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SICHERHEIT | Medienspiegel & Presse |
Was passiert, wenn ein geleaster Akku bei einem Totalschaden zerstört wird – und wie lässt sich der wirtschaftliche Wert einer Subvention mit versicherungsrechtlichen Ansprüchen vereinbaren? Der Fall vor dem OLG Hamm beantwortet eine Kernfrage des Versicherungsschutzes in der E-Mobilität: Wie weit reicht eine Neupreisversicherung, wenn Komponenten wie Akkus nicht im Eigentum des Halters stehen, aber mitversichert sind? Das Urteil konkretisiert, dass Leasing allein keine Einschränkung für den Anspruch auf Entschädigung bedeutet – solange ein versichertes Risiko vorliegt. Gleichzeitig wird eine pauschale Wertminderung „neu für alt“ bei Akkus rechtlich als zulässig anerkannt, selbst wenn der Akku vollständig zerstört wurde. Besonders bedeutsam ist die Abgrenzung zwischen marktüblichen Rabatten und staatlichen Umweltboni: Letztere dürfen nicht von der Entschädigung abgezogen werden, da sie nicht Teil des Händlerpreises sind. Damit setzt das OLG klare Regeln für künftige Streitfälle zwischen Versicherern und E-Auto-Haltern – und zwingt die Branche, Leasingmodelle, staatliche Anreize und technische Alterung realitätsnah in Policen zu integrieren. Ein Präzedenzfall mit Weitwinkel.
Die Frage, wie ein zerstörter Akku in der Kaskoversicherung eines Elektroautos zu entschädigen ist, hat in der versicherungsrechtlichen Praxis lange Zeit eine Leerstelle hinterlassen – besonders dann, wenn dieser Akku nicht Eigentum des Fahrers ist, sondern geleast wurde. Mit seinem Urteil vom 10. April 2024 (Az. 20 U 99/23) hat das Oberlandesgericht Hamm nun eine in mehrfacher Hinsicht richtungsweisende Entscheidung getroffen, die sowohl für Versicherungsunternehmen als auch für Halter von E-Fahrzeugen neue Maßstäbe setzt. Im Mittelpunkt des Rechtsstreits stand die Konstellation eines wirtschaftlichen Totalschadens, bei dem neben dem Fahrzeug auch die Antriebsbatterie, die separat geleast worden war, zerstört wurde. Der Halter hatte das E-Auto erst zwei Monate zuvor neu zugelassen und begehrte nun von seinem Vollkaskoversicherer eine Entschädigung sowohl für den Wagen als auch für die Batterie – letztere war im Kaskovertrag ausdrücklich gegen Verlust, Beschädigung und Zerstörung mitversichert.
Der Versicherer erstattete zwar den Fahrzeugwert abzüglich Selbstbehalt und Restwert, zahlte für den Akku jedoch lediglich 612 Euro. Begründet wurde dies mit dem Argument, dass der Akku nicht Eigentum des Halters sei und der Versicherungsvertrag trotz der Nennung des Akkus in den Bedingungen keine volle Entschädigung bei Totalverlust vorsehe. Der Halter klagte – und erhielt vor dem Landgericht Hagen zunächst weitgehend Recht: Die Richter sahen den Neupreis von 7.000 Euro für die Batterie durch die Versicherungsbedingungen gedeckt und verurteilten den Versicherer zur Zahlung der Differenz. In der Berufung vor dem OLG Hamm wurde dieses Urteil bestätigt, jedoch modifiziert. Das Gericht hielt fest, dass auch ein geleaster Akku mitversichert ist, sofern er vertraglich einbezogen wurde. Der Umstand, dass der Halter nicht Eigentümer, sondern lediglich Nutzer war, stehe dem nicht entgegen. Entscheidend sei, dass der Halter das Risiko des Untergangs trage – wie im Falle eines Leasingakkus üblich – und somit auch versicherbares Interesse besitze.
Gleichzeitig schränkte das OLG jedoch den Umfang der Entschädigung ein. Anders als die Vorinstanz vertrat es die Auffassung, dass auch bei einem Totalschaden ein vertraglich vereinbarter Abzug „neu für alt“ zulässig sei – konkret im verhandelten Fall ein pauschaler Abschlag von 15 Prozent. Dieser Abschlag reduzierte die Erstattungspflicht für die Batterie von 7.000 Euro auf 5.950 Euro. Da bereits 612 Euro gezahlt worden waren, verblieb ein Anspruch von 5.338 Euro. In seiner Begründung machte das Gericht deutlich, dass eine Differenzierung zwischen reparaturfähigem und zerstörtem Akku nicht erforderlich sei, solange der Versicherungsvertrag den Abzug ausdrücklich vorsehe und der technische Alterungswert unabhängig vom Schadenereignis existiere. Damit stellt das OLG Hamm klar: Die pauschale Anwendung von „neu für alt“ auf Akkumulatoren ist zulässig – ein Punkt, der künftig erhebliche Bedeutung für die Regulierungspraxis im Bereich der E-Mobilität haben dürfte.
Besonders deutlich wurde das Gericht beim Thema Umweltbonus. Der Kläger hatte beim Erwerb des Fahrzeugs eine staatliche Förderung in Höhe von 2.000 Euro erhalten. Der Versicherer wollte diesen Betrag von der Entschädigungssumme abziehen und argumentierte, es handle sich um einen rabattähnlichen Vorteil, der wie ein Preisnachlass des Händlers zu werten sei. Das OLG widersprach entschieden. Der Umweltbonus sei kein marktüblicher Nachlass, sondern eine Subvention im Rahmen eines staatlichen Verwaltungsverfahrens. Anders als beim klassischen Rabatt sei hier nicht der Händler, sondern der Staat Zuwendungsgeber – eine Unterscheidung, die in der Rechtsprechung auch bei steuer- und beihilferechtlichen Fragen tragfähig ist. Für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer sei klar erkennbar, dass der Begriff „Nachlass“ im Vertrag nur Preisnachlässe betreffen könne, die direkt auf das Händlerangebot wirken. Ein staatlicher Bonus, der unabhängig vom Anbieter beantragt und ausbezahlt wird, könne daher nicht in die Schadensregulierung einfließen.
Die Folge: Der Kläger erhielt eine volle Entschädigung auf Basis des Neupreises – ohne Abzug des Umweltbonus. Damit wurde er zwar besser gestellt, als es seiner realen Vermögenslage entsprochen hätte, weil er durch die Förderung bereits beim Kauf entlastet worden war und nun nochmals auf Basis des vollen Kaufpreises entschädigt wurde. Doch das Gericht betonte ausdrücklich, dass dies rechtlich zulässig sei. Im Versicherungsvertragsrecht existiere kein allgemeines Bereicherungsverbot, das über vertragliche Zusagen hinwegwirke. Maßgeblich sei allein das Leistungsversprechen in der Police – und diese habe in diesem Fall keine Anrechnung des Umweltbonus vorgesehen. Der Versicherer habe es in der Hand, solche Anrechnungsmechanismen in künftige Bedingungen aufzunehmen – im verhandelten Fall jedoch sei er an sein eigenes Vertragswerk gebunden.
Diese Entscheidung bringt mehrere Grundsatzfragen auf den Punkt, die weit über den Einzelfall hinausreichen. Erstens wird die versicherungsrechtliche Gleichstellung geleaster Komponenten mit eigenem Eigentum unterstrichen – ein Aspekt, der bei zunehmender Leasingpraxis für Batterien und Softwarekomponenten im Bereich der Elektromobilität von wachsender Bedeutung ist. Zweitens konkretisiert das Urteil die Anwendung pauschaler Altersabschläge bei nicht mehr reparierbaren, aber verschleißanfälligen Hochvoltteilen – ein Bereich, in dem die Schadensbewertung bislang uneinheitlich war. Drittens zieht das OLG Hamm eine klare Linie zwischen staatlichen Förderungen und privatwirtschaftlichen Nachlässen – eine Differenzierung, die nicht nur für die Versicherungswirtschaft, sondern auch für das Zusammenspiel von Mobilitätswende und staatlicher Steuerungslogik relevante Folgen haben kann.
Der Fall zeigt zugleich, wie die rechtliche Realität der Mobilitätswende der versicherungsvertraglichen Praxis teilweise voraus ist. Während Förderprogramme, Leasingmodelle und technische Innovationen längst Alltag auf den Straßen sind, hinkt die Ausgestaltung vieler Versicherungsbedingungen diesen Entwicklungen hinterher. Die Entscheidung des OLG Hamm markiert daher auch eine Mahnung an die Branche: Künftige Policen müssen präziser auf die Herausforderungen digitalisierter, vernetzter und staatlich flankierter Mobilität eingehen – sei es in der Definition von mitversicherten Teilen, der Bewertung von Alterungseinflüssen oder der Einbeziehung staatlicher Fördermechanismen.
Gleichzeitig stärkt das Urteil die Position von Versicherungsnehmern, die sich auf die klaren Versprechen in ihrer Police verlassen wollen – auch in komplexen Konstellationen wie dem Leasing eines Hochvoltakkus. Es bestätigt, dass ein Vertrag genau das ist, was er sagt – nicht mehr und nicht weniger. Versicherer, die auf flexible Auslegung hoffen oder die neuen Mobilitätsrealitäten nicht mitdenken, laufen künftig Gefahr, von ihrer eigenen Sprache eingeholt zu werden. Für die Rechtspraxis bedeutet dies: Der Wandel zur E-Mobilität ist nicht nur eine Frage der Technik, sondern auch eine Herausforderung für Vertragsgestaltung, Produktentwicklung und Regulierungsintelligenz.
Für E-Auto-Fahrer, die sich mit dem Gedanken an eine Kaskoversicherung tragen, setzt das Urteil neue Anreize zur genauen Vertragsprüfung. Insbesondere Leasingnehmer sollten darauf achten, dass ihre Policen den Schutz auch auf gemietete Komponenten ausweiten – und klarstellen, ob und wie Altersabzüge bei Zerstörung vorgesehen sind. Für die Versicherungsbranche wiederum ergibt sich daraus ein konkreter Handlungsauftrag: Sie muss die Vertragslandschaft weiterentwickeln, transparente und innovationsoffene Tarife schaffen und zugleich ihre Produkte so formulieren, dass juristische Auseinandersetzungen wie im Fall Hamm zur Ausnahme, nicht zur Regel werden.
Der Fall endet mit einem klaren Signal: Versicherungsrecht im Zeitalter der E-Mobilität verlangt mehr als klassische Schadensregulierung – es braucht ein Bewusstsein für technologische Besonderheiten, rechtliche Schnittstellen und wirtschaftliche Wechselwirkungen. Das OLG Hamm hat mit seinem Urteil einen präzisen Baustein für diese neue Rechtswirklichkeit geliefert – und zugleich deutlich gemacht, dass das Recht, wenn es gut geschrieben ist, der Technik nicht hinterherlaufen muss, sondern ihr vorausdenken kann.
Von Engin Günder, Fachjournalist
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