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  • 28.06.2025 – Kompetenzverschiebung fordert neue Allianzen, britische Vorbilder provozieren Widerstand, Versorgung braucht juristische Klarheit
    28.06.2025 – Kompetenzverschiebung fordert neue Allianzen, britische Vorbilder provozieren Widerstand, Versorgung braucht juristische Klarheit
    APOTHEKE | Medienspiegel & Presse | Erweiterte Apothekenrollen, politische Vorschläge, ärztlicher Widerstand und das ARMIN-Modell im Faktencheck: Was wirklich funktioniert ...

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ApoRisk® Nachrichten - APOTHEKE:


APOTHEKE | Medienspiegel & Presse |

Kompetenzverschiebung fordert neue Allianzen, britische Vorbilder provozieren Widerstand, Versorgung braucht juristische Klarheit

 

Apotheken sollen neue Aufgaben übernehmen und medizinische Prozesse entlasten, ohne Ärzteteams droht die Versorgung zu fragmentieren, juristische Grenzen setzen dem britischen Modell klare Schranken

Apotheken-News von heute

Was auf den ersten Blick wie ein Fortschritt für das deutsche Gesundheitswesen wirkt, entpuppt sich bei näherer Betrachtung als potenzielle Systemverzerrung: Die Debatte um erweiterte Apothekenkompetenzen im Stil von "Pharmacy first" berät nicht nur über neue Versorgungswege, sondern stellt auch zentrale Strukturprinzipien infrage, denn zwischen politischer Absichtserklärung und juristischer Machbarkeit klaffen gravierende Lücken, während das britische Vorbild mehr Mahnung als Modell ist, die ärztliche Kritik berechtigt erscheint und die echten Chancen sektorenübergreifender Versorgung wie im ARMIN-Projekt bisher unter Wert gehandelt werden, was letztlich zeigt, dass Kompetenzverlagerung ohne Systemintegration nicht tragfähig sein kann.


Die Forderung nach erweiterten Kompetenzen für Apotheker ist keineswegs neu, bekommt jedoch durch politische Unterstützung aus Nordrhein-Westfalen ein zusätzliches Momentum. Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann sprach sich deutlich dafür aus, den "Heilberuf des Apothekers breiter zu denken". Dabei geht es ihm nicht um Symbolpolitik, sondern um eine reale Aufgabenverlagerung zwischen Apotheken und Arztpraxen – getrieben von Personalmangel, Versorgungsdruck und dem Wunsch nach effizienteren Abläufen.

Die Grundidee folgt einem britischen Narrativ: "Pharmacy first". Dort ist es seit Anfang 2023 gängige Praxis, dass Patientinnen und Patienten mit leichten Beschwerden wie Halsschmerzen, Hautausschlägen oder Blasenentzündungen primär in die Apotheke gehen. Die Regierung in London verspricht sich davon eine Entlastung der stark überforderten GP-Praxen und zugleich eine Stärkung niederschwelliger Versorgungszugänge. Die Übertragung auf deutsche Verhältnisse ist allerdings mehr als gewagt. Das britische Gesundheitssystem ist marode, zentralistisch organisiert und in vielen Regionen kaum noch funktionsfähig. Deutschland ist nicht Großbritannien – und das ist ein Vorteil.

Trotzdem greifen Politiker wie Laumann die Argumentationslinie gerne auf. Sein Appell zielt auf eine Entlastung hausärztlicher Strukturen, ohne sie zu schwächen. Der Vorschlag formuliert keine Kompetenzumkehr, sondern eine kompetenzbasierte Neuordnung. Apotheker, so die Logik, könnten bei bestimmten Bagatellindikationen Erstkontakt sein, während Ärztinnen und Ärzte sich auf komplexere Fälle konzentrieren. Ein solches Modell setzt jedoch nicht nur auf Apothekerkompetenz, sondern auf politische Feingefühl und juristische Abstimmung.

Die Reaktion der Ärzteschaft fiel prompt und deutlich aus. Andreas Gassen, Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, bezeichnete die Idee als "gefährlich". Apotheker seien keine Diagnostiker, ihre Kompetenz liege in der Pharmazeutik, nicht in der Behandlung. Die Unterscheidung ist nicht kleinlich, sondern systemisch begründet: Diagnostik und Therapie unterliegen in Deutschland dem Arztvorbehalt. Wer diesen aufweicht, öffnet eine juristische Grauzone mit potenziell gravierenden Haftungsfragen.

Dabei existieren durchaus positive Beispiele für sektorenübergreifende Kooperation. Das Modellprojekt ARMIN in Sachsen und Thüringen zeigt, wie Ärzte und Apotheker gemeinsam Medikationspläne betreuen, Interaktionen erkennen und Therapiesicherheit verbessern können. Das Prinzip: koordiniert statt konkurrierend. Solche Ansätze machen pharmazeutische Kompetenz wirksam – nicht als Ersatzmedizin, sondern als Teil eines Gesamtprozesses.

Dennoch mangelt es bisher an klaren gesetzlichen Rahmenbedingungen. Eine bloße Verordnungskompetenz für Apotheken würde juristisch kaum Bestand haben. Ohne ärztliche Mitwirkung droht jede Erweiterung pharmazeutischer Aufgaben in der Praxis zu scheitern. Die Bundesapothekerkammer mahnt zu Recht: Wer Verantwortung trägt, braucht auch Handlungssicherheit. Und diese kann nur durch gesetzgeberische Klarheit entstehen.

Der Blick nach Großbritannien dient eher als Mahnung denn als Modell. Die britische Regierung nutzt Apotheken nicht aus Überzeugung, sondern aus Not. Die Versorgungsstrukturen sind dort derart überlastet, dass viele Patienten gar keinen Zugang zu Allgemeinärzten mehr haben. Die Apotheke wird zum Notnagel, nicht zum strategischen Baustein. Eine solche Rolle würde Apotheken hierzulande überfordern und gleichzeitig ihre eigentliche Kernkompetenz verwässern.

Denn schon heute sind viele Apotheken am Limit. Die Umsetzung pharmazeutischer Dienstleistungen leidet unter Personalknappheit, fehlender Finanzierung und mangelnder politischer Rückendeckung. Das Medikationsmanagement, lange als großer Hoffnungsträger inszeniert, ist vielerorts noch nicht in der Versorgung angekommen. Gleichzeitig kämpfen Apotheken mit einem Übermaß an Verwaltungsaufwand, der durch die Digitalisierung keineswegs reduziert wurde.

Das E-Rezept, einst als Meilenstein gefeiert, hat sich vielerorts als technisches Hindernis entpuppt. Kompatibilitätsprobleme, Systemausfälle und fehlerhafte Datenübertragungen belasten die Abläufe im HV-Tisch. Wenn in diese Gemengelage nun auch noch medizinische Erstkontakte verlagert werden sollen, entsteht keine Entlastung, sondern eine neue Form der Überforderung.

Dabei ist das Prinzip interprofessioneller Versorgung durchaus attraktiv. Ärzte, Apotheker, Pflegekräfte und weitere Gesundheitsberufe arbeiten gemeinsam, abgestimmt und im Interesse des Patienten. Dieses Ziel ist erreichbar – aber nur mit klarer Rollenverteilung, gemeinsamer Fortbildung und struktureller Integration. Der gegenwärtige Flickenteppich aus Pilotprojekten, Gesetzeslücken und Kompetenzstreit verhindert genau das.

Apotheken können mehr, das steht außer Frage. Doch sie dürfen nicht allein gelassen werden mit dieser Verantwortung. Wer mehr Aufgaben übertragen will, muss auch mehr Unterstützung bieten: personell, strukturell, finanziell. Ohne ein koordiniertes Konzept droht der gut gemeinte Anspruch auf Kompetenzerweiterung zu scheitern.

Langfristig wird die Versorgung der Zukunft arbeitsteilig gedacht sein müssen. Monopolberufe gehören der Vergangenheit an. Doch die Zukunft entsteht nicht durch Kompetenzverschiebung allein, sondern durch Zusammenarbeit. Apotheker sind keine Ersatzärzte – aber sie sind unverzichtbar, wenn es um sichere, wohnortnahe und zukunftsfähige Versorgung geht.

Von Engin Günder, Fachjournalist

 

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