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  • 19.06.2025 – Reisedurchfall unterschätzt, Multiresistenzen verdrängt, Reizdarmsyndrom verharmlost
    19.06.2025 – Reisedurchfall unterschätzt, Multiresistenzen verdrängt, Reizdarmsyndrom verharmlost
    GESUNDHEIT | Medienspiegel & Presse | Reisedurchfall betrifft Millionen Urlauber – mit akuten Symptomen, aber auch mit Spätfolgen wie Reizdarm und ESBL-Besiedlung. Was di...

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ApoRisk® Nachrichten - GESUNDHEIT:


GESUNDHEIT | Medienspiegel & Presse |

Reisedurchfall unterschätzt, Multiresistenzen verdrängt, Reizdarmsyndrom verharmlost

 

Wie Infektionen im Urlaub den Körper langfristig verändern, warum Antibiotika zur Einzeldosis werden und Hygiene kein Luxus sein darf

Wer den Urlaub im Ausland verbringt, rechnet oft mit Sonne, Kultur und Entspannung – aber selten mit einem gesundheitlichen Risiko, das über die Rückreise hinaus nachwirkt: Reisedurchfall betrifft rund ein Drittel aller Fernreisenden, doch die Folgen bleiben vielfach unerkannt oder werden bagatellisiert. Die Wahrscheinlichkeit, im Zuge einer Magen-Darm-Infektion ein Reizdarmsyndrom zu entwickeln, ist deutlich höher als bisher angenommen, insbesondere bei Infektionen mit Parasiten wie Giardia lamblia. Gleichzeitig steigt die Wahrscheinlichkeit, resistente Keime wie ESBL-produzierende Erreger im Gepäck nach Hause zu bringen – oft ohne Symptome, aber mit erheblichem Risiko für Dritte. Während Impfstoffe gegen die Hauptverursacher wie ETEC, Noroviren oder Shigellen noch unzureichend wirksam sind, lässt sich durch konsequente Hygienemaßnahmen, gezielte Probiotika-Einnahme und eine auf Einzeldosen reduzierte Antibiotikatherapie das Risiko deutlich senken. Apotheken und medizinische Beratungsstellen müssen ihre Rolle bei der Prävention neu definieren: Der Reisebeginn ist nicht das Abheben vom Flughafen, sondern der Moment, in dem Gesundheitskompetenz greift.


Reisedurchfall gehört für viele Urlauber fast schon zur Routine, wird aber gesundheitspolitisch und medizinisch nach wie vor unterschätzt. Dabei zeigen Daten aus internationalen Studien und neuen Metaanalysen, dass sich nicht nur akute Beschwerden häufen, sondern auch Spätfolgen wie das Reizdarmsyndrom häufiger auftreten, als bislang angenommen. Professor Dr. Robert Steffen vom Zentrum für Reisemedizin in Zürich wies beim Forum für Reisen und Gesundheit in Düsseldorf eindringlich auf die unterschätzten Langzeitrisiken hin. Die Inzidenz von Reisedurchfällen liege nach Auswertung der letzten verfügbaren Daten bei bis zu 56 Prozent – im Schnitt erkrankt jeder Dritte, wobei acht Prozent eine moderate und drei Prozent eine schwere Form erleben. Gleichzeitig gebe es seit 2017 kaum aktuelle Erhebungen, sodass die Dunkelziffer wahrscheinlich noch höher ist. Besonders problematisch sei die Verbindung von Durchfallerkrankungen mit postinfektiösen Folgeerkrankungen: In einer niederländischen Langzeitstudie entwickelten 12 Prozent der Betroffenen ein Reizdarmsyndrom, das in 80 Prozent der Fälle über ein Jahr persistierte. Selbst unter den Reisenden ohne akuten Durchfall trat in 3,5 Prozent der Fälle ein Reizdarmsyndrom auf – ein klarer Hinweis auf unterschwellige oder nicht erkannte Infektionen.

Die Risikostruktur ist komplex. So erhöhen bestimmte Reiseformen – etwa Rucksackreisen oder Individualaufenthalte in Ländern mit geringem Hygienestandard – das Infektionsrisiko erheblich. Auch persönliche Faktoren spielen eine Rolle: Menschen mit allergischem Asthma, psychiatrischer Medikation oder unter einer Therapie mit Protonenpumpeninhibitoren haben ein erhöhtes Risiko, ebenso wie Personen mit höherem BMI. Umgekehrt scheint ein Alter über 35 Jahren sowie der Aufenthalt bei Verwandten im Reiseland schützend zu wirken – Letzteres vermutlich aufgrund eines vertrauteren Mikrobioms. Ein weiteres Risiko, das lange als Begleiterscheinung abgetan wurde, rückt zunehmend in den Fokus: die Besiedlung mit multiresistenten Keimen, vor allem mit Extended Spectrum Beta-Lactamase-produzierenden Enterobacteriaceae (ESBL-PE). In Regionen wie Südasien kann bereits ein kurzer Aufenthalt ausreichen, um sich mit multiresistenten Erregern zu infizieren. Nach Indienreisen wurden bei bis zu 93 Prozent der Rückkehrenden ESBL-PE nachgewiesen. Gefährlich wird das nicht nur wegen potenzieller Krankheitsverläufe, sondern auch wegen möglicher Übertragungen im häuslichen Umfeld. Besonders betroffen sind Frauen, bei denen ESBL-PE-Infektionen vermehrt Zystitiden hervorrufen.

Auch das Erregerspektrum ist komplexer, als vielfach angenommen: In über 60 Prozent der dokumentierten Fälle handelt es sich nicht um Monoinfektionen, sondern um Mischinfektionen. Während enterotoxische E. coli (ETEC) weltweit dominant sind und bis zu 82 Prozent ausmachen, rücken zunehmend auch andere Erreger in den Vordergrund – etwa enteropathogene und enteroaggregative E. coli (EPEC, EAEC), Shigellen, Campylobacter und Noroviren. Bei den Parasiten steht Giardia lamblia im Zentrum, besonders in Südasien und Subsahara-Afrika. Dieser einzellige Parasit weist zugleich die höchste Korrelation mit einem postinfektiösen Reizdarmsyndrom auf. Laut Steffen belegt eine Metaanalyse aus dem Jahr 2017, dass Giardia-Infektionen diesbezüglich weitaus gefährlicher sind als bakterielle oder virale Erreger.

Die Diagnostik ist durch die Verbreitung der PCR zwar präziser, bleibt in der Praxis jedoch selten indiziert. Nur bei schweren oder anhaltenden Verläufen ist eine differenzierte Erregerdiagnostik tatsächlich notwendig. In den meisten Fällen zählt die Prävention. Und hier liegt ein strukturelles Problem: Obwohl einfache Hygieneregeln – wie »cook it, peel it or leave it«, das Meiden von Leitungswasser und Eiswürfeln oder regelmäßiges Händewaschen – seit Jahrzehnten bekannt sind, werden sie oft ignoriert. Steffen warnte zudem vor dem Verzehr von Street Food, dem Besuch von Massenveranstaltungen und engen Tierkontakten – allesamt Faktoren, die sowohl das Infektions- als auch das Multiresistenzrisiko erhöhen. Auch die Mitnahme von Probiotika könne – je nach Stamm – einen gewissen Schutz bieten. Studien zeigen begrenzte, aber signifikante Effekte für Lactobacillus acidophilus, L. rhamnosus, L. fermentum sowie Saccharomyces boulardii und S. cerevisiae. Impfstoffe, etwa gegen ETEC oder Noroviren, befinden sich zwar in Entwicklung, erzielten in bisherigen Studien aber keine überzeugenden Ergebnisse. Ein Norovirus-Impfstoff von Vaxart etwa reduzierte Infektionen nur um 30 Prozent, ohne einen Einfluss auf die Anzahl schwerer Gastroenteritiden zu haben. Auch ETVAX von Scandinavian Biopharma konnte die Zielvorgabe von 70 Prozent Schutz nicht erreichen.

Für die Praxis bleibt die Prophylaxe entscheidend. Rehydratation ist das Mittel der ersten Wahl. ORS-Lösungen aus der Apotheke sind vorzuziehen, können aber zur Not durch hausgemischte Zucker-Salz-Lösungen ersetzt werden. Leichte Diät, Flüssigkeitszufuhr und ggf. kurzfristige Gabe von Loperamid stehen am Beginn jeder Akutstrategie. In mittelschweren bis schweren Fällen sei eine antibiotische Einmaltherapie mit Azithromycin, Rifaximin oder Levofloxacin sinnvoll – in Kombination mit Loperamid. So könne das Risiko einer Chronifizierung gesenkt und gleichzeitig das Resistenzrisiko reduziert werden. Eine längerdauernde Antibiotikagabe sei hingegen kritisch, da sie das Mikrobiom schädige und die Verbreitung resistenter Gene begünstige. Besonders bei Frauen, Veganern und Vegetariern sei eine erhöhte Anfälligkeit für das Reizdarmsyndrom nachgewiesen, was zusätzliche Aufklärung und Vorsorge erforderlich mache.

Die Risiken beginnen nicht erst im Urlaubsort, sondern mit der Reiseplanung. Zu selten werden Impfstatus, individuelle Vorerkrankungen, Medikamentenprofile oder Ernährungsmuster in die Prävention integriert. Das Thema Reisedurchfall ist kein Bagatellthema, sondern ein komplexes Syndrom aus Infektionsrisiken, psychosomatischen Langzeitfolgen und zunehmender antibiotischer Fragilität. Für Apotheken, Hausärzte und Tropenmediziner bedeutet das eine neue Verantwortung: nicht nur auf Durchfalltabletten zu verweisen, sondern eine differenzierte, mikrobiomfreundliche Präventionsberatung zu etablieren. Denn hinter dem banalen »Durchfall im Urlaub« verbirgt sich oft ein Langzeitproblem, das mit jedem Tag weitergetragen wird – in den Körper, ins System, in die Gesellschaft.

Von Engin Günder, Fachjournalist

 

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