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Sehr geehrte Apothekerin, sehr geehrter Apotheker,
hier ist der vollständige Text für Sie:
APOTHEKE | Medienspiegel & Presse |
Stellen Sie sich vor, es ist Mitternacht, Ihr Fieberthermometer zeigt Höchstwerte, und statt in einer zugigen Notdienstapotheke zu frieren, kommt die Rettung direkt zu Ihnen. Klingt wie ein modernes Märchen, oder? Doch bevor Sie jetzt den Champagner köpfen: Die mobile Notdienstapotheke, das neueste Kind der Gesundheitsbürokratie, verwandelt Nachtapotheker in Teilzeit-Superhelden, Teilzeit-Irrläufer. Schnallen Sie sich an für eine turbulente Fahrt durch die Abgründe der nächtlichen Medikamentenlieferung, wo nicht nur Hustensaft, sondern auch skurrile Begegnungen frei Haus geliefert werden.
Die Krankenkassen haben eine neue Idee ausgebrütet, die so revolutionär ist, dass sie vermutlich direkt aus einer Episode von "Die Jetsons" stammen könnte: Mobile Notdienstapotheken. Statt dass die leidgeprüften Bürger in Bademänteln und mit fiebrigen Gesichtern zur nächsten Apotheke pilgern, kommt die Apotheke jetzt zu ihnen – und zwar schneller als ein Lieferdienst für Pizza.
Das klingt zunächst großartig. Wer würde nicht den Luxus genießen wollen, mitten in der Nacht, wenn der Hals kratzt und die Nase läuft, einfach einen Helden in einem weißen Kittel herbeizurufen, der aus seinem magischen Koffer genau das Richtige zaubert? Doch was auf dem Papier wie die Rettung für alle Nachteulen und Pechvögel aussieht, entpuppt sich schnell als Abenteuerreise mit ungewissem Ausgang.
Denn die Realität der mobilen Notdienstapotheken ist weniger eine wohlgeordnete Rettungsmission, sondern eher eine wilde Verfolgungsjagd quer durch die nächtliche Stadt, bei der jeder Anruf ein neues Abenteuer verspricht. Der Apotheker, einst Herrscher über Regale voller Pillen und Salben, verwandelt sich über Nacht in einen Kombination aus Taxifahrer, Orientierungsläufer und gelegentlichem Psychologen, der auch mal tröstende Worte durch den Türspalt murmelt.
Das Konzept mag an Effizienz denken lassen – weniger Leerlaufzeiten, weniger unbeleuchtete Verkaufsräume. Doch haben die klugen Köpfe der Krankenkassen auch an die Eskalation gedacht, die entsteht, wenn plötzlich die halbe Stadt beschließt, dass jetzt der perfekte Moment gekommen ist, um nach einer Schachtel Hustenbonbons zu verlangen, weil der Himmel gerade seine Schleusen geöffnet hat?
Und dann ist da noch die Sache mit den Adressen. In einer Welt, in der selbst das Navi manchmal kapituliert und 'Sie haben Ihr Ziel erreicht' in der dunkelsten, verlassensten Gasse anzeigt, kann die Suche nach der richtigen Haustür zum echten Nerventest werden. Ganz zu schweigen von den bizarren Begegnungen, die man mitten in der Nacht erleben kann. Von pyjamatragenden Gestalten, die einem im Flur mit einer Taschenlampe leuchten, bis hin zu denen, die glauben, der Apotheken-Bot sei auch gleichzeitig ein mobiler Supermarkt für alles, von Gummibärchen bis Toilettenpapier.
Aber hey, keine Sorge, die Krankenkassen haben versichert, dass alle Kosten durch die eingesparten Stromrechnungen der nun nachts dunklen Apotheken gedeckt sind. Das mag zwar auf dem Reißbrett funktionieren, aber ob es auch in der Praxis aufgeht, steht auf einem anderen Blatt. Bis dahin bleibt den Apothekern nichts anderes übrig, als ihre nächtlichen Runden zu drehen und darauf zu hoffen, dass der nächste Anruf sie nicht in die entlegenste Ecke der Stadt führt, wo selbst Google Maps kapituliert.
So zeichnet sich das Bild einer Gesellschaft, die vielleicht im digitalen Zeitalter angekommen ist, aber in puncto Gesundheitsversorgung immer noch nach dem Motto 'Es war schon immer etwas verrückt hier' operiert. Auf dass die Nacht bringe, was sie wolle – der mobile Notdienstapotheker ist nur einen Anruf entfernt. Und das nächste Abenteuer wartet schon um die Ecke.
Von Engin Günder, Fachjournalist
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