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APOTHEKE | Systemblick |
Stand: Dienstag, 16. Dezember 2025, um 17:57 Uhr
Apotheken-News: Kommentar von heute
Kommentar von Seyfettin Günder zu den aktuellen Apotheken-Nachrichten über den Kabinettsbeschluss zur Apothekenreform, die Blackout-Aktion der ABDA und die Honorarfrage als Stabilitätsprüfung
Die Lage ist paradox, und gerade deshalb gefährlich: Die ABDA spricht von Dialogphase, plant zugleich eine bundesweite Blackout-Aktion, aber kennt den Kabinettsentwurf nicht. Das ist keine Nebensächlichkeit, sondern der Kern des Problems. Wer Druck aufbauen will, braucht einen klaren Adressaten und einen klaren Streitpunkt, sonst entsteht ein Ritual, das sich gut anfühlt, aber politisch wenig kostet. Ein Symbol kann Aufmerksamkeit erzeugen, doch Aufmerksamkeit ist im politischen Betrieb billig, wenn sie nicht in eine konkrete Verhandlungslogik übersetzt wird. Genau hier wirkt der Satz „Noch nicht der Tag, um auf die Straße zu gehen“ wie eine Selbstberuhigung, die man als Verantwortungsbewusstsein verkaufen kann, die aber vor allem eines zeigt: Die Führung ringt um das richtige Timing, während die wirtschaftliche Realität in den Betrieben längst nicht mehr auf Timing wartet.
Der Blackout ist als Bild stark, weil er die Abhängigkeit der Versorgung greifbar macht, ohne die Versorgung tatsächlich zu gefährden. Genau deshalb liegt darin auch eine Versuchung: Symbolik kann zur Ersatzhandlung werden, wenn sie nicht an Bedingungen geknüpft ist, die im Gesetzgebungsprozess wirklich relevant sind. Wer Licht ausmacht, aber keine roten Linien formuliert, produziert Sichtbarkeit ohne Preis. Die Politik kann das registrieren und dennoch weitermachen, weil ihr Risiko überschaubar bleibt. Die Frage lautet daher nicht, ob Protest sinnvoll ist, sondern ob Protest eine Verhandlung ersetzt oder eine Verhandlung schärft. Wenn er nur begleitet, aber nicht präzise zugespitzt wird, bleibt er Dekoration am Rand eines Verfahrens, das von Haushaltslogik, Koalitionsdisziplin und Prioritätenkaskaden bestimmt wird.
Dass das Packungsfixum als Hoffnungssatz im Koalitionsvertrag stand und dann im Entwurf plötzlich fehlt, ist mehr als Enttäuschung, es ist ein Muster. Es zeigt, wie schnell ein politischer Text zur Beruhigung dient, während die operative Umsetzung an anderer Stelle wieder eingefangen wird. In diesem Muster verlieren Apotheken nicht nur Geld, sondern Zeit, weil sie sich immer wieder in den gleichen Zyklus bewegen: Versprechen, Verzögerung, Mini-Korrektur, neue Begründung, neue Runde. Wer heute sagt, die Tage des Eskalierens kämen später, muss erklären, was später anders sein soll als in den vielen späteren Momenten der letzten Jahre. Der Staat reagiert nicht auf Empörung als solche, sondern auf Kosten, die politisch spürbar werden. Und spürbar wird etwas entweder durch große öffentliche Verschiebung oder durch eine präzise definierte Systemstörung, die niemand verantworten will. Wer beides nicht organisiert, bleibt im Modus des Appells.
Der größte Fehler wäre, den politischen Gegner in der falschen Figur zu suchen. Es geht nicht darum, ob Ministerien „böse“ sind oder Kassen „unfair“, sondern darum, dass Apotheken in der öffentlichen Wahrnehmung selten als Budgetrisiko gelten, sondern als selbstverständlich. Selbstverständlichkeiten werden im System erst dann bezahlt, wenn ihr Wegfall politisch nicht mehr verwaltbar ist. Genau deshalb reicht die moralische Botschaft „Wir sind wichtig“ nicht, sie muss in eine harte Logik übersetzt werden: Was kostet das System der Verlust weiterer Betriebe, welche Konsequenzketten entstehen in Notdienst, Akutversorgung, Pflege, Therapieadhärenz, und welche Ersatzkosten erzeugt das an anderer Stelle. Solange diese Kostenkette nicht als politisches Risiko sichtbar ist, bleibt das Apothekenhonorar eine verhandelbare Randgröße, auch wenn es in Wahrheit die Tragfähigkeit der Fläche ist.
Die ABDA verweist auf hohe Kontaktzahlen und geringe Ausgabenanteile, und das ist als Argument richtig, aber als Verhandlungstaktik allein zu weich. Politik reagiert nicht nur auf Vergleichszahlen, sondern auf klare Alternativen. Eine Führung, die ernsthaft verhandeln will, muss die Botschaft in drei Schichten bauen: erstens Stabilität der Versorgung als Staatsinteresse, zweitens betriebliche Realität als harte Grenze, drittens konkrete Forderung als nicht verhandelbarer Mindeststandard. Wer dabei im Unklaren bleibt, was morgen im Kabinett liegt, wirkt nicht dialogbereit, sondern informationsarm. Und Informationsarmut ist in Verhandlungen die schlechteste Position, weil sie den Gegner einlädt, den Takt zu bestimmen. Das Ergebnis ist dann nicht nur ein schlechter Entwurf, sondern ein Verfahren, in dem die Gegenseite gelernt hat, dass man Zeit gewinnen kann, ohne etwas zu zahlen.
Der Verweis auf dm als neuen Versandakteur ist in dieser Gemengelage interessant, aber nicht als Ablenkung. Wenn gesagt wird, für Vor-Ort ändere sich dadurch nichts, ist das als juristische Feststellung zu kurz. Der Einstieg solcher Plattformmodelle verändert nicht sofort das Gesetz, aber er verändert Erwartung, Preisdruck, Kommunikationsräume und mittelfristig auch Personalströme. Genau deshalb sollte die Standesführung solche Entwicklungen nicht kleinreden, sondern in ihre Systemargumentation integrieren: Präsenzversorgung ist nicht nur Logistik, sondern Verantwortung, und Verantwortung kostet Personal, Infrastruktur und Reserve. Wenn gleichzeitig das Honorar stagniert, wird Reserve abgebaut, und dann entsteht das, was der Blackout nur symbolisch zeigt, real und schleichend. Diese Verbindung ist die stärkste Begründung für eine Honorarstabilisierung: Nicht als Belohnung, sondern als Versicherungsprämie gegen Versorgungsrisiko.
Die Frage „Warum keine Streiks?“ ist daher nicht die entscheidende. Entscheidend ist, ob die Führung die Phase bis in den Frühsommer als Zeitfenster nutzt, um aus Symbolik Durchsetzung zu machen. Dazu gehört, dass man nicht nur Eskalation ankündigt, sondern Kriterien definiert, nach denen Eskalation unausweichlich wird. Nicht als Drohung, sondern als glaubwürdige Logik. Wer immer nur sagt, später werde es ernster, macht später unglaubwürdig. Wer dagegen jetzt klar benennt, welche Mindestlinie nicht unterschritten werden darf und welche Folgen ein Unterschreiten hat, zwingt die Gegenseite, sich zu positionieren. In Politik zählt nicht Lautstärke, sondern die Fähigkeit, die Entscheidung des anderen teuer zu machen, wenn sie falsch ausfällt. Genau hier entscheidet sich, ob die Blackout-Aktion ein Auftakt ist oder ein Ventil.
An dieser Stelle fügt sich das Bild.
Ein Symbol kann ein System erschüttern, wenn es eine Wahrheit nicht nur zeigt, sondern verhandlungsfähig macht. Licht aus ist ein starkes Bild, doch Bilder verlieren Kraft, wenn niemand die Konsequenzketten dahinter benennt. Zwischen Kabinett und Parlament entsteht ein Zeitfenster, in dem nicht Emotion, sondern Durchsetzung zählt. Wer es nicht nutzt, wird später wieder erklären, warum später noch nicht der richtige Tag war.
Dies ist kein Schluss, der gelesen werden will – sondern eine Wirkung, die bleibt. Wenn ein Entwurf fehlt, aber Protest schon läuft, entsteht ein Machtvakuum, das die Gegenseite dankbar füllt. Versorgung wird nicht dadurch gesichert, dass man ihre Bedeutung betont, sondern dadurch, dass man ihre Bedingungen als Mindeststandard durchsetzt. Die eigentliche Eskalation ist nicht der Gang auf die Straße, sondern die Fähigkeit, politische Verzögerung in politische Kosten zu übersetzen. Ohne diese Kosten bleibt jede Aktion sichtbar, aber folgenlos, und genau das kann sich die Fläche nicht mehr leisten.
SG
Prokurist | Publizist | Verantwortungsträger im Versorgungsdiskurs
Kontakt: sg@aporisk.de
Wer das für Formalie hält, unterschätzt die Verantwortung, die Sprache heute tragen muss.
Ein Kommentar ist keine Meinung. Er ist Verpflichtung zur Deutung – dort, wo Systeme entgleiten und Strukturen entkoppeln.
Ich schreibe nicht, um zu erklären, was gesagt wurde. Ich schreibe, weil gesagt werden muss, was sonst nur wirkt, wenn es zu spät ist.
Denn wenn das Recht nur noch erlaubt, aber nicht mehr schützt, darf der Text nicht schweigen.
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