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APOTHEKE | Medienspiegel & Presse |
Während Pfingsten traditionell für geistige Erneuerung steht, zeigt sich 2025 eine ernüchternde Leere im politischen Raum: Keine Entlastung für Apotheken, kein Signal für Soforthilfe, kein politischer Wille zur Kurskorrektur – stattdessen Stille, Symbolpolitik und ein gefährlich wachsender Vertrauensverlust aufseiten der Heilberufler. Diese Zeit des strukturellen Abwartens fördert die Flucht in GmbH-Modelle, die mittelfristig das Fremdbesitzverbot unterminieren und Versorgungssouveränität gefährden. Parallel dazu zeigen die jüngsten Hochwasserschäden, wie elementare Risiken unterschätzt und infrastrukturelle Schwächen systemisch ignoriert werden – und wie dringend apothekenspezifische Versicherungslösungen mit regulatorischem Rückhalt nötig wären. Derweil gibt es auch positive Signale: Videosprechstunden im kinderärztlichen Bereitschaftsdienst zeigen, wie digitale Versorgung praxisnah entlastet, und innovative Serviceideen aus Apotheken erweitern die Rolle des Berufsbildes strategisch. Gleichzeitig bleibt die Pandemie-Aufarbeitung politisch umkämpft – Jens Spahn verteidigt Maskenentscheidungen, während Sonderberichte Widersprüche aufzeigen. Und während Grüne und SPD an Präventionsstrategien und GKV-Finanzen rütteln, zeigt sich ein deutlicher Wandel: Der Ruf nach strukturellem Mut, wirtschaftlicher Klarheit und gesundheitspolitischem Realismus wird lauter – von Apotheken, Versicherten und der Gesellschaft insgesamt.
Politik spielt auf Zeit, Apotheken verlieren Vertrauen, GmbH-Modelle locken ins Abseits
Pfingsten bringt keine Wende, der Ruf nach Soforthilfe bleibt ungehört, das Fremdbesitzrisiko wächst mit jedem verlorenen Monat
Pfingsten 2025 – und die Erleuchtung bleibt aus. Während Gläubige in Kirchen an das Kommen des Heiligen Geistes erinnert werden, betet die Apothekerschaft weiter um eine politische Einsicht, die nicht eintreten will. Statt Soforthilfe, statt Retterwille, statt Entlastung – nur Schweigen, Gipfelrhetorik und ein strukturelles Wegducken. Die Apotheken in Deutschland stehen am Kipppunkt, viele haben ihn längst überschritten. Die Betriebswirtschaft drückt, das Personal fehlt, die Perspektive schwindet. Und die Politik? Sendet Botschaften auf Zeit.
Was 2024 noch als wirtschaftliche Ausnahmelage galt, ist 2025 zum Alltag verkommen. Schließungen, Abmeldungen, Verkaufsgesuche: Die Lage ist nicht mehr dramatisch – sie ist real. Die Berufsgruppe hat begriffen, dass aus Berlin keine Rettung mehr kommt, sondern höchstens Beruhigung. Dass keine kraftvolle, direkte Soforthilfe ansteht, obwohl die Zahlen, Berichte und Mahnungen auf dem Tisch liegen. Dass die angekündigten Reformen für 2026 für viele einfach zu spät kommen – weil ihre Apotheke 2025 schon nicht mehr existiert.
In dieser Stimmungslage, zwischen Wut, Resignation und Systemrettung in Eigenregie, rückt ein gefährlicher Trend in den Vordergrund: die Gründung von Apotheken-GmbHs als Fluchtpunkt der Selbstrettung. Was betriebswirtschaftlich verständlich scheint – Risikobegrenzung, Verlustkompensation, Strukturflexibilität – birgt ordnungspolitisch Sprengstoff. Denn die GmbH als Trägermodell bedeutet zwangsläufig eine Entkopplung von Inhaberschaft und Verantwortung. Und öffnet so mittelfristig Tür und Tor für Fremdinteressen.
Die ABDA warnt davor, Kammern zeigen sich kritisch, doch die betroffenen Apotheker winken ab: Wer keine Aussicht auf Hilfe hat, rettet sich, wie er kann. Dass dabei die Systematik des Mehrbesitzverbots, die Unabhängigkeit der Versorgung und das Konstrukt der freiberuflichen Verantwortung langsam ausgehöhlt werden – das wird in Kauf genommen, weil die Not größer ist als die Sorge vor langfristigen Folgen.
Diese Entwicklung passiert nicht im luftleeren Raum. Im Gegenteil: Die Politik fördert sie durch Unterlassung. Die Signale aus dem Bundesgesundheitsministerium unter Nina Warken sind – freundlich formuliert – widersprüchlich. Einerseits wird das Apothekensterben anerkannt, andererseits keine einzige akute Maßnahme getroffen. Weder wurde das Fixum substanziell erhöht noch ein Soforthilfefonds eingerichtet. Stattdessen ruht die Hoffnung auf einer Strukturreform, deren Details so vage sind, dass sie eher ein Beruhigungsmittel als ein konkretes Rettungspaket darstellen.
Die ABDA ihrerseits hat sich in dieser Gemengelage auf Vermittlung verlegt. Der Tag der Apotheke war gut gemeint, der Apotheken-Gipfel ein PR-Instrument, das Zukunftspapier ein Strategieentwurf ohne Durchschlagskraft. Die Basis sieht sich im Stich gelassen. Viele Apothekerinnen und Apotheker empfinden die Kommunikation aus Berlin – sowohl politisch als auch standesintern – als realitätsfern. Der Kontrast zwischen öffentlicher Rhetorik und betrieblichem Alltag wird zum Frustrationsmotor.
Dabei lägen die Maßnahmen auf der Hand: Ein Liquiditätszuschuss in Form eines einmaligen Betriebskostenzuschlags. Ein unbürokratischer Ausgleichsfonds für Betriebsaufgaben im ländlichen Raum. Eine Stabilisierungsprämie für Notdienst-Apotheken. Ein gedeckelter Beitrag für die Betriebshaftpflicht. Und eine gesetzlich abgesicherte Rückführung von Krankenkassenabschlägen im Insolvenzfall. Doch keine dieser Initiativen wurde umgesetzt. Stattdessen werden Apotheken auf langfristige Systemveränderung vertröstet, während ihre Liquidität wöchentlich schwindet.
Besonders problematisch ist, dass der aktuelle Strukturwandel juristisch unter dem Radar verläuft. Immer mehr Apotheken gründen GmbHs mit investorenähnlicher Struktur, ohne dass die Kammern die Mittel oder den politischen Rückhalt haben, dies effektiv zu unterbinden. Der Fremd- und Mehrbesitz wird dabei nicht offen legalisiert, sondern durch betriebliche Not, steuerliche Modelle und rechtliche Grauzonen faktisch ermöglicht. Was früher undenkbar schien – die faktische Entkoppelung von Versorgung und beruflicher Eigenverantwortung – ist heute Realität in Gründungsgesellschaften mit stillen Teilhabern, Holding-Konstruktionen und gestückelten Beteiligungen.
Fachjuristen sprechen intern bereits von einem „kalten Strukturbruch“, einer Umwandlung des Apothekenwesens durch unterlassene Regulierung. Denn der eigentliche Bruch mit dem Apothekensystem erfolgt nicht mehr durch Gesetzesnovellen, sondern durch die ökonomische Realität. Wer keine Hilfe bekommt, verlässt die Ordnung, der er verpflichtet war. Nicht weil er will, sondern weil er muss. Das ist kein Systemversagen – das ist Systemverweigerung durch Überforderung.
Und genau darin liegt der politische Skandal: Die Regierung schaut dabei zu – oder schlimmer noch – sie kalkuliert es ein. Je mehr Apotheken in GmbH-Strukturen übergehen, desto leichter wird es, langfristig neue Besitzmodelle zu legitimieren. Die Transformation wird dann nicht als Gesetzesbruch, sondern als „notwendige Antwort auf wirtschaftliche Realität“ verkauft. Dass damit ein freiberufliches, regional verankertes Versorgungssystem dem Zugriff von Plattformen, Ketten und Kapitalgesellschaften geöffnet wird, scheint keine Rolle mehr zu spielen.
Der Apothekenmarkt ist zum Experimentierfeld geworden. Während in Rom am Pfingstsonntag der neue Papst Leo XIV. gewählt wurde, wartet der Apothekenmarkt weiter auf seine „Erleuchtung“ in Berlin. Doch auch diese wird wohl ausbleiben – weil längst nicht mehr die Frage ist, ob die Politik eingreift, sondern wie lange sie den Rückzug aus der Verantwortung noch durchhält.
Im Schatten dieser Strategie formieren sich neue Allianzen: Zusammenschlüsse kleinerer Apotheken, stille Kooperationsnetzwerke, strategische Verkaufspläne an gesundheitspolitisch fragwürdige Investoren. Manche sehen darin Anpassung, andere Resignation, manche eine betriebswirtschaftliche Flucht, andere den Auftakt zur Fremdsteuerung.
Sicher ist nur: Wer heute nicht handelt, verliert morgen die Wahlfreiheit. Nicht nur als Berufsträger, sondern als Gesellschaft. Denn was mit betriebswirtschaftlichem Frust beginnt, endet mit einem Versorgungsmodell, das nicht mehr den Patient schützt, sondern nur noch den Profit. Und wer glaubt, das sei übertrieben, der möge sich den Zustand der ärztlichen Versorgungslandschaft ansehen, in der MVZs, Holdings und Plattformen den Takt vorgeben – auf Kosten der regionalen Verantwortung, der persönlichen Beratung und der medizinischen Unabhängigkeit.
Pfingsten 2025 ist kein Wendepunkt, sondern ein Weckruf, der im politischen Berlin verhallt. Und genau das macht ihn gefährlich.
Hochwasser trifft Infrastruktur, Apotheken brauchen Resilienz, Versicherer warnen vor Lücken
Wie steigende Elementarrisiken die Apothekenexistenz gefährden, welche Policen wirklich schützen und warum Betriebssicherheit jetzt Versicherungssache ist
Hochwasserereignisse galten in vielen Regionen Deutschlands lange als beherrschbar – ein kalkulierbares Risiko mit regionalem Einschlag. Doch die Statistik straft diese Illusion inzwischen Lügen: Laut Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) haben sich die Schäden durch Hochwasser und Starkregen seit dem letzten Jahrzehnt mehr als verdoppelt. Und längst sind nicht nur Flussniederungen betroffen, sondern zunehmend urbane Räume mit versiegelten Flächen, überforderten Entwässerungssystemen und exponierten Lagen. Apotheken, die zentral, ebenerdig oder in älteren Bauten liegen, geraten damit in den direkten Fokus eines Risikos, das strukturell unterschätzt und versicherungstechnisch oft vernachlässigt wurde. Entscheidend ist deshalb nicht die Frage, ob eine Apotheke betroffen sein kann – sondern wann und mit welchen Folgen.
Das betriebliche Risiko ergibt sich aus der Kombination aus zerstörter Einrichtung, Medikamentenverlust durch Wassereintritt oder Stromausfall, Ausfallzeiten durch Sanierung und vor allem: dem potenziellen Verlust der Apothekenbetriebserlaubnis, wenn hygienische oder bauliche Standards dauerhaft beeinträchtigt sind. Die Elementarschadenversicherung bietet hier nicht nur Rückendeckung für Mobiliar und Warenbestand, sondern schützt – richtig konzipiert – vor Totalschadenfolgen bis hin zur Existenzbedrohung. Doch gerade in der Praxis zeigt sich: Zu viele Apotheken sind nur unvollständig oder gar nicht gegen Naturgefahren abgesichert. Das liegt an fehlender Risikoeinschätzung, aber auch an veralteten Policen ohne dynamische Anpassung an aktuelle Klimarisiken.
ApoRisk berichtet aus der Beratungspraxis, dass viele Apotheken über Jahrzehnte hinweg auf Standardpakete gesetzt haben, ohne die Erweiterung um Elementarschäden aktiv zu prüfen. Dabei ist das Modul für Hochwasser, Starkregen, Erdfall oder Schneedruck keine automatische Vertragskomponente, sondern ein optionaler Zusatzbaustein – und damit im Zweifel nicht Bestandteil des Versicherungsschutzes. Gleichzeitig steigen die Eintrittswahrscheinlichkeiten durch meteorologische Extremereignisse rapide. Die Zunahme an Starkregenereignissen in urbanen Gebieten hat laut Deutschem Wetterdienst innerhalb von 15 Jahren um mehr als 25 % zugelegt. Die Reaktion der Versicherer folgt prompt: Während früher nahezu alle Objekte problemlos versicherbar waren, gibt es inzwischen Ausschlüsse, Selbstbeteiligungsgrenzen oder Präventionsauflagen, insbesondere in Risikogebieten. Apothekeninhaber, die heute keinen Schutz mehr erhalten oder nur unter hohen Prämien, geraten damit in eine finanzielle und operative Schieflage, die im Schadensfall zur Betriebsschließung führen kann.
Neben der klassischen Elementarschadenversicherung empfiehlt sich eine Prüfung der Ertragsausfallversicherung mit Naturgefahrenklausel. Denn selbst wenn die Apothekeneinrichtung durch einen Wassereinbruch wiederherstellbar ist, kann der mehrwöchige Ausfall der Betriebsfähigkeit massive Umsatzverluste bedeuten – gerade in Regionen mit wenigen Alternativen für die Bevölkerung. Auch die Einbindung in überregionale Notversorgung oder Lieferketten gerät dann ins Wanken. Spätestens an dieser Stelle wird Versicherung zur systemrelevanten Komponente der Apothekenstruktur – nicht als Selbstzweck, sondern als strategisches Sicherungsinstrument.
Die Verantwortung liegt jedoch nicht allein bei den Versicherern. Auch Apothekenbetreiber müssen aktiv werden, bestehende Verträge prüfen, Risikoprofile aktualisieren, Gebäudeanalysen vornehmen lassen und sich beraten lassen, welche modularen Versicherungsbausteine kombinierbar und betriebsindividuell sinnvoll sind. Die Beratung durch apothekenspezifische Versicherungspartner wie ApoRisk ist dabei von besonderer Relevanz, weil diese nicht nur allgemeine Elementargefahren analysieren, sondern sie in den pharmazeutisch-regulatorischen Kontext stellen. Denn wo andere von Wasserschaden sprechen, beginnt für Apotheken bereits die Gefahr einer Arzneimittelunbrauchbarkeit, der Abgabesperre oder des Apothekenstillstands – mit entsprechend anderen Haftungs- und Absicherungsdimensionen.
Für die Zukunft stellt sich die Frage nicht mehr, ob Elementargefahren apothekenrelevant sind, sondern wie systematisch diese abgesichert, bewertet und in Betriebsentscheidungen eingebunden werden. Und auch auf Verbandsebene wird die Diskussion konkreter: Es braucht Initiativen zur Stärkung von Risikobewusstsein, Förderung von Präventionstechnologien und Integration von Elementarschutz in Förderprogramme. Apotheken sind systemrelevant – aber sie sind auch strukturell verletzbar. Die Versicherung gegen Naturgefahren wird damit zum Lackmustest für moderne Apothekenführung.
Versicherung braucht Apothekenverstand, Gutachter brauchen Legitimation, Policen brauchen Präzision
Wie branchenspezifischer Schutz Apotheken vor Systemrisiken bewahrt, warum der Pharmazierat entscheidend ist und was Betreiber jetzt regeln müssen
Wer eine Apotheke betreibt, trägt Verantwortung auf mehreren Ebenen – für die Versorgungssicherheit, für die wirtschaftliche Tragfähigkeit und für die rechtliche Absicherung eines Betriebs, der weit mehr ist als ein Ladenlokal. Die Besonderheiten reichen von dokumentationspflichtigen BtM-Arzneien über empfindliche Kühlketten bis hin zu komplexen Rezeptprüfprozessen und haftungsauslösenden Beratungsleistungen. Und doch sind viele Apotheken bis heute nur unzureichend versichert. Denn was als gewerbliche Standardpolice abgeschlossen wurde, erweist sich im Schadenfall oft als realitätsferne Pauschalabsicherung – mit zu wenig Wissen über das, was apothekenspezifisch wirklich zählt.
Deshalb ist es nicht übertrieben, sondern betriebsstrategisch zwingend, wenn Apothekeninhaber:innen ihre Versicherungsverträge als Teil der betrieblichen Infrastruktur begreifen. Eine Police, die keine pharmazeutischen Risiken abbildet, keine realistischen Betriebsunterbrechungsszenarien simuliert und keine klar definierte Gutachterinstanz benennt, schützt nicht, sondern gefährdet. Umso dringlicher stellt sich die Frage: Wer darf im Schadenfall bewerten, wie hoch ein Verlust tatsächlich ist – und welche Perspektive dominiert dann? Ist es der Gebäudeschätzer mit Blick auf Estrich und Fensterrahmen oder der Pharmazierat, der weiß, was ein Kältetod für ein Lager mit Biologika bedeutet?
Gerade weil Versicherer aus Eigenlogik heraus oft externe, nicht apothekenaffine Gutachter einsetzen, ist die vertragliche Fixierung der Gutachterrolle so zentral. Nur wenn von Beginn an eindeutig geregelt ist, dass der Pharmazierat oder ein pharmazeutisch bestellter Sachverständiger den Schaden beurteilt, lässt sich verhindern, dass elementare Betriebsrisiken falsch eingeordnet oder – schlimmer – gar nicht berücksichtigt werden. Ein Kühlkettenausfall beispielsweise, der zwar technisch dokumentiert ist, aber ohne pharmazeutisches Verständnis bewertet wird, kann zu unvollständigen Schadenmeldungen, Ablehnungen und sekundären Kosten führen.
Zudem haben sich in der Praxis immer wieder Situationen ergeben, in denen gerade die Nichtanerkennung pharmazeutischer Expertise zum Streitpunkt wurde. Nicht selten fühlen sich Apothekenbetreiber im Schadenfall wie Bittsteller in eigener Sache – obwohl sie Pflichten erfüllt und Beiträge geleistet haben. Eine branchenspezifische Police muss dem präventiv begegnen: durch exakte Definition der Deckungsbereiche, durch die exklusive Festschreibung fachlich qualifizierter Gutachter und durch die nachvollziehbare Simulation realistischer Schadensszenarien inklusive Versorgungs- und Betriebsunterbrechungsausfall.
Hinzu kommt ein zunehmend komplexer werdendes Risikoprofil durch Digitalisierung, regulatorische Dichte und neue Geschäftsmodelle: Botendienste mit Arzneimitteltransport, Telepharmazie, Rezeptscanner, E-Rezept-Infrastruktur, Kühlschranksensorik – all das erweitert das Schadenspotenzial erheblich, während viele Policen noch im Vokabular der Vor-AVWG-Zeit formuliert sind. Gerade bei apothekenrelevanten Schäden, die sich nicht über einfache Sachwerte abbilden lassen – etwa Rezeptverlust, Datenschutzpannen oder beratungsinduzierte Folgeschäden – braucht es mehr als eine abstrakte Haftungsziffer. Es braucht eine Versicherung, die den Betrieb verstanden hat.
Die Priorität einer branchenspezifischen Versicherung ist deshalb nicht zweitrangig, sondern grundlegend. Sie entscheidet darüber, ob eine Apothekenleitung nach einem Schaden weiterarbeiten kann, ob ein Regress abgewehrt werden kann, ob Liquidität erhalten bleibt, ob Versicherungsleistungen greifen oder blockiert werden. Wer sich auf allgemeine Versicherungslösungen verlässt, riskiert daher im Ernstfall eine doppelte Krise: die existenzielle durch den Schaden – und die regulatorisch-finanzielle durch mangelnde Vertragstauglichkeit.
Ein durchdachter Schutz beginnt bei der Analyse: Welche Risiken betreffen meinen konkreten Betrieb? Wie ist meine Lagerstruktur? Welche Rezeptarten bearbeite ich? Wie hoch ist meine BtM-Quote? Welche Transportwege nutze ich? Habe ich Laborräume, Inhalationskammern, Impfbereiche, digitale Rezeptscanner, eine Backoffice-Apothekenlogik mit mehreren Standorten? Und wer ist mein Ansprechpartner im Fall einer Regulierung – ein Callcenter oder ein apothekenerfahrener Sachbearbeiter mit pharmazeutischem Backing?
Diese Fragen sind keine juristische Kür, sondern betriebswirtschaftliche Pflicht. Apotheken, die darauf verzichten, sich mit ihrer Versicherung substanziell auseinanderzusetzen, geben einen zentralen Teil ihrer Resilienz aus der Hand. Versicherungsverträge sind keine Verwaltungsmaterie, sondern versorgungsstrategisches Kapital – vorausgesetzt, sie wurden apothekengerecht gestaltet. Und genau deshalb ist der Pharmazierat nicht nur ein „wünschenswerter Beistand“, sondern vertraglich abzusichernde Schlüsselperson im Moment der Entscheidung.
Ergebnis springt nach oben, Kritik bleibt zurück, Jammer-Mythen brechen auf
Wie Apotheken 2024 ihre Gewinne steigerten, was Durchschnittswerte verschleiern und warum nicht jede Klage berechtigt ist
Die wirtschaftliche Situation der Apotheken hat sich im Jahr 2024 – anders als in den Vorjahren – spürbar stabilisiert. Inmitten von Lieferengpässen, Fachkräftemangel, Bürokratie und digitaler Überforderung ist dies eine Entwicklung, die viele überrascht. Doch die Zahlen lassen keinen Interpretationsspielraum: Mit einem Betriebsergebnis-Plus von 16 Prozent im Westen und knapp 10 Prozent im Osten konnten viele Apotheken die inflationsbedingt gestiegenen Umsatzerlöse nicht nur absichern, sondern auch rentabel umsetzen. Besonders auffällig ist dabei, dass dieser Zuwachs nicht aus Sondereffekten oder politischer Sonderunterstützung resultierte, sondern aus unternehmerischer Leistung, gezielter Strategieanpassung und betriebswirtschaftlichem Geschick.
Wer sich die Struktur anschaut, erkennt: Der Trend zur Ergebnisverbesserung ist breit getragen, aber regional wie betrieblich unterschiedlich ausgeprägt. Während großstädtische Apotheken mit höherem OTC-Anteil, mehr Laufkundschaft und besserer Personalausstattung profitieren konnten, zeigen sich auf dem Land andere Bilder. Die klassische Landapotheke, oft inhaberzentriert und mit geringer Filialstruktur, bleibt durch Personalengpässe, Versorgungsdruck und eingeschränkte Wachstumsmöglichkeiten wirtschaftlich fragiler. Die pauschale Rede von der „notleidenden Apotheke“ wird diesen Unterschieden nicht mehr gerecht – und verliert durch die solide Datenlage an Legitimation.
Genau das ist der neuralgische Punkt: Die Ergebnisse von 2024 entziehen den allgemeinen Klagegesängen, die seit Jahren von Teilen der Branche gepflegt werden, ihre Grundlage. Zwar bleibt die Zahl der Apothekenschließungen auch 2024 besorgniserregend – insbesondere, wenn Nachfolgeregelungen ausbleiben oder wirtschaftlicher Atem fehlt. Doch die aktuelle Betriebsergebnisentwicklung zeigt, dass wirtschaftlicher Erfolg in Apotheken möglich ist – und zwar unter heutigen Bedingungen. Damit verändert sich auch die politische Angriffsfläche. Wer weiterhin auf das kollektive Notstandsbild setzt, riskiert, dass die Branche als undifferenziert wahrgenommen wird – und die wirklich unterstützungsbedürftigen Betriebe im politischen Diskurs unsichtbar werden.
Auffällig ist, dass die stärksten Ergebniszuwächse dort erzielt wurden, wo aktive betriebswirtschaftliche Steuerung auf eine hohe Flexibilität im Alltag trifft. Inhaberinnen und Inhaber, die ihre Lagerstruktur optimierten, Einkaufskonditionen verbesserten, das Personal entlasteten, pharmazeutische Dienstleistungen aktiv anboten und Zusatzverkäufe systematisch stärkten, konnten die Chancen besser nutzen. Hinzu kam der Ausbau digitaler Prozesse, etwa bei Bestellungen, Abrechnung oder interner Kommunikation. Der vermeintliche Gegensatz zwischen „Ökonomie“ und „Versorgung“ erwies sich in diesen Betrieben als überholt – wirtschaftliche Stärke wurde hier zur Voraussetzung für nachhaltige Versorgungsleistung.
Diese Entwicklung stellt auch die ABDA und ihre Mitgliedsorganisationen vor eine strategische Herausforderung. Die seit Jahren praktizierte Kommunikation, die alle Apotheken als einheitlich gefährdet darstellt, muss angesichts der neuen Datenlage angepasst werden. Politische Glaubwürdigkeit entsteht nur durch Differenzierung. Wenn gleichzeitig gute Ergebnisse erzielt und strukturelle Hilfen gefordert werden, wirkt das widersprüchlich – selbst wenn beides berechtigt sein mag. Eine zukunftsorientierte Interessenvertretung wird nicht umhinkommen, zwischen Apotheken mit solider Ertragslage und solchen in Schieflage klar zu unterscheiden. Nur so kann gezielte politische Unterstützung formuliert werden, ohne die Branche als Ganzes angreifbar zu machen.
Ein weiterer Aspekt betrifft die Verteilung der wirtschaftlichen Erholung. Während westdeutsche Betriebe in der Breite ein deutliches Plus verzeichnen konnten, blieben ostdeutsche Apotheken – trotz positiver Tendenz – hinterher. Der Unterschied von sechs Prozentpunkten verweist auf strukturelle Herausforderungen: geringere Kaufkraft, höhere Abwanderung junger Fachkräfte, geringere Dichte an Fachärzten, schwächere Marktdurchdringung mit Zusatzleistungen. Diese Faktoren spiegeln sich nicht nur in der Umsatzstruktur, sondern auch in der Ergebnisqualität. Wer die wirtschaftliche Lage der Apotheken diskutieren will, muss diese Unterschiede benennen – und darf sie nicht durch Durchschnittswerte verwischen.
Zudem ist zu bedenken, dass das Betriebsergebnis keine direkte Aussage über die Eigenkapitalentwicklung, Rücklagenbildung oder Investitionsfähigkeit erlaubt. Ein gutes Jahr kann durch ein schlechtes davor relativiert werden, zumal Investitionen – etwa in digitale Infrastruktur oder neue Mitarbeitermodelle – oft aus der Substanz finanziert werden müssen. Hinzu kommt: Die gestiegenen Umsätze führen zu höheren Steuerlasten, steigenden Rückstellungen und höheren Haftungsrisiken. Auch das bleibt Teil des Bildes und erfordert betriebswirtschaftliches Know-how, das in vielen inhabergeführten Apotheken über Jahre zu wenig entwickelt wurde.
Besonders problematisch wird es dort, wo die wirtschaftliche Erholung politisch als Argument gegen Strukturreformen oder Honorarerhöhungen genutzt wird. Schon jetzt deuten Stimmen aus dem Bundesgesundheitsministerium an, dass die „Ertragssituation vieler Apotheken sich deutlich verbessert“ habe und man deshalb auf „zielgerichtete Maßnahmen statt pauschaler Mehrforderungen“ setze. Das klingt harmlos, bedeutet aber im Klartext: Das politische Zeitfenster für eine kollektiv wirksame Honoraranpassung könnte sich schließen. Apotheken, die jetzt keine präzisen betriebswirtschaftlichen Analysen vorlegen und die Notwendigkeit zusätzlicher Mittel nicht mit realen Belastungsnachweisen belegen können, werden im politischen Prozess an Gewicht verlieren.
Die Ertragssituation 2024 liefert somit ein ambivalentes Bild: Sie ist Beleg für die Leistungsfähigkeit vieler Apotheken – und zugleich Katalysator für eine neue interne Spaltung zwischen wirtschaftlich starken und strukturell gefährdeten Betrieben. Die alte Strategie, alle Forderungen mit der Einheit der Apothekenschaft zu begründen, trägt in dieser Konstellation nicht mehr. Vielmehr wird es notwendig sein, differenzierte Fördermodelle zu entwickeln – zum Beispiel eine Entlastung für Betriebe in strukturschwachen Regionen, eine gezielte Förderung für Apotheken mit hohem Notdienstanteil, Innovationsboni für Digitalisierung und Nachhaltigkeit oder steuerliche Erleichterungen bei Investitionen. Damit aber steigen die Anforderungen an Datenlage, Kommunikation und Führungsfähigkeit in der Apothekenpolitik deutlich an.
Auch für die Apothekerinnen und Apotheker selbst bedeutet das: Wer wirtschaftlich erfolgreich ist, muss neue Verantwortung übernehmen. Es reicht nicht, betriebliche Gewinne als privaten Erfolg zu verbuchen – sie müssen in Struktur, Versorgung und Teamkultur reinvestiert werden. Besonders im Hinblick auf die Nachwuchsfrage, die fachliche Entwicklung der Teams und die langfristige Standortsicherung sind Investitionen in Personal, Ausstattung und Kooperationsfähigkeit entscheidend. Wer Gewinne nicht teilt – mit dem eigenen Team, der Versorgungsregion und dem System –, verspielt auf lange Sicht seine Legitimation im politischen Raum.
Die Zahlen des Jahres 2024 markieren somit eine Zäsur. Sie widerlegen jene, die das Bild der notleidenden Apotheke in Serie wiederholen – und sie fordern jene heraus, die politische Forderungen weiterhin mit dem pauschalen Verweis auf Systemnotstand begründen. Das kann unbequem sein, aber es ist notwendig. Denn Glaubwürdigkeit entsteht dort, wo Ehrlichkeit und Differenzierung zusammenkommen. Die Apotheken stehen wirtschaftlich besser da als vielfach behauptet – und genau das ist die Voraussetzung dafür, dass sie auch politisch wieder kraftvoll auftreten können. Aber dieses Auftreten muss anders klingen als bisher: differenziert, faktenbasiert, realistisch. Und: glaubwürdig.
Versorgung digital erreichbar halten, Eltern gezielt entlasten, Versorgungsdruck systemisch lindern
Wie die KV Hessen Videosprechstunden für Kinderärzte in den Bereitschaftsdienst integriert, Familien entlastet und telemedizinische Modelle künftig skaliert
Der hessische Bereitschaftsdienst bereitet eine Neuerung vor, die nicht nur medizinisch effizient, sondern auch versorgungspolitisch richtungsweisend ist: Ab Oktober 2025 wird die Videosprechstunde für Kinder- und Jugendärzte, bislang auf Feiertage beschränkt, dauerhaft und täglich in den Regelbetrieb übernommen. Die Kassenärztliche Vereinigung Hessen (KVH) reagiert damit auf die erfolgreiche Testphase und die hohe Akzeptanz durch Eltern und Ärztinnen gleichermaßen – mit dem erklärten Ziel, Wartezeiten zu reduzieren, Überlastungen in kinderärztlichen Bereitschaftszentralen zu vermeiden und kranken Kindern unnötige Wege zu ersparen. Was zunächst als Modellversuch an verlängerten Wochenenden wie Fronleichnam oder dem Tag der Deutschen Einheit begann, wird damit zu einem strukturellen Element des Bereitschaftsdienstes – und könnte den Maßstab für eine bundesweite telemedizinische Entlastungsstrategie setzen.
Die KVH verfolgt dabei ein doppeltes Ziel: Einerseits geht es um unmittelbare Versorgungserleichterung für Familien, die häufig unter erheblichem organisatorischen Druck stehen, wenn Kinder plötzlich erkranken. Andererseits steht ein größerer Systemgedanke im Raum: Bereitschaftsdienste – oft überfüllt, personell angespannt und in ländlichen Regionen schwer erreichbar – sollen durch eine intelligente Steuerung per Video entlastet werden, ohne an Qualität einzubüßen. Dass dies gelingen kann, zeigt die Bilanz der bisherigen Einsatzzeiten. Seit Oktober 2023 wurden rund 1.500 Konsultationen durchgeführt, bei denen die Symptome im Vorfeld telefonisch bewertet wurden. Über die 116117 erfolgt seither eine digitale Triage, bei der die Eignung der Beschwerden für eine Videosprechstunde eingeschätzt wird. Liegt ein einfacher Fall vor – etwa ein Hautausschlag, eine Bindehautentzündung oder ein Magen-Darm-Infekt – wird ein Termin vergeben und ein Zugangslink verschickt. Sollte eine körperliche Untersuchung notwendig sein, wird an eine reale Bereitschaftsdienstzentrale weitervermittelt.
Dabei ist die Systematik klar gegliedert: montags, dienstags und donnerstags zwischen 19 und 24 Uhr, mittwochs und freitags bereits ab 14 Uhr bis Mitternacht sowie an Wochenenden durchgehend zwischen 7 und 19 Uhr. Dieser Dienstplan entspricht dem tatsächlichen Bedarf – also jenen Zeitfenstern, in denen reguläre Praxen geschlossen und Bereitschaftsdienste am häufigsten in Anspruch genommen werden. Bemerkenswert ist zudem die Integration eines medizinisch fundierten Vorab-Triageprinzips, das durch Fachpersonal gesteuert wird und die ärztlichen Kapazitäten gezielt steuert – ein entscheidender Unterschied zu niedrigschwelligen Videoangeboten kommerzieller Anbieter, die auf Eigenbuchung ohne medizinische Vorprüfung setzen.
Armin Beck, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der KVH, betont, dass es nicht darum gehe, echte Arztkontakte zu ersetzen, sondern sie effizienter zu steuern. Gerade in der Pädiatrie gehe es oft um akute, aber nicht schwerwiegende Symptome, die im Rahmen einer Video-Konsultation adäquat eingeschätzt werden können – inklusive Rezeptausstellung, Beratung oder Weiterleitung. Zugleich räumt Beck ein, dass es klare Grenzen gibt: hohes Fieber, schwere Atemnot, Anzeichen neurologischer Notfälle oder starke Schmerzen bleiben Indikationen für den direkten Weg in die Zentrale.
Der geplante Ausbau auf Erwachsene deutet an, dass das Modell weit mehr ist als ein pandemisch motivierter Digitalreflex. Vielmehr positioniert sich die KVH hier als Vorreiterin eines langfristig skalierbaren Notfallversorgungskonzepts, das auf regionale Strukturen abgestimmt und fachlich gestützt ist. Gerade mit Blick auf den sich verschärfenden Mangel an hausärztlicher Versorgung, die Überlastung von Notaufnahmen und die strukturelle Schwächung des Bereitschaftssystems eröffnet die digitale Erstversorgung eine Alternative, die sowohl medizinische als auch logistische Ressourcen spart – vorausgesetzt, sie wird fachlich gesteuert und nicht kommerziell verwässert. Der Erfolg des hessischen Modells könnte damit weit über die Kinderheilkunde hinausreichen – als Blaupause für ein Versorgungssystem, das nicht mit noch mehr Druck, sondern mit intelligenter Struktur reagiert.
Verantwortung verteidigen, Verfahren rechtfertigen, Vertrauen zurückgewinnen
Wie Jens Spahn die Maskenbeschaffung erklärt, welche Vergabekritik aufkommt und warum ein Sonderbericht jetzt zum Politikum wird
Mit klarer Entschlossenheit und einem Appell an die damalige Ausnahmesituation verteidigt Jens Spahn, Unionsfraktionschef und früherer Gesundheitsminister, die umstrittenen Maskenbestellungen in den ersten Monaten der Corona-Pandemie. In einem Interview mit dem Politik-Podcast Table.Today weist er den Vorwurf zurück, sein Ministerium habe überhöhte Preise akzeptiert und intransparent gehandelt. „In der Not ist Haben wichtiger als Brauchen“, lautet seine zentrale Verteidigungslinie – eine rhetorische Strategie, die Spahn erneut zum Wortführer einer politisch umkämpften Erinnerung an den Pandemie-Beginn macht. Im Zentrum steht der bisher vertrauliche Bericht der Sonderbeauftragten Margarethe Sudhof, der laut SZ, WDR und NDR nicht nur finanzielle Auffälligkeiten dokumentiert, sondern auch auf strukturelle Bevorzugungen hinweist.
Besonders brisant ist dabei die Rolle der westfälischen Firma Fiege, die laut Bericht „ohne Teilnahmewettbewerb“ für die Maskenlogistik verpflichtet wurde – mit direktem Bezug zu Spahns Heimatwahlkreis. Der CDU-Politiker gibt sich offen: Ja, er habe in der akuten Notlage auf ihm bekannte Akteure zurückgegriffen, ja, man habe ohne Ausschreibungsverfahren gehandelt. Die Begründung: Schnelligkeit sei damals über bürokratische Gründlichkeit gestellt worden, weil klassische Vergabeprozesse schlicht zu lange gedauert hätten. Für viele wirkt diese Argumentation wie eine Mischung aus Pragmatismus und Rückzugsgefecht – denn die politische Bewertung von Improvisation und Kontrolle in einer Jahrhundertkrise bleibt auch vier Jahre später hochemotional.
Gleichzeitig wächst der Druck auf die amtierende Gesundheitsministerin Nina Warken (CDU), den Sudhof-Bericht öffentlich zu machen. Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Britta Haßelmann forderte via X eine „vollständige und ungeschönte“ Veröffentlichung gegenüber dem Parlament, die Linke spricht offen von einem Untersuchungsausschuss, sollte keine lückenlose Aufklärung folgen. Der Vorwurf lautet nicht allein auf finanzielles Missmanagement, sondern auf eine systemische Schieflage bei der Vergabe lebenswichtiger Aufträge – ein Vorwurf, der das Vertrauen in staatliches Krisenhandeln grundsätzlich betrifft.
Spahn versucht, diesen Vertrauensbruch zu entkräften, indem er auf die Transparenz früherer Recherchen verweist. „Das ist alles mehrfach recherchiert worden“, betont er, als wolle er der neuen Welle der Kritik den Boden entziehen. Doch in Wirklichkeit öffnet der Fall eine Debatte über die Legitimität von Notmaßnahmen, die über das konkrete Geschehen hinausweist: Dürfen ministerielle Entscheidungen in der Krise ganz ohne Ausschreibung getroffen werden, wenn sie vermeintlich „alternativlos“ erscheinen? Wer entscheidet, wann Transparenz wieder gilt – und wie ist mit struktureller Nähe zwischen Politik und Wirtschaft umzugehen?
Sein eigenes Handeln bewertet Spahn inzwischen differenzierter. Das Verfahren mit garantierten Festpreisen von 4,50 Euro pro Maske sei aus heutiger Sicht nicht mehr vertretbar, sagte er im Rückblick – wohlwissend, dass in der Pandemie Masken zeitweise für mehr als 30 Euro gehandelt wurden. Diese Rückschau mag menschlich einsichtig wirken, doch juristisch und politisch bleibt sie dünn. Denn weder Preisvergleiche noch subjektive Eindrücke heben die Grundpflicht zur sauberen Vergabe auf – ein Punkt, den der Sudhof-Bericht offenbar aufgreift und der nun zur Bewährungsprobe für Regierung und Parlament wird.
Am Ende läuft alles auf eine Frage hinaus: Kann eine Regierung in der Krise alles tun, solange sie meint, es sei notwendig – oder braucht auch das Notwendige eine Form, die Vertrauen schafft? Spahns Argumentation klingt wie ein Appell an Verständnis und Realismus. Die parlamentarische Opposition hingegen pocht auf Regeln, Kontrolle und Gerechtigkeit. Zwischen diesen Polen wird sich entscheiden, ob der Fall Spahn ein nachträgliches Lehrstück oder ein bleibender Schatten der Pandemiejahre bleibt.
Werbung beschränken, Industrie beteiligen, Schutzräume schaffen
Wie Janosch Dahmen Prävention neu definiert, Kinder vor Suchtprodukten schützen will und die Gesundheitswirtschaft zur Verantwortung zieht
Wenn Prävention nicht mehr nur Information bedeutet, sondern strukturelle Eingriffe verlangt, dann stellt sich nicht nur eine politische, sondern auch eine ökonomische Grundsatzfrage. Janosch Dahmen, Arzt und gesundheitspolitischer Sprecher der Grünen, bringt sie auf den Punkt – und fordert nichts weniger als eine strategische Umkehr in der nationalen Gesundheitsprävention: Weg von gut gemeinten Appellen, hin zu regulierten Lebensumfeldern, die Gesundheit nicht erschweren, sondern erleichtern.
Dahmens Vorstoß richtet sich gezielt gegen die Allgegenwart gesundheitsschädlicher Produkte – vom Supermarktregal bis zum Fußballstadion, von der Litfaßsäule bis zur Kinderserie. Die Realität sei eindeutig, so Dahmen: Nicht Aufklärung allein verhindere Herzinfarkte, Schlaganfälle und Adipositas, sondern Rahmenbedingungen, die krankmachendes Verhalten unattraktiver machen. In einer Zeit, in der jährlich rund 150.000 Menschen an den Folgen von Alkohol, Tabak und übermäßigem Zuckerkonsum sterben, ist seine Forderung mehr als ein moralischer Appell – sie ist ein strukturpolitischer Imperativ.
»Es reicht nicht mehr, auf Yoga-Apps oder Gesundheitskurse zu setzen«, erklärt Dahmen. Wer echte Prävention wolle, müsse an den Mechanismen von Preisgestaltung, Produktverfügbarkeit und Marketing ansetzen. Die Einfallstore der Industrie seien bekannt – das Problem liege im politischen Zögern.
Dahmen fordert daher umfassende Werbe- und Sponsoringbeschränkungen für Alkohol, Tabak und zuckerreiche Produkte, eine klare gesetzliche Verdrängung solcher Produkte aus dem Sichtfeld von Kindern sowie ein Verbot von Aromastoffen in Tabak und elektronischen Einwegzigaretten. Letztere seien insbesondere auf Jugendliche zugeschnitten – in Geschmack, Design und Distribution –, und besäßen ein besonders hohes Suchtpotenzial.
Besonderes Augenmerk legt der Grünen-Politiker auf die Kostenfrage: Wer Gewinne mit gesundheitsschädlichen Produkten erziele, solle sich an den Folgekosten im Gesundheitswesen beteiligen – fair, verbindlich und zweckgebunden. Dahmen spricht von einem industriebezogenen Lastenausgleich, der den solidarisch finanzierten Gesundheitsfonds entlasten und gezielte Präventionsmaßnahmen stärken könnte.
Dabei bleibt er nicht bei abstrakten Forderungen: Als positives Beispiel verweist Dahmen auf Frankreich, wo das Rauchen an öffentlichen Orten – Schulen, Schwimmbädern, Sportstätten – konsequent untersagt ist. Deutschland dagegen bleibe inkonsequent, weil der politische Mut fehle. Dabei ginge es nicht um Gängelung, sondern um Freiheit durch Schutz: Wer Kinder vor der frühzeitigen Konfrontation mit Alkohol- oder Nikotinreizen bewahre, ermögliche ihnen ein selbstbestimmteres, gesünderes Aufwachsen.
Der politische Kern seiner Argumentation liegt jedoch tiefer: Dahmen will die Strukturbedingungen des Gesundheitssystems neu justieren. Das bedeutet, Prävention nicht als Luxus ethischer Gesundheitspolitik zu sehen, sondern als Fundament der Finanzierbarkeit. 180 Milliarden Euro jährliche Kosten durch vermeidbare Erkrankungen seien kein Schicksal, sondern eine direkte Folge unterlassener Regulierung.
Inmitten eines Gesundheitssystems, das an Effizienzreserven spart und zugleich unter Überlastung leidet, hat Dahmen mit seinen Vorschlägen eine Debatte angestoßen, die nicht länger aufschiebbar erscheint: über Gerechtigkeit in der Risikoverteilung, über die Grenzen marktwirtschaftlicher Selbstregulierung und über die Rolle des Staates als Gesundheitsgarant in einem werblich und ökonomisch aufgeladenen Alltag.
Beitrag erhöhen, System entschlacken, Solidarität klären
Warum SPD und Union über die Belastungsgrenze streiten, was die GKV-Finanzierung sprengt und wo strukturelle Antworten fehlen
Der Vorstoß des SPD-Gesundheitspolitikers Christos Pantazis, die Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Krankenversicherung anzuheben, wirkt auf den ersten Blick wie eine klassische Umverteilungsforderung – in Wahrheit aber zielt er auf eine tiefere Systemkorrektur. Denn die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) steht nicht erst seit gestern finanziell unter Druck: steigende Gesundheitsausgaben, demografischer Wandel, Lohnentwicklung, medizinisch-technologischer Fortschritt und pandemiebedingte Haushaltslöcher haben eine Schieflage erzeugt, die sich nicht mehr durch Einsparappelle oder Beitragsmoral stabilisieren lässt. Vor diesem Hintergrund ist die Anhebung der Bemessungsgrenze kein ideologischer Reflex, sondern eine mathematisch wirksame und kurzfristig wirksame Option – allerdings keine, die ohne Reibung durchsetzbar wäre.
Die Unionsfraktion reagierte erwartbar ablehnend. CDU-Politiker Albert Stegemann kritisierte nicht nur die zusätzliche Belastung für Leistungsträger, sondern betonte auch, dass dies den Standort Deutschland gefährde und gegen den Geist des Koalitionsvertrags verstoße. Tatsächlich wurde dort eine Stabilität der Beitragslast zugesichert – allerdings ohne zu definieren, wie die Finanzierungslücken im System stattdessen geschlossen werden sollen. Genau an diesem Punkt entzündet sich der eigentliche Streit: Nicht die 2.500 Euro Erhöhungsbetrag bei der Bemessungsgrenze sind der Kernkonflikt, sondern die Frage, ob und wie solidarische Systeme weiterentwickelt werden dürfen, ohne marktwirtschaftliche Grundpfeiler infrage zu stellen.
Aktuell liegt die Bemessungsgrenze bei monatlich 5.512,50 Euro. Wer darüber verdient, zahlt für das Mehr an Gehalt keine weiteren GKV-Beiträge. Laut Statistischem Bundesamt sind davon rund 30 Prozent der Vollzeitbeschäftigten betroffen. Pantazis will diese Lücke verkleinern und argumentiert mit dem Gerechtigkeitsprinzip: Wer mehr trägt, soll mehr zahlen. In Zahlen bedeutet das für einen Single mit 7.000 Euro Bruttogehalt eine Mehrbelastung von rund 1.170 Euro jährlich. Für eine vierköpfige Familie mit 7.500 Euro Einkommen wären es knapp 1.700 Euro netto weniger im Jahr – ein Betrag, der je nach Lebenssituation verkraftbar oder spürbar ist.
Diese Zahlen sind es, die die öffentliche Wahrnehmung dominieren – doch sie greifen zu kurz. Denn sie isolieren die Maßnahme von ihrer Systemwirkung. Die GKV basiert auf dem Solidaritätsprinzip, das seit Jahrzehnten unter Druck steht: Zum einen, weil privatversicherte Gutverdiener dem System oft fernbleiben; zum anderen, weil die Beitragssumme überproportional von mittleren Einkommen getragen wird, während sehr hohe Einkommen nicht linear beteiligt sind. Eine moderate Anhebung der Bemessungsgrenze würde nicht nur neue Mittel generieren, sondern auch die Beitragskurve ein Stück weit glätten – ein kleiner Schritt zu mehr Beitragsgerechtigkeit.
Dass die Union reflexhaft vor Standortverlusten warnt, ist politisch verständlich, aber argumentativ schwach. Denn ein Bruttoaufwand von 1.000 bis 1.700 Euro im Jahr für Spitzenverdiener in Vollzeit gefährdet weder Fachkräftebindung noch Innovationskraft – zumindest nicht isoliert betrachtet. Wichtiger wäre, in der Debatte zu differenzieren: zwischen kurzfristiger Mehreinnahme und struktureller Reform. Zwischen beitragsrechtlicher Feinjustierung und grundsätzlicher Modernisierung der Versorgungslogik. Genau das fehlt bislang – auf beiden Seiten.
Denn selbst wenn die SPD ihre Forderung durchsetzen könnte, bliebe das Grundproblem ungelöst: Die GKV ist nicht effizient genug aufgestellt, um mit den realen Ausgabenentwicklungen Schritt zu halten. Die Vielzahl der Krankenkassen, der bürokratische Aufwand bei Abrechnung und Verwaltung, das Nebeneinander aus Selektiv- und Kollektivverträgen, das Fehlen digitaler Schnittstellen und die Kostenexplosion bei bestimmten Arzneimitteln sind strukturelle Belastungsfaktoren, die keine Beitragsanpassung der Welt dauerhaft ausgleicht.
Deshalb ist der Verweis Stegemanns auf Effizienzgewinne durchaus richtig – aber nur dann glaubwürdig, wenn die Union bereit wäre, an genau diesen strukturellen Punkten anzusetzen: bei der Zusammenlegung von Kassen, bei der Modernisierung des Morbi-RSA, bei der Verlagerung hin zu Prävention und Früherkennung, bei der Digitalisierung der Versorgungssteuerung. Doch genau solche Reformen bleiben im politischen Diskurs oft außen vor – zu sperrig, zu komplex, zu konflikthaft.
Die Debatte um die Beitragsbemessungsgrenze könnte dabei als Einstieg in eine ehrliche Reformdebatte dienen – sofern sie nicht parteipolitisch verkürzt wird. Denn entscheidend ist nicht, ob ein Arbeitnehmer mit 7.000 Euro Brutto künftig 1.100 Euro mehr zahlt, sondern ob das System als Ganzes so organisiert wird, dass Beiträge wieder ihre Wirkung entfalten können: solidarisch, berechenbar, leistungsgerecht.
Dabei wäre auch eine breite gesellschaftliche Diskussion notwendig: über das Verhältnis von Beitrag und Leistung, über die Akzeptanz von Umverteilung, über die Rolle des Staates in der Gesundheitsversorgung. Dass diese Fragen derzeit hinter taktischem Gegeneinander verschwinden, zeigt das strukturelle Defizit der aktuellen Gesundheitspolitik: Sie reagiert, statt zu gestalten.
Die GKV ist kein statisches Finanzmodell, sondern ein System, das sich fortlaufend anpassen muss – an Kostenentwicklungen, an Erwerbsrealitäten, an demografische Verschiebungen. Die Anhebung der Beitragsbemessungsgrenze mag kurzfristig ein politischer Reizpunkt sein. Langfristig aber wird sie Teil eines größeren Umbaus sein müssen – oder in einem kaputten System zur Nebensache verkommen.
Service intelligent skalieren, Teampotenziale gezielt erweitern, Apothekenprofil strategisch differenzieren
Wie Martin Kemper durch betriebliche Erste-Hilfe-Kasten-Prüfung neue Märkte erschließt, seine PTA wirksam einsetzt und das Berufsbild weiterdenkt
Als Martin Kemper beschloss, sein Apothekenprofil jenseits klassischer Dienstleistungen neu zu justieren, geschah dies nicht aus einem momentanen Impuls, sondern aus dem klaren Bewusstsein, dass moderne Apothekenführung mehr verlangt als Sortimentspflege und Rezeptlogistik. Die Idee, Unternehmen die regelmäßige Kontrolle und Wartung ihrer Erste-Hilfe-Kästen als professionellen Außendienst anzubieten, entstand aus der Beobachtung, dass viele Betriebe mit dieser Pflichtaufgabe organisatorisch überfordert sind – und sich zugleich nach Partnern mit verlässlicher Gesundheitskompetenz sehnen. „Wir haben das einfach mal ausprobiert – und schnell gemerkt, dass es funktioniert“, sagt Kemper rückblickend. Inzwischen hat sich die Idee zu einer festen Dienstleistungslinie entwickelt, die nicht nur zusätzliche Einnahmen generiert, sondern auch interne Prozesse sinnvoll strukturiert.
Entscheidend für den Erfolg war eine personelle Entscheidung mit strategischer Wirkung: Eine langjährige PTA aus dem Team übernahm die Außendienstfunktion und wurde für die Prüfungen eigens geschult. Damit positionierte sich die Apotheke nicht nur als pharmazeutisch qualifizierter Dienstleister, sondern bewies auch unternehmerisches Fingerspitzengefühl in der Rollenentwicklung. Die Kombination aus gesetzlicher Pflicht, betrieblichem Bedarf und pharmazeutischer Kompetenz zahlt sich gleich mehrfach aus: Die Unternehmen erhalten eine zertifizierte Dokumentation und vermeiden Bußgelder bei Kontrollen, während die Apotheke neue Sichtbarkeit im regionalen Gesundheitsnetz gewinnt. Zudem stärkt der Außendienst die Kundenbindung – viele Betriebe schätzen die regelmäßigen Besuche und entwickeln daraus zusätzliche Beratungsanfragen.
Was auf den ersten Blick wie eine Nische wirken könnte, entpuppt sich bei genauerer Betrachtung als modellhafte Erweiterung apothekerischer Dienstleistungen. Denn in einer Zeit, in der Standardprodukte austauschbar und Online-Anbieter aggressiv im Markt auftreten, zählt nicht mehr allein das Produkt, sondern das Vertrauen in den Anbieter. Wer als Apotheke aktiv auf Unternehmen zugeht, nicht mit Rabattargumenten, sondern mit konkretem Nutzen, hebt sich nicht nur ab, sondern setzt ein Signal: Wir können mehr – und wir wollen mehr. Für Kemper steht fest, dass diese Entwicklung keine Ausnahme, sondern ein notwendiger Teil des Wandels ist. „Wir als Branche müssen uns weiterentwickeln“, sagt er – und trifft damit einen Nerv, den viele Apotheken spüren, aber bislang noch nicht systematisch in Chancen übersetzt haben.
Die logistische Umsetzung des Projekts ist dabei bewusst effizient gehalten. Touren werden gebündelt, Dokumentationen digitalisiert, Materialnachfüllungen direkt über die Apotheke organisiert. Wo nötig, werden Folgegespräche zu weiteren Produkten oder Schutzkonzepten – etwa Verbandstoffe, Hautschutz oder Desinfektionsmittel – gleich mitangeboten. Das steigert den Kundenwert pro Einsatz und lässt Spielraum für vertiefte Beratungsgespräche. Vor allem aber demonstriert es, wie Verantwortung, Wirtschaftlichkeit und pharmazeutischer Anspruch miteinander verzahnt werden können – ganz ohne sich vom Kerngeschäft zu entfernen. Es ist diese strategische Klarheit, die das Modell Kemper von bloßer Außendienstidee zu einem relevanten Geschäftsbaustein hebt.
Mücken meiden lernen, Risiken richtig einschätzen, Schutzsysteme konsequent nutzen
Wie Apotheken zur Reisezeit mit Beratung, Repellents und Expositionsstrategie gegen tropische Infektionsrisiken punkten
Reisen verbindet Sehnsucht mit Risiko – und der kleinste Stich kann große Folgen haben. Denn in vielen beliebten Reiseländern kursieren Viren wie Dengue, Zika, Chikungunya oder West-Nil, gegen die es weder flächendeckende Impfstoffe noch kurative Therapien gibt. Wer sich schützen will, muss auf Prävention setzen – und genau hier kommen Apotheken ins Spiel. Die Expositionsprophylaxe wird in der reisepharmazeutischen Beratung immer wichtiger: Je nach Zielregion, Reisezeit und individueller Gefährdungslage empfehlen Apotheker:innen maßgeschneiderte Schutzkonzepte, die sowohl physikalische Barrieren wie Moskitonetze und imprägnierte Kleidung als auch chemische Repellents systematisch kombinieren. Dabei geht es längst nicht mehr nur um tropische Fernreisen – auch in Südeuropa oder am heimischen Baggersee steigt die Wahrscheinlichkeit, von potenziell infizierten Stechmücken erwischt zu werden. Klimawandel, Globalisierung und invasive Arten verändern die Risikokarte kontinuierlich.
Apotheken können diese Dynamik fachlich aufgreifen und ihre Kundschaft gezielt aufklären. Entscheidend ist nicht allein das Produkt, sondern das System dahinter: Wann und wie oft muss ein Repellent aufgetragen werden? Welche Wirkstoffe bieten den besten Schutz – DEET, Icaridin, Citriodiol? Was ist bei Kindern, Schwangeren oder Allergikern zu beachten? Was sind Anzeichen einer übertragungsbedingten Infektion – und wann ist medizinisches Handeln geboten? Mit Antworten auf diese Fragen können Apothekenteams sowohl Vertrauen stärken als auch echte Versorgungsqualität sichern.
Dabei kommt es auch auf die Schulung des Personals an: Nur wer die regionalen epidemiologischen Lagen kennt, die Produktunterschiede versteht und Beratungsleitlinien befolgt, kann evidenzbasierte Empfehlungen geben. Hier lohnt sich die Kooperation mit reisemedizinischen Zentren, Instituten für Tropenmedizin oder spezialisierten Reiseportalen. Auch die Sichtbarkeit der Angebote zählt: Thematische Aktionsflächen, gut platzierte Broschüren, QR-Codes zu digitalen Mückenschutzguides und saisonal angepasste Beratungsmodule steigern sowohl die Wahrnehmung als auch den Abverkauf.
Versicherer wiederum beobachten die Entwicklung genau. Tropische Infektionen gelten zunehmend als reisemedizinisches Risiko mit Auswirkung auf Rücktrittsschutz, Krankenversicherung oder Invaliditätsrente. Wer aufklärt, schafft Haftungsbewusstsein. Apotheken können so nicht nur präventiv handeln, sondern auch beratend regulieren – ein klarer Mehrwert gegenüber Drogeriemärkten oder Onlineanbietern.
Ein weiterer Hebel ist die Integration in digitale Beratungssysteme: Tools wie „ApoRisk Mückenschutzkompass“ könnten zukünftig Zielregion, Mückenart, Aktivitätszeit und Nutzerdaten verknüpfen, um personalisierte Empfehlungen in Echtzeit zu generieren. Die Zukunft der Mückenprophylaxe ist vernetzt – und Apotheken haben das Potenzial, zur zentralen Schnittstelle zwischen Reiselust, Risiko und Risikoabsicherung zu werden.
Denn wenn Prävention ernst genommen wird, reicht es nicht, ein Spray zu verkaufen – es geht darum, Gesundheit strategisch zu schützen. Vom Badesee in Brandenburg bis zum Bungalow in Bali.
Glosse: Türsteher, Testkits, Triage-Tango
Wie Apotheken angeblich den Praxen den Laden freihalten, Armbandlogik Realität wird und Teleclinic schon mal übernimmt
Erkältung, Rückenschmerz, Übelkeit nach Bratwurst – alles Gründe, einen Arzt aufzusuchen. Oder zumindest alles, was dem deutschen Durchschnittspatienten genügt, um in einer überfüllten Praxis zu erscheinen und seine Versichertenkarte wie eine Eintrittskarte zum Kabarett der Beschwerden vorzulegen. Die Arztpraxen stöhnen, die Wartezimmer ächzen, und die MFA vor Ort betreiben längst mehr Konfliktmanagement als Gesundheitsadministration. Was also tun? Die Lösung ist ebenso visionär wie unverschämt: Die Apothekerin als Türsteherin. Mit Klapptisch, Schnelltest und Festivalbändchen.
Was klingt wie eine Persiflage auf die personifizierte Gesundheitsreform, entpuppt sich bei genauerem Hinsehen als bitterironischer Spiegel einer Versorgungspolitik, die sich lieber in Modellprojekten verliert, als die Wirklichkeit zu akzeptieren. Der Gedanke, Apotheker:innen vor den Arztpraxen zu platzieren, damit sie mit Stuhl, Stift und Sicherheitsweste den Zugang regeln, hat durchaus System: Deutschland ist Weltmeister im Sortieren. Was bei PET-Flaschen funktioniert, muss doch auch bei Patienten gehen.
Das Szenario ist schnell gemalt: Blutdruck, Körpertemperatur, Sauerstoffsättigung, Stuhlfrequenz – alles wird im Vorraum der Arztpraxis gemessen, kategorisiert, codiert. Wer gut abschneidet, darf nicht rein, sondern wird mit einem freundlichen „Grün“ und der Bitte um Geduld wieder hinauskomplimentiert. „Ihr Fall wird vorgemerkt. In drei Monaten hören Sie von uns.“ Wer hingegen lallt, röchelt oder klagt wie ein Grubenkanarienvogel, erhält das „Rot“ der Priorität und darf sich in der Folge auf ein blinkendes Armband mit Notfall-Buzzer freuen.
Der Zwischenfall? Schon geregelt. Festivallogik trifft auf Gesundheitssystem: Orange = schwer, Gelb = lästig, Grün = egal. Wer bei Orange landet, bekommt ein Wartezimmer mit Steckdose. Bei Gelb darf man sich im Keller auf eine PowerPoint-Präsentation mit dem Titel „Warum Sie heute nicht drankommen“ freuen. Und wer den Buzzer bei Rot nicht selbstständig drücken kann, gilt ohnehin nicht mehr als behandelbar, sondern als überführbar.
Während die Politik sich von der Effektivität solcher Farbsysteme begeistert zeigt, regt sich erster Widerstand. Aktivisten fordern freie Farbwahl. Schließlich könne die Aura eines Menschen nicht durch Stuhlfrequenz entwertet werden. Auch chronisch Erkrankte begehren auf: Warum kein Sonderarmband für Long Covid mit Glittereffekt? Warum keine Warte-VIP-Lounge für Rückenschmerz mit Burnout-Bonus?
Die einzige Berufsgruppe, die sich nicht wehrt, sind – natürlich – die Apotheker:innen selbst. Sie nicken, testen, sortieren und hoffen, dass sie am Ende nicht auch noch für die kaputten Blutdruckgeräte haften müssen. Denn während sich die Ärzteschaft über zu viele Patienten beklagt, fehlt den Apotheken schlicht das Personal, um in Schichten Türdienst und Offizinbetrieb gleichzeitig zu leisten.
Doch die Apothekenfront steht nicht nur am Praxisportal, sondern auch in der digitalen Kulisse unter Druck. Während DocMorris Tochterunternehmen zur „digitalen Erstversorgungsinstanz“ für KVen aufrüstet, wird „Pharmacy first“ zur bestenfalls charmanten Fußnote. Der Beitrag der Vor-Ort-Apotheke zur Primärversorgung? In den Talkshows kaum Thema, in den Gesetzesentwürfen Randnotiz, im Alltag systemkritisch – aber eben ohne Lobby.
ABDA-Präsident Thomas Preis versuchte jüngst in Köln auf der Apothekentour dagegenzuhalten. Wenn es ein Primärarztsystem geben soll, dann mit Apotheke – so die Botschaft. Doch während er spricht, hat Teleclinic bereits 17.000 Erstgespräche für Niedersachsen abgewickelt. Ein Schelm, wer sich da denkt: Die Türsteherrolle ist längst besetzt – nur eben digital.
Und wer es bis hierher für eine überdrehte Glosse hielt: Stimmt. Aber auch Glossen dürfen Wahrheiten sagen, solange die Praxis noch offen ist. Wobei – bitte vorher Armbandfarbe prüfen.
Von Engin Günder, Fachjournalist
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