plattformlogik optimiert Auswahl, Vergleichbarkeit und Bequemlichkeit, sie misst Erfolg in Warenkörben und Konversionsraten. Heilberufliche Logik dagegen optimiert auf Ausschluss, Risikoabwägung und Abbruch, manchmal auch auf den unbequemen Satz, dass ein Produkt nicht geeignet ist. Diese beiden Logiken lassen sich technisch nebeneinanderstellen, sie lassen sich aber nicht folgenlos vermischen. Wenn Beratung zeitlich begrenzt, optional und räumlich entkoppelt wird, verändert sich nicht nur der Vertriebskanal, sondern die Verantwortungskette.
Was auf den ersten Blick wie eine moderne Serviceerweiterung wirkt, ist in Wahrheit eine Verschiebung der Lasten. In der Apotheke vor Ort ist Beratung kein Zusatz, sondern Teil einer haftungsrelevanten Entscheidung. Sie ist eingebettet in Dokumentation, Rückfragen, Kontextwissen und Erfahrung. Auf Plattformen wird Beratung zum Angebot unter vielen, erreichbar zu bestimmten Zeiten, ersetzbar durch Bewertungen, Rankings und algorithmische Näheprodukte. Das ist kein Vorwurf, sondern die logische Konsequenz eines Systems, das nicht auf Einzelfallprüfung, sondern auf Skalierung ausgelegt ist. Problematisch wird es dort, wo beide Systeme politisch und gesellschaftlich gleich behandelt werden, obwohl ihre Wirkmechanik grundverschieden ist. Dann entsteht der Eindruck funktionaler Gleichwertigkeit, ohne dass die gleichen Pflichten gelten.
Besonders deutlich zeigt sich das an der Sortimentslogik. Wo im Offizinalltag evidenzbasierte Abwägung und individuelle Einschätzung dominieren, rücken online Präferenzen, Nachfrage und Sichtbarkeit in den Vordergrund. Dass dabei bestimmte Produktwelten stets präsent sind, ist kein Zufall, sondern Ausdruck dessen, was Plattformen leisten sollen: Auswahl anbieten, nicht Entscheidung ersetzen. Die Verantwortung für die Einordnung wandert damit schrittweise zum Kunden, oft unbemerkt und ohne bewusste Entscheidung. Diese Verschiebung ist leise, aber wirkungsvoll. Sie verändert Erwartungen, prägt Verhalten und wirkt langfristig auf das Verständnis von Versorgung.
Die eigentliche politische Frage lautet daher nicht, ob neue Anbieter in den Markt drängen, sondern ob das Regelwerk dieser Verschiebung Rechnung trägt. Wenn Beratung als heilberufliche Kernleistung verstanden wird, kann sie nicht gleichzeitig als optionaler Service behandelt werden, ohne die Systembalance zu verändern. Entweder werden die Anforderungen angeglichen, oder es wird offen benannt, dass unterschiedliche Modelle unterschiedliche Verantwortungsniveaus haben. Alles andere erzeugt eine Grauzone, in der Erwartungen an Sicherheit hoch bleiben, während die Strukturen, die diese Sicherheit tragen, erodieren. Das ist kein schneller Kollaps, sondern ein schleichender Prozess, der sich erst bemerkbar macht, wenn Alternativen fehlen.
Für die Apotheken vor Ort liegt die Herausforderung nicht darin, Plattformen zu imitieren, sondern ihre eigene Logik sichtbar zu halten. Beratung ist kein romantisches Relikt, sondern ein Risikofilter, der Fehlanwendung, Folgekosten und Versorgungsbrüche verhindert. Wenn diese Funktion gesellschaftlich entwertet wird, entsteht kein neutraler Wettbewerb, sondern eine asymmetrische Ordnung, in der Bequemlichkeit kurzfristig gewinnt und Komplexität ausgeblendet wird. Genau hier braucht es eine nüchterne Einordnung jenseits von Spott oder Empörung. Gesundheit wird nicht falsch, sondern anders organisiert, und diese Andersartigkeit hat Konsequenzen.
An dieser Stelle fügt sich das Bild.
Plattformen versprechen Einfachheit, Versorgung lebt von Differenzierung. Zwischen diesen Polen entscheidet sich, wie Verantwortung verteilt wird und wer sie trägt, wenn etwas schiefgeht. Solange Bequemlichkeit als Fortschritt gilt und Haftung unsichtbar bleibt, wirkt das System stabil. Erst mit zeitlichem Abstand zeigt sich, dass nicht jede Effizienzsteigerung auch eine Versorgungsverbesserung ist.
Dies ist kein Schluss, der gelesen werden will – sondern eine Wirkung, die bleibt. Wenn Gesundheit zur Sortimentsfrage wird, verschiebt sich Verantwortung still vom Anbieter zum Einzelnen. Diese Verschiebung ist bequem, solange sie funktioniert, und teuer, wenn sie es nicht tut. Eine zukunftsfähige Ordnung entscheidet sich daran, ob unterschiedliche Logiken ehrlich benannt und entsprechend geregelt werden. Dort, wo Gleichwertigkeit behauptet wird, ohne Gleichpflicht zu schaffen, verliert am Ende nicht der Markt, sondern die Versorgung.
SG
Prokurist | Publizist | Verantwortungsträger im Versorgungsdiskurs
Kontakt: sg@aporisk.de
Wer das für Formalie hält, unterschätzt die Verantwortung, die Sprache heute tragen muss.
Ein Kommentar ist keine Meinung. Er ist Verpflichtung zur Deutung – dort, wo Systeme entgleiten und Strukturen entkoppeln.
Ich schreibe nicht, um zu erklären, was gesagt wurde. Ich schreibe, weil gesagt werden muss, was sonst nur wirkt, wenn es zu spät ist.
Denn wenn das Recht nur noch erlaubt, aber nicht mehr schützt, darf der Text nicht schweigen.
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