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APOTHEKE | Medienspiegel & Presse |
Die wirtschaftliche Realität vieler Apotheken in Deutschland ist längst von Paradoxien durchzogen. Wer gesetzliche Vorgaben erfüllt, riskiert wirtschaftliche Sanktionen. Wer alternative Versorgungsformen sucht, wird digital abgehängt. Wer das System trägt, droht unterzugehen. Ein zentrales Beispiel sind die sogenannten Stückelungsretaxationen: Apotheken geben trotz Lieferengpässen exakt die verordnete Wirkstoffmenge ab, müssen dafür aber auf kleinere Packungen ausweichen – mit gravierenden Folgen. Die Krankenkassen akzeptieren die medizinisch wie rechtlich korrekte Abgabe nicht, sondern retaxieren den vollen Betrag. Besonders strittig ist dabei die Auslegung der Zuzahlungspflicht, deren Interpretation durch die Krankenkassen zunehmend als fiskalisches Druckmittel dient. Parallel dazu geraten Apotheken durch die elektronische Patientenakte unter neuen Rechtspflichten – ohne Zugriff auf vollständige Daten, ohne einheitliche Softwarestandards, ohne ausreichende Schulungen. Technisches Versagen und datenschutzrechtliche Unsicherheit lasten auf einem Berufsstand, der sich weiterhin als letzte niederschwellige Anlaufstelle für Gesundheitsfragen versteht. Und während die digitale Infrastruktur bröckelt, rollen Onlineanbieter wie Shop Apotheke den Markt strategisch auf – unterstützt durch das E-Rezept, Plattformintegration und aggressive Kundenbindung. Die Präsenzapotheke wird zum strukturellen Risikofaktor – nicht wegen Versäumnissen, sondern wegen gesetzlicher Inkonsistenzen und digitaler Disparitäten.
Die strukturelle Gefährdung inhabergeführter Apotheken in Deutschland nimmt 2025 eine neue Qualität an. Was sich in einzelnen Rückmeldungen, Kammerversammlungen und Verbandsstatements bereits seit Jahren andeutet, verdichtet sich zur Systemfrage: Apotheken, die gesetzliche Vorgaben korrekt erfüllen, tragen zunehmend das volle wirtschaftliche Risiko für strukturelle Widersprüche im Versorgungssystem. Eine zentrale Eskalationszone stellt dabei die Abrechnungspraxis bei Arzneimitteln dar, die aufgrund von Lieferengpässen nicht in der ursprünglich verordneten Packungsgröße verfügbar sind. Die betroffenen Apotheken sind gesetzlich verpflichtet, die Versorgung sicherzustellen – auch wenn dies bedeutet, mehrere kleinere Packungen abzugeben, um die verschriebene Wirkstoffmenge zu erreichen. Dennoch verweigern Krankenkassen in zahlreichen Fällen die Erstattung und retaxieren den vollen Abrechnungsbetrag.
Diese sogenannten Stückelungsretaxationen folgen einem rein formalen Argument: Die abgegebene Packung entspreche nicht der verordneten. Dass die abgegebene Gesamtmenge der verordneten entspricht und die Alternative medizinisch wie juristisch zulässig war, wird dabei bewusst ausgeblendet. Besonders prekär ist die Situation bei der Berechnung der Zuzahlung. Apotheken, die im Sinne der Patientinnen und Patienten eine einzige Zuzahlung ansetzen – da es sich faktisch um eine Ersatzlieferung handelt – werden ebenfalls retaxiert, weil die Kassen auf einer packungsbezogenen Berechnung bestehen. Damit entsteht eine paradoxe Lage: Die Einhaltung des Gesetzes führt zum wirtschaftlichen Schaden für die leistungserbringende Apotheke. Der Gesetzgeber schweigt, die Gerichte sind überlastet, und die Kassen nutzen den Graubereich für fiskalische Optimierung.
Parallel dazu geraten Apotheken mit der Einführung der elektronischen Patientenakte (ePA) in ein weiteres Spannungsfeld aus Normverpflichtung und Systemschwäche. Zwar soll die ePA langfristig die sektorenübergreifende Versorgung verbessern und unnötige Doppeluntersuchungen vermeiden. Doch in der Praxis offenbaren sich massive Probleme. Der Zugriff auf die Patientendaten ist fragmentiert, abhängig von externen Freigaben, technischen Schnittstellen und datenschutzrechtlichen Beschränkungen. Apotheken erhalten oft keinen vollständigen Zugriff, obwohl sie für Medikationsanalysen und pharmazeutische Dienstleistungen auf eine gesicherte Datenbasis angewiesen sind. Die eingesetzten Softwarelösungen sind nicht standardisiert, die Schulungen unzureichend, und der rechtliche Rahmen bleibt diffus. Haftungsfragen bei falscher Dateninterpretation oder -verwendung sind bislang ungeklärt – das Risiko tragen allein die Betriebe.
Hinzu kommt, dass Apotheken den Anforderungen der Telematikinfrastruktur und der ePA-Anbindung ohne staatliche Investitionshilfen begegnen müssen. Während ärztliche Einrichtungen teilweise gefördert wurden, stehen Apotheken mit den Kosten für Hardware, Sicherheitsmodule und Schulungsbedarf allein da. Viele Inhaber berichten bereits jetzt von zusätzlichen Belastungen im mittleren fünfstelligen Bereich. Die erhoffte Entlastung durch Digitalisierung bleibt aus – stattdessen wächst der administrative Aufwand.
Während Präsenzapotheken mit technologischer Unreife und rechtlicher Unsicherheit kämpfen, konsolidiert sich der Markt der Versandapotheken in rasantem Tempo. Die neueste Studie der Analyseagentur Smile AI prognostiziert bis Ende 2025 ein Nettoumsatzvolumen von über vier Milliarden Euro im Bereich des digitalen Arzneimittelversands. Wesentlicher Treiber dieser Entwicklung ist das elektronische Rezept. Hier hat sich ein Oligopol herausgebildet: Die Shop Apotheke hält laut Studie rund 54 Prozent des Marktanteils, DocMorris folgt mit etwa 29 Prozent. Beide Anbieter profitieren von der frühzeitigen Integration in digitale Plattformsysteme wie CardLink oder spezielle Kundenbindungsprogramme.
Besonders problematisch aus Sicht der Präsenzapotheken ist dabei die politische Schieflage: Während die Bundesregierung den Ausbau digitaler Strukturen propagiert, bleibt der Versorgungsauftrag der Vor-Ort-Apotheken unterfinanziert und regulatorisch überfrachtet. Neue pharmazeutische Dienstleistungen wie die Medikationsanalyse werden zwar politisch gefordert, jedoch nicht im notwendigen Umfang honoriert. Die Umsetzung scheitert häufig an fehlendem Personal, unklaren Abrechnungswegen und mangelnder Softwarekompatibilität.
Auch aus dem Bundesgesundheitsministerium kommen bislang keine belastbaren Antworten. Zwar wurde im Mai 2025 eine Sofortzahlung von 800 Millionen Euro an den Gesundheitsfonds geleistet, um eine drohende Zahlungsunfähigkeit abzuwenden. Doch die strukturelle Finanzierungskrise der gesetzlichen Krankenversicherung bleibt bestehen. Die Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds ist weiterhin kritisch – eine nachhaltige Reform der Einnahmenseite lässt bis mindestens 2027 auf sich warten.
Gleichzeitig steigt der politische Druck auf die Apotheken, effizienter und digitaler zu arbeiten – obwohl die Rahmenbedingungen genau dies erschweren. Die Realität in den Betrieben ist geprägt von Systemausfällen beim E-Rezept, widersprüchlichen Kassenforderungen bei der Arzneimittelabgabe und massiven Unsicherheiten beim Datenschutz. Die Balance zwischen Versorgungspflicht, Digitalisierung und ökonomischer Tragfähigkeit ist längst verloren.
Die strukturelle Demontage der Apothekenlandschaft zeigt sich nicht nur in wirtschaftlichen Kennzahlen, sondern auch in der Versorgungsrealität vor Ort. Immer mehr Betriebe schließen, viele Regionen geraten in eine Unterversorgungslage. Junge Apotheker schrecken vor einer Übernahme zurück, nicht aus mangelndem Interesse, sondern wegen fehlender Perspektiven und überbordender Bürokratie.
Die aktuelle Entwicklung ist keine betriebswirtschaftliche Delle, sondern ein systemischer Kipppunkt. Die Kombination aus Retaxrisiken trotz gesetzestreuer Abgabe, digitalem Kontrollverlust über die ePA und der schleichenden Marktverdrängung durch Plattformanbieter bedroht das Fundament der wohnortnahen Arzneimittelversorgung. Die Politik steht in der Pflicht, diesen Trend nicht nur zu moderieren, sondern aktiv umzukehren.
Die Apotheke als gesellschaftlicher Versorgungsanker steht unter juristischer, digitaler und ökonomischer Dauerbelastung – und wird dabei zunehmend allein gelassen. Die paradoxe Realität: Apotheken werden für die Einhaltung gesetzlicher Pflichten sanktioniert, während die Gesetzgeber ihre eigenen Regulierungsfolgen weder antizipieren noch korrigieren. Die Stückelungsretax ist hierfür das wohl absurdeste Beispiel: Eine Apotheke, die trotz Lieferengpässen die verordnete Wirkstoffmenge abgibt, muss mit einer vollständigen Retaxation rechnen – schlicht, weil der Paragraf nicht präzise genug mit der Versorgungspraxis synchronisiert wurde. Das ist kein Einzelfall, sondern System.
Was hier in juristischem Gewand daherkommt, ist in Wirklichkeit eine ökonomische Machtverschiebung: Krankenkassen nutzen den Interpretationsspielraum zur Optimierung ihrer Ausgaben, auf Kosten der ohnehin finanziell ausgehöhlten Betriebe. Dass dabei eine faire und medizinisch fundierte Versorgung zur Regressfalle wird, ist nicht nur zynisch, sondern gefährlich. Die betriebliche Substanz wird ausgehöhlt, die Motivation junger Pharmazeuten untergraben, die Zukunftsfähigkeit eines ganzen Berufsstandes infrage gestellt.
Gleichzeitig wird die Digitalisierung zur Doppelfalle: Einerseits wird sie politisch als Allheilmittel propagiert – effizient, transparent, patientenzentriert. Andererseits bleibt die technische Umsetzung realitätsfern, unausgereift und vor allem: asymmetrisch. Die ePA ist ein Paradebeispiel für digitale Dysfunktionalität. Apotheken werden verpflichtet, Systeme vorzuhalten, deren Datennutzen unklar ist, deren Schnittstellen nicht funktionieren und deren Sicherheitsrisiken sie am Ende selbst tragen. Die Versprechen der Digitalisierung entpuppen sich als Belastungsprosa ohne substanziellen Nutzen im Alltag.
Der dritte Frontverlauf ist die Marktdynamik: Während Vor-Ort-Apotheken mit regulatorischen Altlasten kämpfen, agieren Onlineplattformen wie Shop Apotheke mit strategischem Tempo. Plattformökonomie trifft auf Einzelhandelsregulierung – ein ungleicher Kampf. Mit CardLink, automatisierter E-Rezept-Einlösung und gezieltem Direktmarketing steuern Versandapotheken längst die Patientenerwartung. Was politisch als "Gleichbehandlung" verkauft wird, ist de facto eine Bevorzugung durch Infrastrukturbegünstigung. Denn wo das Gesetz Plattformen keine Schranken setzt, entstehen keine Märkte, sondern Machtzentren.
Diese strukturellen Fehlsteuerungen haben Konsequenzen. Sie machen die Versorgung nicht effizienter, sondern anfälliger. Sie belasten nicht die Bürokratie, sondern die Betriebe. Sie sichern nicht das System, sondern destabilisieren es. Und sie lassen die Apotheken zurück – nicht als Reformverweigerer, sondern als Reformverlierer.
Die Frage lautet daher nicht mehr, ob Apotheken systemrelevant sind – sondern ob das System es sich noch leisten kann, diese Relevanz weiter auszuhöhlen. Denn wenn der wirtschaftliche Schaden durch Retaxationen, die juristische Unsicherheit durch die ePA und die marktstrategische Übermacht durch Plattformanbieter weiter kumulieren, entsteht keine Reform, sondern ein Strukturbruch.
Eine Kurskorrektur ist möglich – aber sie erfordert politischen Mut, regulatorische Präzision und vor allem eins: den Willen, den Apotheken nicht nur Symbolpolitik, sondern verlässliche Rahmenbedingungen zu bieten. Denn wer gesetzliche Versorgung verlangt, darf gesetzliche Strafen für diese Versorgung nicht tolerieren. Wer Digitalisierung fordert, muss digitale Machbarkeit garantieren. Und wer Gleichheit im Markt predigt, darf keine systematische Ungleichheit zulassen.
Wenn das Apothekenwesen nicht zum Kollateralschaden einer politischen Digital- und Strukturromantik werden soll, braucht es jetzt: rechtssichere Klarstellungen zur Stückelungsabgabe, eine sofortige finanzielle und technische Unterstützung bei der ePA-Anbindung – und ein Apothekenstrukturgesetz, das nicht auf Versprechen, sondern auf Verlässlichkeit basiert.
Denn eines ist sicher: Die Apotheken vor Ort brauchen keinen Applaus. Sie brauchen ein System, das ihnen nicht den Boden unter den Füßen wegzieht, während sie ihn für andere tragen.
Von Engin Günder, Fachjournalist
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