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APOTHEKE | Medienspiegel & Presse |
Während Drogerieketten wie dm ihre Versorgungsexpansion strategisch vorantreiben und gesetzliche Neuregelungen zur Apothekenförderung sowie Skontofrage tief in bestehende Marktstrukturen eingreifen, zeigt sich die ABDA weitgehend unbewegt und verliert strategischen Anschluss, zugleich gefährden selektive Zuschlagspolitik, unklare Rahmenverträge und juristische Grauzonen wie in der Hilfsmittelabgabe oder BG-Versorgung die Absicherbarkeit betrieblicher Leistungen, was nicht nur Versicherer alarmiert, sondern auch pharmazeutische Teams in Unsicherheit versetzt, während parallel neue Arzneipfade – etwa mit Teprotumumab oder pflanzlichen Extrakten – Versorgungsräume öffnen, die jedoch nur dann wirken können, wenn Systemlogik, Beratungskompetenz und wirtschaftliche Stabilität zusammenkommen – genau diese Verknüpfung aber bleibt ungelöst, solange Politik, Berufsstand und Marktakteure ihre Rollen nicht neu definieren und überkommene Routinen in Frage stellen.
dm fordert Umbruch, ABDA zögert Strategien, Politik bleibt unsichtbar
Wie sich Drogerieriesen neu aufstellen, die Apothekenführung alte Routinen pflegt und eine politische Neuordnung auf sich warten lässt
Die Debatte um das Versandhandelsverbot ist zurück auf der gesundheitspolitischen Bühne – altvertraut, forderungsstark, aber ohne spürbare Transformation. ABDA-Präsident Thomas Preis hat sich in der jüngsten Phase der politischen Neuorientierung entschieden, mit rhetorischer Wucht die rote Linie erneut zu markieren: Keine weitere Aushöhlung des Apothekenmarkts durch Versandstrukturen, keine Gleichstellung digitaler Anbieter mit dem wohnortnahen Heilberuf. Doch hinter dieser klaren Linie steht keine programmatische Offensive. Während Preis verbal führt, bleibt die Organisation weitgehend unbewegt. Die zentrale Frage ist nicht mehr, was die ABDA will, sondern ob sie überhaupt noch kann. Denn während andere Akteure bereits mit neuen Geschäftsmodellen, Kommunikationsstrategien und Versorgungspfaden operieren, verharrt die Spitzenvertretung der Apothekerschaft in struktureller Selbstenthaltung. Der Ruf nach dem Verbot wirkt daher wie ein Echo aus einem anderen Jahrzehnt – und droht, zur Alibi-Strategie zu werden.
Gleichzeitig formiert sich eine Kraft neu, die in ihrer Schärfe und Reichweite den Apothekenmarkt grundlegend verschieben könnte: der Drogeriekonzern dm. Unter dem Label „dm Health“ entstehen derzeit digitale Infrastrukturen, Plattformlösungen und Kooperationsformate, die nicht nur am Rande des Versorgungssystems andocken, sondern die klassische Apotheke als Ort der ersten Gesundheitsansprache infrage stellen. Die Strategie ist dabei kein Nebenprojekt, sondern integraler Bestandteil einer unternehmensweiten Umsteuerung hin zur Gesundheit als Kernmarke. Mit telepharmazeutischen Komponenten, modularen Beratungssystemen und datenbasierter Kundensteuerung greift dm zentrale Versorgungsfunktionen auf – und umgeht dabei systematisch die klassischen institutionellen Barrieren.
Im Gegensatz zur trägen Reaktionsweise der ABDA agiert dm mit digitalem Unternehmergeist: Während Preis auf Forderungspapiere setzt, erstellt dm Umsetzungspläne. Während die ABDA eine Kampagne „für das Apothekensystem“ in diffusen Parolen entwirft, richtet dm Landingpages, Schnittstellen und E-Rezept-Funktionen aus Kundensicht ein. Die asynchrone Entwicklung könnte drastische Konsequenzen haben. Denn nicht nur die Kundenerwartung, sondern auch politische Steuerungsbereitschaft orientiert sich zunehmend an dem, was sichtbar gelingt – und nicht an dem, was institutionell beansprucht wird.
Parallel dazu versucht sich das Bundesgesundheitsministerium unter Nina Warken neu zu sortieren. Die CDU-Politikerin hat mit dem Koalitionswechsel das Ressort übernommen, das unter Lauterbach einseitig in Richtung Digitalisierung und stationäre Klinikplanung ausgerichtet war. In den ersten Wochen ihres Amts herrscht allerdings vor allem Stille – was dem Umstand geschuldet ist, dass zentrale Referatsstrukturen neu geordnet werden müssen, Zuständigkeiten noch nicht abschließend geklärt sind und die Abstimmung mit Kanzleramt, Finanzministerium und Justizressort wegen Ressortegoismen auf der Stelle tritt. Für die Apotheken bedeutet das: Ein entscheidendes Politikfeld ist aktuell ohne operative Führung. Gesetzliche Nachjustierungen zur Apothekenvergütung, Telepharmazie, pDL-Ausbau oder zur Plattformregulierung sind ausgesetzt oder werden vertagt. Die strategische Lücke wächst – und wird von anderen gefüllt.
In den Apotheken selbst wächst der Unmut. Während die ABDA sich in Selbstvergewisserung und Standortpflege übt, kämpfen Teams mit Personalmangel, Retaxationsrisiken, stagnierenden Packungspauschalen und wachsendem Digitaldruck. Eine interne ABDA-Auswertung, die bisher nicht veröffentlicht wurde, zeigt: Mehr als 70 Prozent der Apothekeninhaber:innen empfinden die Interessenvertretung als zu langsam, zu unklar in der Zieldefinition und zu reaktiv. Besonders kritisch wird bewertet, dass keine strukturierte Nachwuchsstrategie existiert und auf die Transformation des Berufsbildes nur zögerlich eingegangen wird. Statt gestalterisch voranzugehen, inszeniert sich der Verband als Verteidiger eines Status quo, der in der Realität längst nicht mehr trägt.
Hinzu kommt: Viele Apotheker:innen wünschen sich weniger Zentralismus, mehr Mitgestaltung auf Landes- und Kreisebene. Der Top-down-Ansatz der ABDA, der auf die geballte Position aus Berlin setzt, wirkt für viele angesichts dezentraler Versorgungskrisen zunehmend aus der Zeit gefallen. In Sachsen, Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen werden bereits neue Versorgungskooperationen zwischen Ärzten, Apotheken und Pflegeeinrichtungen erprobt – häufig ohne Wissen oder Unterstützung der ABDA. Die Apothekenteams suchen praktische Antworten auf konkrete Notlagen, nicht ideologische Debatten um Grundsatzfragen. Sie wollen zukunftsfeste Prozesse, keine wiederholten Appelle.
Vor diesem Hintergrund wird der Eintritt von dm in den Gesundheitsmarkt zur Herausforderung mit Systemwirkung. Nicht nur, weil ein neuer Wettbewerber Marktanteile verschieben könnte, sondern weil er das Denken über Gesundheit, Zugang und Dienstleistung verändert. dm verfolgt einen Versorgungsbegriff, der Kundennähe nicht über den Standort, sondern über Erreichbarkeit, Vertrauen und Interaktion definiert. Das umfasst auch Services wie Medikationsanalysen, Ernährungsberatung, Schwangerschaftscoaching, psychologische Erstgespräche – alles über Plattformangebote und Drittanbieter:innen organisiert. Die Grenze zwischen Beratung und Versorgung wird so auf eine neue Weise geöffnet, ohne dass sich die ABDA darauf vorbereitet zeigt.
Es wäre jedoch zu einfach, die ABDA als Bremsklotz und dm als Heilsbringer zu zeichnen. Beide Modelle tragen Risiken: Während dm auf unternehmerische Effizienz, aber nicht auf heilberufliche Integrität setzt, könnte die ABDA ihre Legitimation verlieren, wenn sie sich der Realität dauerhaft verweigert. Was fehlt, ist eine strategische Reaktion, die beides integriert: Die heilberufliche Verantwortung als unverzichtbare Säule des Systems – aber eingebettet in eine moderne, digital anschlussfähige, kundenorientierte Strukturpolitik. Dafür müsste die ABDA ihre Binnenstruktur hinterfragen, personelle Ressourcen umschichten, Mittel in echte Kampagnen lenken und eine Führungskultur etablieren, die nicht auf Besitzstandssicherung, sondern auf Gestaltung setzt.
Denn der politische Raum ist, so widersprüchlich es klingt, offen wie selten. Die Ampelregierung ist programmatisch ausgebrannt, die neue Koalition unter CDU-Führung sucht nach identitätsstiftenden Gesundheitsthemen, die über die Krankenhausfinanzierung hinausgehen. Die Apothekerschaft hätte eine Chance, sich hier zu positionieren – nicht nur als Mahnerin, sondern als Partnerin. Dafür braucht es aber einen klaren Kompass, den die ABDA derzeit nicht liefert. Selbst das Versandhandelsverbot, das so zentral ins Zentrum gestellt wird, wirkt wie ein Rückgriff auf die Vergangenheit. Es geht nicht um Verbot oder Nichtverbot – sondern um die Frage, wie Versorgung in Zukunft organisiert wird. Und wer darin welche Rolle spielt.
Wenn die ABDA diese Diskussion weiter ausblendet, wird sie nicht nur die politische Agenda verlieren, sondern auch ihre gesellschaftliche Relevanz. Denn dm, Amazon, Redcare und andere denken nicht in Fachgruppenzuständigkeiten, sondern in Bedürfnissen. Sie stellen sich nicht die Frage, ob ein Angebot standespolitisch zulässig ist, sondern ob es funktioniert. Wenn das die Messlatte wird, dann reicht eine klare Meinung nicht aus. Dann braucht es klare Angebote – und eine neue Führung.
Versorgungssicherung braucht Klartext, Zuschlagspolitik braucht Systemlogik, Absicherung beginnt mit Vertrauen
Warum die geplante Apothekenförderung die Wirklichkeit verfehlt, Aporisk vor asymmetrischen Risiken warnt und die Absicherung pharmazeutischer Betriebe neu gedacht werden muss
Es ist ein Vorschlag, der wie eine pragmatische Lösung wirkt – aber tief in die Grundstruktur eines sensiblen Systems eingreift. Die Bundesregierung plant, bestimmte Apothekenstandorte stärker zu fördern als andere. Vorgesehen ist ein gestaffelter Festzuschlag: Während die große Mehrheit künftig 9,50 Euro pro Rx-Rezept erhalten soll, könnten besonders „förderungswürdige“ Apotheken mit bis zu 11 Euro bedacht werden. Was politisch als Differenzierung im Sinne der Versorgungssteuerung erscheint, erweist sich aus Sicht betrieblicher Absicherung als systemisches Risiko mit unterschätzten Nebenwirkungen. Der Versicherungsmakler Aporisk warnt deutlich: Wer Versorgung stärken will, darf Absicherbarkeit nicht gefährden.
Denn Apotheken sind nicht nur Gesundheitsversorger, sie sind auch wirtschaftlich haftungstragende Betriebe. Planung, Finanzierung, Risikoeinschätzung und Absicherungsstrategien müssen in einem stabilen rechtlichen und wirtschaftlichen Rahmen funktionieren. Differenzierte Zuschläge jedoch schaffen eine Realität, in der dieser Rahmen zur politischen Variablen wird. Heute förderfähig, morgen ausgenommen – und übermorgen rückabgewickelt? Aus Sicht von Aporisk ist diese Förderpraxis nicht nur betriebswirtschaftlich unsauber, sondern versicherungslogisch destruktiv. Denn sie erzeugt das, was Versicherer am wenigsten kalkulieren können: Unvorhersehbarkeit.
Das betrifft nicht nur klassische Risiken wie Betriebsausfall, Liquiditätsengpässe oder juristische Streitigkeiten. Es betrifft vor allem das Vertrauen in die Berechenbarkeit staatlicher Rahmenbedingungen – ein Vertrauen, das Grundvoraussetzung jeder langfristigen Absicherungsstrategie ist. Apotheken, die ihre Standortwahl, Investitionshöhe, Personalstruktur oder Fremdfinanzierung an einen politisch definierten Zuschlag koppeln, bewegen sich auf dünnem Eis. Sie verlassen sich auf ein Kriteriensystem, das weder transparent, noch langfristig stabil, noch rechtlich eindeutig verankert ist.
Aporisk analysiert diese Förderpraxis aus einer Perspektive, die in der aktuellen Debatte oft übersehen wird: Was bedeutet es für Versicherungsverträge, wenn Zuschläge zur zentralen Ertragsgröße werden, aber nicht garantiert sind? Was geschieht mit Kreditversicherungen, wenn der Förderstatus plötzlich entfällt? Wie verhalten sich Policen bei regressbedingten Umsatzverlusten infolge politischer Kategorisierungsänderungen? Und was ist, wenn bei Betriebsaufgabe oder Insolvenz nachgewiesen werden muss, dass der Betrieb in „berechtigter“ Zuschlagserwartung geführt wurde?
In einer Branche, in der viele Inhaber an der Belastungsgrenze operieren, können diese Fragen existenzielle Dimensionen annehmen. Aporisk warnt daher eindringlich davor, Zuschläge als stabile betriebliche Größe zu behandeln. Wer aus einer pauschalen Förderung eine selektive macht, verschiebt nicht nur wirtschaftliche Belastungen – er verändert die Versicherbarkeit ganzer Strukturen. Der Markt reagiert bereits: Erste Risikoeinstufungen differenzieren neu nach „förderabhängigen Geschäftsmodellen“. Für viele Betriebe bedeutet das höhere Prämien, strengere Vertragsbedingungen, geringere Leistungszusagen.
Hinzu kommt eine weitere systemische Gefahr: Die Segmentierung in „förderfähig“ und „übrige“ Apotheken untergräbt das Prinzip der Gleichbehandlung, das bislang auch versicherungstechnisch als stabilisierendes Merkmal galt. Wenn gleiche Risiken plötzlich unterschiedlich vergütet werden, werden auch gleiche Policen unterschiedlich bewertet. Das betrifft nicht nur neue Versicherungsverträge – sondern auch bestehende Absicherungen, die unter einer völlig anderen Systemlogik kalkuliert wurden. Was bislang einheitlich risikobewertet wurde, beginnt sich aufzuspalten – mit unklaren Folgen für alle Beteiligten.
Besonders problematisch: Die Zuschlagspolitik erzeugt neue Unschärfen in einem Sektor, der ohnehin schon mit hohen regulatorischen und betrieblichen Anforderungen kämpft. Anstatt Klarheit zu schaffen, bringt sie Unwägbarkeiten – in der Finanzierung, in der Standortstrategie, in der langfristigen Absicherung. Aporisk fordert deshalb ein Umdenken: Weg von der Zuschlagssymbolik, hin zu einem einheitlichen, dynamisierbaren Fixum, das nicht nur versorgungspolitisch wirksam ist, sondern auch betriebswirtschaftlich belastbar bleibt.
Denn eines ist sicher: Sicherheit ist kein Nebenprodukt. Sie ist Voraussetzung. Wenn politische Programme die Versicherbarkeit gefährden, gerät das System ins Wanken. Nur mit einer integrierten Förder- und Absicherungslogik lassen sich Apotheken als tragende Säule der Daseinsvorsorge dauerhaft schützen – und auch in schwierigen Zeiten stabil halten.
Über Skonti reden, Versorgung sichern, Stabilität garantieren
Wie der Phagro in der Skontodebatte eine Brücke schlägt, warum Apotheken auf den Koalitionsvertrag pochen und welche Risiken der Großhandel ausbalancieren muss
Das im Koalitionsvertrag von CDU und SPD festgehaltene Versprechen, das bisher geltende Skonti-Verbot zu kippen, bringt Bewegung in einen lange erstarrten Interessenkonflikt. Die öffentlichen Apotheken sehen darin einen möglichen Befreiungsschlag – ein betriebswirtschaftlicher Hebel, der dringend nötige Liquiditätsspielräume schaffen könnte. Für den vollversorgenden Pharmagroßhandel hingegen wirft das Signal grundsätzliche Fragen zur wirtschaftlichen Tragfähigkeit seiner Infrastruktur auf. Der Verband Phagro, bislang als Hüter der regulatorischen Orthopraxie bekannt, hat nun eine kompromissbereite Linie angedeutet – und damit ein Modell vorgelegt, das die Branche sowohl stabilisieren als auch deeskalieren könnte.
Der Vorschlag des Phagro sieht vor, echte Skonti auf den Festzuschlag künftig unter klar definierten Voraussetzungen zuzulassen. Genannt werden dabei zwei Hauptkriterien: Zum einen soll die Vorfristigkeit der Zahlung eine legitime Gegenleistung darstellen, zum anderen müsse das zugrunde liegende Zinsniveau sachgerecht abgebildet werden. Dieser Ansatz nimmt Bezug auf das Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) zur Unzulässigkeit vergangener Skontomodelle – und formuliert zugleich ein neues Narrativ: Skonto nicht als Rabatt, sondern als betriebswirtschaftlich begründete Erleichterung für pünktliche Zahlungsströme. Aus Sicht des Großhandels, so die Phagro-Geschäftsführung, gehe es darum, den „gemeinsamen Versorgungsauftrag“ auf Augenhöhe und mit gegenseitigem wirtschaftlichem Respekt abzusichern.
Doch in der Praxis bleibt der Kurs riskant. Der Apothekenmarkt leidet nicht nur unter den massiven Fixumsdefiziten, sondern auch unter strukturell brüchigen Zahlungsflüssen. Während kleine Einzelbetriebe teilweise mit taggenauer Vorkalkulation arbeiten, brauchen größere Filialverbünde belastbare Skontostrukturen, um überhaupt nachhaltig wirtschaften zu können. Die jüngsten Insolvenzen im Apothekensektor – oft ausgelöst durch Liquiditätsengpässe infolge verspäteter Retaxationen, wachsender E-Rezept-Störungen oder Lagerwertverluste – unterstreichen das Risiko einer vermeidbaren Eskalation. Für viele Apotheken würde ein echter Skontopuffer zu einer dringend benötigten operativen Entlastung führen. Damit verknüpft ist jedoch die Erwartung, dass der Großhandel mehr tut als das gesetzlich Erlaubte – nämlich auch strategisch mitgeht.
Hier liegt die eigentliche Brisanz: Der Phagro argumentiert, dass die wirtschaftliche Basis seiner Mitglieder durch einseitige Skontobelastungen gefährdet werden könne. Gleichzeitig wirbt der Verband aber um Verständnis für die angespannte Lage der Apotheken und bringt seine Bereitschaft zur Zusammenarbeit ins Spiel. Der Vorschlag ist nicht als Pauschallösung gedacht, sondern als dynamisches Modell, das abhängig von Zinssituation, Zahlungsmodalitäten und Versorgungsschwere regional angepasst werden könne. Es gehe um „gemeinsame Resilienz“, wie die beiden Geschäftsführer Michael Dammann und Thomas Porstner betonen. Ein Begriff, der in Zeiten multipler Krisen zwischen Digitalisierung, Lieferengpässen und Rechtsunsicherheit mehr ist als nur ein semantisches Bekenntnis.
Aus Sicht vieler Apothekerinnen und Apotheker ist damit ein erster Schritt in Richtung Systemflexibilität getan. Entscheidend wird sein, ob dieser Kompromiss den politisch notwendigen Rückhalt erhält – oder ob das Koalitionsversprechen erneut in der Umsetzung versandet. Denn das Misstrauen ist tief: Zu oft wurde mit „Vorbereitung“, „Konsultation“ und „Prüfung“ taktiert, ohne dass konkrete Verbesserungen im Alltag der Apotheken spürbar wurden. Die Forderung lautet daher: Nicht nur „reden über Skonti“, sondern „handeln in der Krise“. Denn die Zeit der Durchhalteparolen ist vorbei – wirtschaftliche Realität duldet keine rhetorischen Ehrenrunden.
Gesellschaftsrecht modernisieren, Schattenbeteiligung verhindern, Berufsethos bewahren
Warum der Vorschlag einer Apotheken-GmbH die Zukunft inhabergeführter Betriebe sichern soll, welche Risiken das Fremdbesitzverbot heute erzeugt und wie via legale Beteiligungsformen stärken will
Der Verband innovativer Apotheken (via) fordert mit wachsender Vehemenz eine tiefgreifende Neugestaltung des Apothekenrechts – vor allem im Gesellschaftsrecht. Im Zentrum steht dabei ein Reformvorschlag mit politischer Sprengkraft: Apotheken sollen künftig in Form einer GmbH betrieben werden können, sofern ausschließlich approbierte Apothekerinnen und Apotheker als Gesellschafter auftreten. Für Benedikt Bühler, Vorstandsvorsitzender von via, ist das nicht nur ein wirtschaftlich motivierter Wunsch, sondern ein berufsständischer Imperativ: „Wenn wir nicht rasch faire, transparente Beteiligungsstrukturen ermöglichen, drohen Parallelwelten, in denen Schatteninvestoren bestimmen, was als inhabergeführt gilt.“
Bühler verweist dabei auf die zunehmende Schieflage im Markt: Apothekenübernahmen seien angesichts enormer Investitionssummen für junge Berufseinsteiger oft nicht mehr zu realisieren. Das führe dazu, dass Kapitalgeber aus der Großhandelsbranche oder dem Private-Equity-Sektor zunehmend Einfluss nähmen – oft über Umwege, verschleierte Verträge oder stille Beteiligungen. Die Folge: Der Grundsatz des Fremdbesitzverbots werde unterwandert, ohne dass die berufsrechtlichen Kontrollinstanzen effektiv greifen könnten.
Genau hier setzt die Idee der Apotheken-GmbH an. via argumentiert, dass eine klar geregelte Gesellschaftsform mit pharmazeutischer Gesellschafterpflicht den Wildwuchs eindämmen und zugleich jungen Pharmazeutinnen und Pharmazeuten eine realistische Perspektive zur Gründung oder Übernahme bieten könne. Das GmbH-Modell sei rechtlich ausgereift, steuerlich effizienter planbar und eigne sich besser für Nachfolgeregelungen, Kooperationen und auch – unter klaren Regeln – für kapitaleffizientes Wachstum. Wichtig sei, dass die Gesellschafterstruktur ausschließlich aus Berufsträgern bestehe – ohne Schlupflöcher für externe Investoren.
Unterstützung für den Ansatz kommt aus juristischen Kreisen: In der aktuellen Ausgabe der „ApothekerWirtschaft Aktuell“ (AWA) stellt der auf Gesundheitsrecht spezialisierte Rechtsanwalt Dr. Morton Douglas infrage, ob das geltende Fremdbesitzverbot in seiner derzeitigen Form noch zeitgemäß sei. Er verweist auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH), das bei Anwaltskanzleien den Fremdbesitz unter bestimmten Bedingungen zulässt – sofern die Berufsausübung und das Standesrecht gesichert bleiben. Eine vergleichbare Regelung sei auch im Apothekenwesen denkbar, so Douglas, sofern die Schutzmechanismen wirksam und kontrollierbar ausgestaltet seien.
via begrüßt diese Debatte ausdrücklich und betrachtet sie als überfällig. Denn was bislang als Schutzschild gegen Kettenbildung galt, könnte in der Realität längst ein Einfallstor für intransparente Einflussnahmen sein. Bühler spricht von einer „Entkoppelung zwischen Rechtsform und Realität“, die nicht nur junge Apotheker verunsichere, sondern das gesamte Vertrauen in das Prinzip der inhabergeführten Apotheke untergrabe. Die Apotheken-GmbH könne aus seiner Sicht dieses strukturelle Vakuum schließen – mit klarem Regelwerk, steuerlicher Planbarkeit und rechtssicherer Kontrolle.
Zugleich distanziert sich via von liberalisierten Fremdbesitzmodellen à la Versandhandel. „Wir brauchen keine beliebigen Kapitalstrukturen, sondern berufsständische Modernisierung“, so Bühler. Die GmbH solle daher kein Einfallstor für Konzerne werden, sondern ein Instrument zur Stärkung der Unabhängigkeit, Mitbestimmung und Selbstverantwortung im Heilberuf. Ein entscheidendes Argument: Anders als derzeitige Rechtsformen lasse sich in einer GmbH auch kollegiale Gesellschafterbeteiligung klar regeln – etwa bei Gründungsprojekten, regionalen Versorgungskonzepten oder innovativen Filialmodellen unter pharmazeutischer Leitung.
Die Forderung kommt zu einem Zeitpunkt, an dem politische Strukturfragen im Apothekenwesen zunehmend auf die Tagesordnung drängen. Die ABDA fokussiert sich bislang auf Honoraranpassungen und Versorgungsstabilität, vermeidet jedoch tiefgreifende Strukturvorschläge. via dagegen positioniert sich strategisch: Eine geregelte Apotheken-GmbH mit Berufsbindung könnte auch rechtspolitisch das Bollwerk gegen Kettenbildung und Marktverzerrung darstellen – ein kontrollierbares, berufsbezogenes Gegenmodell zum Wildwuchs nicht kontrollierbarer Kapitalinteressen. Damit wird die Gesellschaftsform zur Systemfrage.
Engagement schafft Identität, Apotheke schafft Vertrauen, Mittelstand schafft Zukunft
Wie Tatjana Buck für ihre Apotheke kämpft, für Baden-Württemberg wirbt und warum der Beruf mehr ist als Gesundheitsversorgung
Zwischen Ladentheke und Landesidentität liegt oft nur ein Satz – und manchmal ein Porträt. Für die Apothekerin Tatjana Buck aus Baden-Württemberg ist ihre berufliche Rolle längst über die medizinische Versorgung hinausgewachsen. Sie steht nicht nur für Arzneimittelsicherheit, Beratung und Prävention – sie steht auch für eine politische, wirtschaftliche und kulturelle Haltung: die Apothekerin als Gesicht des Mittelstands. Als Teil der landesweiten Imagekampagne „Mittel ist MEGA“ zeigt sie nicht nur Präsenz, sondern Haltung. Und bringt damit die Apotheke als Lebensader ländlicher Räume zurück auf die Landkarte einer wirtschaftlich unter Druck geratenen Gesellschaftsform: der inhabergeführten Mittelstandsstruktur.
Tatjana Buck betreibt ihre Apotheke mit einer Mischung aus Pragmatismus, Fachkompetenz und strategischer Kommunikationsfreude. Dass sie nun landesweit auf Plakaten, in Imagevideos und im politischen Diskurs als Botschafterin des „MEGA-Mittelstands“ fungiert, ist kein Zufall. Sie ist Apothekerin aus Überzeugung – und aus Verantwortung. „Ich bin nicht Mittelstand, weil ich ein Gewerbe betreibe. Ich bin es, weil ich für Menschen da bin, die mich brauchen – und das jeden Tag, nicht nach Quartalszahlen“, sagt sie. Dass diese Haltung im aktuellen ökonomischen Klima zur Ausnahmeerscheinung wird, macht ihren Auftritt umso bedeutender. Zwischen Fachkräftemangel, Bürokratie und Preisdeckelungen vertritt Buck die Überzeugung, dass sich Selbstständigkeit nicht durch Gewinnoptimierung, sondern durch Gemeinwohlorientierung legitimiert.
Die Kampagne „Mittel ist MEGA“, die vom baden-württembergischen Wirtschaftsministerium initiiert wurde, will die gesellschaftliche Relevanz des Mittelstands sichtbar machen – mit echten Gesichtern, statt austauschbarer Claims. Der Fokus liegt dabei auf kleinen und mittleren Unternehmen, deren Funktion in der Fläche weit über das Steueraufkommen hinausgeht: Ausbildungsplatz, Innovationsmotor, Anker der Daseinsvorsorge. Genau in diesem Dreiklang sieht Buck auch ihre Apotheke. Sie bildet aus, investiert in Digitalisierung und führt regelmäßig Gesundheitsaktionen durch. Dass sie mitunter auch politische Stellung bezieht – etwa zur Versorgungsgerechtigkeit oder zur Fixum-Debatte –, ist für sie kein Widerspruch, sondern eine Notwendigkeit. „Wer täglich erlebt, wo Systeme versagen, muss auch sagen dürfen, was besser laufen muss“, so Buck. Sie fordert mehr Rückhalt von der Politik – nicht nur monetär, sondern vor allem strukturell.
Ihre Teilnahme an der Kampagne ist dabei auch ein strategisches Statement. Die Apothekerin als Unternehmerin, als Führungskraft, als Innovationsgestalterin – das ist das Bild, das Buck bewusst sichtbar machen will. Sie setzt damit einen Kontrapunkt zur allgemeinen Reduktion der Apotheke auf Versandalternative oder Preisfaktor. „Wenn wir die Apotheke nur als Kostenstelle betrachten, verlieren wir sie als kulturelles Bindeglied“, warnt sie. Und meint damit auch: Wer dem Mittelstand die Substanz entzieht, gefährdet nicht nur Versorgung, sondern Vertrauen – ein Wert, der sich weder digitalisieren noch substituieren lässt.
Im Schulterschluss mit anderen Mittelständlern aus Handwerk, Gastronomie, Technologie und Landwirtschaft entsteht durch die Kampagne ein Narrativ, das nicht defensive Nostalgie, sondern zukunftsorientierte Relevanz erzeugen will. Buck sieht in der Apotheke der Zukunft keinen Rückzugsort, sondern ein Scharnier zwischen Hightech, Gesundheitsprävention und gesellschaftlicher Begegnung. Dafür braucht es mutige Gesichter – und mutige Worte. Dass Tatjana Buck beides verkörpert, macht sie nicht nur zu einer Protagonistin der Kampagne, sondern zu einer Antwort auf die Frage, wer heute eigentlich noch den Begriff „Mittelstand“ mit Inhalt füllt.
Versorgung wird unmöglich, Apotheken steigen aus, Kassen drücken Pauschalen
Warum die Inkontinenzversorgung zerbricht, wie Betroffene leiden und was politisch sofort passieren müsste
Was in offiziellen Statistiken als „Hilfsmittelversorgung“ geführt wird, ist für hunderttausende Menschen in Deutschland eine stille Katastrophe. Denn wer auf Inkontinenzprodukte angewiesen ist, erlebt zunehmend einen Rückzug der Versorgung vor Ort – weil Apotheken wie Sanitätshäuser angesichts der extrem niedrigen Pauschalen aus dem System gedrängt werden. Im Alltag bedeutet das: Menschen mit schweren chronischen Einschränkungen, oft hochaltrig, müssen Dutzende Kilometer zurücklegen, um ihre notwendigsten Bedarfe zu decken. Oder sie bleiben unversorgt zurück.
Dr. Nojan Nejatian, Inhaber der Heegbach-Apotheke in Erzhausen, bringt das Dilemma auf den Punkt: „Die Ersatzkassen zahlen mitunter so niedrige Pauschalen, dass wir es schwer haben, die Patienten gescheit zu versorgen. In unserem Landkreis gibt es kaum noch eine Apotheke, die das überhaupt noch anbietet.“ Die ökonomischen Realitäten zwingen selbst engagierte Betriebe zum Rückzug. „Wir bemühen uns, jedem Patienten gerecht zu werden“, erklärt auch Nicola Ciliax-Kindling von der Barbara-Apotheke in Odenthal, „aber mit den extrem niedrigen Pauschalen ist das nicht leicht.“
Tatsächlich sprechen aktuelle Branchenanalysen von einem drastischen Rückgang apothekenbasierter Hilfsmittelversorgung. Während früher viele Betriebe diese Leistung als Teil ihres Versorgungsauftrags betrachteten, hat sich die Kosten-Nutzen-Rechnung inzwischen ins Negative verschoben. Die Fixkosten für Schulungen, Lagerung, Beratung, Dokumentation und Abrechnung stehen in keinerlei Verhältnis mehr zu den von den Kassen gezahlten Pauschalen. Dazu kommen zunehmende Regressrisiken und eine Bürokratie, die auf Präqualifizierung und Auditpflichten setzt, ohne die Versorgungsrealität im Blick zu haben.
Diese strukturelle Fehlentwicklung trifft vor allem Menschen mit Pflegebedarf, neurologischen Erkrankungen, multiplen Behinderungen – und jene, die keine Angehörigen haben, die kilometerlange Wege für sie übernehmen könnten. Denn anders als bei Arzneimitteln greift hier keine wohnortnahe Pflichtversorgung. In vielen ländlichen Regionen ist die Inkontinenzversorgung faktisch bereits zusammengebrochen – mit dramatischen gesundheitlichen und sozialen Folgen. Wer seine Hilfsmittel nicht regelmäßig bekommt, riskiert Infektionen, Dekubitus, soziale Isolation und massiven psychischen Stress. Die medizinische Versorgungslücke wird damit zur menschenrechtlichen.
Dabei gäbe es längst erprobte Lösungsansätze: regional angepasste Pauschalen, verpflichtende Mindeststandards für Kassenverträge, Förderung lokaler Versorgungsnetze, Rückkehr zur Einzelabrechnung bei sensiblen Versorgungsbedarfen. Doch stattdessen herrscht eine Preislogik vor, die ausschließlich auf Dumping-Anbieter setzt. Diese liefern oft ohne Beratung, unpassend konfektioniert oder mit problematischer Produktqualität. Apotheken mit ihrem Beratungsanspruch, mit ihrer Nähe zu den Menschen und ihrem qualitätsgesicherten Prozess verlieren dabei systematisch an Boden.
Auch gesundheitspolitisch bleibt die Inkontinenzversorgung ein blinder Fleck. Obwohl immer mehr Menschen betroffen sind – allein durch demografischen Wandel und steigende Pflegefälle – fehlt es an Verbindlichkeit im System. Die Hilfsmittelversorgung ist keine freiwillige Serviceleistung, sondern ein integraler Bestandteil würdevoller Gesundheitsversorgung. Wer hier spart, spart nicht am Material, sondern an der Menschenwürde.
Dass die Politik dringend reagieren muss, zeigt die Realität vor Ort. Wenn eine betroffene Seniorin, die auf Windeln angewiesen ist, erst 30 Kilometer fahren muss, um ein passendes Produkt zu erhalten, hat das System versagt. Wenn Apotheken gezwungen sind, aufzugeben, obwohl sie helfen wollen, dann stimmt die Balance zwischen Verantwortung und Wirtschaftlichkeit nicht. Es braucht dringend neue Pauschalen, eine faire Vergütung für qualifizierte Anbieter – und endlich eine klare Anerkennung des Apothekenwesens als tragende Säule auch im Hilfsmittelbereich.
Autoimmunreaktion trifft Sehapparat, Teprotumumab blockiert Signalwege, Lebensqualität gewinnt an Boden
Untertitel: Wie die endokrine Orbitopathie aus der Basedow-Erkrankung hervorgeht, warum Sehstörungen und Exophthalmus dominieren und welche neue therapeutische Wende der IGF-1R-Antagonist Teprotumumab einleitet
Die endokrine Orbitopathie, auch als endokrine Ophthalmopathie oder Basedow-Orbitopathie bekannt, ist eine autoimmun bedingte entzündliche Erkrankung des Orbitagewebes, die fast ausschließlich im Kontext des Morbus Basedow auftritt. Als extrathyreoidale Manifestation trifft sie vor allem Frauen mittleren Alters mit einer Schilddrüsenüberfunktion – in etwa 90 % der Fälle ist die zugrunde liegende Erkrankung ein immunogener Hyperthyreoidismus. Ursächlich greifen fehlgeleitete Immunzellen und Autoantikörper Gewebe in der Augenhöhle an – insbesondere fibroblastäre Zielzellen, die über den insulinähnlichen Wachstumsfaktorrezeptor 1 (IGF-1R) vermittelt aktiviert werden. Diese Reaktion führt zu entzündlichem Ödem, Hyaluronat-Einlagerung, Volumenzunahme von Fett- und Muskelgewebe sowie letztlich zu pathologischer Protrusion des Bulbus oculi – dem charakteristischen Exophthalmus. In schweren Fällen kommt es zur Kompression des Nervus opticus, was Sehminderung, Kontrastverlust und irreversible Schäden bedeuten kann.
Typisch für die endokrine Orbitopathie ist das klinische Trias aus Exophthalmus, Lidretraktion und Diplopie. Diese Symptome gehen häufig mit einem dumpfen Druckgefühl retrobulbär, gesteigertem Tränenfluss, Lichtempfindlichkeit und Fremdkörpergefühl einher. In der aktiven Entzündungsphase überwiegen proinflammatorische Prozesse, in der chronischen Phase dominieren fibrotische Veränderungen und Einschränkungen der Okulomotorik. Diagnostisch wichtig ist die klinische Einschätzung anhand der sogenannten Clinical Activity Score (CAS) sowie die bildgebende Darstellung per CT oder MRT, um Muskelverdickung und Raumforderungen präzise zu beurteilen.
Bisher war die therapeutische Landschaft limitiert. Glukokortikoide – systemisch oder orbital appliziert – gelten als Standard, gefolgt von Bestrahlung oder chirurgischer Dekompression in schweren Fällen. Doch die Nebenwirkungsbelastung ist hoch, die Wirksamkeit uneinheitlich, und Rezidive häufig. Genau hier setzt Teprotumumab an. Der vollständig humane monoklonale Antikörper blockiert den IGF-1R, wodurch die pathologisch aktivierten Fibroblasten in der Orbita gehemmt werden. Damit unterbindet Tepezza sowohl die entzündliche Proliferation als auch die exzessive Hyaluronsynthese, wodurch Ödeme, Protrusion und Fibrose rückläufig werden. Die randomisierten Phase-III-Studien OPTIC und OPTIC-X zeigen signifikante Rückgänge der Exophthalmus-Ausprägung um durchschnittlich 3 mm, verbunden mit klinisch relevanter Besserung der Sehfunktion, Lebensqualität und subjektiven Krankheitslast.
Teprotumumab wird intravenös verabreicht, im Abstand von drei Wochen über acht Infusionen. Die Nebenwirkungsrate ist moderat, häufig sind Hyperglykämie, Hörstörungen und Muskelkrämpfe, die jedoch meist reversibel verlaufen. Die EMA hat den Wirkstoff im Mai 2025 für Erwachsene mit aktiver, mittelschwerer bis schwerer endokriner Orbitopathie empfohlen – basierend auf dem hohen unmet medical need und der überzeugenden Datenlage. Während die US-Zulassung bereits 2020 erfolgte, dürfte mit der EU-Zulassung ein Wendepunkt in der Therapie dieser bislang schwer behandelbaren Immunopathologie erreicht sein.
Im klinischen Alltag bedeutet das eine dringend benötigte Erweiterung des Therapieportfolios – gerade für Patient:innen mit progressiven Verläufen, bei denen konventionelle Glukokortikoidtherapie versagt. Die Zulassung markiert aber auch einen Paradigmenwechsel: Statt pauschaler Immunsuppression greift Teprotumumab gezielt in die pathogenetische Achse IGF-1R/TSHR ein – ein Modell, das perspektivisch auch auf andere Autoimmunerkrankungen übertragbar sein könnte.
In der Praxis bedarf es nun klarer Leitlinien zur Indikationsstellung, prädiktiven Markern und interdisziplinärer Zusammenarbeit zwischen Endokrinologie, Augenheilkunde und Immunologie. Denn die endokrine Orbitopathie ist kein Randphänomen – sondern ein medizinischer Brennpunkt, an dem sich die Zukunft differenzierter Immuntherapie entscheidet.
Cholesterinsenkung verändert mehr als Blutwerte, Entzündungsmodulation öffnet neue Wege, antidepressive Potenziale überraschen Psychiatrie
Wie Statine weit über ihren lipidsenkenden Effekt hinaus auf neuronale Prozesse wirken, warum sie als Entzündungsmodulatoren diskutiert werden und welche Rolle sie in der psychischen Gesundheitsversorgung künftig spielen könnten
Die Vorstellung, dass Medikamente gegen hohe Cholesterinwerte auch Depressionen lindern könnten, mag zunächst überraschen – doch sie wird zunehmend plausibel, wenn man sich dem Wirkprofil der Statine nicht reduktionistisch, sondern systemisch nähert. Statine hemmen die HMG-CoA-Reduktase, senken damit den Cholesterinspiegel – das ist ihr primäres Einsatzgebiet. Doch längst ist bekannt, dass sie darüber hinaus eine Reihe sogenannter pleiotroper Effekte besitzen: entzündungshemmend, antioxidativ, endothelprotektiv. Genau an diesem Punkt beginnt das psychiatrische Interesse. Denn Depressionen gelten zunehmend nicht nur als neurochemische, sondern auch als neuroinflammatorische Erkrankung. Die Verbindung ist kein Zufall, sondern biochemisch nachvollziehbar.
In mehreren epidemiologischen und klinischen Studien zeigte sich, dass Statin-Anwender signifikant seltener depressive Symptome aufwiesen. In einer groß angelegten britischen Analyse mit über 90.000 Patient:innen war das Depressionsrisiko bei kontinuierlicher Statin-Einnahme um bis zu 30 % reduziert. Besonders auffällig: Der Effekt war unabhängig vom Cholesterinspiegel. Das legt nahe, dass nicht die Lipidsenkung, sondern eine entzündungsmodulierende Wirkung hinter dem psychischen Benefit steht – ein Hinweis auf eine tieferliegende Pathophysiologie von Depressionen, die bisher vor allem serotonerg behandelt wurde. Parallel dazu zeigten sich in randomisierten Studien antiinflammatorische Veränderungen in Zytokinprofilen von Patient:innen, die Statine einnahmen – etwa eine Senkung von Interleukin-6 und CRP. Diese Marker stehen nachweislich mit depressiven Symptomverläufen in Verbindung.
Doch es wäre vorschnell, Statine als Antidepressiva der Zukunft zu deklarieren. Denn die Effekte sind heterogen, die Studienlage inkonsistent. Einzelne Metaanalysen betonen, dass der antidepressiv beobachtbare Effekt insbesondere bei Komorbidität mit kardiovaskulären Erkrankungen auftritt – also dort, wo die entzündlichen Lasten systemisch erhöht sind. Zudem bleibt offen, ob die beobachteten Wirkungen rein pharmakologisch oder auch psychosomatisch vermittelt sind. Wer seine Herzgesundheit stabilisiert, könnte auch psychisch profitieren – unabhängig vom Wirkstoff.
Hinzu kommt ein ethischer Aspekt: Die Ausweitung eines Medikaments auf neue, nicht-primäre Indikationen muss strengen Prüfmaßstäben genügen. Hier liegt eine Gratwanderung zwischen repurposing-Strategie und therapeutischem Overreach. Eine differenzierte pharmakopsychiatrische Diskussion ist daher überfällig. Es genügt nicht, Statine als Nebenbei-Stimmungsaufheller zu begreifen – vielmehr müssen die zugrunde liegenden Entzündungsprozesse im Gehirn und ihre therapeutische Beeinflussbarkeit ins Zentrum rücken. Das bedeutet auch: Die Grenze zwischen Kardiologie und Psychiatrie wird poröser. Wer neuroinflammatorische Depressionsmodelle ernst nimmt, muss beginnen, Medikamente wie Statine nicht nur als Lipidsenker, sondern als potenzielle Bausteine interdisziplinärer Behandlungsansätze zu begreifen.
Für die Praxis könnte das bedeuten, dass Patient:innen mit depressiven Symptomen und gleichzeitiger kardiovaskulärer Risikoerhöhung von Statinen doppelt profitieren – unter kontrollierter Indikationsstellung und sorgfältiger Evaluation. Die Zukunftsfrage lautet nicht, ob Statine Antidepressiva sind, sondern ob sie in bestimmten Subgruppen ein Bestandteil individualisierter Therapiealgorithmen werden können. Das Paradigma verschiebt sich – nicht abrupt, aber fundamental.
Pflanzenkraft gegen Entzündung, Schutz durch Antioxidantien, Forschungsimpuls aus Tunesien
Wie Erdbeerbaumextrakt bei Colitis ulcerosa antioxidativ wirkt, Darmschäden lindert und die Phytotherapie neu ins Gespräch bringt
Colitis ulcerosa zählt zu den immunvermittelten chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen, bei denen konventionelle Therapien wie Glucocorticoide und Immunsuppressiva zwar entzündungshemmend wirken, jedoch auch mit teils erheblichen Nebenwirkungen einhergehen. Insbesondere das Risiko für opportunistische Infektionen unter Immunsuppression bleibt ein zentrales Problem der Langzeitbehandlung. Vor diesem Hintergrund ist die Suche nach nebenwirkungsärmeren Alternativen nicht nur therapeutisch sinnvoll, sondern auch gesundheitspolitisch relevant – insbesondere in einem Versorgungsumfeld, das zunehmend Wert auf ganzheitliche, patientenschonende und ressourcenschonende Strategien legt.
Ein bemerkenswerter Forschungsansatz kommt nun aus Tunesien, wo ein Team aus Pharmakologen und Naturstoffforschern die Wirkung eines wässrigen Extrakts aus den Früchten des westlichen Erdbeerbaumes (Arbutus unedo) auf ein Rattenmodell der Colitis ulcerosa untersucht hat. Zwar bleibt zu diskutieren, inwiefern ein chemisch induziertes Entzündungsmodell – in diesem Fall durch Essigsäureeinlauf – die komplexe Autoimmunpathogenese beim Menschen adäquat abbildet, doch die Ergebnisse liefern eindeutige Hinweise auf eine schützende Wirkung des Pflanzenextrakts.
Die vorbehandelten Versuchstiere zeigten eine signifikante Reduktion der entzündlichen Parameter, darunter insbesondere des C-reaktiven Proteins (CRP) als klassischer systemischer Entzündungsmarker. Auch der oxidative Stress, der als pathophysiologischer Kofaktor in der Epithelbarrierestörung des Darms gilt, war messbar verringert. Histologisch ließ sich zudem eine dosisabhängige Minderung der Schleimhautläsionen feststellen – ein Befund, der funktionell für eine Barriere-stabilisierende und zytoprotektive Wirkung spricht.
Die Autoren führen diese Effekte auf die bioaktive Vielfalt der Erdbeerbaumfrüchte zurück, darunter eine Kombination aus Terpenoiden, Phytosterolen und antioxidativen Polyphenolen. Diese Substanzklassen sind aus anderen Pflanzenpräparaten – etwa Kurkuma, Boswellia oder Grünteeextrakten – bereits als entzündungshemmend bekannt, ihre differenzierte Wirkung in Darmentzündungen ist jedoch bislang unzureichend erforscht.
Gerade vor dem Hintergrund steigender Inzidenzen von CED – in Deutschland etwa sechs Neuerkrankungen pro 100.000 Menschen jährlich – ist die Erforschung von Phytotherapeutika kein akademischer Luxus, sondern ein dringendes Gebot translationaler Versorgungsperspektiven. Denn pflanzliche Wirkstoffe, die präventiv oder adjuvant zu bestehenden Therapien eingesetzt werden könnten, versprechen nicht nur eine verbesserte Verträglichkeit, sondern potenziell auch eine immunmodulatorische Wirkung, die das Rückfallrisiko nachhaltig reduziert.
Noch ist unklar, ob die Früchte von Arbutus unedo für diese Wirkung unverzichtbar sind oder ob vergleichbare Effekte auch mit anderen mediterranen Pflanzen erzielt werden können. Ebenso fehlen bislang klinische Daten zur Wirkung am Menschen. Doch das Prinzip ist gesetzt: Der Erdbeerbaum steht symbolisch für eine Renaissance der Phytomedizin im Entzündungskontext.
Der Fall verdeutlicht zugleich die Notwendigkeit einer systematischen Validierung pflanzlicher Arzneimittel durch moderne experimentelle Pharmakologie. Denn nur auf Grundlage valider Daten lassen sich aus pflanzlichen Extrakten evidenzbasierte Therapiestrategien entwickeln. Was im Tierversuch vielversprechend erscheint, muss im nächsten Schritt durch klinische Studien mit hoher methodischer Qualität bestätigt werden. Dabei könnten insbesondere milde Verlaufsformen, Remissionserhaltung und Präventionskonzepte im Fokus stehen.
In einer Zeit, in der sich der Arzneimittelmarkt zunehmend ökonomisiert und gleichzeitig Resilienz gegenüber Nebenwirkungen und Resistenzentwicklungen gefragt ist, könnte die Pflanzenmedizin neue Relevanz gewinnen. Nicht als Ersatz, sondern als integraler Bestandteil eines pluralen, individuellen Therapieansatzes – gestützt auf Wissenschaft, aber offen für das Wissen der Natur.
Körperpflege ist erstattungsfähig, Medizinprodukte sind Einzelfallentscheidungen, Apotheken brauchen Rechtssicherheit
Zulasten der Berufsgenossenschaft dürfen auch apothekenübliche Mittel abgegeben werden – doch gerade bei Produkten zur Prävention von Hautkrebs wird die Regel zum juristischen Drahtseilakt
Wer in der Apotheke ein Rezept zulasten der Berufsgenossenschaft (BG) einlöst, berührt eine rechtliche Schnittstelle zwischen sozialrechtlicher Versorgung, versicherungsrechtlicher Logik und pharmazeutischem Handlungsspielraum – mitunter bis an die Grenzen des Systems. Denn was zunächst wie eine klare Rechtslage erscheint – nämlich dass Körperpflegemittel, Heil- und Hilfsmittel sowie Medizinprodukte zulasten der BG abgegeben werden dürfen –, zeigt bei genauerem Hinsehen erhebliche Komplexität: Die rechtliche Grundlage ist im Arzneiversorgungsvertrag zwischen der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) und dem Deutschen Apothekerverband (DAV) festgelegt. Konkret regelt § 1 dieses Vertrages die Versorgung von gesetzlich unfallversicherten Personen mit Arzneimitteln, Verbandmitteln, Medizinprodukten und sonstigen apothekenüblichen Waren. Doch was „apothekenüblich“ ist, reicht über Salben und Kompressen hinaus – bis hin zu Hautpflegeprodukten oder Präparaten zur UV-Schadensprophylaxe.
Für Apotheken ist zunächst entscheidend, dass auch freiverkäufliche, apothekenpflichtige und verschreibungspflichtige Präparate abgegeben werden dürfen – sofern sie im Zusammenhang mit einer beruflich bedingten Erkrankung oder Verletzung stehen. Dabei ist ein Zuschlag von 45 Prozent auf den Apothekeneinkaufspreis vorgesehen, es sei denn, für bestimmte Produktgruppen wie Krankenkost, Diätetika oder Kontaktlinsenflüssigkeiten gilt gemäß § 6 ein gesonderter Zuschlag.
Doch genau an dieser Schnittstelle beginnt die Unsicherheit – insbesondere bei Medizinprodukten, die nicht in der Anlage V der Arzneimittelrichtlinie gelistet sind. Ein Beispiel mit wachsender Relevanz ist die Prävention und unterstützende Behandlung aktinischer Keratosen, also UV-induzierter Hautveränderungen, die häufig bei Berufen mit hoher Sonnenexposition auftreten. Medizinprodukte zur Therapie und Vorbeugung dieser Erkrankungen sind nicht automatisch erstattungsfähig – können es aber sein, wenn ein medizinisch fundierter Bezug zum Beruf besteht. Das bedeutet konkret: Die BG könnte ein solches Produkt erstatten, wenn der Zusammenhang zur beruflichen Tätigkeit eindeutig begründbar ist – etwa bei Dachdeckern, Gärtnern oder Polizisten im Außendienst. In der Praxis empfiehlt sich in solchen Fällen immer die Rücksprache mit der zuständigen BG-Stelle, um Erstattungsfähigkeit und Abrechnungsmodalitäten im Vorfeld zu klären. Ohne diese Absicherung drohen Apotheken Retaxationen und Liquiditätsrisiken – und Patientinnen und Patienten bürokratische Hürden auf dem Weg zur Versorgung.
Auch bei der Auswahl des abzugebenden Arzneimittels gelten spezifische Regeln: Zwar existieren keine BG-spezifischen Rabattverträge, dennoch müssen Apotheken eines der vier preisgünstigsten Arzneimittel abgeben. Eine Besonderheit gegenüber GKV-Rezepten ist allerdings, dass auch das namentlich verordnete Präparat als Option gilt – sofern es sich preislich innerhalb des gesetzlichen Rahmens bewegt. Wenn keines der vier günstigsten Arzneimittel lieferbar ist, kann ohne Rücksprache mit dem Arzt auf das nächstpreisgünstige Präparat ausgewichen werden – Voraussetzung ist jedoch eine dokumentierte Begründung direkt auf dem Rezept.
Damit steigt für Apotheken der juristische und dokumentarische Aufwand. Vor allem bei hochpreisigen Medizinprodukten ohne Listung in Anlage V kann schon die Annahme des Rezeptes zu einem wirtschaftlichen Risiko werden – erst recht, wenn keine eindeutige Rückmeldung der BG zur Kostenzusage vorliegt. Der praktische Vollzug des Arzneiversorgungsvertrags bleibt somit ein Balanceakt zwischen Fürsorgepflicht, wirtschaftlichem Überleben und regulatorischer Präzision. Die zentrale Herausforderung liegt weniger in der Versorgung selbst als in der professionellen Dokumentation, der proaktiven Kommunikation mit den Unfallkassen – und dem Aufbau eines strategisch geschulten Teams, das auch bei Sonderfällen systematisch absichern kann, was andernfalls zu Regress oder Retaxation führen könnte.
Biologika kontrollieren Entzündung, Phänotypen steuern Therapie, Apotheken gestalten Versorgung
Wie monoklonale Antikörper schweres Asthma stabilisieren, molekulare Diagnostik die Arzneiwahl bestimmt und Apothekenberatung zur Strukturleistung wird
Biologika stehen bei schwerem Asthma bronchiale nicht mehr am Rand, sondern im Zentrum einer präzisionsmedizinischen Wende, bei der die Entzündung nicht mehr breit unterdrückt, sondern gezielt blockiert wird. In der Apotheke verändert das alles: Beratung, Lagerung, Abgabe und der Anspruch, immunologische Komplexität patientenverständlich aufzuschlüsseln. Sechs monoklonale Antikörper – Omalizumab, Mepolizumab, Reslizumab, Benralizumab, Dupilumab und Tezepelumab – adressieren unterschiedliche Entzündungstypen: allergisch IgE-vermittelt, eosinophil durch Interleukin-5 getrieben oder T2-Inflammation, die sich durch erhöhte FeNO-Werte und Komorbiditäten wie Rhinosinusitis mit Nasenpolypen auszeichnet. In der Praxis zeigt sich, dass kein Biologikum universell wirksam ist – die Wirkung ist abhängig vom Phänotyp, dem Biomarkerprofil, dem bisherigen Verlauf und dem Therapieziel. Für Apothekenteams ergibt sich daraus ein strukturierter Beratungsauftrag: Wer Biologika richtig begleiten will, muss das therapeutische Ziel verstehen – Exazerbationsreduktion, Steroidsparsamkeit, Lebensqualitätsgewinn – und die systemische Logik hinter den Substanzen durchdringen.
Der Umstieg von inhalativen Therapieschemata auf Biologika ist nicht nur ein Medikationswechsel, sondern ein psychosozialer Bruch: Viele Patient:innen erleben die Injektion eines monoklonalen Antikörpers als Ausdruck einer eskalierten Krankheitslast, andere hingegen als Hoffnung auf Lebensqualität jenseits der Dauerinhalation. Diese Ambivalenz erfordert eine sensible, informierte Begleitung durch Apotheken. Das beginnt bei der Aufklärung über Lagerbedingungen (Kühlschrankpflicht, Transportvermeidung von Temperaturschwankungen), geht über die Hilfestellung bei der Selbstinjektion (Pen-Technik, Dosierungsrhythmus, Vorbereitung) und reicht bis zur Reaktionsklärung bei Nebenwirkungen (lokale Reaktion, Kopfschmerz, virale Infekte, Asthenie). In der Praxis entscheiden Apotheken mit, ob die Biologikatherapie stabil läuft oder sich durch Adhärenzprobleme selbst sabotiert.
Hinzu kommt eine zunehmende Versorgungsdynamik: Während einige Patient:innen ihre Spritzen regelmäßig im Facharztzentrum erhalten, verlagert sich die Anwendung bei stabiler Lage oft in den häuslichen Bereich. Damit wird die Apotheke zur zentralen Strukturinstanz zwischen ärztlicher Verordnung und patientengeführter Anwendung. Apothekenteams helfen nicht nur, neue Therapiepläne zu verstehen, sondern erkennen auch Rückmeldemuster, die ärztlicher Nachjustierung bedürfen: persistierender Husten trotz Biologikum, inadäquater Therapieeffekt bei unklarem Phänotyp, Komplikationen durch Komedikation mit systemischen Steroiden, Leukotrienantagonisten oder Immunmodulatoren. Diese Rolle setzt pharmazeutische Kompetenz voraus – und zwar nicht nur technisch, sondern kommunikativ: Patienten müssen verstehen, warum ein Biologikum wirkt, woran Erfolg gemessen wird und wie lange die Umstellung dauern darf, bevor man evaluieren muss.
Darüber hinaus zwingen Biologika zu einer Neudefinition pharmazeutischer Fortbildung. Es reicht nicht mehr aus, die Produktinformationen auswendig zu kennen. Die Beratung zu Biologika verlangt differenzierte Kenntnisse zu Immunologie, Zytokinachsen, Entzündungspfaden und Studiendaten zur Wirksamkeit – immer mit Blick auf reale Patientenbiografien. Deshalb braucht es praxisnahe Fortbildungskonzepte, digitale Schnelltests zu FeNO und Eosinophilenzahl, einheitliche Beratungsschemata für Erstverordnungen und strukturierte Rückmeldesysteme zwischen Arztpraxis und Offizin. Wer dies nicht mitträgt, läuft Gefahr, Biologika zu dispensieren wie herkömmliche Arzneien – und das volle Potenzial zu verschenken.
Diese Verantwortung ist betriebswirtschaftlich relevant: Biologikapatienten binden sich stärker an beratungsaktive Apotheken, benötigen regelmäßige Betreuung, sorgen für ein höheres Erstattungsniveau – aber verlangen auch mehr Zeit, Schulung und Engagement. Inmitten der wirtschaftlichen Krisenspirale vieler Offizinen eröffnet sich hier eine therapeutische Nische, die nur besetzt werden kann, wenn man bereit ist, die Tiefe der Versorgung anzunehmen. Monoklonale Antikörper sind kein Nischenthema mehr, sondern ein Prüfstein für die Zukunftsrolle der öffentlichen Apotheke im personalisierten Versorgungssystem chronischer Atemwegserkrankungen.
Von Engin Günder, Fachjournalist
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