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Sehr geehrte Apothekerin, sehr geehrter Apotheker,
hier ist der vollständige Text für Sie:
Steuer & Recht
Tritt
ein Unfallgeschädigter bei der Beauftragung eines Sachverständigen an
diesen seine Ansprüche gegenüber der Haftpflichtversicherung und dem
Unfallverursacher ab, erwirbt der Sachverständige die Forderungen nur,
soweit sie berechtigt sind. Er kann also nicht ein unrechtmäßig
überhöhtes Honorar verlangen. Der Sachverständige darf das "übliche"
Honorar berechnen bestehend aus Grundhonorar und Nebenkosten.
Angemessene Nebenkosten sind solche, wie sie auch ein Gerichtsgutachter
berechnen kann.
Am 11.10.2013 kam es zu einem Verkehrsunfall in
Pfungstadt, an dem das Fahrzeug der geschädigten Firma aus 64347
Griesheim, ein Porsche 911 Turbo, und ein Pkw VW Sharan, der bei der
beklagten Versicherung versichert ist, beteiligt waren. Der Fahrer des
Pkw Sharan trägt die alleinige Schuld an dem Unfall, da er dem
Porschefahrer die Vorfahrt genommen hatte. Die geschädigte Firma, der
der Porsche gehört, beauftragte ein Kraftfahrzeugsachverständigenbüro
mit der Erstellung eines Gutachtens zum Unfallwagen. Bereits bei
Erteilung des Auftrags an den Sachverständigen trat die geschädigte
Firma ihre Schadensersatzansprüche gegen den Fahrer des Sharan und
dessen Haftpflichtversicherung an eine Verrechnungsstelle für
Kfz-Sachverständige ab. Zugleich wurde die Haftpflichtversicherung des
VW Sharan angewiesen, die Rechnung des Sachverständigen direkt an die
Verrechnungsstelle zu bezahlen. Für die Erstellung des Gutachtens
berechnete der Sachverständige insgesamt 1.880,80 Euro. Die
Kfz-Versicherung, bei der der Pkw Sharan versichert ist, zahlte nur
einen Teilbetrag von 1.771 Euro. Den Rest, 109,50 Euro, zahlte die
Versicherung nicht. Sie zahlte das geltend gemachte Grundhonorar des
Sachverständigen in Höhe von 1.700 Euro, kürzte jedoch die ebenfalls
geltend gemachten 180,50 Euro Nebenkosten für Fahrtkosten,
EDV-Abrufgebühr, Auslagen, Fotos Porto, Telefon um 109,50 Euro mit der
Begründung, dass die Hohe der Nebenkosten nicht angemessen sei und die
Kosten massiv überhöht seien.
Die Abrechnungsstelle erhob nun
Klage zum Amtsgericht München auf Zahlung der restlichen Nebenkosten in
Höhe von 109,50 Euro. Die zuständige Richterin am Amtsgericht München
gab nun der Versicherung Recht. Es wies die Klage ab. Folgende
Erwägungen tragen das Urteil: Die geschädigte Firma musste nicht selbst
die Rechnung des Sachverständigen bezahlen und auch nicht selbst Klage
erheben, da sie ihre Ansprüche an die Verrechnungsstelle abgetreten hat.
Mit der Abtretung hat sich die geschädigte Firma jeder Entscheidung
darüber enthoben, ob der Vergütungsanspruch des Sachverständigen der
Höhe nach berechtigt ist oder nicht. Gegenüber der Verrechnungsstelle
kann die geschädigte Firma verlangen, dass sie von den Ansprüchen des
Sachverständigen, den sie selbst beauftragt hat, freigestellt wird. Dies
bedeutet, dass die Versicherung nicht kritiklos die Forderung des
Sachverständigen bezahlen muss. Sie muss nur berechtigte Forderungen
bezahlen und kann unberechtigte Forderungen des Sachverständigen
abwehren.
Das Gericht kommt zu dem Ergebnis, dass die vom
Sachverständigen berechneten Nebenkosten überhöht sind. Da die
geschädigte Firma und der Sachverständige nach dem Unfall keine konkrete
Vergütung vereinbart haben, kann der Sachverständige nur die "übliche"
Vergütung verlangen. Das ist die Vergütung, die zum Zeitpunkt des
Vertrages für Leistungen gleicher Art und Güte und gleichen Umfangs nach
allgemeiner Auffassung gewährt wird.
Die Richterin führt im
Urteil aus, dass ein Gutachter in einem anderen vergleichbaren
Zivilverfahren zu dem Ergebnis gekommen sei, dass es ein "ortsübliches"
Honorar für Kfz-Gutachten nicht gebe. Von den großen Verbänden würden
regelmäßig Mitgliederbefragungen zu Gebühren und Nebenkosten
durchgeführt, die Tabellen mit den Befragungsergebnissen würden in der
Regel die Tatbestände für das Grundhonorar und die weiteren Nebenkosten
enthalten, wie zum Beispiel Schreibkosten, Fotokosten, Fahrtkosten und
Telefonkosten. 98 % der freien Sachverständigen würden ihr Honorar mit
einem Grundhonorar auf Basis der Schadenshöhe berechnen.
Das
Gericht kommt daher zum Ergebnis, dass grundsätzlich nicht zu
beanstanden ist, wenn ein Sachverständiger eine Rechnung zusammengesetzt
aus Grundhonorar und Nebenkosten erstellt.
Nach Auffassung des
Gerichts sind jedoch die Beträge bei den Nebenkosten unangemessen hoch
und können nur gekürzt verlangt werden. Die Rechtsprechung weigert sich
nicht ohne Grund zunehmend die insoweit jeweils in Ansatz gebrachten
Positionen ungekürzt zu übernehmen. Schließlich ist in Fachkreisen
allgemein bekannt, dass Fotokosten, Kosten für einen zweiten Fotosatz,
Schreibkosten, Kopierkosten und Telefonpauschalen in Rechnung gestellt
werden, obwohl wohl inzwischen jeder Sachverständige über einen Computer
verfügt, in den Fotos digital eingestellt werden, Textbausteine
verwendet werden, Dokumente unproblematisch mehrfach ausgedruckt werden
können und es Flatrates gibt. Den jeweils geltend gemachten Positionen
stehen damit keine entsprechenden Kosten gegenüber. Dass dies über so
lange Zeit und in dieser Form möglich war und ist, kann nur dadurch
erklärt werden, dass es auf dem Markt der Sachverständigen in
Verkehrsunfallsachen keine marktentwickelte Preisgestaltung gibt. Denn
der Sachverständige wird vom Unfallgeschädigten bei Fremdverschulden
beauftragt. Der Geschädigte bezahlt letztendlich die Rechnung nicht.
Folglich ist die Preisgestaltung des Sachverständigen für den
Unfallgeschädigten bei der Beauftragung nicht von Relevanz und auch
üblicherweise kein Entscheidungskriterium.
Im vorliegenden Fall
verlangte der Sachverständige für die Nebenkosten ein Vielfaches von
dem, was ein gerichtlich bestellter Sachverständiger, der nach dem
Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG) abrechnen muss,
erhalten würde.
Die
Situation der privaten Sachverständigen ist wenigstens im Hinblick auf
die Nebenkosten mit der Situation der gerichtlich bestellten Gutachter
vergleichbar. Auch die gerichtlich bestellten Gutachter müssen
hinsichtlich ihrer Aufwendungen auf ihre Kosten kommen, sonst würden sie
sich langfristig eine andere Tätigkeit suchen. Im Vergleich zu den
Beträgen des JVEG sind die hier angesetzten Nebenkosten mehrfach
übersetzt. Deshalb sind die Kostenansätze des Sachverständigen wegen
Wuchers im Rahmen der Ermittlung des geschuldeten Honorars nicht
anwendbar.
Das Gericht hat nach den Grundsätzen des JVEG
hinsichtlich der Nebenkosten die angemessene Vergütung festgesetzt.
Danach hätte der Sachverständige für das hier angefertigte Gutachten
(netto) maximal 1.760 Euro berechnen dürfen. Die beklagte Versicherung
hat aber bereits 1.771 Euro bezahlt.
Somit bestand keine Restforderung mehr und die Klage war abzuweisen.
Das Urteil ist rechtskräftig.
AG München, Urteil 343 C 3510/14 vom 22.08.2014
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