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SICHERHEIT | Medienspiegel & Presse |
Ein Sturz auf dem Weg zur Kaffeemaschine während einer laufenden Dienstbesprechung mag trivial wirken, entfaltet jedoch juristisch erhebliche Tiefe, wenn der Kaffeekonsum betrieblich verankert ist und funktional mit der Durchführung der Besprechung verknüpft wird, denn dann – so urteilte das Landessozialgericht Sachsen-Anhalt – liegt kein privater Moment vor, sondern ein beitragsrechtlich relevanter Versicherungsfall, der Arbeitgeber in neue Handlungspflichten führt, betriebliche Routinen rechtlich auflädt und eine klare Linie zwischen Duldung und betrieblicher Veranlassung einfordert, wobei das Urteil die betrieblichen Realitäten moderner Kommunikationskultur aufgreift und informelle Gewohnheiten wie das gemeinsame Kaffeetrinken rechtlich gleichwertig zum offiziellen Teil der Arbeitsorganisation erhebt, sodass der Stolpermoment an der Kaffeekanne zum Präzedenzfall wird – nicht nur für die Unfallversicherung, sondern für die Anerkennung sozialer Interaktion als strukturelles Element betrieblicher Verantwortung.
Ein Sturz auf dem Weg zur Kaffeemaschine ist selten nur ein Sturz – jedenfalls nicht dann, wenn er sich während einer dienstlich organisierten Besprechung ereignet, der Kaffeekonsum fester Bestandteil der betrieblichen Alltagsstruktur ist und sich das Geschehen nachweislich im organisationalen Zusammenhang abspielt. Das Landessozialgericht Sachsen-Anhalt hat mit einem aktuellen Urteil diese Grenzlinie zwischen Privatverhalten und betrieblicher Verantwortung neu gezogen – präzise, pragmatisch und mit erheblicher Signalwirkung für die betrieblichen Routinen im deutschen Arbeitsrecht. Was wie eine Anekdote beginnt – der Gang zur Kaffeemaschine, ein versehentlicher Sturz, eine verweigerte Anerkennung durch die Berufsgenossenschaft – entfaltet bei näherem Hinsehen die ganze Tragweite moderner sozialrechtlicher Abgrenzung: Wann endet das Persönliche? Wann beginnt das Versicherte? Und was passiert, wenn sich beides im Betriebsalltag kaum noch trennen lässt? Die Klägerin, eine Verwaltungsangestellte, hatte sich während einer internen Dienstbesprechung im Besprechungsraum Kaffee eingeschenkt und war auf dem Rückweg zu ihrem Platz gestürzt. Die Folgen waren gravierend – ebenso wie die rechtlichen Implikationen. Denn die zuständige Berufsgenossenschaft verweigerte die Anerkennung des Vorfalls als Arbeitsunfall, da der Kaffeegenuss angeblich rein privater Natur gewesen sei. Das LSG widersprach dieser Argumentation entschieden. Der Kaffeegenuss sei in diesem Fall integraler Bestandteil der betrieblichen Veranstaltung gewesen, eingebettet in die Struktur der Dienstbesprechung, geduldet, gewohnt und funktional. Damit sei der erforderliche innere Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit eindeutig gegeben. Es sei keine private Handlung, sondern ein betrieblicher Vorgang im Rahmen eines organisierten Kommunikationsformats.
Diese juristische Präzisierung hat weitreichende Konsequenzen, denn sie stellt klar, dass auch unscheinbare Alltagsverrichtungen – sofern sie eingebettet sind in einen betrieblich geprägten Kontext – unter den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung fallen können. Dabei ist die Entscheidung keineswegs beliebig. Vielmehr reiht sich das Urteil ein in eine Entwicklung der sozialgerichtlichen Rechtsprechung, die sich von engen Formalismen löst und stattdessen stärker auf die tatsächliche betriebliche Lebenswelt fokussiert. Schon das Bundessozialgericht hatte wiederholt betont, dass etwa gemeinsame Frühstückspausen, betriebliche Weihnachtsfeiern oder kollektive Mittagessen unter bestimmten Umständen versichert sein können – sofern sie durch betriebliche Zielsetzungen, organisatorische Rahmenbedingungen oder soziale Funktionalitäten geprägt sind. Das LSG Sachsen-Anhalt überträgt diese Denklinie konsequent auf den Kontext moderner Bürokommunikation. Kaffee als Mittel zur Konzentration, zur Gesprächsbereitschaft, zur sozialen Kohäsion – das ist längst nicht mehr bloßes Ritual, sondern gelebter Teil der Arbeitsstruktur.
Im Mittelpunkt steht dabei der sogenannte „betriebliche Zusammenhang“, der juristisch oft schwer zu fassen, in der Praxis jedoch unmittelbar greifbar ist. Wann liegt dieser Zusammenhang vor? Laut Gericht immer dann, wenn die betreffende Handlung von der Betriebsleitung initiiert, organisiert oder zumindest erkennbar gebilligt wird – und wenn sie der Durchführung der Arbeitsaufgaben oder der Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit des Betriebs dient. Im konkreten Fall war die dienstliche Besprechung von der Arbeitgeberseite initiiert worden, der Kaffeekonsum war weder untersagt noch als Pause deklariert, sondern schlicht Bestandteil der gewohnten Durchführung. Der Gang zur Kaffeemaschine diente dem Erhalt der Konzentration und damit der Arbeitsfähigkeit der Teilnehmer. Auch das Umfeld war entscheidend: Der Unfall ereignete sich innerhalb der Räumlichkeiten des Betriebs, in unmittelbarem Zusammenhang mit der Dienstbesprechung, nicht etwa in einem Pausenraum oder außerhalb der Kernzeiten.
Diese Kontextanalyse ist kein bloßes juristisches Detail, sondern berührt die systematische Einordnung von Verantwortung im Arbeitsverhältnis. Für Arbeitgeber bedeutet das: Überall dort, wo betriebliche Gewohnheiten informell etabliert sind, wo wiederkehrende Routinen wie das gemeinsame Kaffeetrinken fester Bestandteil des Arbeitsgeschehens sind, kann im Schadensfall rechtliche Verantwortung entstehen. Das betrifft nicht nur die Frage der Versicherung, sondern auch präventive Strukturen wie Gefährdungsbeurteilungen, interne Sicherheitsstandards oder die Einrichtung ergonomischer Bewegungsräume im Betrieb. Ein Kaffeegang wird zum versicherten Weg, wenn er funktional, üblich und betrieblich veranlasst ist – das ist die Lehre aus diesem Urteil.
Die Entscheidung hat auch eine kulturelle Dimension: Sie wertet nicht nur die formale Tätigkeit als schützenswert, sondern anerkennt informelle Praktiken als Teil der Arbeitswirklichkeit. Kommunikation, Zusammenarbeit, spontane Interaktion – all das gehört zum Kern moderner Arbeitsstrukturen. Das Urteil erkennt diese Realität an und passt den juristischen Schutzrahmen entsprechend an. Für Arbeitnehmer:innen ist das ein Signal der Anerkennung. Für Unternehmen ein Weckruf, ihre internen Routinen bewusster zu gestalten und in ihrer rechtlichen Reichweite mitzudenken.
Zugleich eröffnet das Urteil eine ethisch relevante Debatte über Fürsorgepflichten im Betrieb. Wer Kommunikationsräume schafft, trägt auch Verantwortung für die Bedingungen, unter denen diese Räume betreten, durchquert und verlassen werden. Es reicht nicht, Rituale zu tolerieren – sie müssen, wenn sie Teil des betrieblichen Miteinanders sind, auch sicher gestaltet und rechtlich eingebettet werden. Der Fall zeigt: Der Betriebsalltag ist längst nicht mehr nur durch formale Tätigkeit geprägt, sondern durch ein Netz an zwischenmenschlichen Verhaltensweisen, deren Bedeutung für Effizienz, Teamgeist und Belastbarkeit enorm ist – und die deshalb auch versicherungsrechtlich ernst genommen werden müssen.
Dass es zu diesem Urteil kommen musste, liegt nicht zuletzt an der Diskrepanz zwischen betrieblicher Realität und versicherungstechnischem Rückzug. Wenn die Berufsgenossenschaft pauschal mit „Privatverhalten“ argumentiert, verkennt sie die gelebte Arbeitswelt. Diese ist fließend, hybrid, sozial – und sie benötigt Schutz, der diese Komplexität abbildet. Das LSG hat diesen Schutz gewährt – sachlich, nachvollziehbar, mit Rückgriff auf bestehende Urteilslogiken. Es hat ein Zeichen gesetzt für ein Arbeitsrecht, das auch den Alltag als Rechtssphäre anerkennt.
In der Summe ergibt sich ein neues Bewusstsein für Verantwortung. Arbeitnehmer dürfen erwarten, dass alltägliche betrieblich eingebundene Handlungen – auch wenn sie nicht zwingend vorgeschrieben sind – unter den Schutzschirm des Arbeitsrechts fallen. Arbeitgeber müssen erkennen, dass Verantwortung nicht erst beim Sturz beginnt, sondern beim Ermöglichen. Und die Versicherungslandschaft muss sich fragen, ob ihre Bewertungskriterien noch zur Realität der Betriebe passen. Ein Kaffeesturz ist kein Bagatellereignis – nicht, wenn er Ausdruck struktureller Abläufe ist. Die Tasse mag klein sein. Der Kontext ist es nicht.
Von Engin Günder, Fachjournalist
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