Sehr geehrte Apothekerin, sehr geehrter Apotheker,
hier ist der vollständige Text für Sie:
VERKEHRSSICHERUNGS-PFLICHT
In vielen Geschäften ist es für Personen unter 1,60 Meter Körpergröße schwierig und mitunter gefährlich, ohne Hilfe an die Ware in den oberen Regalen zu kommen. Ein Gericht musste nun klären, wer dafür haftet, wenn ein kleiner Kunde deswegen verletzt wird.
Der Betreiber eines Supermarkts hat dafür zu sorgen, dass auch kleinere Kunden gefahrlos an Waren gelangen können, die auf den oberen Regalböden stehen. Wird ein Kunde verletzt, weil der Supermarktbetreiber dieser Verpflichtung nicht nachgekommen ist, so ist dieser für die Folgen des Unfalls verantwortlich. Das hat das Brandenburgischen Oberlandesgericht entschieden (Az.: 11 U 29/09).
Eine 1,56 Meter große Frau hatte sich bei dem Versuch verletzt, eine in einer Höhe von 1,70 Meter gelagerte Dose aus dem Regal eines Supermarktes zu entnehmen.
Über der von der Verletzten gegriffenen Dose befand
sich eine weitere Lage von Konserven. Dass konnte die Frau aber
angesichts ihrer Körpergröße nicht sehen. Eine der oberen Dosen stürzte
daher herunter und verletzte die Kundin des Supermarktes am Auge.
Sie selber machte dem Betreiber des Marktes gegenüber zwar keine Schmerzensgeld- und Schadenersatzansprüche geltend. Die gesetliche Krankenkasse der Verletzten verlangte hingegen den Ersatz der von ihr verauslagten Kosten für die Heilbehandlung.
Der Betreiber des Supermarktes fühlte sich für den Vorfall jedoch nicht verantwortlich. In dem sich anschließenden Rechtsstreit trug er vor, dass sich die Verletzte der Hilfe eines größeren Kunden hätte bedienen müssen, um gefahrlos an die Konservendose zu gelangen. Er selber habe nichts anderes getan, als die Waren branchenüblich zu präsentieren.
Doch dem wollten die Richter des Brandenburgischen
Oberlandesgerichts nicht folgen. Sie gaben der Klage der Krankenkasse in
vollem Umfang statt.
Nach Überzeugung des Gerichts hat der Betreiber des Supermarkts seine Verkehrssicherungs-Pflicht verletzt. Denn diese beinhaltet die Verpflichtung, sämtliche ihm möglichen und zumutbaren Vorkehrungen zum Schutz seiner Kunden zu treffen. Dazu gehört es auch, dass es einem Kunden möglich sein muss, gefahrlos einen Laden zu begehen und dabei Ware aussuchen und aus den Regalen entnehmen zu können.
„Ein geradezu elementares Anliegen muss es dem Betreiber eines Supermarktes (...) sein, dafür zu sorgen, dass seine Kunden - jedenfalls der Körpergröße der Verletzten - die in den Verkaufsregalen angebotenen Waren erreichen und entnehmen konnten, ohne sich (...) der Gefahr einer Körperverletzung auszusetzen", so das Gericht.
Daraus folgt, dass der Beklagte entweder auf die
obere dritte Lage der Dosen hätte verzichten oder die Waren in einem
niedrigeren Regal hätte anbieten müssen. Nach Meinung des Gerichts
musste er nämlich damit rechnen, dass die oberste Lage der Dosen
instabil werden und von kleineren Kunden nicht wahrgenommen werden
konnte.
Den Einwand des Supermarktbetreibers, dass sich die Verletzte der Hilfe einer größeren Person hätte bedienen müssen, um an die Konservendose zu gelangen, ließ das Gericht nicht gelten. Denn das Geschäftskonzept eines Supermarktes ist darauf ausgelegt, dass Kunden die Waren selbst aus den Regalen entnehmen.
Das Prinzip der Selbstbedienung muss daher auch für kleinere Kunden gelten. Hierauf hat sich der Betreiber eines Supermarktes durch eine entsprechende Präsentation der Waren einzustellen. Eine Revision gegen seine Entscheidung ließ das Gericht nicht zu.
(verpd) (ApoRisk)
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