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  • 13.09.2024 – Apotheken-Nachrichten von heute - Update: Reformdruck und Sicherheitsrisiken
    13.09.2024 – Apotheken-Nachrichten von heute - Update: Reformdruck und Sicherheitsrisiken
    APOTHEKE | Medienspiegel & Presse | Die IT-Sicherheit in deutschen Apotheken zeigt erhebliche Schwächen, während veraltete Schutzmaßnahmen sensible Daten gefährden. Auch ...

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ApoRisk® Nachrichten - APOTHEKE:


APOTHEKE | Medienspiegel & Presse |

Apotheken-Nachrichten von heute - Update: Reformdruck und Sicherheitsrisiken

 

Wie Reformen, Cybersicherheitslücken und Innovationen die Zukunft der Medizin beeinflussen

Die IT-Sicherheit in deutschen Apotheken zeigt erhebliche Schwächen, während veraltete Schutzmaßnahmen sensible Daten gefährden. Auch das Apotheken-Reformgesetz steht vor einer ungewissen Zukunft, da Uneinigkeiten innerhalb der Koalition das Vorhaben ins Wanken bringen. Gleichzeitig kämpfen Ärzte mit beruflicher Überlastung, die medizinische Forschung strebt jedoch dank neuer Gesetze nach internationalen Spitzenpositionen. Die Expopharm 2024 verspricht Lösungen für die Zukunft der Apothekenbranche, während neue Medikamente, wie Fezolinetant, und genetische Entdeckungen in der Menopause-Forschung medizinische Fortschritte versprechen. Unterschätzte Risiken wie Sepsis und Krampfanfälle bei Kindern sorgen ebenfalls für besorgniserregende Schlagzeilen.

 

Cybersicherheit in Apotheken: Veraltete Schutzmaßnahmen gefährden sensible Daten

Die IT-Sicherheit in Deutschland zeigt besorgniserregende Schwächen, da die Schutzvorkehrungen in Unternehmen und Behörden nach wie vor unzureichend sind. Trotz der rasanten Entwicklung der Technologie bleiben die Methoden der Cyberangreifer seit fast einem Jahrzehnt unverändert. Die Hauptursache für die zunehmenden Sicherheitsvorfälle liegt weniger an der Innovationskraft der Angreifer, sondern vielmehr an den veralteten Schutzmaßnahmen der betroffenen Organisationen.

Ein zentrales Problem ist, dass viele Institutionen nach wie vor auf überholte Sicherheitsstrategien setzen, die den aktuellen Bedrohungen nicht standhalten. Cyberkriminelle nutzen bekannte Schwachstellen und bewährte Phishing-Techniken, um in Systeme einzudringen und Daten zu stehlen. Die langsame Reaktionsfähigkeit und mangelnde Anpassung der Sicherheitsvorkehrungen machen es den Angreifern leicht, ihre Angriffe erfolgreich durchzuführen.

Für Apothekenbetreiber, die zunehmend digitale Systeme für Verwaltung, Kundenkommunikation und Abrechnung einsetzen, ist diese Situation besonders kritisch. Da viele Apotheken kleine bis mittelgroße Unternehmen sind, haben sie oft nicht die Ressourcen, um umfassende IT-Sicherheitsmaßnahmen zu implementieren. Dennoch ist es für sie unerlässlich, sich der spezifischen Risiken bewusst zu werden und entsprechende Schutzmaßnahmen zu ergreifen.

Empfohlene Maßnahmen für Apotheken umfassen regelmäßige Sicherheitsüberprüfungen und -updates. Dazu gehört die Installation aktueller Sicherheitsupdates für alle verwendeten Systeme und Software sowie die Schulung der Mitarbeiter im Umgang mit Phishing-Mails und anderen Betrugstechniken. Die Implementierung von Verschlüsselungstechnologien für sensible Daten sowie eine robuste Backup-Strategie sind ebenfalls essenziell, um die IT-Infrastruktur zu schützen.

Zusätzlich sollten Apotheken eine umfassende IT-Sicherheitsstrategie entwickeln, die regelmäßige Risikoanalysen und die Implementierung klar definierter Sicherheitsrichtlinien umfasst. Die Zusammenarbeit mit IT-Sicherheitsberatern kann dabei helfen, spezifische Schwachstellen zu identifizieren und zu beheben. Eine starke Sicherheitskultur innerhalb der Apotheke ist ebenfalls entscheidend, um langfristig erfolgreich gegen Cyberangriffe gewappnet zu sein.

Die anhaltenden Sicherheitsprobleme in der IT-Branche verdeutlichen einen alarmierenden Trend: Trotz bekannter Bedrohungen und bewährter Schutzmaßnahmen bleiben die IT-Sicherheitsstandards in Deutschland oft hinter den notwendigen Anforderungen zurück. Dies betrifft insbesondere die Apothekenbranche, die sich aufgrund der zunehmenden Digitalisierung und begrenzter Ressourcen besonders anfällig für Cyberangriffe zeigt.

Apothekenbetreiber müssen sich dieser Herausforderung proaktiv stellen und kontinuierlich in die Verbesserung ihrer IT-Sicherheit investieren. Cyberangriffe sind nicht nur eine technische Herausforderung, sondern auch eine Frage der organisatorischen Vorbereitung und Mitarbeiterschulung. Die konsequente Umsetzung von Sicherheitsstrategien, regelmäßige Updates und eine starke Sicherheitskultur sind unerlässlich, um den fortwährend wachsenden Bedrohungen erfolgreich entgegenzuwirken.

Da die Methoden der Angreifer seit Jahren konstant bleiben, liegt die Verantwortung hauptsächlich bei den betroffenen Organisationen, ihre Sicherheitsvorkehrungen entsprechend anzupassen. Apotheken sind hierbei keine Ausnahme und müssen sich kontinuierlich den sich wandelnden Bedrohungen anpassen, um ihre Betriebsabläufe und die Sicherheit sensibler Patientendaten zu gewährleisten. Der Schutz dieser Daten ist entscheidend für das Vertrauen der Kunden und die Integrität der gesamten Gesundheitsversorgung.

 

ApoRG auf der Kippe – Reform der Apotheken droht zu scheitern

Das Apotheken-Reformgesetz (ApoRG) steht vor einem ungewissen Schicksal. Während Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) die Notwendigkeit einer umfassenden Reform des Apothekenmarkts betont, stößt er auf erheblichen Widerstand seitens des Koalitionspartners FDP. Insbesondere die „Apotheke ohne Apotheker“, eine Kernkomponente der Reform, ist für die Liberalen nicht akzeptabel. Ohne diese Strukturänderung ist Lauterbach jedoch nicht bereit, weitere Reformen wie die Anpassung der Apothekenhonorare oder die Wiedereinführung von Skonti im Einkauf in Angriff zu nehmen. Wie aus Kreisen der SPD-Fraktion zu hören ist, wird frühestens im Oktober eine Entscheidung im Kabinett erwartet.

Bei einer Klausurtagung der gesundheitspolitischen Arbeitsgruppe der SPD wurde die Apothekenreform nur am Rande besprochen. Im Mittelpunkt der Gespräche standen andere gesundheitspolitische Projekte wie das Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz (GVSG) und die Krankenhausreform. Auch die Notfallversorgung wurde intensiv diskutiert. Die Reform der Apotheken scheint damit auf der Prioritätenliste nach unten gerutscht zu sein. Lauterbach selbst konnte den anwesenden Abgeordneten keinen konkreten Zeitplan für die Umsetzung des ApoRG nennen. Es sei unklar, ob und wann das Gesetz tatsächlich verabschiedet werde.

Die FDP zeigt sich bislang unnachgiebig. Ihr Hauptkritikpunkt bleibt die geplante Strukturreform, die eine Abkehr von der traditionellen Rolle des Apothekers vorsieht. Für Lauterbach jedoch ist diese Veränderung der Dreh- und Angelpunkt seiner Reformbemühungen. Ohne eine Modernisierung der Apothekenlandschaft sieht der Gesundheitsminister keinen Spielraum für eine Honorarumstellung. Auch die Wiedereinführung von Skonti im Einkauf, ein Instrument zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit kleinerer Apotheken, wäre ohne die Strukturreform vom Tisch.

Dennoch gibt es innerhalb der SPD-Fraktion Stimmen, die eine Reform des Apothekenmarkts für dringend notwendig halten. Sollte die große Reform scheitern, werden kleinere Anpassungen ins Spiel gebracht. Ein solches Szenario könnte über das sogenannte „Omnibusverfahren“ erfolgen, bei dem Reformen im Rahmen anderer Gesetze umgesetzt werden. Der Bürokratieabbau wird dabei als potenzielles Thema genannt. Aus der SPD-Fraktion heißt es, dass das ApoRG noch nicht endgültig gescheitert sei, jedoch offen bleibe, ob und in welcher Form es verabschiedet werde.

Die unklare Zukunft des ApoRG wirft Fragen auf, welche Richtung die Apothekenpolitik in Deutschland nehmen wird. Mit einem möglichen Kabinettsbeschluss im Oktober bleibt die Zeit für die Akteure knapp, um eine Einigung zu finden.

Die Reform des Apothekenmarkts, wie sie im Apotheken-Reformgesetz (ApoRG) vorgesehen ist, wirft tiefe Gräben in der politischen Landschaft auf. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hat ehrgeizige Ziele: Er will eine Strukturreform, die den Apothekenmarkt modernisieren und zukunftssicher machen soll. Doch die Pläne sind umstritten, besonders in der FDP. Die „Apotheke ohne Apotheker“ ist für viele ein Tabu – zu groß scheint die Angst, dass die qualifizierte Beratung, die Apotheker leisten, durch diese Reform Schaden nehmen könnte.

Dennoch bleibt die Frage: Braucht der Apothekenmarkt eine Veränderung? Die Antwort darauf ist klar: Ja, aber nicht um jeden Preis. Lauterbachs Reformvorhaben birgt Chancen, die Wettbewerbsfähigkeit von Apotheken zu stärken und gleichzeitig die Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Doch ohne einen Konsens in der Koalition droht das Vorhaben zu scheitern. Lauterbachs „Alles oder Nichts“-Ansatz könnte sich dabei als Fehler erweisen. Denn wer auf die komplette Umstrukturierung beharrt, riskiert, dass selbst dringend benötigte kleinere Anpassungen nicht umgesetzt werden.

Gerade der Bürokratieabbau oder die Wiedereinführung von Skonti wären Maßnahmen, die vielen Apotheken im Alltag helfen könnten. Wenn die große Reform nicht umsetzbar ist, sollte man sich zumindest auf solche sinnvollen Einzelmaßnahmen konzentrieren. Eine Blockadehaltung schadet am Ende nicht nur der politischen Glaubwürdigkeit, sondern auch den Apotheken selbst, die auf Veränderungen angewiesen sind.

Lauterbach steht vor einer schwierigen Entscheidung: Verzichtet er auf die Strukturreform, könnte er zumindest die Honorarfrage und den Skonto-Mechanismus neu regeln. Hält er jedoch an seinem umfassenden Reformpaket fest, könnte am Ende gar nichts passieren. Mut zur Reform ist wichtig – aber Flexibilität ist der Schlüssel, um das Apothekenwesen zukunftssicher zu gestalten.

 

Gericht weist Antrag auf Streichung der Niederlande von Länderliste ab

Das Verwaltungsgericht Köln hat einen Antrag des Vereins »Freie Apothekerschaft« (FA) abgelehnt, der darauf abzielte, die Niederlande von der sogenannten Länderliste zu streichen. Diese Liste, die vom Bundesgesundheitsministerium (BMG) geführt wird, regelt den grenzüberschreitenden Versand von Arzneimitteln. Neben den Niederlanden umfasst sie auch Schweden, Tschechien und Island, wobei teilweise Einschränkungen gelten.

Der Antrag der FA richtete sich insbesondere gegen den zunehmenden Versand von Medikamenten aus den Niederlanden nach Deutschland. Dabei zielt der Verein vor allem auf große Versender wie Doc Morris und die Shop-Apotheke ab, deren Marktanteile durch das E-Rezept und das Card-Link-Verfahren in den letzten Jahren erheblich gestiegen sind. Mit der angestrebten Streichung der Niederlande von der Länderliste wollte die FA erreichen, dass die Aktivitäten dieser Anbieter in Deutschland stark eingeschränkt werden.

Im Juni 2024 stellte der Verein einen Antrag auf Aktualisierung der Länderliste beim BMG. Gleichzeitig brachte die FA das Verfahren vor die Verwaltungsgerichte, um eine schnelle Entscheidung zu erwirken. Doch das Verwaltungsgericht Köln sah keine Dringlichkeit und wies den Antrag am 28. August 2024 ab. Laut dem Gericht sei eine wirtschaftliche Beeinträchtigung nicht ausreichend, um eine Eilbedürftigkeit zu begründen. Nur wenn Apotheken in ihrer Existenz bedroht wären, könne eine schnelle Anordnung gerechtfertigt sein.

Die Freie Apothekerschaft reagierte enttäuscht auf die Entscheidung. Die Vereinsvorsitzende Daniela Hänel erklärte, dass der Versandhandel mit Arzneimitteln durch die Einführung des E-Rezepts und des damit verbundenen Card-Link-Verfahrens im Jahr 2024 sprunghaft angestiegen sei. Dies zeige sich auch in den Geschäftszahlen der niederländischen Versender Doc Morris und Shop-Apotheke, deren Marktanteil deutlich gewachsen sei. Hänel kündigte an, gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Münster einzulegen. Eine Entscheidung wird noch in diesem Jahr erwartet.

Die rechtliche Auseinandersetzung könnte weitreichende Konsequenzen für den Versandhandel mit Arzneimitteln und die Apothekenlandschaft in Deutschland haben. Sollte die Beschwerde der FA Erfolg haben, könnte dies die Position deutscher Vor-Ort-Apotheken stärken, die seit Jahren unter dem wachsenden Druck durch den Versandhandel leiden.

Die Ablehnung des Antrags der Freien Apothekerschaft durch das Verwaltungsgericht Köln stellt eine weitere Etappe im langjährigen Streit um den Versandhandel mit Arzneimitteln dar. Es zeigt sich, wie komplex und vielschichtig das Thema ist. Auf der einen Seite stehen die großen Versandapotheken, die durch den zunehmenden Einsatz von E-Rezepten und digitalen Bestellprozessen ihren Marktanteil stetig vergrößern. Auf der anderen Seite kämpfen die Vor-Ort-Apotheken mit den Herausforderungen der Digitalisierung und dem wachsenden Wettbewerbsdruck.

Die Entscheidung des Gerichts, den Antrag abzulehnen, basiert in erster Linie auf formalen Kriterien der Dringlichkeit. Damit bleibt die inhaltliche Auseinandersetzung über die rechtliche Zulässigkeit des grenzüberschreitenden Versandhandels unberührt. Doch genau diese Frage steht im Zentrum der Debatte: Inwieweit sollte es ausländischen Anbietern erlaubt sein, den deutschen Markt zu dominieren, und welche Auswirkungen hat dies auf die Apotheken vor Ort?

Die FA sieht sich durch die Einführung des E-Rezepts und den damit verbundenen Card-Link-Prozessen in ihrer Existenz bedroht. Die Zahlen geben dem Verein zumindest teilweise recht: Der Umsatz der großen niederländischen Anbieter hat deutlich zugenommen, während viele lokale Apotheken weiterhin um ihre wirtschaftliche Stabilität ringen. Hier zeigt sich ein grundlegender Konflikt zwischen Innovation und Tradition, zwischen Digitalisierung und dem Schutz lokaler Strukturen.

Unabhängig vom Ausgang des Verfahrens vor dem Oberverwaltungsgericht Münster bleibt die Frage offen, wie die deutsche Apothekenlandschaft in Zukunft gestaltet werden soll. Ein Verbot des Versandhandels könnte zwar kurzfristig Erleichterung schaffen, doch langfristig wird sich der Trend zur Digitalisierung nicht aufhalten lassen. Die Herausforderung besteht darin, einen fairen Wettbewerb zu ermöglichen, der sowohl die Interessen der Vor-Ort-Apotheken als auch die Chancen des Versandhandels berücksichtigt.

Die nächste Entscheidung könnte einen wichtigen Präzedenzfall schaffen – und nicht nur für die Apothekenbranche.

 

Herbst der Reformen: Lauterbachs Weg aus der Gesundheitskrise

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat in der Haushaltsdebatte im Bundestag einen umfassenden Reformherbst für das deutsche Gesundheitssystem angekündigt. Im Zentrum stehen weitreichende Strukturreformen, die bis zur Bundestagswahl im Herbst 2025 abgeschlossen sein sollen. Lauterbach betonte, dass das Gesundheitssystem vor tiefgreifenden Herausforderungen stehe, die nur durch grundlegende Reformen bewältigt werden könnten. „Das Gesundheitssystem ist in einer Notlage“, erklärte der Minister. Leistungskürzungen schloss er jedoch aus und unterstrich, dass die Versicherten nicht durch Einsparungen belastet werden dürften.

Zentrales Thema seiner Reformagenda sind die Krankenhaus- und Pflegefinanzierung. Beide Bereiche stehen seit Jahren unter Druck, und eine Reform wird als unausweichlich angesehen. Auffällig war jedoch, dass Lauterbach das Apotheken-Reformgesetz (ApoRG), das seit Monaten in der Ressortabstimmung festhängt, in seiner Rede nicht erwähnte. Das ApoRG zielt unter anderem darauf ab, Apothekenketten zu erleichtern und auch Filialen ohne approbierte Apotheker zuzulassen, was auf erheblichen Widerstand in der Branche stößt. Kritik kommt nicht nur von den Apothekerverbänden, sondern auch aus der Union und Teilen der Regierungskoalition.

Ein weiterer Schwerpunkt der Debatte war der Gesundheitsetat für das Jahr 2025. Der Etat soll auf 16,44 Milliarden Euro gesenkt werden, was eine Reduktion um rund 269 Millionen Euro im Vergleich zum Vorjahr bedeutet. Im Jahr 2023 belief sich der Etat noch auf 24,5 Milliarden Euro, was einen deutlichen Rückgang der Ausgaben im Gesundheitsbereich widerspiegelt. Lauterbach äußerte sich in seiner Rede jedoch kaum zu den konkreten Auswirkungen der Einsparungen.

Die finanzielle Lage der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) bleibt prekär. Bereits im ersten Halbjahr 2024 verzeichnete die GKV ein Defizit von 2,2 Milliarden Euro, und bis Ende des Jahres könnte die Unterfinanzierung auf bis zu 4,5 Milliarden Euro anwachsen. Lauterbach hat mehrfach angekündigt, dass die Zusatzbeiträge der Versicherten auch 2025 steigen werden. Der Minister verwies darauf, dass die strukturellen Probleme der letzten zwei Jahrzehnte eine Erhöhung der Beiträge notwendig machen.

Die Opposition nutzte die Haushaltsdebatte, um scharfe Kritik an Lauterbachs Reformplänen zu üben. Tino Sorge, gesundheitspolitischer Sprecher der CDU/CSU, warf dem Minister vor, die Realität im Gesundheitswesen zu ignorieren, insbesondere in Bezug auf die Krankenhausreform. Die Union fordert seit langem konkrete Vorschläge für die Pflegefinanzierung, die bislang ausblieben. Auch die steigenden Beiträge in der GKV und PKV wurden scharf kritisiert. Wolfgang Wiehle von der AfD kritisierte, dass die GKV durch die Gesundheitsversorgung von Migranten und Flüchtlingen unnötig belastet werde.

Auch innerhalb der Regierungskoalition gab es kritische Stimmen. Paula Piechotta, gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen, warnte vor den Haushaltsrisiken durch ausstehende Rechtsstreitigkeiten in Bezug auf Maskenkäufe während der Pandemie. Sie bezifferte das Risiko auf über 2,5 Milliarden Euro. Karsten Klein von der FDP forderte in diesem Zusammenhang eine vollständige Aufklärung der Masken-Geschäfte.

Trotz der Kritik betonte Lauterbach die Dringlichkeit seiner Reformagenda. Er wies darauf hin, dass bereits 15 wichtige Gesetze auf den Weg gebracht worden seien, und weitere acht Gesetze sich im parlamentarischen Verfahren befänden. Die Bundesregierung setze alles daran, das Gesundheitssystem zukunftsfähig zu gestalten. Ob die Apothekenreform in ihrer aktuellen Form verabschiedet wird, bleibt jedoch weiterhin offen.

Die Ankündigung von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach, einen „Herbst der Reformen“ im Gesundheitswesen einzuleiten, ist längst überfällig. Dass das deutsche Gesundheitssystem vor gravierenden Problemen steht, ist unbestreitbar. Die steigenden Kosten, die finanziellen Engpässe der Krankenversicherung und der Reformbedarf in der Pflege- und Krankenhausfinanzierung sind bekannte Baustellen, die nicht länger aufgeschoben werden dürfen. Lauterbachs Vorstoß, auf Strukturreformen statt auf kurzfristige Einsparungen zu setzen, ist daher der richtige Weg.

Kritisch ist jedoch die Tatsache, dass wichtige Bereiche, wie die Apothekenreform, in seiner Rede kaum Beachtung fanden. Die Apothekenlandschaft steht vor großen Veränderungen, und die geplanten Reformen könnten weitreichende Folgen für die Versorgungssicherheit haben. Die Bedenken, die innerhalb der Koalition und von der Opposition geäußert werden, sollten ernst genommen werden. Apotheken ohne approbierte Apotheker könnten die Qualität der Versorgung erheblich beeinträchtigen.

Auch die finanzielle Lage der gesetzlichen Krankenversicherung bleibt alarmierend. Dass die Zusatzbeiträge der Versicherten steigen werden, ist eine unangenehme, aber notwendige Konsequenz der versäumten Reformen der letzten Jahre. Hier wird deutlich, dass es kein Zurück mehr geben kann – das System braucht umfassende Veränderungen, um langfristig finanzierbar zu bleiben.

Lauterbach steht nun vor der großen Herausforderung, seine Reformpläne gegen erheblichen politischen Widerstand durchzusetzen. Der Erfolg wird davon abhängen, ob er es schafft, die verschiedenen Interessensgruppen – von Krankenhäusern über Apotheker bis hin zu den Krankenkassen – an einen Tisch zu bringen und gemeinsam tragfähige Lösungen zu entwickeln. Ob der angekündigte Reformherbst jedoch tatsächlich die erhofften Veränderungen bringt, bleibt abzuwarten.

 

Deutschland im Wettlauf um die Zukunft der medizinischen Forschung

Am vergangenen Freitag lud die Wochenzeitung »Die Zeit« zu einer hochkarätig besetzten Diskussionsrunde in Berlin ein, um die Zukunft der medizinischen Forschung in Deutschland zu erörtern. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) nutzte die Bühne, um sein im Juli verabschiedetes Medizinforschungsgesetz (MFG) erneut zu verteidigen und dessen Potenzial für die deutsche Pharmaforschung zu betonen. Das Ziel des Gesetzes sei es, die Genehmigungsverfahren für klinische Prüfungen zu beschleunigen und Deutschland wieder an die Spitze der internationalen medizinischen Forschung zu bringen.

In einer Diskussionsrunde, an der unter anderem Josef Hecken, der Vorsitzende des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA), der CDU-Bundestagsabgeordnete Georg Kippels und Martin Völkl, General Manager von BeiGene Deutschland, teilnahmen, wurde jedoch deutlich, dass weiterhin Handlungsbedarf besteht. Hecken widersprach Lauterbachs Behauptung, deutsche Patienten seien von innovativen Arzneimitteln abgeschnitten. Deutschland sei führend, wenn es um die schnelle Verfügbarkeit von neuen Krebsmedikamenten nach der Zulassung gehe. Patienten in anderen EU-Staaten wie Frankreich und den Niederlanden müssten deutlich länger auf diese Behandlungen warten.

Einigkeit herrschte jedoch darüber, dass Deutschland bei der Durchführung klinischer Studien international den Anschluss verloren habe. Die bürokratischen Hürden seien hoch, und viele internationale Pharmaunternehmen zögen es vor, ihre Studien in anderen Ländern durchzuführen. Martin Völkl betonte, dass das MFG zwar wichtige Ansätze liefere, die Umsetzung dieser Vorhaben jedoch entscheidend sei, um die Situation nachhaltig zu verbessern.

Georg Kippels kritisierte in diesem Zusammenhang die schleppende Umsetzung weiterer Reformen unter Karl Lauterbachs Leitung. Viele der angekündigten Vorhaben, wie etwa das Apotheken-Reformgesetz, seien mehrfach verschoben worden und stünden weiterhin im Raum, ohne dass konkrete Fortschritte erzielt worden seien. Er zweifelte daran, dass Lauterbach der große Reformminister sei, als den er sich selbst präsentiere.

Im Interview, das im Anschluss von Andreas Sentker, dem geschäftsführenden Redakteur der »Zeit«, mit Lauterbach geführt wurde, zeigte sich der Minister überzeugt, dass Deutschland dringend mehr klinische Studien benötige. Besonders für schwerkranke Patienten, die oftmals als austherapiert gelten, seien diese Studien die letzte Hoffnung. Lauterbach führte an, dass die Wahrscheinlichkeit, an einer solchen Studie teilzunehmen, in Ländern wie Dänemark zehn bis zwanzig Mal höher sei als in Deutschland. Dies müsse sich ändern.

Ein weiterer zentraler Punkt war die Digitalisierung des Gesundheitswesens. Lauterbach sieht in der „verschlafenen“ Digitalisierung Deutschlands paradoxerweise einen Vorteil. Länder wie Dänemark oder Estland, die oft als Vorbilder genannt werden, hätten Datenstrukturen, die moderne Analysemethoden, etwa den Einsatz von künstlicher Intelligenz, erschwerten. Deutschland hingegen könne durch den verspäteten Start diese Technologien von Anfang an integrieren und sei daher international zunehmend ein attraktiver Standort für pharmazeutische Forschung.

In den vergangenen Monaten seien Milliardeninvestitionen von Pharmaunternehmen in Deutschland erfolgt, was Lauterbach als Erfolg seiner Digitalgesetze wertete. Diese Gesetze ermöglichten der Wissenschaft den Zugang zu pseudonymisierten Daten aus der elektronischen Patientenakte, was neue Möglichkeiten für die medizinische Forschung eröffne.

Abschließend machte Lauterbach deutlich, dass es zwar noch viele Herausforderungen gebe, er jedoch fest daran glaube, dass das Medizinforschungsgesetz der erste Schritt sei, um Deutschlands Stellung als weltweit führender Forschungsstandort zurückzuerlangen.

Karl Lauterbachs Medizinforschungsgesetz ist sicherlich ein Schritt in die richtige Richtung, um die deutsche Pharmaforschung zu stärken und im internationalen Wettbewerb wieder konkurrenzfähig zu machen. Die beschleunigte Genehmigung von klinischen Prüfungen und die Erleichterung der Datenverfügbarkeit durch die Elektronische Patientenakte sind zentrale Bausteine, um Deutschland attraktiver für pharmazeutische Unternehmen und Forschungseinrichtungen zu machen. Doch die Kritik, die während der Diskussionsrunde laut wurde, sollte nicht ignoriert werden.

Bürokratische Hürden sind weiterhin ein großes Problem, und es bedarf konkreter Maßnahmen, um diese abzubauen. Es reicht nicht, ambitionierte Gesetze zu verabschieden – deren Umsetzung muss ebenso entschlossen erfolgen. Hier liegt eine der größten Schwächen der bisherigen Gesundheitsreformen unter Lauterbachs Führung. Projekte wie das Apotheken-Reformgesetz hängen in der Luft, und viele seiner Vorhaben sind bisher nicht über das Planungsstadium hinausgekommen.

Besonders bedenklich ist die Tatsache, dass Deutschland bei der Durchführung klinischer Studien so weit zurückliegt. Für schwerkranke Patienten, die oft auf neue Behandlungsmethoden hoffen, ist dies ein erheblicher Nachteil. Es sollte eine nationale Priorität sein, dass Deutschland hier wieder aufholt und mehr Studien ins Land holt.

Lauterbachs Optimismus bezüglich der Digitalisierung des Gesundheitswesens ist nachvollziehbar, doch es bleibt abzuwarten, ob dieser späte Aufbruch in die digitale Ära tatsächlich die versprochenen Vorteile bringt. Die Chancen sind zweifellos da, insbesondere durch den Einsatz moderner Analysemethoden wie Künstlicher Intelligenz. Dennoch ist Vorsicht geboten, dass der Rückstand in der Digitalisierung nicht weiterhin als Ausrede dient, sondern dass jetzt tatsächlich gehandelt wird.

Letztlich steht und fällt der Erfolg des Medizinforschungsgesetzes mit der konsequenten Umsetzung und der Reduzierung der Bürokratie. Nur so kann Deutschland seine Position als Innovationsstandort behaupten und den Anschluss an die internationale Spitze finden.

 

Mehr Impfungen in Apotheken: Chance oder Risiko für Arztpraxen?

In einer aktuellen Umfrage der AOK Hessen zeigt sich ein wachsendes Interesse an einem erweiterten Impfangebot in Apotheken. Bisher dürfen Apothekerinnen und Apotheker in Deutschland nur die saisonale Grippe- und Covid-19-Impfung anbieten, während in Ländern wie Frankreich ein umfassenderes Impfangebot bereits umgesetzt wurde. Das geplante Apothekenreformgesetz soll diese Einschränkung lockern und die Möglichkeit eröffnen, in Apotheken auch Totimpfstoffe wie jene gegen Tetanus, Diphtherie und das Respiratorische Synzytial-Virus (RSV) zu verabreichen.

Laut der repräsentativen Befragung, an der 1000 Personen telefonisch teilgenommen haben, würden sich 6 Prozent der Befragten lieber in einer Apotheke als in einer Arztpraxis impfen lassen. 53 Prozent der Teilnehmenden bevorzugen weiterhin die Impfung in einer Arztpraxis, während sich 34 Prozent sowohl Impfungen in Apotheken als auch in Arztpraxen vorstellen könnten.

Die AOK Hessen schätzt, dass jeder Vierte bis Fünfte künftig die Apotheke als Impfzentrum wählen könnte, sofern das Apothekenreformgesetz in Kraft tritt und genügend Apotheken Impfungen anbieten. Dies könnte eine erhebliche Entlastung für Arztpraxen bedeuten. Gleichzeitig warnt die AOK jedoch, dass den Arztpraxen durch ein erweitertes Impfangebot in Apotheken ein Teil ihrer Vergütung entgehen könnte. Allerdings scheint die Krankenkasse zu überschätzen, wie hoch die tatsächlichen Vergütungen für die Aufklärung und Durchführung von Impfungen sind. Vor allem Menschen, die bislang keinen regelmäßigen Impfschutz wahrgenommen haben, könnten von dem niedrigschwelligen Angebot in Apotheken profitieren, was die Impfquote insgesamt erhöhen könnte.

In Ländern wie Frankreich, wo Apothekerinnen und Apotheker seit 2022 eine breitere Palette von Impfungen durchführen dürfen, hat sich gezeigt, dass dies zu einer Entlastung des Gesundheitssystems beitragen kann. Ob sich dieses Modell in Deutschland etablieren wird, hängt jedoch von der Zustimmung des Bundestages und der Akzeptanz der Bevölkerung ab.

Die Diskussion um ein erweitertes Impfangebot in Apotheken wirft Fragen nach der zukünftigen Struktur der Gesundheitsversorgung auf. Es steht außer Zweifel, dass die Arztpraxen überlastet sind und jede Möglichkeit zur Entlastung willkommen ist. Ein breiteres Impfangebot in Apotheken könnte hier Abhilfe schaffen, indem es vor allem jene erreicht, die bisher den Weg zum Arzt für eine Impfung gescheut haben.

Gleichzeitig bleibt zu bedenken, dass das Arzt-Patienten-Verhältnis eine zentrale Rolle in der individuellen Gesundheitsversorgung spielt. Impfungen in Apotheken könnten diese Beziehung schwächen, wenn medizinische Beratung und Impfaufklärung zunehmend außerhalb der Arztpraxis stattfinden. Auch ist nicht von der Hand zu weisen, dass der monetäre Aspekt für Arztpraxen von Bedeutung ist. Wenn ihnen Vergütungen für Impfungen entgehen, könnte dies langfristig ihre finanzielle Stabilität gefährden.

Dennoch bietet ein niedrigschwelliges Impfangebot in Apotheken viele Vorteile. In einer alternden Gesellschaft, die vor einer wachsenden Zahl von Infektionskrankheiten steht, kann jeder Schritt zur Erhöhung der Impfquote nur begrüßt werden. Letztlich sollte es nicht darum gehen, ob die Impfung in einer Arztpraxis oder in einer Apotheke erfolgt, sondern darum, dass möglichst viele Menschen die Chance auf einen umfassenden Impfschutz erhalten.

 

Beratungsqualität in Apotheken: Wechseljahre im Fokus – neue Therapieoption Fezolinetant

Die Wechseljahre stellen eine Phase großer Veränderungen im Leben vieler Frauen dar. Während dieser Zeit kommt es häufig zu Beschwerden wie Hitzewallungen, Schweißausbrüchen und Schlafstörungen. Die Rolle der Apotheken in der Beratung zu diesen Themen hat in den letzten Jahren stark an Bedeutung gewonnen. Vor allem die Frage nach geeigneten Therapieoptionen steht im Vordergrund. Eine aktuelle Neuerung auf dem deutschen Markt ist das nicht-hormonelle Medikament Fezolinetant, das seit Februar zur Behandlung von mittelschweren bis schweren vasomotorischen Symptomen zugelassen ist.

Laut Hayriye Polat, Apothekeninhaberin aus Köln, hat sich die Einstellung der Frauen zur Hormonersatztherapie (HRT) über die Jahre gewandelt. In einem Podcast der Pharmazeutischen Zeitung betont sie: „Früher gab es viel Skepsis, heute beobachten wir ein Umdenken.“ Dennoch bleibt die Hormonersatztherapie ein sensibles Thema, das eine intensive Beratung erfordert. Hier seien Apotheken oft gefragt, da viele Frauen unsicher seien und individuelle Beratung benötigten.

Die Einführung von Fezolinetant stellt für Frauen, die keine hormonellen Behandlungen in Anspruch nehmen wollen oder können, eine wichtige Alternative dar. Fezolinetant wirkt als Antagonist am Neurokinin-3-Rezeptor und reduziert Hitzewallungen, ohne in den Hormonhaushalt einzugreifen. Dies hat für viele Patientinnen eine entscheidende Bedeutung, wie Polat aus ihren Beratungsgesprächen berichtet: „Die Rückmeldungen sind bisher sehr positiv, viele Frauen wissen bereits, dass es sich um eine nicht-hormonelle Therapie handelt und schätzen diese Möglichkeit.“

Die Apothekenberatung ist dabei ein wichtiger Baustein, um über Vor- und Nachteile der unterschiedlichen Therapien aufzuklären. Besonders bei hormonellen und neuen nicht-hormonellen Optionen ist eine fundierte Beratung gefragt, um die Patientinnen in ihrer Entscheidung zu unterstützen und mögliche Ängste zu nehmen. In der Apotheke können zudem praktische Hinweise zur Anwendung der Präparate gegeben werden, die für eine erfolgreiche Therapie essenziell sind.

Die Nachfrage nach nicht-hormonellen Therapieoptionen wird voraussichtlich weiter steigen, da viele Frauen nach Alternativen zur HRT suchen. Die Entwicklung von Medikamenten wie Fezolinetant zeigt, dass der Markt auf diese Bedürfnisse reagiert und innovative Lösungen bietet.

Die Beratungskompetenz von Apotheken in Bezug auf die Wechseljahre wird zunehmend wichtiger. Frauen suchen nach fundierten Informationen und individuellen Lösungen, um die mit dieser Lebensphase einhergehenden Beschwerden zu bewältigen. Apotheken bieten nicht nur schnelle, zugängliche Beratung, sondern können auch bei sensiblen Themen wie der Hormonersatztherapie helfen, Unsicherheiten zu überwinden.

Mit der Markteinführung von Fezolinetant gibt es nun eine vielversprechende nicht-hormonelle Alternative, die den Frauen mehr Wahlmöglichkeiten bietet. Diese Erweiterung des therapeutischen Spektrums zeigt, wie stark die Bedeutung der Apotheken in der Gesundheitsversorgung ist. Sie fungieren als Bindeglied zwischen den neuesten medizinischen Entwicklungen und den Patientinnen, die in der oft überladenen medizinischen Landschaft Orientierung suchen.

Die Herausforderung besteht darin, sicherzustellen, dass Frauen umfassend und individuell beraten werden, unabhängig davon, ob sie eine hormonelle oder nicht-hormonelle Therapie bevorzugen. Die Apotheken haben hier eine Schlüsselrolle, die durch kontinuierliche Schulung und Wissenstransfer gefestigt werden muss. Das Vertrauen der Frauen in diese Beratung ist hoch – und das zu Recht.

Die Wechseljahre sind kein Tabuthema mehr, doch die Unsicherheiten bestehen weiterhin. Apotheken müssen ihre beratende Funktion ausbauen, um als verlässliche Partner in der Gesundheitsvorsorge zu agieren. Es ist klar, dass die Beratungskompetenz rund um die Wechseljahre auch in Zukunft eine zentrale Rolle spielen wird.

 

Deutschland setzt auf Fortschritt mit dem Medizinforschungsgesetz

Am Freitag fand in der Hauptstadt eine hochkarätige Diskussionsrunde zum Gesundheitswesen statt, organisiert von der Wochenzeitung »Die Zeit«. Im Mittelpunkt der Gespräche stand das im Juli 2024 verabschiedete Medizinforschungsgesetz (MFG), das von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) erneut als entscheidender Schritt für die Zukunft der deutschen Pharmaforschung gewürdigt wurde. Mit dem Gesetz sollen bürokratische Hürden abgebaut und die Genehmigungsverfahren für klinische Studien beschleunigt werden, um Deutschland wieder zu einem weltweit führenden Standort der medizinischen Forschung zu machen.

Zu Beginn der Veranstaltung diskutierten Josef Hecken, Vorsitzender des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA), Georg Kippels, CDU-Bundestagsabgeordneter, und Martin Völkl, General Manager des Pharmaunternehmens BeiGene, über die Notwendigkeit einer modernen und innovativen Gesundheitsversorgung. Hecken widersprach dabei der Einschätzung Lauterbachs, wonach deutsche Patienten nicht ausreichend Zugang zu innovativen Medikamenten hätten. „Deutschland gehört zu den Ländern, in denen neue Krebsmedikamente besonders schnell nach ihrer Zulassung verfügbar sind“, betonte Hecken. Im Vergleich zu anderen europäischen Ländern, wie Frankreich oder den Niederlanden, profitieren deutsche Patienten von einem schnelleren Zugang.

Trotz dieser positiven Entwicklung herrschte bei den Diskutanten Einigkeit darüber, dass Deutschland in der internationalen Forschungslandschaft an Boden verloren hat. Martin Völkl machte darauf aufmerksam, dass insbesondere bürokratische Hürden die Teilnahme Deutschlands an globalen klinischen Studien behindern. Das MFG müsse hier rasch Wirkung zeigen, um Deutschland wieder als attraktiven Forschungsstandort zu etablieren.

Georg Kippels, Bundestagsabgeordneter der CDU, kritisierte hingegen, dass das Medizinforschungsgesetz in einigen Bereichen, wie den Standardvertragsklauseln, nicht weit genug gehe. Er bemängelte zudem die schleppende Umsetzung weiterer Reformen im Gesundheitswesen. „Viele Vorhaben des Bundesgesundheitsministers stecken noch im Gesetzgebungsprozess fest“, so Kippels. Er verwies dabei exemplarisch auf das Apotheken-Reformgesetz, das trotz mehrmaliger Anläufe noch immer nicht verabschiedet wurde.

Im weiteren Verlauf der Veranstaltung trat Karl Lauterbach selbst auf die Bühne, um die Bedeutung des Medizinforschungsgesetzes zu erläutern. Er verwies auf die große Chance, die das Gesetz biete, um Deutschland wieder an die Spitze der internationalen Forschung zu bringen. Als Beispiel nannte er eine in Israel durchgeführte Studie zur Wirkung der COVID-19-Impfung bei schwangeren Frauen. Obwohl der Impfstoff in Deutschland entwickelt wurde, fanden die wichtigen Studien anderswo statt. Dies sei eine Entwicklung, die durch das MFG künftig vermieden werden solle, so der Minister. Lauterbach zeigte sich zuversichtlich, dass deutsche Studien zukünftig die internationalen Leitlinien maßgeblich mitgestalten könnten.

Ein weiterer wichtiger Aspekt des Medizinforschungsgesetzes ist die Integration von Digitalisierungsmaßnahmen, insbesondere die Bereitstellung pseudonymisierter Daten aus der Elektronischen Patientenakte (ePA) für die Forschung. Laut Lauterbach werde Deutschland dadurch zu einem wichtigen Standort für datengestützte Forschung. Er sieht in der bisherigen Verzögerung bei der Digitalisierung sogar einen Vorteil, da Deutschland die Möglichkeit habe, von Anfang an moderne Technologien wie Künstliche Intelligenz (KI) zu integrieren. Länder wie Dänemark und Estland hätten zwar eine gut ausgebaute digitale Infrastruktur, seien jedoch nicht auf den Einsatz von KI vorbereitet.

Diese optimistische Sichtweise untermauerte Lauterbach mit der Tatsache, dass in den letzten Monaten internationale Pharmaunternehmen Milliarden in den Forschungsstandort Deutschland investiert haben. Das Medizinforschungsgesetz soll daher nicht nur die wissenschaftliche Forschung stärken, sondern auch langfristige wirtschaftliche Impulse setzen.

Mit dem Medizinforschungsgesetz (MFG) nimmt Deutschland einen mutigen und notwendigen Schritt, um seine Rolle in der internationalen Pharmaforschung zu stärken. Jahrelang hatte das Land im Vergleich zu anderen Nationen an Bedeutung verloren, insbesondere was die Durchführung klinischer Studien betrifft. Das neue Gesetz zielt darauf ab, bürokratische Hürden zu beseitigen und Forschungsvorhaben zu beschleunigen. Dennoch bleibt abzuwarten, ob die Reformen in der Praxis wirklich die erhoffte Wirkung entfalten.

Deutschland hat im Bereich der Medikamentenzulassung in der Europäischen Union eine Vorreiterrolle, was den Zugang zu innovativen Arzneimitteln betrifft. Dass jedoch so wenige klinische Studien hierzulande durchgeführt werden, ist ein Missstand, der dringend behoben werden muss. Für viele Patienten, insbesondere jene, die als austherapiert gelten, sind solche Studien oft die letzte Hoffnung. Wenn Deutschland in diesem Bereich nicht aufholt, drohen viele Menschen auf der Strecke zu bleiben.

Der Fokus auf die Digitalisierung ist zweifellos ein zukunftsweisender Schritt. Die Möglichkeit, pseudonymisierte Daten aus der Elektronischen Patientenakte für Forschungszwecke zu nutzen, wird Deutschland in eine starke Position bringen. Doch auch hier bleibt abzuwarten, ob die langjährige Verzögerung bei der Digitalisierung tatsächlich als Vorteil genutzt werden kann, wie Minister Lauterbach betont. Die Integration moderner Technologien wie Künstliche Intelligenz ist in der Theorie vielversprechend, erfordert jedoch eine reibungslose Umsetzung.

Die Investitionen internationaler Pharmaunternehmen in den deutschen Standort sind ein positives Zeichen, das zeigt, dass das MFG bereits erste Impulse gesetzt hat. Doch letztlich wird es darauf ankommen, ob die angekündigten Reformen im Gesundheitswesen auch tatsächlich umgesetzt werden. Die Erwartungen an das Medizinforschungsgesetz sind groß – und ebenso groß ist die Verantwortung der Bundesregierung, diesen Erwartungen gerecht zu werden.

Deutschland hat das Potenzial, sich im Bereich der Pharmaforschung neu zu positionieren. Der Weg dorthin ist jedoch steinig und wird nur mit entschlossener politischer Führung und einem klaren Umsetzungsplan erfolgreich sein.

 

Expopharm 2024: Schulterschluss für die Zukunft der Apotheken

Die Expopharm, die europäische Leitmesse für den Apothekenmarkt, öffnet vom 9. bis 12. Oktober 2024 in München ihre Tore und setzt dabei auf Zusammenarbeit und Vernetzung als zentrales Thema. Unter dem Motto „Für die Zukunft unserer Apotheken“ stehen die aktuellen Herausforderungen der Branche im Fokus, von der Digitalisierung über wirtschaftliche Unsicherheiten bis hin zu gesetzlichen Rahmenbedingungen. Die Messe soll eine Plattform bieten, auf der Innovationen vorgestellt und die Weichen für eine zukunftsfähige Apothekenlandschaft gestellt werden.

Metin Ergül, Geschäftsführer der Avoxa – Mediengruppe Deutscher Apotheker, betont die Bedeutung der Expopharm als Ort des Austauschs. Die Messe biete die einmalige Gelegenheit, die Innovationskraft der Branche zu zeigen und gemeinsam an Lösungen zu arbeiten. Besonders der „Schulterschluss“ – das vernetzte und gemeinsame Handeln der Apothekenwelt – sei entscheidend, um den anstehenden Wandel erfolgreich zu bewältigen. Ergül unterstreicht, dass die Messe sich an alle Akteure der Branche richtet: Apothekeninhaber, PTA, PKA, Studierende, Hersteller und Dienstleister sollen zusammenkommen, um neue Ideen zu entwickeln und die Zukunft aktiv mitzugestalten.

Ein zentrales Element der Expopharm ist das Networking. Neben zahlreichen Vorträgen und Workshops bietet die Messe in diesem Jahr erstmals die „Networking-Power-Hour“, ein Format, das Besucher, Aussteller und Speaker zusammenbringt. Das Ziel ist es, den persönlichen Austausch zu fördern und Netzwerke zu stärken. Zudem werden verschiedene thematische Schwerpunkte gesetzt, die die unterschiedlichen Berufsgruppen ansprechen. Für Apothekeninhaber gibt es etwa Themen wie Führungskompetenz und Existenzgründung, ergänzt durch den erstmals verliehenen „Expopharm-Gründungspreis“, der innovative Ideen bei der Übernahme oder Neugründung von Apotheken auszeichnet.

Auch für PTA, PKA und Studierende bietet die Expopharm maßgeschneiderte Programme. Die Deutsche PTA-Meisterschaft feiert in diesem Jahr Premiere und stellt die Fähigkeiten der Teilnehmer in verschiedenen Disziplinen auf die Probe. Für PKA gibt es spezielle Vortragsreihen und Ausstellungsbereiche, während Studierende wertvolle Tipps für den Berufseinstieg und die Prüfungsvorbereitung erhalten.

Neben den neuen Formaten bleiben die bewährten „Klassiker“ ein fester Bestandteil der Messe. Die „Pharma World“ präsentiert wissenschaftliche Beiträge zu Pharmazie und Rezeptur, während der „Apo-Leadership-Campus“ Themen wie Unternehmertum in Apotheken behandelt. Innovation, Inspiration und Interaktion bilden auch in diesem Jahr das Leitprinzip der Expopharm. Rund 500 Aussteller und 200 Vorträge bieten den Besuchern umfassende Einblicke in die neuesten Entwicklungen der Branche.

Die Expopharm 2024 will nicht nur Innovationen präsentieren, sondern die gesamte Branche dazu aufrufen, gemeinsam die Zukunft zu gestalten. Ergül fasst es treffend zusammen: „Die Expopharm ist die größte und wichtigste Veranstaltung im Apothekenmarkt, und sie bietet Apothekenteams die Chance, wichtige Impulse für die eigene Apotheke mitzunehmen.“

Die Expopharm 2024 steht vor der Herausforderung, nicht nur Innovationen zu präsentieren, sondern die Apothekenbranche zusammenzuführen und für die Zukunft zu wappnen. In einer Zeit, in der die Apothekerschaft mit zunehmendem Druck durch Digitalisierung, wirtschaftliche Zwänge und gesetzliche Veränderungen konfrontiert ist, erscheint der Schulterschluss innerhalb der Branche mehr als notwendig.

Die Messe bietet eine einzigartige Plattform, auf der Politik, Wirtschaft und Wissenschaft zusammenkommen, um Lösungen für die drängenden Probleme zu erarbeiten. Doch der wahre Wert der Expopharm liegt nicht nur in den Produktpräsentationen und Vorträgen, sondern in der Möglichkeit des persönlichen Austauschs. In Zeiten, in denen Apotheken durch wirtschaftlichen Druck zur Schließung gezwungen sind, braucht es mehr denn je eine starke, vereinte Branche, die sich den Herausforderungen stellt und gemeinsam Wege in die Zukunft findet.

Die Fokussierung auf Innovation, Inspiration und Interaktion ist der richtige Ansatz. Doch es bleibt abzuwarten, ob die Branche diesen Aufruf zur Zusammenarbeit annimmt und aus der Expopharm tatsächlich die notwendigen Impulse für nachhaltige Veränderungen mitgenommen werden. Nur wenn alle Akteure an einem Strang ziehen, können die Apotheken ihre Zukunft sichern und ihre Rolle als unverzichtbare Säule im Gesundheitssystem erhalten.

 

Schmerzhafte Placebos und kuriose Forschung – Ig-Nobelpreise 2024 verliehen

Am Massachusetts Institute of Technology (MIT) in Cambridge wurden zum 34. Mal die Ig-Nobelpreise verliehen. Diese besondere Auszeichnung, die weltweit für ihre humorvolle und zugleich tiefgründige Würdigung kurioser Forschung bekannt ist, soll „erst zum Lachen und dann zum Nachdenken“ anregen. In diesem Jahr fanden die Feierlichkeiten erstmals seit vier Jahren wieder vor Publikum statt, nachdem die Corona-Pandemie eine rein digitale Verleihung erzwungen hatte. Forscher aus verschiedenen Disziplinen, darunter auch mehrere deutsche Wissenschaftler, wurden für ihre ungewöhnlichen und oft skurrilen Entdeckungen geehrt.

In der Kategorie Medizin erhielten Christian Büchel, Tahmine Fadai und Lieven Schenk von der Universität Hamburg die Auszeichnung für ihre Untersuchung zur Wirksamkeit von Placebos mit schmerzhaften Nebenwirkungen. Die Studie zeigte, dass Scheinmedikamente, die unangenehme Effekte hervorrufen, effektiver sind als solche ohne Nebenwirkungen. Diese Erkenntnis könnte die Forschung über den Placebo-Effekt revolutionieren und wichtige neue Impulse für klinische Studien setzen.

Ein weiteres ungewöhnliches Forschungsprojekt aus Deutschland wurde in der Kategorie Botanik prämiert. Jacob White und Felipe Yamashita von der Universität Bonn zeigten, dass echte Pflanzen in der Lage sind, die Formen von benachbarten Plastikpflanzen zu imitieren. Wie genau dieser Prozess funktioniert, bleibt jedoch unklar und bietet Raum für weitere spannende Forschungen in der Pflanzenbiologie.

Für besonderes Aufsehen sorgte die Verleihung des Friedenspreises an den US-Psychologen B.F. Skinner, der posthum für seine Experimente mit Tauben in Raketen geehrt wurde. Skinner hatte erforscht, ob lebende Tauben die Flugbahn von Raketen steuern könnten. Seine Tochter Julie Skinner Vargas nahm den Preis stellvertretend entgegen und bedankte sich für die Anerkennung der Arbeit ihres Vaters, die lange Zeit kontrovers diskutiert wurde.

Ebenfalls prämiert wurden Wissenschaftler aus Japan und den USA, die in der Kategorie Physiologie den Nachweis erbrachten, dass viele Säugetiere durch ihren Anus atmen können. Diese Entdeckung eröffnet neue Perspektiven auf die Anpassungsfähigkeiten von Tieren und könnte insbesondere in der Medizin neue Anwendungsmöglichkeiten finden.

In der Kategorie Wahrscheinlichkeit führten Forscher aus mehreren europäischen Ländern, darunter Deutschland, mehr als 350.000 Münzwürfe durch und zeigten, dass Münzen dazu neigen, auf der Seite zu landen, auf der sie vor dem Wurf lagen. Diese Untersuchung könnte möglicherweise Einfluss auf die Forschung zur Vorhersehbarkeit zufälliger Ereignisse haben.

Die Verleihung der Ig-Nobelpreise zeigt erneut, dass Wissenschaft nicht nur ernst und nüchtern sein muss. Mit Humor und Kreativität gelingt es den Forschern, auch scheinbar absurde Fragen zu beantworten und damit neue wissenschaftliche Türen zu öffnen.

Die Ig-Nobelpreise erinnern uns Jahr für Jahr daran, dass Wissenschaft nicht immer streng und trocken sein muss. Im Gegenteil – oft sind es die kuriosen, auf den ersten Blick absurden Studien, die zu neuen, bahnbrechenden Erkenntnissen führen. Die diesjährigen Preisträger beweisen einmal mehr, dass Forschung Spaß machen kann, ohne dabei ihre wissenschaftliche Relevanz zu verlieren.

Besonders die ausgezeichnete Arbeit zur Wirksamkeit schmerzhafter Placebos ist ein Beispiel dafür, wie innovative Ansätze das Verständnis für medizinische Phänomene verändern können. Was auf den ersten Blick wie eine skurrile Idee wirkt, könnte langfristig dazu beitragen, neue Behandlungsansätze zu entwickeln und den Placebo-Effekt genauer zu verstehen.

Auch die Auszeichnung für die Forschung über Pflanzen, die Plastikpflanzen imitieren, zeigt, dass die Natur oft verblüffende Fähigkeiten entwickelt, die wir Menschen erst ansatzweise verstehen. Es sind diese Entdeckungen, die uns immer wieder daran erinnern, dass Wissenschaft die Welt in ihrer ganzen Tiefe ergründet – und dabei manchmal überraschende und humorvolle Wendungen nimmt.

Die Ig-Nobelpreise feiern genau diese Art von Forschung: Sie ehren die Kreativität, den Mut, ungewöhnliche Fragen zu stellen, und die Bereitschaft, auch jenseits des Offensichtlichen zu forschen. In einer Zeit, in der wissenschaftliche Durchbrüche oft als nüchterne Meilensteine präsentiert werden, sind die Ig-Nobelpreise ein wertvolles Zeichen dafür, dass Forschen auch eine spielerische Komponente haben darf.

Es bleibt zu hoffen, dass dieser Geist des Entdeckens und Experimentierens die wissenschaftliche Gemeinschaft auch in Zukunft prägt – und dass wir weiterhin von den kuriosen und dennoch tiefgründigen Studien profitieren, die unsere Sicht auf die Welt erweitern.

 

Immer mehr Ärzte und Psychotherapeuten wollen vorzeitig aus dem Berufsleben ausscheiden

Eine aktuelle Umfrage des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (Zi) hat alarmierende Ergebnisse hervorgebracht: Fast die Hälfte der niedergelassenen Ärzte und Psychotherapeuten plant, ihre berufliche Tätigkeit vor dem Erreichen des regulären Rentenalters zu beenden. Dies stellt eine ernsthafte Bedrohung für die ohnehin angespannte medizinische Versorgungslage in Deutschland dar.

Laut der Befragung, an der rund 4000 Mediziner teilnahmen, wollen lediglich 51 Prozent der befragten Ärzte und Psychotherapeuten bis zum regulären Rentenalter praktizieren. Der Rest zieht in Betracht, die Zulassung vorzeitig abzugeben. Rund 20 Prozent der Befragten wollen in den vorzeitigen Ruhestand gehen, während weitere 14 Prozent planen, ihre Praxis aufzugeben und eine Anstellung in einem medizinischen Versorgungszentrum oder bei einem Kollegen zu suchen. Acht Prozent der Umfrageteilnehmer haben die Umwandlung ihrer Praxis in eine Privatpraxis ohne Kassenzulassung ins Auge gefasst. Interessanterweise überlegen drei Prozent sogar, den Beruf vollständig zu wechseln. Der Wechsel in den stationären Bereich kommt lediglich für ein Prozent der befragten Mediziner infrage.

Die Gründe für diese Entwicklung sind vielfältig. Die hohe Arbeitsbelastung wird von fast zwei Dritteln derjenigen genannt, die eine vorzeitige Aufgabe des Berufs in Betracht ziehen. Doch auch die explodierenden Kosten für Personal, Energie und medizinische Geräte sowie der Fachkräftemangel im nicht-ärztlichen Bereich belasten viele Praxen. Diese Faktoren führen dazu, dass viele Ärzte nicht nur über die Belastungen klagen, sondern aktiv Schritte in Richtung eines vorzeitigen Ausstiegs unternehmen. Mehr als 22 Prozent der Befragten gaben an, ihre Altersvorsorge bereits ausreichend abgesichert zu haben.

Die Situation wird durch die massive bürokratische Belastung, die auf den Arztpraxen lastet, weiter verschärft. Im Durchschnitt verbringen niedergelassene Mediziner über 61 Tage pro Jahr allein mit administrativen Aufgaben. IT-Probleme, die den Praxisbetrieb stören, sind hierbei noch nicht einmal mit eingerechnet. Die Bürokratie, zusammen mit den immensen Kostensteigerungen, setzt viele Praxisinhaber unter enormen Druck.

Dominik von Stillfried, Vorsitzender des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung, zeigt sich besorgt über die Ergebnisse der Umfrage: „Die wohnortnahe Gesundheitsversorgung in Deutschland steht vor einer akuten Gefahr. Der zunehmende Ärztedefizit wird sich verschärfen, wenn nicht sofort Gegenmaßnahmen ergriffen werden.“

Auch Andreas Gassen, Vorsitzender der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), äußerte sich alarmiert: „Die Rahmenbedingungen der ambulanten Versorgung in Deutschland sind katastrophal. Überbordende Bürokratie, dysfunktionale Digitalisierung und massive Kostenanstiege treiben viele Kolleginnen und Kollegen an den Rand des Erträglichen. Trotz der Liebe zu ihrem Beruf denken immer mehr Ärzte ernsthaft darüber nach, vorzeitig aufzuhören.“

Die Ergebnisse dieser Umfrage zeigen die dringende Notwendigkeit auf, die Arbeitsbedingungen in der ambulanten Versorgung zu verbessern. Andernfalls droht ein massiver Ausfall an medizinischem Personal, der die Gesundheitsversorgung – besonders in strukturschwachen und ländlichen Regionen – weiter gefährden könnte.

Die Ergebnisse der jüngsten Umfrage des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung sind ein Weckruf an die Politik und die Gesellschaft. Wenn fast jeder zweite niedergelassene Arzt und Psychotherapeut plant, vorzeitig aus dem Berufsleben auszuscheiden, ist die medizinische Versorgung in Deutschland ernsthaft in Gefahr. Vor allem in ländlichen Gebieten, wo der Mangel an Ärzten und Psychotherapeuten ohnehin schon gravierend ist, könnte dies dramatische Folgen haben.

Die Ursachen für diesen Trend sind vielfältig und lassen sich nicht auf einen einzigen Faktor reduzieren. Die überbordende Bürokratie, die dysfunktionale Digitalisierung und die steigenden Kosten in fast allen Bereichen setzen niedergelassene Mediziner enorm unter Druck. Hinzu kommen die Arbeitsbelastungen, die durch den Personalmangel im nicht-ärztlichen Bereich zusätzlich verschärft werden.

Was jedoch besonders besorgniserregend ist, ist die Tatsache, dass viele Ärzte trotz ihrer Berufung, trotz der tiefen Bindung zu ihren Patienten, ernsthaft darüber nachdenken, vorzeitig ihre Praxis aufzugeben. Dies zeigt deutlich, dass die derzeitigen Rahmenbedingungen in der ambulanten Versorgung nicht mehr tragbar sind.

Die Politik muss endlich handeln. Es reicht nicht, lediglich über den Ärztemangel zu klagen oder punktuelle Maßnahmen zu ergreifen. Was gebraucht wird, sind umfassende Reformen, die die Bürokratie abbauen, die Digitalisierung endlich funktionsfähig machen und den Praxisbetrieb finanziell entlasten. Andernfalls droht ein massiver Exodus von Ärzten, der die Gesundheitsversorgung in Deutschland nachhaltig gefährden könnte.

 

H1-Antihistaminika der ersten Generation erhöhen Risiko für Krampfanfälle bei Kindern

Eine kürzlich veröffentlichte Studie aus Südkorea weist darauf hin, dass H1-Antihistaminika der ersten Generation das Risiko für Krampfanfälle bei Kindern signifikant erhöhen können. Vor allem Kleinkinder zwischen sechs Monaten und zwei Jahren sind demnach besonders gefährdet. Die Forscher nutzten die Abrechnungsdaten der südkoreanischen Krankenversicherung und kamen zu dem Ergebnis, dass Kinder, die diese Medikamente einnahmen, ein um 22 Prozent höheres Risiko hatten, einen epileptischen Anfall zu erleiden.

H1-Antihistaminika der ersten Generation, wie Dimenhydrinat, werden in der Pädiatrie häufig verschrieben, etwa zur Linderung von Erbrechen bei Magen-Darm-Infekten. Doch diese Medikamente werden zunehmend kritisch betrachtet, insbesondere bei sehr jungen Patienten. Die Substanzen passieren die Blut-Hirn-Schranke und können die Hirnströme beeinflussen, was in Verbindung mit der noch nicht abgeschlossenen Entwicklung des kindlichen Gehirns problematisch sein kann. In Deutschland wurden bereits 2017 zusätzliche Warnhinweise eingeführt, die vor der Anwendung bei Kindern unter drei Jahren warnen.

Die südkoreanische Studie untersuchte insgesamt 11.729 Kinder, die aufgrund eines epileptischen Anfalls in die Notaufnahme eingeliefert wurden und in den Tagen vor dem Anfall Antihistaminika der ersten Generation erhalten hatten. Besonders Kleinkinder unter zwei Jahren wiesen ein deutlich erhöhtes Risiko auf. In dieser Altersgruppe war die Wahrscheinlichkeit, einen Krampfanfall zu erleiden, um 49 Prozent höher als bei Kindern, die diese Medikamente nicht erhielten.

Laut den Studienautoren besteht der Verdacht, dass H1-Antihistaminika die neuronale Erregbarkeit durch verschiedene Mechanismen erhöhen, darunter eine Beeinträchtigung des Neurotransmitter-Stoffwechsels oder eine direkte Inhibition von Ionenkanälen. Trotz der Erkenntnisse aus der Studie bleibt jedoch unklar, in welchem Ausmaß diese Medikamente langfristig das Risiko für Krampfanfälle beeinflussen.

Experten raten daher zu besonderer Vorsicht bei der Verordnung dieser Substanzen, insbesondere bei sehr jungen Kindern und bei nicht schweren Erkrankungen. Eltern sollten über die möglichen Risiken aufgeklärt werden und Informationen darüber erhalten, wie sie im Falle eines Krampfanfalls handeln können.

Die südkoreanische Studie zu den Risiken von H1-Antihistaminika bei Kindern wirft wichtige Fragen auf, die sowohl die medizinische Praxis als auch die Eltern betreffen. Es zeigt sich einmal mehr, dass Medikamente, die jahrzehntelang als sicher galten, bei näherer Betrachtung erhebliche Nebenwirkungen haben können, insbesondere bei besonders anfälligen Patientengruppen wie Kleinkindern.

Während H1-Antihistaminika der ersten Generation in vielen Fällen als wirksam gelten, insbesondere bei Übelkeit und Erbrechen, stellt sich die Frage, ob diese Indikationen schwer genug wiegen, um das Risiko von Krampfanfällen bei Kleinkindern in Kauf zu nehmen. Die Studienergebnisse machen deutlich, dass vor allem bei Kindern unter zwei Jahren eine strenge Abwägung zwischen Nutzen und Risiko notwendig ist.

Auch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) hat bereits 2017 mit Warnhinweisen auf die Gefahren bei Kleinkindern reagiert. Diese Warnungen müssen ernst genommen werden, insbesondere in der Beratung durch Apotheken und Ärzte. Es darf nicht sein, dass Eltern weiterhin unzureichend über die möglichen Risiken solcher Medikamente informiert werden.

Die Praxis zeigt, dass in vielen Fällen nichtmedikamentöse Ansätze eine sicherere Alternative darstellen können. Eltern sollten angehalten werden, bei leichten Erkrankungen auf Medikamente zu verzichten, die potenziell das zentrale Nervensystem ihrer Kinder beeinflussen könnten. Gleichzeitig muss die Forschung weitergeführt werden, um die genauen Mechanismen zu verstehen, die das erhöhte Krampfanfälle-Risiko durch H1-Antihistaminika auslösen.

Insgesamt zeigt die Studie, dass die Sicherheit von Arzneimitteln für Kinder einer ständigen Überprüfung unterzogen werden muss. Ärzte und Apotheker sind in der Verantwortung, eine sachgemäße Aufklärung zu leisten und Eltern bei der Entscheidungsfindung zu unterstützen. Ein Umdenken ist notwendig, um die Gesundheit unserer jüngsten Patienten zu schützen.

 

Genetische Entdeckungen: Frühe Menopause und erhöhtes Krebsrisiko

In einer kürzlich veröffentlichten Studie im Fachjournal Nature haben Forscher aus Großbritannien neue genetische Erkenntnisse über den Zusammenhang zwischen der Menopause und dem Krebsrisiko gewonnen. Die Forscherteams der University of Cambridge und der University of Exeter, unter der Leitung von Dr. Stasa Stankovic, analysierten Daten von fast 107.000 postmenopausalen Frauen aus der UK Biobank-Studie. Dabei wurden mehrere seltene Genvarianten entdeckt, die den Zeitpunkt der Menopause erheblich beeinflussen können.

Die Menopause, der Zeitpunkt der letzten Menstruation und damit das Ende der Fruchtbarkeit, tritt durchschnittlich im Alter von 52 Jahren ein. Die Forscher fanden heraus, dass bestimmte Gene, insbesondere ETAA1, ZNF518A, PNPLA8 und PALB2, bei Frauen, die nur eine funktionierende Kopie dieser Gene haben, die Menopause um bis zu 5,6 Jahre vorverlegen können. Gleichzeitig konnten Frauen mit Mutationen im Gen SAMHD1 eine durchschnittlich 1,4 Jahre spätere Menopause erleben. Besonders auffällig war die Mutation im Gen ZNF518A, die bei etwa einer von 4000 Frauen vorkommt und den Zeitpunkt der Menopause drastisch beschleunigen kann.

Frühere Studien zeigten bereits, dass DNA-Schäden in Eizellen zur Verkürzung der fruchtbaren Phase führen können, da beschädigte Eizellen absterben. Dies führt zu einer schnelleren Abnahme der Eizellreserven und somit zu einem früheren Einsetzen der Menopause. Die Forscher gehen davon aus, dass die neu identifizierten Gene in die Reparatur von DNA-Schäden involviert sind. Ein Ausfall dieser Gene könnte nicht nur die Fruchtbarkeit beeinträchtigen, sondern auch das Risiko von Mutationen in anderen Geweben und damit das Krebsrisiko erhöhen.

Die Forscher stellten fest, dass vier der identifizierten Gene einen direkten Zusammenhang zwischen einer frühen Menopause und einem erhöhten Krebsrisiko aufweisen. Bereits zuvor war bekannt, dass die Brustkrebs-Gene BRCA-1 und BRCA-2 mit einer frühen Menopause assoziiert sind. Nun zeigt die Studie, dass auch andere Gene ähnliche Effekte haben können.

Zusätzlich untersuchten die Wissenschaftler 8089 genetisch sequenzierte Trios, bestehend aus Tochter, Mutter und Großmutter, im Rahmen des 100.000-Genome-Projekts. Dabei stellten sie fest, dass häufige genetische Varianten, die eine vorzeitige Alterung der Eierstöcke verursachen, möglicherweise auch eine Zunahme an mütterlicherseits verursachten De-novo-Mutationen bewirken könnten. Obwohl dieser Befund nicht in einer unabhängigen Kohorte bestätigt werden konnte, sehen die Forscher darin dennoch deutliche Hinweise auf genetische Zusammenhänge zwischen der Menopause und dem Krebsrisiko.

Laut Professor John Perry von der University of Cambridge bietet die Alterung der Eierstöcke ein wertvolles Modellsystem, um nicht nur die Mechanismen hinter Unfruchtbarkeit und Fortpflanzungsstörungen zu verstehen, sondern auch grundlegende Prozesse, die das Risiko von DNA-Schäden und Krebs in der Allgemeinbevölkerung beeinflussen. Diese Erkenntnisse könnten langfristig zu neuen Ansätzen für die Prävention von Krebs führen.

Die neuen Erkenntnisse zur Menopause und ihren genetischen Grundlagen werfen ein spannendes Licht auf die komplexen Zusammenhänge zwischen Fruchtbarkeit, Alterung und Krebsrisiken. Besonders interessant ist die Tatsache, dass Gene, die für die Reparatur von DNA-Schäden verantwortlich sind, sowohl den Zeitpunkt der Menopause beeinflussen als auch eine Schlüsselrolle beim Krebsrisiko spielen. Diese doppelte Funktionalität unterstreicht die Bedeutung der DNA-Stabilität für die Gesundheit.

Während die Forschung bereits wichtige Einblicke in die Rolle der Gene BRCA-1 und BRCA-2 bei Brustkrebs geliefert hat, zeigt die aktuelle Studie, dass diese nicht alleinstehend sind. Die neu identifizierten Gene erweitern unser Verständnis und könnten zukünftig nicht nur die Vorhersage des Menopausezeitpunkts verbessern, sondern auch zu präventiven Maßnahmen im Bereich der Onkologie führen. Ein frühzeitiges Erkennen von Risikogruppen könnte dabei helfen, gezielte Vorsorgestrategien zu entwickeln und Frauen, die ein erhöhtes Krebsrisiko tragen, rechtzeitig zu unterstützen.

Doch wie bei vielen genetischen Studien bleibt die Frage, wie diese Erkenntnisse in der klinischen Praxis angewendet werden können. Die seltenen Genvarianten machen eine pauschale Aussage schwierig, und die Vererbbarkeit sowie individuelle Umweltfaktoren spielen eine bedeutende Rolle. Dennoch zeigen diese Studien, dass die Erforschung der Menopause weitreichende gesundheitliche Implikationen hat, die über den reproduktiven Bereich hinausgehen.

Die Menopause ist also nicht nur ein biologischer Übergang, sondern ein Schlüssel zur Erforschung der Alterungsprozesse des gesamten Körpers. Dies eröffnet neue Perspektiven für die medizinische Forschung, die langfristig zu besseren Präventions- und Behandlungsstrategien führen könnte – insbesondere im Hinblick auf Krebs.

 

Lebensbedrohliche Sepsis bleibt häufig unerkannt – Defizite in der Früherkennung alarmierend

Sepsis, umgangssprachlich als Blutvergiftung bekannt, zählt zu den häufigsten Todesursachen in Deutschland. Rund 230.000 Menschen erkranken jährlich an einer Sepsis, und mindestens 85.000 von ihnen sterben an den Folgen, wie das Aktionsbündnis Patientensicherheit mitteilt. Doch eine neue Studie zeigt, dass es erhebliche Mängel in der Erkennung und Behandlung dieser lebensbedrohlichen Erkrankung gibt, insbesondere im Rettungsdienst.

Die Untersuchung, durchgeführt von Dr. Wolfgang Bauer, Notfallmediziner an der Berliner Charité, und der Gesundheitswissenschaftlerin Silke Piedmont, hat über 221.000 Rettungsdiensteinsätze aus dem Jahr 2016 ausgewertet. Das Ergebnis ist erschreckend: In vielen Fällen wurde eine Sepsis nicht einmal in Betracht gezogen. Im nicht-ärztlichen Rettungsdienstpersonal wurde kein einziger Fall dokumentiert, und auch Notärzte erkannten Sepsis nur in 0,1 Prozent der Einsätze. Dies, obwohl Sepsis-Patienten eine deutlich höhere Sterberate aufweisen als etwa Patienten mit Herzinfarkt oder Schlaganfall.

„Die Sepsis ist ein absoluter medizinischer Notfall, der genauso wie ein Herzinfarkt oder ein Schlaganfall sofortige Maßnahmen erfordert“, betont Dr. Bauer. Ausgelöst durch Infektionen, etwa eine Lungenentzündung oder eine entzündete Wunde, führt eine Sepsis zu einer überschießenden Immunreaktion, bei der das körpereigene Abwehrsystem nicht nur die Infektion, sondern auch den eigenen Körper angreift. Dies kann zu Multiorganversagen und schließlich zum Tod führen, wenn die Sepsis nicht rechtzeitig behandelt wird.

Die Studie verdeutlicht die Dringlichkeit, Sepsis frühzeitig zu erkennen, insbesondere im Rettungsdienst, der oft der erste Kontaktpunkt für schwer erkrankte Patienten ist. Trotz standardisierter Verfahren zur Messung von Vitalparametern, wie Herzfrequenz, Atemfrequenz, Blutdruck und Sauerstoffsättigung, verlässt sich das Personal zu oft auf subjektive Einschätzungen. Diese Mängel in der Diagnosestellung haben fatale Folgen: Innerhalb von 30 Tagen nach der Rettungsdienstnutzung verstarben rund 32 Prozent der Sepsis-Patienten, während es bei Herzinfarkt-Patienten nur etwa 13 Prozent und bei Schlaganfällen 12 Prozent waren.

Die Experten fordern eine intensivere Schulung des Rettungspersonals und die Einführung eines standardisierten Bewertungssystems wie dem „National Early Warning Score 2“ (NEWS2), das in der Lage ist, bis zu drei Viertel der Sepsis-Fälle korrekt zu identifizieren. Dieses System wird in Deutschland jedoch bisher kaum genutzt. Die Forscher betonen, dass eine konsequente Anwendung solcher Systeme Leben retten könnte.

Auch die langfristigen Folgen einer Sepsis, selbst bei Überlebenden, sind gravierend. Viele Patienten leiden unter dauerhaften Einschränkungen wie Konzentrationsschwierigkeiten, Sprachproblemen oder Depressionen. In schweren Fällen kann es zu Amputationen kommen, da Gliedmaßen aufgrund der extremen Reaktion des Körpers absterben.

Zur Prävention einer Sepsis empfehlen Fachleute einfache Hygienemaßnahmen, wie regelmäßiges Händewaschen, und Impfungen gegen häufige Erreger wie Pneumokokken und Grippeviren. Doch entscheidend bleibt die schnelle und präzise Erkennung der Krankheit, um die hohe Sterblichkeit zu verringern.

Die alarmierenden Ergebnisse der Studie zur Sepsis-Früherkennung offenbaren eine gefährliche Lücke in der Gesundheitsversorgung. Obwohl Sepsis zu den häufigsten Todesursachen in Deutschland zählt, wird sie im Rettungsdienst dramatisch unterschätzt. Es ist geradezu unbegreiflich, dass ein medizinischer Notfall von solchem Ausmaß nicht in den Standardprozessen der Ersterkennung verankert ist.

Die fatalen Folgen dieser Unterschätzung sprechen für sich: Die Mortalitätsrate bei Sepsis-Patienten übertrifft die von Herzinfarkten und Schlaganfällen bei Weitem. Hier zeigt sich ein strukturelles Problem, das nicht nur auf das Rettungspersonal zurückzuführen ist, sondern tiefer in die Ausbildung und die allgemeinen Leitlinien greift. Wer heute in einer Notlage auf den Rettungsdienst angewiesen ist, muss darauf vertrauen können, dass potenziell tödliche Zustände wie Sepsis erkannt werden. Doch genau dieses Vertrauen wird derzeit erschüttert.

Es bedarf keiner komplizierten Innovationen, um die Erkennung von Sepsis zu verbessern. Die Einführung des NEWS2-Systems, das international bereits erfolgreich genutzt wird, könnte in Deutschland Leben retten. Dass dieses System bisher kaum Beachtung findet, ist ein Versäumnis, das dringend korrigiert werden muss. Hier geht es nicht nur um Technik oder medizinische Expertise, sondern um Menschenleben. Eine Änderung der Leitlinien und eine bessere Schulung des Rettungspersonals sind überfällig.

Doch auch die Bevölkerung sollte stärker für die Risiken von Sepsis sensibilisiert werden. Trotz der Häufigkeit dieser Erkrankung wissen viele Menschen kaum etwas über sie oder erkennen die Symptome nicht rechtzeitig. Hier sind nicht nur Ärzte und Pfleger gefordert, sondern auch Informationskampagnen, die die breite Öffentlichkeit erreichen.

Sepsis ist kein Problem der Zukunft. Es ist eine stille Bedrohung, die schon jetzt zu oft übersehen wird. Es ist an der Zeit, dieser Herausforderung mit der gebotenen Dringlichkeit zu begegnen – im Rettungsdienst, im Krankenhaus und in der Gesellschaft.

Von Engin Günder, Fachjournalist

 

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